Aussagekraft des Promontoriumstests und mehr
Verfasst: 25. Feb 2014, 12:23
Ich möchte hier noch einige Aussagen, welche ich an anderer Stelle in Bezug auf den Promontoriumstest gemacht habe, etwas näher erläutern.
http://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/rc4/5.html
"Eine wichtige Entscheidungshilfe für den Operateur ist der Promontoriumstest, die präoperative Elektrostimulation des Hörnerven, die Auskunft über seine Funktionsfähigkeit gibt. Dazu sticht der Untersucher eine Nadelelektrode vom äußeren Gehörgang her durch das Trommelfell, ihre Spitze liegt auf dem Promontorium beziehungsweise in der Nische des runden Fensters. Mit Hilfe eines Reizgeräts werden darüber elektrische Pulse variabler Stromstärke zugeführt.
Für jede Reizfrequenz lassen sich, bei Stromstärke Null beginnend, durch langsame Erhöhung der Reizintensität sowohl die subjektive Wahrnehmungs- als auch die Unbehaglichkeitsschwelle des Patienten ermitteln. Daraus kann der Audiologe den Dynamikbereich berechnen, soweit die ausgelösten Empfindungen auditorischer Art waren.
Günstige Voraussetzungen für die Implantation liegen vor, wenn die Wahrnehmungsschwellen niedrig und die Unbehaglichkeitsschwellen hoch sind, also eine große Dynamik verfügbar ist. Häufig bewirken Reize hoher Frequenz nur nichtauditorische Sensationen, wie Stechen oder Druckgefühl. Da der Ort der Reizung bei dem Test nicht mit dem der später implantierten Elektroden übereinstimmt, beinhaltet das Auftreten solcher Wahrnehmungen keine Kontraindikation zur Implantation. In Zweifelsfällen wird der Test zu einem späteren Termin wiederholt.
Zusätzlich zum Dynamikbereich für Reizpulse unterschiedlicher Frequenz untersuchen wir im "gap detection test" das Zeitauflösungsvermögen: Der Patient muß unterbrochene Pulse von Dauerpulsen derselben Gesamtdauer unterscheiden. Gute Werte für die Zeitauflösung liegen zwischen zehn und 50 Millisekunden. Sie lassen eine vorsichtige Prognose zu, daß ein gutes Sprachverständnis erzielbar sein wird. Auf ähnliche Weise prüfen wir das Frequenzunterscheidungsvermögen."
Die Informationen sind zwar nicht ganz aktuell, die unter folgendem Link abrufbaren stammen aus dem Jahre 2010:
http://www.med.uni-magdeburg.de/unimagd ... mplant.pdf
Man beachte den Text auf s. 12, unter "subjektive Tests", etwas unterhalb der Mitte, in welchem mehr oder weniger das selbe beschrieben wird.
Es wird zwar erwähnt, dass sich zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Informationsschrift dieCI -Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde in Ueberarbeitung befand.
Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Tests eine hohe Spezifität aufweisen. Eine allenfalls mässige Sensivität sehe ich nicht als Grund an, deren Aussagekraft generell in Frage zu stellen (man muss nur genau differenzieren, was sie aussagen und was nicht).
Ich habe Kenntnis von einem "Fall", in welchem ein subjektiver Promontoriumstest sehr hilfreich sein könnte.
Allgemein kann es nämlich auch sein, dass sich Leute in bestimmten Situationen tendenziell gegen einCI entscheiden, ein vielversprechender Promontoriumstest jedoch den Ausschlag in die andere Richtung geben könnte (vorausgesetzt, die anatomischen Verhältnisse der Schnecke sind günstig).
