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Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 3. Apr 2004, 23:05
von Mary
hallo,
ich hoffe bei euch hilfe zu bekommen. ich habe einen 6 jährigen sohn. er ist mittelgradig hörbehindert. mit
einem jahr bekam er ein hörgerät. auf der anderen seite ist der gehörgang zu, so dass die
gehörgeräteversorgung nicht möglich war. nach neueren untersuchungen steht fest, dass aber auf der seite der
gehörgangsatresie mittel- und innenohr angelegt sind. jetzt heisst es operieren oder nicht und wenn inwieweit.
möglich ist bei ihm vieles. erstens könnte der gehörgang, der geschlossen und eng ist geweitet werden,
zweitens könnten die mittelohrknöchelchen durch titanimplantate ersetzt werden (diese sind deformiert),
drittens könnte die ohrmuschel aufgebaut werden.so viele möglichkeiten und tausend Fragen. hat jemand von
euch ahnung von einem dieser eingriffe. wie lange kann man mit implantaten leben? wue ist der höreindruck?
wir sind mit meinem sohn in der mhh hannover. gibt es geeignetere kliniken in diesem Fall?......Hilfe!

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 3. Apr 2004, 23:37
von Andrea Heiker
Liebe Mary,

die MHH ist eine der besten HNO-Kliniken in Deutschland. Daher seid ihr sicher in guten Händen. ich möchte nur ein paar Aspekte aufzeigen, nach denen ihr fragen solltet.

1.) Wie ist es mit dem Wachstum? Wächst ein rekonstruierter Gehörgang und Ohrmuschel mit?
2.) Auch mit Titanimplantaten von Gehörsknöchelchen ist es nicht so einfach. fragt nach, wie oft im Schnitt die künstlichen Knöchel wieder rauswachsen, gerade bei Kindern. Es ist mit diesen Implantaten oft eine Verbesserung der Hörfähigkeit gegeben, aber zu 100% kann die Schwerhörigkeit nicht ausgeglichen werden. Lohnt unter diesem Aspekt die Hörverbesserung, oder ist das andere Ohr so gut hörend, dass die Verbesserung nicht ins Gewicht fällt? Fragt nach wie wahrscheinlich, eine echte Hörverbesserung auf dem Ohr möglich ist.
3.) Fragt nach einem BAHA-Hörgerät. Vermutlich kann damit ohne große OP ein einigermaßen gutes Hören auf der Seite ermöglicht werden. (Das heißt ein kleiner Eingriff ist auch hier nötig, aber nicht eine so große Ohr-OP.)
4.) Fragt den Arzt, ob er diese OP bei seinem eigenen Kind machen würde. Die meisten Ärzte geben dann eine ehrliche Antwort.

Gruß
Andrea

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 02:25
von Jana
Wende Dich mal an REcklinghausen oder Lübeck.
jana

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 11:49
von Mary
vielen dank für eure tips. da wir vor dem aufsuchen der mhh in recklinghausen in behandlung waren, weiss ich
dass dort der spezialist für den ohrmuschelaufbau sitzt (dr. siebert). wahrscheinlich auch besser geeignet für
das öffnen des gehörgangs. dr. werder aus lübeck ist jetzt soweit ich weiss in zürich tätig. für das mittelohr ist
aber vermutlich die mhh geeigneter. schwierige entscheidung. zumindest weiss ich jetzt, dass ich mit den
kliniken nicht ganz verkehrt liege. aber was ist ein haba-hörgerät?

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 11:51
von Mary
ich meinte natürlich baha-hörgerät.

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 12:50
von Andrea Heiker
Liebe Mary,

Du weißt wahrscheinlich, dass es zwei Arten gibt, den Schall zum Innenohr zu leiten. Da ist zum einen bei einem normalen Ohr der Weg über die Luftleitung. Der Schall geht durch den Gehörgang, Trommelfell, Mittelohr, Innenohr. Zum anderen kann man auch über die Knochenleitung hören. Das heißt, wenn man auf den Schädel einen vibrierenden Kopf hält, wird der Schall über den Knochen zum Innenohr geleitet. Das Gehör über die Luft- und Knochenleitung ist bei normalhörenden Menschen gleich gut.

