Schlechte BERA-Werte, aber gute Hörleistung mit Hörgeräten

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Aabbccdd1984
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Schlechte BERA-Werte, aber gute Hörleistung mit Hörgeräten

#1

Beitrag von Aabbccdd1984 »

Hallo zusammen,

Wir bekamen für unserem Sohn, geb im Januar 2020, im Mai 2020 beim Neugeborene-Hörscreening die Diagnose, dass er rechts eine praktische Taubheit (keine Schwelle bis 100 dB) und links eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit (Schwelle ab 70 dB) hat.

Dies erfolgte im Gesundheitsamt.

Daraufhin erfolgte im Juni 2020 die Hörgeräteversorgung mit Phonak Naida B 30 UP. Bereits beim Einschalten der Geräte waren erstaunliche Reaktionen sichtbar. Auch der Pädakustiker war begeistert.

Wir wendeten uns zur weiteren Behandlung an das SPZ der Charité Berlin (kommen selbst auch aus Berlin). Doort waren wir einige Male bei der Logopädin, die jedes Mal begeistert war, wie gut seine Hörreaktionen mit den Hörgeräten war.

Es wurde ein weiterer Termin für eine BERA gemacht. Dies erfolgte unter der Gabe von Melantonin, jedoch gab es keine HNO ärtzliche Untersuchung, was wir überhaupt nicht verstanden. Das Ergebnis der Messung war ohne jegliche Hörschwelle bis 100 dB auf beiden Ohren, was sowohl uns, als auch die Logopädin sehr überraschte. Darauf ging man jedoch nicht ein und es erfolgte eine Beratung zu CI's und der Operation, die jetzt nötig wäre.

(Wir dachten, wir wären im falschen Film, immerhin waren seine Reaktionen mit den HGs super.)

Bei unserem Termin für neue Ohrpasstücke beim Pädakustiker kam nach einigen Tagen heraus, dass die Ohren mit Cerumen zugesetzt waren. Wir waren sehr enttäuscht, teilten diese Info dem SPZ mit und es kam lediglich eine ernüchternde Antwort, dass wir die BERA wiederholen könnten, es aber nichts daran ändern würde, dass unser Sohn CI benötigt.

Wir suchten nach einer neuen Anlaufstelle für unseren Sohn und wendeten uns an das Hörzentrum des Helios Berlin Buch.
Dort schlug man uns eine weitere BERA und Vollnarkose vor. Gleichzeitig wurde ein MRT gemacht und festgestellt, dass ein Paukenerguss vorliegt.

Die Messwerte der BERA lagen jedoch nach dem Eingriff bei 100 db (links) und tatsächlich besseren Werten mit 90dB rechts. Auch hier erfolgte eine CI Beratung und wir sahen es als Notwendigkeit für unseren Sohn an, um in die Sprache zu kommen.
Beim Pädakustiker hatten wir wöchentlich Termine zur Überprüfung und Erstellung eines Audiogrammes. Unser Sohn lernte sehr schnell, zu einem Pinguin (war ein Hörtest dort) zu schauen, wenn er einen Ton hört.

Zuletzt wurde beim Pädakustiker beim Audiogramm die Töne ab 75dB festgestellt (der Paukenerguss ist verschwunden, Kontrolle erfolgt jetzt regelmäßig durch KiÄrztin).

Es wurde öfters eine Freifeldmessung gemacht, um die Messungen zu Bestätigen. Hier lagen die Werte bei 35 dB.
Die Empfehlung vom Pädakustiker ist, tatsächlich noch mit CIs zu warten, da die Hörreaktionen sehr gut sind. Auch durch die Kinderärztin wird uns gesagt, dass er wie gleichaltrige Kinder lautiert und auf Geräusche sofort reagiert und in die richtige Richtung schaut.

Die Empfehlung des KH bleibt beim CI.

Wir stehen also vor der Entscheidung, welche die richtige ist. Kann unser Sohn ohne CI die Sprache wahrnehmen und wird sie erlernen oder muss er beidseitig mit CIs versorgt werden?!
Auch Gedanken über eine einseitige CI Versorgung schwebt uns vor, da sein linkes Ohr immer wieder gute Werte zeigt.

Gibt es Tipps/Hinweise für uns? War/ist jemand in einer vergleichbaren Situation? Wir würden uns über Austausch sehr freuen.