Abgesehen davon bieten sich noch weitere diagnostische Möglichkeiten an, wobei sich im Idealfalle ein möglichst widerspruchsfreies Gesamtbild* ergibt, aus welchem dann abgeleitet werden kann, "wo mit welcher Wahrscheinlichkeit welche Funktionseinbussen auftreten", so dass der Erfolg einerCI -Operation doch besser prognostiziert werden kann, als wenn man gänzlich auf die erwähnten Tests verzichtet, der da unter anderem wären:
Ein Test, ob ein (positives) Recruitment vorliegt, kann Aufschluss darüber geben, ob die Störung im Innenohr liegt bzw. retrocochleär bedingt oder auf eine Funktionsstörung der inneren Haazellen zurück zu führen ist (I). Zudem kann er die Ergebnisse von TEOAEs/DPOAEs "bestätigen" oder "widerlegen" (würde dann zunächst naheliegenderweise auf ein (übersehenes) Schallleitungsproblem hin deuten).
Mittels Schwellenschwundtest (Carhart-Test) kann überprüft werden, ob die Ursache mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine Ermüdung des Hörnervs zurück zu führen ist (oder gar auf ein Problem bei der Neurotransmitterausschüttung der inneren Haarzellen?).
Ebenso bei einer Geräuschaudiometrie nach Langenbeck.
Stapediusreflexmessungen können ebenfalls aufschlussreich sein, bspw. in Bezug auf neurootologische Fragestellungen (als Beispiel: Hirnstammläsionen). Dazu sind akustisch und nichtakustisch ausgelöste Mittelohrmuskelreflexe notwendig. Hierbei können auch aus den Latenzzeiten Rückschlüsse gezogen werden.
Auch zur genaueren Differenzierung in Bezug auf (I).
etc. etc.
*) wobei je nachdem aus (scheinbaren) Widersprüchen wiederum auf gewisse Sachverhalte schliessen kann; es geht also darum, ein Modell der Hörstörung zu entwickeln, welche auf Grund der Untersuchungsergebnise etc. mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vorliegt bzw. am wahrscheinlichsten scheint
In der aktuellen Ausgabe des Werkes "Praxis der Audiometrie" findet man in Bezug auf den Promontoriumstest folgende Aussage:
"Er ist im Rahmen der Voruntersuchungen zurCI -Operation nur notwendig, wenn die Patienten kein verwertbares Restgehör mehr aufweisen."
Das heisst also (sehr einfach ausgedrückt) nicht, dass er nur anzuwenden sei, wenn nichts mehr gehört wird, sondern, wenn nichts mehr verstanden wird. Das dürfte sehr oft der Fall sein.
Jedenfalls bedeutet eine Nichtberücksichtigung des Tests, dass eine Prognose über den Erfolg einesCIs noch weniger aussagekräftig ist, und sicher nicht das Gegenteil.
Dann noch zu Aussagen bezüglich Gehörgefährdung durch Zahnarztbohrer:
Die Aussage, dass Zahnarztbohrer kein Risiko für einen Hörverlust darstellen, scheint für das medizinische Personal falsch zu sein, und in Bezug auf Patienten eine nicht bewiesene Behauptung, da hierzu schlicht keine Untersuchungen zu existieren scheinen:
"Können nun in der zahnärztlichen Praxis gebräuchliche geräuschemittierende Instrumente ein potentielles Risiko für das Gehör von Zahnarzt, Personal und Patienten darstellen? In der gängigen wissenschaftlichen Literatur finden sich lediglich vier Studien, welche genauere audiologische Untersuchungsdaten von Zahnärzten enthalten. Mittelt man die Zahlenangaben, so erhält man folgendes Audiogramm: ..."
http://www2.spitta.de/Zahnmedizin/Aktue ... 78cde.html
Ausserdem ist zu bedenken, dass die dämpfende Wirkung von Stapediusmuskel und Trommelfellspanner vermutlich nichts bewirken oder deren Aktivität sich vielleicht sogar kontraproduktiv auswirken könnte für den Anteil, welcher direkt via Schädelknochen auf das Innenohr übertragen wird, da die Schwingungsenergie vom Innenohr über das Mittelohr vermutlich weniger gut abgeführt werden kann (dieser Effekt wird beim Weber-Versuch ausgenutzt).
Des weiteren besteht die Gefahr eines akustischen Unfalls, welche bei nach hinten geneigtem Kopf bereits bei moderater akustischer Belastung einen Gehörschaden bewirken kann.
