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Innenohrmitteltonschwerhörigkeit mit wannenförmigem Kurvenverlauf

Verfasst: 26. Sep 2017, 09:46
von JayCay
Moin Moin aus Bremen, ich bin 52 Jahre jung, weiblich und 1990 wurde mir das erste Mal die im Titel genannte Schwerhörigkeit diagnostiziert. Bis dahin hatte ich subjektiv keinerlei Beschwerden, dachte, ich höre völlig normal. Herausgestellt hat es sich durch einen Jobwechsel in ein Großraumbüro, wo ich quasi nicht mehr in der Lage war, mit den Kollegen oder am Telefon vernünftig zu kommunizieren.

Angeblich wäre diese Form der Schwerhörigkeit vererbbar, mein Vater und meine Schwester haben eine ähnliche Kurve, aber ganz schwach ausgeprägt. 1990 hieß es, ein HG wäre (noch) nicht nötig, aber ich solle mein Hörvermögen regelmäßig testen lassen. 1996 wurden meine Hörprobleme im Alltag und Beruf insbesondere in Bezug auf Sprachverstehen größer und ich suchte das erste Mal einen HGA auf. Ich weiß, dass ich damals u.a. ein Phonak getestet habe, mit Otoplastik, aber es war einfach grausam. Da ich hohe und tiefe Töne noch gut höre, waren die Geräusche im Alltag unerträglich. Ich konnte meinen Nebenmann in der Kantine immer noch nicht gut verstehen, dafür den zwei Tische weiter. Also habe ich das Ganze abgebrochen. Das war wahrscheinlich ein Fehler, weil ich nun weitere 20 Jahre Hörentwöhnung hinter mir habe, aber das wusste ich damals nicht.

2013 (inzwischen in befristeter Erwerbsminderungsrente) wurde mein Leidensdruck so hoch, dass ich einen neuen Versuch gestartet habe, bei einer der großen HG-Ketten. Ich habe 5 Geräte getestet, durch die eigene Bezeichnung weiß man ja nicht, welche sich dahinter verborgen haben. Drei davon waren Mitteklassegeräte, dann zum Schluss zwei aus der Oberklasse mit Zuzahlung um die 2.000 €. Mit Schirmchen und mit Otoplastik. Es blieb das Problem, dass bei keinem das Sprachverstehen, egal, in welcher Situation so gut war, dass ich bereit war dafür die schlimmen Geräusche im Alltag in Kauf zu nehmen.

2016 ein erneuter Versuch. Der Einstieg erfolgte mit dem Meditrend SoniTon Swiss HE 1 Nano, welches ich zwei Wochen getestet habe. Knackpunkt blieb immer das Sprachverstehen in verschiedenen Situationen. Mein damaliger HGA meinte dann, er würde jetzt einen Versuch starten mit den besten Highendgeräten, die er kennen würde, um zu versuchen, ob überhaupt ein HG für mich in der Lage wäre, meinen Hörverlust auszugleichen. Das waren dann das Widex Unique 440 Fusion und das Oticon OPN1, beides mit Schirmchen.

Und siehe da: mit dem Widex war ich das erste Mal in der Lage, wirklich besser zu hören. Allerdings mit dem bekannten Nachteil der unerträglichen Nebengeräusche, im Großraumbüro (Minijob) konnte ich zwar nun meine Kollegen besser verstehen, aber das Klappern meiner Tastatur hat mich um den Verstand gebracht. Der HGA empfahl in jedem Fall eine Otoplastik bei meinem Hörverlust, ich sollte dafür aber gleich mal 150 € berappen, wozu ich nicht bereit war. Hinzu kam meine eigene Zuzahlung von über 4.000 €, die ich einfach nicht besitze, also habe ich das Ganze wieder aufs Eis gelegt.

Jetzt beginne ich ab Oktober wieder richtig zu arbeiten und habe erfahren, dass man bei der DRV einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen könnte zur Kostenübernahme für Hilfsmittel. Daraufhin habe ich mir Anfang August einen neuen HGA gesucht, da ich mit dem bisherigen nicht zufrieden war und weil bei dem neuen die Widex 500 € billiger sind… falls die DRV den Antrag ablehnt und ich mich mit dem Gedanken befassen muss, mal eben so 3.600 € hinzublättern :-(

Seitdem teste ich folgende Geräte:

Widex Unique 440 Fusion
AudioService Mood 16 G4
Oticon OPN1

(Ich habe von Widex auch das 220er und von AudioService das 8er getestet, aber beide kamen im Sprachverstehen nicht an die Highendgeräte heran).

