
seit so grob 20 Jahren habe ich einen winzigen Defekt in den höheren Frequenzen meines rechten Ohres. Das war (& ist) immer irgendwie lästig und im Laufe der Zeit wurde es etwas mehr - es geht mir auf den Keks, dass ich ständig nachfragen muss, was Leute zu mir sagen. Insbesondere das, was meine herzallerliebste Frau mir (gefühlt) nonstop mitzuteilen gedenkt... nicht immer Goethe, aber, wie ihr sicher wisst, um so wertvollere Weisheiten, die zu verpassen, ungeahnte Probleme aufwerfen kann...
Scherz bei Seite - ich kann in größeren Menschenansammlungen Gesprächen kaum folgen, verstehe tatsächlich manchmal verwirrend wenig, wenn die Umgebung nicht wirklich leise ist... bislang ist das aber laut Audiogramm alles noch im Bereich "maximal geringfügig", also eigentlich nicht behandlungswürdig. In diesem Sinne ärgere ich mich zwar seit Jahren damit herum, habe aber nie irgendwas unternommen (davon wurde mir auch von Ärzten abgeraten).
Ging ja auch irgendwie noch. Ich "schreie" halt, weil ich mich selbst schlecht hören kann und man kennt mich als "die taube Nuss", weil ich ständig nachfrage. Damit hab ich halt leben gelernt.
So - wechsel in die Gegenwart. Seit grob zwei Jahren bin ich schwer von Schwankschwindel beeinträchtigt. So weit, dass ich seit über 1 1/2 Jahren arbeitsunfähig bin. Vielleicht kennen das einige hier ja aus eigener Erfahrung, willst du, dass dir bei Schwindel jemand hilft, bist du am Ar... sagen wir, du brauchst Nerven.
Körperlich bin ich offenbar kerngesund (nach zig Untersuchungen und Geräten - ich könnte Astronaut werden, wenn ich gehen könnte und meine Wampe etwas... ach egal) - außer meinen Ohren, die haben eine wirklich geringfügig Hörproblematik und der Gleichgewichtssinn hat einen Schlag. Warum ich den habe, weiß niemand (ist aber immerhin messbar, Gott sei danke, ich begann schon, an mir zu zweifeln... ganz kurz nur). Mittlerweile gelte ich bei sämtlichen Experten als Patient für den Therapeuten ("somatoforme Störung" nennt sich das - also angeblich eine psychische Problematik auf körperlicher Symptome übertragen, anders gesagt: ich sei deutlich depressiv mit Tendenz zur bipolaren Störung und Schwindle herum, weil das meine Art ist, das mitzuteilen). Hab ich nen stressiges Leben? Aber Hallo, natürlich, wie jeder andere auch, der in einer Stadt wohnt, pendelt und nen Job hat... wie ich das Liebe, wer lebt denn bitte auf dem Planeten "Zen"? Aber... zwei Selbständigkeiten neben einem Vollzeitjob, super intensive Hobbies, dauerhafter Schlafentzug... sagen wir mal, "gesund" war das nicht und ein "Coach" meinte mal zu mir, ich sei der erste echte Workaholic, den er kennengelernt hat (und direkt der Hinweis "dat geht nicht mehr lange gut, ne").
Diagnostiziert ist aber auch eine Vestibularisparoxysmie... das ist, wenn ein Gefäß den Vestibularis-Nerv berührt und dauerhaft überreizt. Das kann behandelt werden, mit Carbamazepin bspw. - und siehe da, in der Smarties-Dosierung (also morgens einen größeren Happen und dann bedarfsweise Pilleken) hilft das auch.
Problem ist: Carbamazepin ist echte Medizin, man möchte das nicht unbedingt schlucken, wenn man es vermeiden kann. Kann alles Mögliche kaputtmachen, Tremor habe ich schon, ganz großartig für einen IT-Spezialisten, der seine Hände noch eine Weile braucht (bin 43 und muss wohl noch "paar" Jahre).
Wichtig: Wenn ich zu viele akustische Reize bekommen, wird der Schwindel stärker. Mit geräuschunterdrückenden Kopfhörern bin ich ja zwar "isoliert" aber auch "stabiler".
So ähm. Also. Letzte Woche, Zeit habe ich ja momentan genug, dachte ich, gehe ich mal das Problem "Ohren" an. Kann ja nicht schaden, denke ich mir so - also ab zum HGA und nach einer Weile und der Ansage "tun wir mal so, als ob die Kasse oder der Herr Mirochen den Kram bezahlt" (HGA hat ständig das Thema Kosten aufgeworfen, aber Geld ist jetzt nicht so mein begrenzender Faktor, um das mal so zu sagen) probierten wir ein Hörgerät aus, Phonak M90. Vor allem deshalb, weil ich im Grunde ja keinen echten Hörschaden habe, aber ich einen winzigen Geräuschunterdrücker/Sprachverstärker suchte und der Herr HGA meinte, "probieren wir dann mal das Dickste, kann man immer noch kleiner machen" (selbst Schuld, ich habe ihm ja nen Blanko-Scheck zugespielt...).
Und wat soll ich euch sagen... Hörgerät rein, 30min später laufe ich auf dem Seil. Naja. Fast. Jedenfalls NULL Schwindel. Und ich höre mich selbst wieder

Das ist jetzt drei Tage her, seitdem trage ich das Testgerät und habe keinen Schwindel mehr.
Hab ich meinem HNO gesagt, der freut sich wie sonstwas - und freut sich weniger, dass er jetzt gucken darf, wie er mir eine Versorgung zusammenlötet. Kann den Kram zwar bezahlen, will aber nicht, wenn die Debeka das auch übernehmen könnte... Oh äh und ich freue mich auch wie sonstwas, von 1200mg Carbamazepin am Tag runter auf 300mg (morgendliche Dröhnung, ich traue mich noch nicht).
Freue mich, bei euch zu sein, auch wenn ich vielleicht nicht so der typischer Schwerhörige bin... so hoffe ich hier dennoch auf fruchtbaren Austausch.
Mein Audiogramm von 2019 klebe ich mal dran. Das Gemale ist nicht von mir, damit hat mir Frau Doktor einer Spezialklinik erläutert, wo die Problemstellen liegen und dass ich quasi "kurz vor HG" stehen würde (was mein HNO vehement dementierte, seinerzeit).
Einen wunderschönen (Rest-)Sonntag zusammen und danke fürs Lesen

Mirochen
Edit: Das Audiogramm von vor ein paar Tagen ist im Grunde alles 20db runter und in den Tiefen noch etwas mehr. Die Verordnung war kein Problem, leichte Schwerhörigkeit. Sprachverständnis rechts 80 %, links 65 % bei jeweils 65db, Diskriminationsverlust beides 45 %.