Gruss fast-foot
Dass ein Promontoriumstest vollkommen unzuverlässig sei, gilt nicht in Bezug auf seine Spezifität und vor allen Dingen auf die Aussage, welche ich über ihn gemacht habe (siehe mein Zitat oben).fast-foot hat geschrieben:Eine gestörte Weiterleitung der Aktionspotentiale durch den Hörnerv bspw. wird nicht erkannt, wenn seine Funktion nicht mittels bspw. des Promontoriumtests überprüft wird.
Die eine Klinik setzt diesbezüglich vielleicht auf bildgebende Verfahren (was ich als unzureichend erachte), die andere auf das bereits erwähnte Verfahren.
Diese Aussage möchte ich jetzt noch etwas ausführlicher erläutern:fast-foot hat geschrieben:Die Frage ist nicht, ob etwas weiter geleitet wird, sondern wie viel und wie.
http://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/rc4/5.html
"Eine wichtige Entscheidungshilfe für den Operateur ist der Promontoriumstest, die präoperative Elektrostimulation des Hörnerven, die Auskunft über seine Funktionsfähigkeit gibt. Dazu sticht der Untersucher eine Nadelelektrode vom äußeren Gehörgang her durch das Trommelfell, ihre Spitze liegt auf dem Promontorium beziehungsweise in der Nische des runden Fensters. Mit Hilfe eines Reizgeräts werden darüber elektrische Pulse variabler Stromstärke zugeführt.
Für jede Reizfrequenz lassen sich, bei Stromstärke Null beginnend, durch langsame Erhöhung der Reizintensität sowohl die subjektive Wahrnehmungs- als auch die Unbehaglichkeitsschwelle des Patienten ermitteln. Daraus kann der Audiologe den Dynamikbereich berechnen, soweit die ausgelösten Empfindungen auditorischer Art waren.
Günstige Voraussetzungen für die Implantation liegen vor, wenn die Wahrnehmungsschwellen niedrig und die Unbehaglichkeitsschwellen hoch sind, also eine große Dynamik verfügbar ist. Häufig bewirken Reize hoher Frequenz nur nichtauditorische Sensationen, wie Stechen oder Druckgefühl. Da der Ort der Reizung bei dem Test nicht mit dem der später implantierten Elektroden übereinstimmt, beinhaltet das Auftreten solcher Wahrnehmungen keine Kontraindikation zur Implantation. In Zweifelsfällen wird der Test zu einem späteren Termin wiederholt.
Zusätzlich zum Dynamikbereich für Reizpulse unterschiedlicher Frequenz untersuchen wir im "gap detection test" das Zeitauflösungsvermögen: Der Patient muß unterbrochene Pulse von Dauerpulsen derselben Gesamtdauer unterscheiden. Gute Werte für die Zeitauflösung liegen zwischen zehn und 50 Millisekunden. Sie lassen eine vorsichtige Prognose zu, daß ein gutes Sprachverständnis erzielbar sein wird. Auf ähnliche Weise prüfen wir das Frequenzunterscheidungsvermögen."
Die Informationen sind zwar nicht ganz aktuell, die unter folgendem Link abrufbaren stammen aus dem Jahre 2010:
http://www.med.uni-magdeburg.de/unimagd ... mplant.pdf
Man beachte den Text auf s. 12, unter "subjektive Tests", etwas unterhalb der Mitte, in welchem mehr oder weniger das selbe beschrieben wird.
Es wird zwar erwähnt, dass sich zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Informationsschrift die
Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Tests eine hohe Spezifität aufweisen. Eine allenfalls mässige Sensivität sehe ich nicht als Grund an, deren Aussagekraft generell in Frage zu stellen (man muss nur genau differenzieren, was sie aussagen und was nicht).
Ich habe Kenntnis von einem "Fall", in welchem ein subjektiver Promontoriumstest sehr hilfreich sein könnte.