Der neue HGA ist bei allen Geräten in der Lage, die Nebengeräusche so einzustellen, dass sie erträglich sind, ich aber dennoch Sprache halbwegs gut verstehe (es ist schwer für mich zu beurteilen, was eigentlich das Maximum ist, was ich mit HG verstehen könnte….). Alles derzeit noch mit Schirmchen. Das Audioservice ist vom Tragekomfort, beim Telefonieren und von allen Geräuschen im Alltag am besten, beim Sprachverstehen einen Tick schlechter als Widex und Oticon. Beim Widex bekommen wir mit Schirmchen die Rückkopplung nicht in den Griff, beim Oticon ähnlich. Außerdem habe ich zu allem Überfluss noch sehr enge Gehörgänge, der linke etwas größer als der rechte. Wir haben inzwischen alles an Schirmchen durch was es so gibt, entweder es drückt oder es rutscht raus. Jetzt werde ich die Woche die AudioService testen mit Otoplastiken, die mein HGA für mich kostenlos erstellt. Er meint, dass ich bei meinem Hörschaden eigentlich Otoplastiken brauche, aber er glaubt auch, dass ich große Probleme damit haben werde. Zum einen, weil ich im Hoch- und Tieftonbereich noch so gut höre und zum anderen wegen der Geschlossenheit, weil ich das auch nicht gewöhnt bin. Aber ich will es nun tapfer testen.

So, vielen Dank erstmal an alle, die bis hierhin gelesen haben. Vielleicht bekomme ich ja hier noch den einen oder anderen Tipp zu meinem Hörschaden, was könnte ich noch testen, was kann ich überhaupt erreichen und erwarten, was habe ich für Möglichkeiten, was macht Sinn… ich bin inzwischen, Dank meines HGAs, zumindest soweit, dass ich merke, dass ich mit HG auf jeden Fall eine Verbesserung der Lebensqualität erreiche.

Re: Innenohrmitteltonschwerhörigkeit mit wannenförmigem Kurvenverlauf

Verfasst: 27. Sep 2017, 21:09
von fast-foot
Hallo JayCay,

herzlich willkommen!

Ich möchte nur kurz die eine oder andere Aussage aus meiner Sicht kommentieren:
JayCay hat geschrieben:Ich konnte meinen Nebenmann in der Kantine immer noch nicht gut verstehen, dafür den zwei Tische weiter. Also habe ich das Ganze abgebrochen. Das war wahrscheinlich ein Fehler, weil ich nun weitere 20 Jahre Hörentwöhnung hinter mir habe, aber das wusste ich damals nicht.
Nicht unbedingt. Vielleicht würdest Du sonst noch schlechter hören, und das potentiell mittels Hörgeräten erreichbare Sprachverstehen wäre noch schlechter.
JayCay hat geschrieben:Mein damaliger HGA meinte dann, er würde jetzt einen Versuch starten mit den besten Highendgeräten, die er kennen würde, um zu versuchen, ob überhaupt ein HG für mich in der Lage wäre, meinen Hörverlust auszugleichen.
Diese müssten dann zum Kassentarif angepasst werden ("wenn mit günstigeren Geräten nachweislich nicht ein derart hohes Sprachverstehen zu erreichen ist"). Beispielsweise ist beim Oticon OPN III die Störschallunterdrückung um etwa 5 dB geringer als beim OPN I. Wenn das Sprachverstehen im Störschall mit keinem anderen so gut ist (bis auf eine gewisse minimale Differenz), so ist es zum Kassentarif an zu passen.
JayCay hat geschrieben:Vielleicht bekomme ich ja hier noch den einen oder anderen Tipp zu meinem Hörschaden, was könnte ich noch testen, was kann ich überhaupt erreichen und erwarten, was habe ich für Möglichkeiten, was macht Sinn…


Es fällt auf, dass Dein Gehör ab der Frequenz 1 kHz über wenig Restdynamik verfügt, der Tieftonbereich jedoch (gemäss Reintonaudiometrie) ziemlich intakt scheint.
Allenfalls könntest Du ein Hörgerät mit Frequenzkompression testen (und diese anwenden), falls dies nicht bereits geschehen ist.
Nur auf Grund der Reintonaudiometrie ist vermutlich bereits ein CI indiziert, wobei jedoch das Sprachverstehen (in Ruhe) meiner Ansicht nach noch viel zu gut ist. Allenfalls käme ein "Hybrid-CI" (konventionelles Hörgerät für den Tieftonbereich, CI für den Hochtonbereich) in Frage. Dies nur als Hinweis, da Du nach weiteren Möglichkeiten gefragt hast.

Dies sind vorerst ein paar Ueberlegungen aus meiner Sicht.

Gruss fast-foot