ich habe ja versprochen, von meiner Reha zu berichten. Hier also meine Eindrücke:
Ich bin mit der Bahn angereist und wurde von der Klinik am Bahnhof abgeholt, was ich schon mal als positiven Service empfunden habe. Die Klinik selbst liegt verhältnismäßig weit vom Ort entfernt. Eine halbe Stunde Fußweg ist realistisch (nicht wie im Prospekt die angegebenen 15 Minuten), da die Klinik oberhalb des Ortes liegt, ist der Rückweg immer bergauf und somit anstrengender als der Hinweg. Hier sei gesagt, dass ich ganz gut zu Fuß bin, wer schlecht laufen kann, guckt in die Röhre. Von Montags bis Freitags fährt auch ein Bus - allerdings nur alle zwei Stunden und der letzte auch um 18 Uhr. Für Autofahrer gibt es ausreichend Parkplätze. Um die Klinik selbst sind etliche Wanderwege, da reichen die vier Wochen nicht, um die alle abzulaufen.
In der Klinik angekommen wurde zuerst ein Corona-Test gemacht, dann bekam ich den Zimmerschlüssel und Infomaterial. Die Koffer wurden vor die Zimmertür gebracht. Bis zum Ergebnis des Tests musste man in Quarantäne, sprich im Zimmer bleiben. Das Essen wurde ebenfalls vor die Tür gestellt.
Mein Zimmer war hell, groß, geräumig und mit Balkon zum Tal hin. Da konnte man sich auch ganz gut wohlfühlen. Auf jedem Balkon gab es auch einen Stuhl und einen Wäscheständer.
Das Erstgespräch mit dem Arzt fand auf dem Zimmer statt, alle weiteren Gespräche dann in seinem Büro.
Nach Erhalt des Testergebnisses durfte man das Zimmer verlassen, an den Mahlzeiten im Speisesaal teilnehmen und sich frei in der Klinik (immer mit Mundschutz) und Umgebung bewegen. Auch ging es dann mit den Therapien los. Alle Patienten und das Personal sind wöchentlich neu getestet worden.
Insgesamt herrschte in der Klinik eine angenehme, entspannte Atmosphäre. Das Personal war stets freundlich und hilfsbereit. Ich habe nirgendwo ein lautes, unhöfliches Wort gehört. Wem irgendetwas fehlte brauchte nur an der Rezeption oder auch bei der Therapieplanung nachfragen.
Coronabedingt war die Klinik nicht voll belegt, was einen gemütlichen, überschaubaren Eindruck gemacht hat. Auch kannte man die Gesichter der Mitpatienten und Therapeuten schnell, weil man sich immer über den Weg gelaufen ist. Gespräche, Austausch mit den anderen Patienten über die Probleme waren hilfreich und ich habe mich einer Gemeinschaft zugehörig gefühlt, ohne lange erklären zu müssen, warum manches geht oder eben nicht. Alle sind für das Thema sensibilisiert.
Zu den Mahlzeiten gab es feste Essenszeiten, an die man sich halten musste, damit nicht zu viel Leute auf einmal im Speisesaal sind. Die Mahlzeiten selbst wurden vom Personal zusammengestellt und herausgegeben. Jeder konnte soviel haben, wie er wollte, durfte sich aber nichts selbst wegnehmen. Nach jedem Patienten wurden die Tische und Stühle abgewischt. Da die Cafeteria nur stundenweise geöffnet ist, durfte man sich auch eine Thermoskanne Kaffee oder Tee bei den Mahlzeiten mitnehmen.
Folgende Therapien/Termine sind bei mir angeordnet worden: Gesprächsgruppe Hörsturz/Tinnitus, Motorelaxation, Gesundheitssport (Turnhalle und Schwimmbad), Wandern, Fango, Medijet, freies Ergometertraining.
Freiwillig konnte man sich auch noch für Atemübung, progressive Muskelentspannung, freies Schwimmen, Yoga, Zumba, Zumba im Wasser, Aquarellmalen eintragen. Die Kurse waren auf eine bestimmte Personenanzahl beschränkt.
Je nach Krankheitsbild gab es auch noch weitere Therapien, z.B. Schwindeltraining für diejenigen mit Morbus Meniere, oder CI-Patienten.
Es wurde ein Hörtest gemacht und bei Bedarf wurde die Hörgeräteeinstellung angepasst. Wer noch kein Hörgerät hat, kann in der Klinik Geräte testen. Auch konnte man diverses Zubehör testen, z. B. Musikkissen oder Mikrofone (Rogerpen?) - praktisch beim Yoga - die Trainerin spricht ins Mikro und man selber kann sich in die hinterste Reihe legen und bekommt alles direkt im Ohr mit - fand ich super entspannend. Wenn Corona vorbei ist, werde ich mir wieder eine entsprechende Yoga-/oder Gymnastikgruppe suchen. Dann brauche ich mich nicht immer nach vorne drängeln und angestrengt gucken, welche Übungen gemacht werden sollen. Soll mir keiner mehr sagen "Bluetooth brauche ich nicht"

Diverses technisches Zubehör wurde vorgestellt und auch Tipps für die Zeit nach der Reha gegeben, Stichwort: VdK, Integrationsamt, Schwerbehinderung.
In der Gesprächsgruppe wurde erklärt, wie das Ohr funktioniert und was bei einem Hörsturz passiert und auch welche Auswirkungen das alles haben kann. Es wird einem auch der Spiegel vorgehalten, z. B. der Hinweis auf den Perfektionisten, der immer alles 150%ig machen will und dadurch in eine Stress-Spirale gerät, was dann auch zum Hörsturz führen kann. Oder auch, dass man selbst offen mit seiner Hörschädigung umgehen soll und ggf. immer wieder einfordern kann und muss, dass man bestimmte Hilfen braucht, weil der Normalhörende nicht daran denkt, dass man hörgeschädigt ist - und man die Einschränkung ja auch nicht sieht.
Man lernt halt, dass der chronische Tinnitus nicht weggeht und man einiges in Eigenverantwortung ändern kann und muss, um damit besser umgehen zu können. Der Lieblingssport, das Hobby, die richtige Entspannungsübung etc., etc. - irgendwas hat jeder, was er gerne macht ...
Ich für meinen Teil konnte aus der Reha wieder einiges für mich mitnehmen. Auch hat mich die Reha wieder eingenordet - eigentlich geht es mir im Großen und Ganzen gut - auch wenn ich immer wieder mal an Grenzen komme. Man muss diese halt akzeptieren und einhalten. Ich kann mich besser mal für kurze Zeit aus allem ausklinken (manchmal eine Tee-Tassen-Länge zum durchatmen oder - wenn partout gar nix geht, auch mal ein (!) Tag im Bett) um den Aku aufzuladen; als zu meinen, immer alles aushalten zu müssen, bis man wieder zusammenbricht.
Ohne Corona-Einschränkungen wäre sicherlich einiges mehr möglich gewesen, gerade was die Freizeitgestaltung angeht, unter den Umständen war es ganz passabel. Die Klinik hat penibel auf die Einhaltung der Vorschriften geachtet, was ich positiv bewerte. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt und hatte keine Angst, mir Corona einzufangen.
Viele Grüße
Nanni