Allgemein kann es nämlich auch sein, dass sich Leute in bestimmten Situationen tendenziell gegen ein
Abgesehen davon bieten sich noch weitere diagnostische Möglichkeiten an, wobei sich im Idealfalle ein möglichst widerspruchsfreies Gesamtbild* ergibt, aus welchem dann abgeleitet werden kann, "wo mit welcher Wahrscheinlichkeit welche Funktionseinbussen auftreten", so dass der Erfolg einer
Ein Test, ob ein (positives) Recruitment vorliegt, kann Aufschluss darüber geben, ob die Störung im Innenohr liegt bzw. retrocochleär bedingt oder auf eine Funktionsstörung der inneren Haazellen zurück zu führen ist (I). Zudem kann er die Ergebnisse von TEOAEs/DPOAEs "bestätigen" oder "widerlegen" (würde dann zunächst naheliegenderweise auf ein (übersehenes) Schallleitungsproblem hin deuten).
Mittels Schwellenschwundtest (Carhart-Test) kann überprüft werden, ob die Ursache mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine Ermüdung des Hörnervs zurück zu führen ist (oder gar auf ein Problem bei der Neurotransmitterausschüttung der inneren Haarzellen?).
Ebenso bei einer Geräuschaudiometrie nach Langenbeck.
Stapediusreflexmessungen können ebenfalls aufschlussreich sein, bspw. in Bezug auf neurootologische Fragestellungen (als Beispiel: Hirnstammläsionen). Dazu sind akustisch und nichtakustisch ausgelöste Mittelohrmuskelreflexe notwendig. Hierbei können auch aus den Latenzzeiten Rückschlüsse gezogen werden.
Auch zur genaueren Differenzierung in Bezug auf (I).
etc. etc.
*) wobei je nachdem aus (scheinbaren) Widersprüchen wiederum auf gewisse Sachverhalte schliessen kann; es geht also darum, ein Modell der Hörstörung zu entwickeln, welche auf Grund der Untersuchungsergebnise etc. mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vorliegt bzw. am wahrscheinlichsten scheint
In der aktuellen Ausgabe des Werkes "Praxis der Audiometrie" findet man in Bezug auf den Promontoriumstest folgende Aussage:
"Er ist im Rahmen der Voruntersuchungen zur
Das heisst also (sehr einfach ausgedrückt) nicht, dass er nur anzuwenden sei, wenn nichts mehr gehört wird, sondern, wenn nichts mehr verstanden wird. Das dürfte sehr oft der Fall sein.
Jedenfalls bedeutet eine Nichtberücksichtigung des Tests, dass eine Prognose über den Erfolg eines
Dann noch zu Aussagen bezüglich Gehörgefährdung durch Zahnarztbohrer:
Die Aussage, dass Zahnarztbohrer kein Risiko für einen Hörverlust darstellen, scheint für das medizinische Personal falsch zu sein, und in Bezug auf Patienten eine nicht bewiesene Behauptung, da hierzu schlicht keine Untersuchungen zu existieren scheinen:
"Können nun in der zahnärztlichen Praxis gebräuchliche geräuschemittierende Instrumente ein potentielles Risiko für das Gehör von Zahnarzt, Personal und Patienten darstellen? In der gängigen wissenschaftlichen Literatur finden sich lediglich vier Studien, welche genauere audiologische Untersuchungsdaten von Zahnärzten enthalten. Mittelt man die Zahlenangaben, so erhält man folgendes Audiogramm: ..."
http://www2.spitta.de/Zahnmedizin/Aktue ... 78cde.html
Ausserdem ist zu bedenken, dass die dämpfende Wirkung von Stapediusmuskel und Trommelfellspanner vermutlich nichts bewirken oder deren Aktivität sich vielleicht sogar kontraproduktiv auswirken könnte für den Anteil, welcher direkt via Schädelknochen auf das Innenohr übertragen wird, da die Schwingungsenergie vom Innenohr über das Mittelohr vermutlich weniger gut abgeführt werden kann (dieser Effekt wird beim Weber-Versuch ausgenutzt).
Des weiteren besteht die Gefahr eines akustischen Unfalls, welche bei nach hinten geneigtem Kopf bereits bei moderater akustischer Belastung einen Gehörschaden bewirken kann.
Gruss fast-foot