Einseitig taube/schwerhörige Kinder - MIT und OHNE Hörhilfe

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Lama
Beiträge: 1
Registriert: 16. Mai 2021, 18:26
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Einseitig taube/schwerhörige Kinder - MIT und OHNE Hörhilfe

#1

Beitrag von Lama »

Hallo ihr Lieben,

mein Sohn (jetzt etwas über 2,5 Jahre alt) ist leider einseitig taub, vermutlich durch ein Schädelhirntrauma mit 1,5 Jahren. Wir waren sehr überrascht als wir Ende 2020 die Diagnose bekamen, denn er ist von seiner gesamten Entwicklung total unauffällig. Von Seiten der Kliniken (Ulm und Freiburg) wurde ein CI empfohlen, am besten so bald wie möglich aber ich vermute auch, dass die OP einfach sehr lukrativ für Kliniken ist.

Ich suche hier im Forum Eltern, deren Kinder in derselben Situation waren/sind und möchte gerne wissen wie ihr euch entschieden habt und ob ihr die Entscheidung bereut. Mir scheinen Leute, die sich gegen ein CI entschieden haben, hier ziemlich unterrepräsentiert. Ich habe bisher aber Zweifel ob ein CI wirklich die beste Lösung ist (medizinische Risiken (Mittelohr- und Hirnhautentzündung), Stress bei der Reha, viele Termine, Akzeptanz, hohe Erwartung, Soziale Ausgrenzung wegen Klotz am Kopf,...)
Ich freue mich eure Erfahrungen zu lesen.

Danke und liebe Grüße, Maike :blume1:
KatjaR
Beiträge: 1592
Registriert: 27. Aug 2012, 20:45
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Re: Einseitig taube/schwerhörige Kinder - MIT und OHNE Hörhilfe

#3

Beitrag von KatjaR »

Hallo Maike,
mit Elternerfahrung kann ich nicht dienen, kenne aber einige Menschen, die als Erwachsene auf einem bisher gut hörenden Ohr ertaubten oder schwerhörig wurden, bei einem geburtstauben Ohr. Diese sind in einer sehr schwierigen Situation, da sie nicht auf das andere Ohr zurückgreifen können und sich nach so langer Zeit die Höranbahnung, sofern sie noch geling, als schwierig und langwierig darstellt.
Auch ist Beidohrigkeit eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von Richtungshören, das genau wie Sprachverstehen eine sensible Phase hat bei Entwicklung. Richtungshören ist wichtig als Orientierungsfunktion, zur Gefahrenerkennung, aber auch für Hören im Störschall. Daher ist die Empfehlung der Ärzte für ein CI keineswegs der Lukrativität geschuldet, sondern sehr im Interesse deines Kindes. Risiken der OP sind immer gegeben, Reha fand ich persönlich nicht stressig, Akzeptanz ist bei Kindern meistens gut, hohe Erwartung scheinst du eh nicht zu haben, von sozialer Ausgrenzung wegen eines Implantates habe ich auch noch nicht gehört, eher Neugierede.
Es gibt in FB eine Gruppe für Eltern mit CI-Kindern, da kannst du bestimmt auch Eltern mit einseitig tauben Kindern kennen lernen.
Alles Gute für den Junior wünscht Katja.
Langjährige CI-Trägerin (AB) Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe.
(Rainer Maria Rilke)
Katja_S
Beiträge: 304
Registriert: 22. Jul 2012, 13:57
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Re: Einseitig taube/schwerhörige Kinder - MIT und OHNE Hörhilfe

#4

Beitrag von Katja_S »

Hallo Maike,
mit eigenen Erfahrungen bei einseitiger Taubheit kann ich dir nicht dienen, da mein Sohn beidseitig betroffenund mit 1 Jahr und mit 4 Jahren (der Abstand ist so lang, weil das 2. CI aus medizinischen Gründen vorher nicht möglich war) seine beiden CIs bekommen hat (in Freiburg). Er profitiert enorm von diesen und gerade das 2.CI hat bei ihm nochmal einen enormen Sprachschub ausgelöst (obwohl er auch mit dem 1. CI schon Recht gut gehört und auch Wörter und kurze Sätze gesprochen hat). Das ist mit eurer Situation aber nur schlecht vergleichbar, zumal mein Sohn neben der Hörschädigung noch weitere Einschränkungen hat. Außer der CI Rehas (die in nach und nach in größeren Abständen stattgefunden haben, hatten wir wegen den CIs eigentlich keine speziellen zusätzlichen Termine. Logopädie hat mein Sohn allerdings sowieso immer gehabt, das haben auch viele Kinder, die "nur" CI Träger sind. Wenn dein Sohn aber mit einem Ohr gut hört und keine Sprachprobleme hat, ist eventuell noch nicht Mal das nötig (lässt sich nicht Vorhersagen).
Während den CI Rehas in Freiburg habe ich inzwischen schon einige einseitig gehörlose Kinder getroffen, diese haben (teilweise bereits während der EA-Woche) das CI erstaunlich gut akzeptiert und die Eltern haben das so berichtet. Ist natürlich alles aus 2. Hand..
Mein Sohn freut sich übrigens immer auf die Reha-Aufenthalte im ICF und bei den allermeisten anderen Kindern ist das auch so 🙂. Er empfindet das auch nicht als Stress. Er ist allerdings von zu Hause auch schon immer alles mögliche an Therapien gewöhnt. Mit Kindern wird die Logo ja auch eher spielerisch gemacht, auch bei der Anpassung wird spielerisch vorgegangen etc.

Es gibt noch das DCIG Forum, da sind zwar mehr erwachsene CI Träger unterwegs, aber einige einseitig betroffene CI Träger.
Ich wünsche euch eine gute Entscheidung und alles Gute!
Viele Grüße
Katja
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
1. CI: 2009
2. CI: 2012
Salve
Beiträge: 38
Registriert: 1. Apr 2013, 00:12
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Re: Einseitig taube/schwerhörige Kinder - MIT und OHNE Hörhilfe

#5

Beitrag von Salve »

Hallo Maike,
ich kann es nur empfehlen, ein CI für das taube Ohr zu implantieren.
Ich selber bin auch seit Geburt auf einem Ohr taub und habe mich sehr, sehr spät für ein CI mit 36 Jahren entschieden.
Es hat - nach sehr langer Dauer aufgrund der langen bestehenden Taubheit des einen Ohres - bestens geklappt mit dem Hören und ich kann heute sogar auf dem tauben Ohr telefonieren!
Wenn dein Sohn jetzt bereits ein CI bekäme, wäre es - aus meiner Sicht - für ihn sehr wertvoll.
Alleine das Verstehen mit nur einem Ohr ist "anstrengend". Oder anders herum: Mit zwei Ohren ist das Verstehen von Sprache wesentlich entspannter. Dazu das erwähnte Richtungshören.
Ich würde dir das CI für deinen Sohn empfehlen.
Viele Grüße,
Salve
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