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Aabbccdd1984 am 1. Dez 2020, 22:43, insgesamt 1-mal geändert.
Katja_S
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Re: Schlechte BERA-Werte, aber gute Hörleistung mit Hörgeräten

#2

Beitrag von Katja_S »

Hallo,
bei meinem Sohn wurde damals eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit diagnostiziert, als er 7 Monate (bzw. korr 4 Monate, ist ein Extremfrühchen) war. Bei ihm war allerdings das Neugeborenenscrening (der OAE Test) bei Klinikentlassung unauffällig und die Bera wurde aufgrund unserer Beobachtung gemacht, dass er auf Geräusche gar nicht reagiert. Bei dieser war dann bei beiden Ohren bis 110 dB gar kein Potential messbar.
Er hat dann wie euer Sohn Hörgeräte bekommen (mit korr. 5 Monaten). Uns wurde damals gesagt, dass man mit den HG die Hörkurve ca. um 50 dB anheben könne (sorry, falls das jetzt nicht korrekt ausgedrückt ist) und es unwahrscheinlich sei, dass HG bei ihm ausreichen würden, Sprache wahrnehmen zu können. Testen wollten wir trotzdem, um sicher zu sein.
Bei ihm war das dann auch so, er hat mit den HG zwar etwas gehört (vor allem recht laute, tiefe Geäusche wie Klatschen oder Trommeln), aber gerade in den hohen Frequenzbereichen (die für die Sprache ja wichtig sind), lag seine Hörkurve (die bei der Pädakkustikerin und in der Pädaudiologie regelmäßig gemacht wurden) nie besser als 70-80 dB (um Sprache gut wahrnehmen zu können, sollte das wohl mindestens bei 50-60 dB liegen) und auf Glöckchen, Triangel etc. hat auch nicht wirklich Reaktionen gezeigt. Es war bei uns aber auch so, dass wir (und die Hörfrühförderin etc.) nie den Eindruck hatten, dass er auf Sprache reagiert, wenn er die Mimik nicht beobachten konnte und er hat auch irgendwann das Plappern weitestgehend eingestellt (die 1. Lallphase machen ja alle Kinder), das kam erst 2 Monate nach der EA des CIs wieder. Er hat dann mit korr. 1 Jahr das 1. CI bekommen. Damals (jetzt immerhin 12 Jahre her) war es üblich, dass Kinder zunächst nur einseitig CI versorgt wurden (auf dem schlechteren Ohr) und erst später (nach 6-12 Monaten) das 2. CI bekommen haben! Erst sein ein paar Jahren beobachte ich in der CI Reha, dass immer mehr Kinder (bzw. fast alle, die ich treffe und beidseitig hörgeschädigt sind) gleich beide CIs bekommen..
Bei meinem Sohn war es so, dass er enorm von den CIs (er hat inzwischen 2) profitiert (mehr als erwartet, da er mehrfachbehindert ist und keiner erwartet hat, dass er überhaupt Sprechen lernen kann (unabhängig vom Hören) und er das durchaus gelernt hat (wenn auch nicht perfekt) und es für uns die absolut richtige Entscheidung war! Allerdings ist das sehr unterschiedlich, wie sehr Kinder (und auch Erwachsene) von den CIs profitieren! Das ist sehr individuell (auch bei Kindern, die außer der Hörschädigung keine Einschränkung haben)!
Ich kann euch nur raten, euch nicht zu einem (oder 2) CIs überreden zu lassen, wenn ihr selbst nicht 100% dahinter steht und ihr euch für euch (noch?) nicht sicher sein könnt, dass HG nicht doch ausreichen! Wenn ihr und auch Außenstehende wie die Logopädin (man selbst als Eltern ist da ja nicht unbedingt subjektiv und Kinder können gut kompensieren) der Meinung seid, dass er mit den HG durchaus Sprache wahrnehmen kann , verpasst ihr sicherlich auch nichts, wenn ihr noch ein paar Monate wartet! Audiogramme sind bei Kleinkindern ja nicht 100% aussagekräftig, da die erst reagieren, wenn ein Geräusch für sie interressant ist und nicht unbedingt sobald sie es wahrnehmen, vielleicht liegt die Hörschwelle bei deinem Sohnmit HG ja doch niedriger als die 70 dB, das kann hier keiner beurteilen.
Das ist nur meine persönliche Meinung, immerhin ist es eine OP und mit der OP ja nicht getan. Habt ihr Hörfrühförderung? Was meinen die denn?
Ich wünsche euch eine gute Entscheidung!
Viele Grüße
Katja
Zuletzt geändert von Katja_S am 2. Dez 2020, 19:06, insgesamt 1-mal geändert.
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
1. CI: 2009
2. CI: 2012
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