Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

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Kaddi
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Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#1

Beitrag von Kaddi »

Hallo alle Zusammen,

Ich bin 24, Studiere Zahnmedizin und bin leicht schwerhörig, aufgrund einer angeborenen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Ich trage seit einigen Jahren Hörgeräte und komme im Alltag eigentlich prima zurecht, habe allerdings manchmal Schwierigkeiten Flüstern, undeutliches Sprechen etc zu verstehen.
Ich schreibe hier in das Forum, weil ich es toll finde, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, da zumindest von meinen ja meisst noch jungen Freunden das Handicap total unterschätzt wird. Oft wird zu mir gesagt "Ach ist ja überhaupt nix schlimmes" was zwar nett gemeint ist aber einfach zeigt dass es sich die meissten Menschen nicht richtig vorstellen können was es eigentlich heißt, wenn man zum Teil abgekapselt von der Kommunikation ist.

Außerdem interessiert es mich total, wie ihr das den Leuten sagt, vor allem wenn ihr wie ich in der Situation seid dass man es eigentlich nicht direkt merkt und auch nicht sieht.
Sagt ihr das einfach jedem der in eurer Nähe ist oder nur manchen Leuten die ihr besser kennt?
:help: Wie sagt ihr es? Eher humorvoll oder ernst?

Ich würde mich wirklich sehr über Antworten von euch freuen,

Liebe Grüße!!
Selene
Beiträge: 355
Registriert: 21. Mär 2014, 08:55
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Wohnort: Köln

Re: Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#2

Beitrag von Selene »

Hallo Kaddi,

mit meiner Hörschädigung gehe ich mittlerweile total offen um.
Vor Jahren, als es noch nicht so schlimm mit der Schwerhörigkeit war, versuchte ich es immer zu vertuschen, schob es beim Telefonieren auf die schlechte Verbindung oder auf das Störgeräusch in der Leitung.

Heute habe ich Hörgeräte, trage sie aber nicht regelmäßig draußen.

Den Leuten sage ich meistens recht humorvoll:
"Ich habe links ein Schlappohr, kommen Sie bitte an meine Schokoladenseite, mit dem rechten Ohr kann ich Sie besser verstehen!"
oder:
"Sprechen Sie bitte in dieses Mikro" - deute auf mein besseres rechtes Ohr und füge hinzu: "Ich höre nicht gut."

Mit Humor kommt man weiter und die Hörminderung wird weniger hart.
Ich werde in zwei Tagen 48 Jahre und die Leute können mir nicht glauben, dass man als doch noch junge Frau eine Hörschwäche haben kann.
Ja, viele denken, dass ich mir einen "Witz" erlaube, wenn ich meine Sprüche von mir gebe. Wäre es mal so, dann hätte ich mehr Spaß im Leben.
Der erweiterte Hörverlust (2012 passiert) hat mir im Leben einen heftigen Knick in der Lebensfreude verabreicht.

Man denkt immer, bei einem Hörverlust kommt halt ein Hörgerät rein und fertig, aber es ist nicht so.

Viele Grüße aus Köln,
Selene
Tinnitus (früher Morbus Meniere), durch Hörstürze beidseits ca. 50-70 dB Schwerhörig. Seit dem 11. Oktober 2017 Trägerin von Oticon opn 1 mit T-Spule Ex-Hörer mit geschlossenen Schirmchen. :idee:
Syrinx
Beiträge: 280
Registriert: 31. Okt 2013, 20:26
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Wohnort: bei Hamburg

Re: Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#3

Beitrag von Syrinx »

Ob, wie und wem ich es sage hängt absolut von der Situation und meiner Tagesform ab. Normalerweise binde ich das eher ins Gespräch ein, wenn es zu schwierig wird oder schlage vor, den Standort ein wenig zu verändern, wenn zu viel Hintergrundlärm ist. Sinnvoll ist auch Freunde vor der Buchung Theater, Kino, Konzert noch mal kurz darauf zu bringen, dass Plätze in direkter Lautsprechernähe nicht so angenehm für mich sind.

Es ist ja ein fast unsichtbares Problem und wird fix vergessen oder übersehen.
Auch von denen, die es sicher wissen.
Ich erlebe aber auch diesbezüglich nette Überraschungen, dass jemand bewusst eine Lokalität wählt oder einen Tisch in jener Ecke, wo es etwas ruhiger ist.

