Hu hu Blümchen,
ja, das Internet ist voll von solchen Beiträgen.
Der korrelative Zusammenhang ist wohl mittlerweile auch unumstritten.
Menschen mit leichter, moderater und schwerer Schwerhörigkeit erkranken 2, 3 und 5 Mal öfter an Demenz, als Menschen mit normalem Gehör.
Für jede 10 dB Hörverlust stieg das Risiko für Demenz mit dem Faktor 2,7.
Quelle: "Hearing well to train your brain" von Prof. Frank R. Lin und Prof. E. Sophia Krame, 2011
Fraglich ist der (mono)kausale Zusammenhang.
Interessant dazu fand ich die
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC)
Welttag des Hörens am 3. März 2019:
Schwerhörigkeit und Demenz: Können Hörgerät und Cochlea-Implantat vor geistigem Abbau im Alter schützen?
Bonn, Februar 2019 – Seit längerem beobachten Forscher, dass Menschen mit Hörstörungen im Alter überproportional häufig an einer Demenz erkranken. Noch ist unklar, welchen Anteil eine Hörstörung für sich allein an kognitiven Einbußen im Alter hat. Sollte dies der Fall sein, dann könnten ein Hörgerät oder ein Cochlea-Implantat einen wichtigen Beitrag zum „gesunden Altern“ leisten, so eine Expertin der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO KHC) anlässlich des Welttags des Hörens am 3. März.
Das Hörvermögen nimmt etwa ab Mitte 50 ab. Mit 65 Jahren ist jeder dritte Mensch auf beiden Ohren schwerhörig. Diese Hörstörung führt dazu, dass ältere Menschen im Radio und Fernsehen nicht mehr alles mitbekommen, im Gespräch weniger gut folgen können und daher die Gesellschaft anderer meiden.
Die soziale Isolierung und die fehlenden Anregungen durch die Umwelt könnten langfristig dazu führen, dass Menschen mit Hörstörungen sich geistig nicht mehr so gut entfalten können und deshalb schneller abbauen“, berichtet Privatdozentin Dr. med. Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum. Dafür gebe es Hinweise aus Kohortenstudien, in denen schwerhörige Menschen über längere Zeit beobachtet wurden. In einer Studie zeigte sich, dass das Risiko, langfristig an einer Demenz zu erkranken, bei mittelgradigen Hörstörungen um das dreifache und bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit sogar um das fünffache erhöht war. „Obwohl es hierzu in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen gab, ist ein abschließendes Urteil derzeit noch nicht möglich, schränkt Dr. Völter ein.
Wenn sich die Vermutung allerdings bestätigen sollte, dann könnte die Behandlung von Hörstörungen einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung einer Demenz im Alter leisten. „Das Hörvermögen wäre dann einer der wenigen heute bekannten Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz, die sich auch behandeln ließe“, sagt Dr. Völter. Und weil Hörstörungen häufig sind, könnte dies auch gesellschaftspolitisch eine Relevanz haben.
Eine Hörrehabilitation ist durch Hörgeräte und seit einigen Jahren auch durch sogenannte Cochlea-Implantate möglich. Diese Geräte, die ursprünglich für taube Kinder entwickelt wurden, nehmen den Schall über ein Mikrofon auf und stimulieren dann direkt den Hörnerven. Dr. Völter sagt: „Auch Menschen, deren Schwerhörigkeit weit fortgeschritten ist, können mit einem Cochlea-Implantat wieder hören.“ Erste prospektive Studien deuten darauf hin, dass sich bei einem Teil der älteren Patienten einzelne neurokognitive Fähigkeiten bereits sechs Monate nach der Versorgung mit einem solchen Hörimplantat verbessern. „Für eine abschließende Beurteilung ist es jedoch noch zu früh“, sagt die Expertin: „Die bisherigen Untersuchungen wurden nur an wenigen Patienten durchgeführt. Auch fehlten bislang noch Langzeitergebnisse. Hier gelte es, die Auswertung der derzeit laufenden internationalen Studien abzuwarten.“
Unabhängig davon, ob eine Hörrehabilitation die Entwicklung von Demenzerkrankungen beeinflussen kann, wirken sich Hörgeräte und Cochlea-Implantate jedoch überaus positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus. Dies belegen Studien, aber auch die Erfahrung im klinischen Alltag, so Dr. Völter: „Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Menschen mit einem guten Hörvermögen auch länger geistig fit bleiben“.
Literatur:
Lin FR et al. Hearing Loss and Incident Dementia. Arch Neurol. 2011; 68(2): 214-220
https://jamanetwork.com/journals/jamane ... cle/802291
Loughrey DG et al. Association of Age-Related Hearing Loss With Cognitive Function, Cognitive Impairment, and Dementia. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2018; 144(2): 115-126
https://jamanetwork.com/journals/jamaot ... ct/2665726
Livingston G et al. Dementia prevention, intervention, and care.
Lancet. 2017; 390: 2673-2734
https://www.thelancet.com/journals/lanc ... 6/fulltext
Hughes ME et al.Hearing Aid Use in Older Adults With Postlingual Sensorineural Hearing Loss: Protocol for a Prospective Cohort Study. JMIR Res Protoc. 2018; 7(10):e174
URL
https://www.researchprotocols.org/2018/10/e174/
Ein korrelativer Zusammenhang zwischen Alter, geistigem Abbau und Demenz, lässt mehrere
Hypothesen zu, beispielsweise:
Hörverlust führt bei einigen Betroffenen zu geistigem Abbau.
Demenz und Schwerhörigkeit liegen gemeinsame hirnorganische Veränderungen zu Grunde, wie beispielsweise schlechtere Durchblutung.
Die Hörschädigung führt durch Frustration und soziale Isolation zu einer depressiven Pseudodemenz.
Alle diese Faktoren können vielleicht eine Teilerklärung liefern.
Der hauptsächlich postulierte Zusammenhang führt über die sensorische Deprivation, die häufig soziale Deprivation nach sich zieht und in weiterem zeitlichem Ablauf zu kognitiver Deprivation führen kann. Dass das nicht zwingend so sein muss sieht man an vielen Hörgeschädigten, die weiter gute soziale Kontakte führen und an historischen Vorbildern wie Beethoven oder Helen Keller, die sogar taubblind war.
Hauptargument für eine Versorgung von Hörschädigung bleibt daher für mich der Faktor Lebensqualität. Nicht nur die erschwerte Kommunikation kann nämlich zu einer zunehmenden sozialen Isolation führen, sondern auch in Interaktion mit frustrierenden zwischenmenschlichen Erlebnissen, ein Rückzug der psychischer Natur ist. Zusammenhänge mit Verbitterung, Ängsten, Misstrauen etc. können solche Entwicklungen begünstigen. Daher immer mein Rat, sich dem großen Spektrum der Hörgeschädigtenselbsthilfe in irgendeiner Weise anzuschließen und mit ebenfalls Betroffenen in Austausch zu kommen, nach Corona auch wieder in natura.
LG
Katja