Ein BAHA-Hörgerät ist für diejenigen Schwerhörigen eine Alternative, bei denen der Gehörgang oder das Mittelohr geschädigt ist. Im Einzelfall werden auch "normale" Innenohrschwerhörige damit versorgt, wenn aufgrund einer Allergie kein Ohrpassstück vertragen wird.

Bei einem Baha-Hörgerät wird hinter der Ohrmuschel eine Titanschraube in den Schädelknochen eingebracht. Ein Stück dieser Schraube guckt heraus, deswegen muss die Haut an dieser Stelle gut gepflegt werden. Schwimmen und Duschen ist aber problemlos möglich. An dieser Schraube wird dann ein Hörgerät befestigt, das die Schwingungen auf den Schädelknochen überträgt und ein Hören ermöglicht. Die meisten BAHA-Träger sind über den Tragekomfort angenehm überrascht. Dieses Hörgerät wird von der Kasse getragen.

Der Vorteil dieses Hörgerätes wäre, dass mit einer größeren Operation gewartet werden kann (soweit keine andere zwingende Notwendigkeit besteht), bis Euer Sohn ausgewachsen ist und selbst entscheiden kann.

Gruß
Andrea

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 13:37
von Mary
hallo andrea,
danke für die ausführliche erklärung! mir war bislang nur bekannt, dass die knochenleitung immer die
schlechtere alternative bei der schallleitung ist. und ausserdem wurde uns gesagt, dass die kombination von
einem normalen hdo-gerät und einem knochenleitungshörgerät nicht passt bzw. dass gehirn die
unterschiedlichen höreindrücke nicht verarbeiten kann. weisst du etwas darüber? wie lieb wäre es mir, mit
diesen operationen zu warten bis fynn selbst mitentscheiden kann!!!! Aber vielleicht ist eine kleine OP auch
eine grosse hilfe für die schulzeit. bisher kommt er mit seiner situation genial zurecht, aber die schule
(regelschule) wird sicher ein härteres pflaster.
ich bin total begeistert, endlich gesprächspartner zu finden. nehme jetzt erst war wie isoliert ich doch agiert
habe. danke!!

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 18:36
von Andrea Heiker
Hallo Mary,

die Knochenleitung ist normalerweise genauso gut. Bei einer im Mittelohr/Gehörgang bedingter Schwerhörigkeit ist die Knochenleitung sogar besser. Das ist zunächst einmal eine prinzipielle Aussage.

Nun zu dem Baha-Hörgerät mit gleichseitiger Versorgung mit einem Luftleitungshörgerät auf der anderen Seite. Der Schall wird bei natürlich über die Knochen um den Kopf herum auch zur anderen Seite geleitet. Natürlich schwächt sich das Signal zur anderen Seite hin schon ab. Nun kann es sein, dass Euer Sohn auf dem anderen Ohr noch so gut hört, dass er den herumgeleiteten Schall auch hört, mit einer leichten Zeitverzögerung. Wenn er aber noch so gut hören sollte, dann ist eine OP unter Umständen sowieso überflüssig, weil das guthörende Ohr das schlechtere Ohr unterdrückt. (Wenn die Ohren sehr verschieden sind, dann ist das oft der Fall.) Daher muss man mit detailierten Knochenleitungshörtests herausfinden, wie gut das Gehör auf beiden Seiten über die Knochenleitung ist. Im Alter von 6 Jahren dürfte das aber kein Problem sein. Wenn also das mit normalen Hörgerät versorgte Ohr schwerhörig genug ist, dass er die Artefakte über die Knochenleitung nicht hört, dann spricht nichts gegen eine Versorgung mit einem normalen Hörgerät auf der einen und einem Baha auf der anderen Seite. Das Gehirn wird auf jeden Fall mit beiden Höreindrücken zurecht kommen. Das Hören über Knochenleitung ist nicht so sehr viel anders vom Klang her. Die Leute, die ein CI und ein Hörgerät tragen, haben sehr viel mehr mit einem unterschiedlichen Klangbild auf beiden Seiten zu kämpfen.

Gruß
Andrea

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 19:01
von Jana
Hallo Mary,
jetzt muss ich nochmal nachfragen: Was meinst Du damit, dass die MHH geeigneter ist für das Mittelohr. Bisher dachte ich, dass der Prof. Siegert dafür am geeignetesten ist, da er eine neue Methode entwickelt hat, die den Gehörgang nicht zuwachsen lässt.
Soweit ich weiß macht der Weerda keine OPs mehr.
Bin selber an einer MittelohrOP interessiert. Ein Hörgerät würde für mich nict in Frage kommen.
Jana

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 22:59
von Mary
Hallo Jana,
ich denke, dass die mhh hannover eher geeignet ist, wenn es um das ersetzen der knöchelchen durch titan-
implantate geht. Zumindest war bei Dr.Siebert in Recklinghausen herauszuhören, dass er sich eher als
spezialist für den aufbau von ohrmuscheln und sicher auch für das öffnen von gehörgängen sieht. das er ein
neues verfahren in bezug auf das öffnen von gehörgängen entwickelt hat, ist mir neu. auf jedenfall sehr
interessant. ich habe sehr gute erfahrungen mit recklinghausen, fand sie immer sehr verantwortungsbewusst.
allerdings habe ich keine erfahrung dort mit operationen. eine bekannte von mir hat ihre tochter in bochum
operieren lassen.sie hatte eine beidseitige gehörgangsatresie und war soweit ich den stand kenne auch sehr
zufrieden. hast du ahnung von möglichen komplikationen und einschränkungen? Was ist mit infektionen? Wir
haben in drei tagen einen termin in der mhh. ich werde den arzt dort mit fragen bombardieren.
gruss mary

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 4. Apr 2004, 23:24
von Andrea Heiker
Liebe Mary,

dann lass uns wissen, was der Arzt gesagt hat. Es würde mich auch interessieren.

@Jana,

warum kommt ein Hörgerät nicht in Frage für Dich. Es ist eine kostengünstige und bequeme Möglichkeit, das Hören zu verbessern und damit das ganze leben zu erleichtern.

Gruß
Andrea

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 6. Apr 2004, 01:07
von Jana
Hallo Mary, Klar können gerade bei MittelohrOPs und InnenohrOPs Komplikationen auftreten. Außerdem kann der Gehörgang wieder so zuwachsen, dass das Ergebnis gleich null ist. Und dann den Arzt mit den jeweiligen Ergebnissen konfrontieren.Ach ja, wenn Du und dein Kind auch über einen Ohrmuschelaufbau nachdenken, dann würde ich das im jeden Falle beides bei ein und demselben spezialisten machen lassen. Was meintest Du eigentlich mit Öffnen des Gehörganges?

Re: Operation bei Gehörgangsatresie ...?

Verfasst: 15. Apr 2004, 23:26
von Mary
hallo!!!

ich wollte enndlich mal über unseren termin in der mhh-hannover berichten. nach angaben von dr. lenarz ist
die op keine besonders komplizierte sache. der gehörgang wird geöffnet, das trommelfell aus eigengewebe
rekonstruiert und die knöchelchen sofern notwendig durch titanimplantate ersetzt. das ohr ist soweit
ausgewachsen, dass die implantate nicht wieder ausgetauscht werden müssen. ein abstossen dieses materials
sei auch nicht relevant. er hat aber auch betont, dass das hörvermögen zwar wesentlich verbessert wird, jedoch
keine werte von gut hörenden menschen erreicht werden können (ab ca 40 db). er geht von einer hohen
erfolgsquote bei der op aus. wobei zu sagen ist, dass er die ohrmuschel nicht antastet. wenn (ja wenn) die
wunde verheilt ist, gäbe es keine probleme mehr. auch das tragen eines hörgerätes sei möglich. bis die kinder
wieder in die schule etc. gehen können, würde es etwa drei wochen dauern. wichtig ist eine gute nachsorge,
die auch länger dauert. kinder würden sich auch schnell auf das neue hören einstellen können. ich habe
bestimmt was vergessen zu schreiben. aber im grossen und ganzen war das das ergebnis des
dreiminutengesprächs. der op-termin steht schon, aber wir überlegen weiter.

ich werde auf jedenfall weiter berichten und freue mich über weitere tips........
liebe grüsse, mary