Es gab erst eine Situation, in der ich auf absolut stur geschaltet habe und das war am Flughafenschalter bei der Abfertigung
Da meinte ein Kollege, der grad in die Pause wollte, den für meine Abfertigung zuständigen Mitarbeiter zwischendrin mit Privatzeugs vollquatschen zu müssen. Praktisch sah das so aus, dass "mein" Abfertiger mich kaum ansah beim Ansprechen, also seitlich abgewandt, dem Kollegen zugewandt und mit Privatgequatsche dazwischen, irgend welche Anweisungen bzgl. Hund und Gepäck an mich rausgab und beim Hintergrundlärm in der Abflughalle habe ich nichts verstanden. Anfangs habe ich mich noch damit abgemüht zu raten und dann war es mir zu blöd. Als er irritiert bemerkte, dass ich mich nicht mehr rührte, was seinem Zeitplan deutlich entgegen stand, deutete ich auf beide Ohren und klärte ich ihn auf, dass ich ihn so nicht verstehen kann und es freundlich wäre, wenn er seine Aufmerksamkeit bis zur Pause den Fluggästen widmete. Ich war wirklich sauer und das bei der Airline, die rote Schokoladenherzen verteilt, am Stammkundenschalter.

Hin und wieder deute ich nur kurz auf meine Ohren und weise eher humorvoll darauf hin, dass ich grad schlecht verstehe. Dank der tollen Geräte passiert das extrem selten.
Manchmal ist es auch ok für mich und ich beobachte nur und sage nichts. Kommt ganz darauf an. Ausführlich thematisiert habe ich den Hörverlust nur mit einem sehr guten Freund, denn selbst innerhalb der Familie herrscht Unverständnis...du hast Hörgeräte, also hörst du.
Sprechen wir halt lauter, dann hört sie uns auch.
Dass es damit (allein) nicht getan ist, können Nichtbetroffene schwer nachvollziehen.
Grundsätzlich hilft wohl eher Offenheit.
Mich hat es anfangs Zeit und Überwindung gekostet das Problem offen zu benennen. Ich trage erst seit knapp 4 Jahren Geräte und zunächst reichte auch eines. Darüber wirklich zu sprechen, auch wie es sich bisweilen anfühlt oder welche Trauer oder Hilflosigkeit ich gelegentlich über den fortschreitenden Hörverlust empfinde gibt eine sehr verletzliche Seite von mir preis und das binde ich nicht jedem auf die Nase und ist ein Thema, an dem ich selbst noch viel arbeiten muss
beidseitig mit Phonak Audeo V versorgt und
zum Hörjunkie mutiert :D
Kaddi
Beiträge: 3
Registriert: 29. Sep 2015, 12:30
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Re: Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#4

Beitrag von Kaddi »

Hallo Selene und hallo Syrinx,
Vielen Dank für eure ausführlichen und offenen Antworten!

Es "freut" mich wirklich zu hören dass es auch anderen so geht dass es Überwindung kostet es so anzusprechen wie es wirklich aussieht und warum man manchmal ein bisschen verpeilt durch Leben geht und manche Dinge halt nicht gleich versteht oder hört :)
Allerdings ist es aber auch schade da es eigentlich nichts ist was man verstecken sollte sondern kommunizieren, da uns nur so auch Verständnis entgegen gebracht werden kann. So wie am Flughafenschalter, also eigentlich alles richtig gemacht (Auch wenn der Angestellte sich bestimmt keiner schuld bewusst war)!

Selbst mit 48 wird gesagt dass man noch zu jung für einen Hörverlust wäre? Dachte bis dahin ist man schon in einer verständnisvolleren Umgebung angelangt ;-D
Aber trotzdem schön wenn man ansonsten noch als sehr jung eingeschätzt wird dann scheint ja sonst einiges gut zu laufen!

Ich selber verschweige es (noch) leider viel zu oft da ich befürchte dass ich dadurch als weniger leistungsfähig eingeschätzt werde, vor allem im beruflichen Bereich.
Bei Freunden/ Bekannten fällt es mir leichter.

Danke nochmals für die Antworten, über weitere freue ich mich natürlich auch!
LG Kaddi
Kerstin811
Beiträge: 25
Registriert: 20. Nov 2015, 19:37
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Wohnort: Köln

Re: Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#5

Beitrag von Kerstin811 »

Hallo Kaddi!

Ich bin seit Geburt schwerhörig und habe in den 43 Jahren meines Lebens schon alles gemacht.....verschwiegen, überspielt und nur mit den engsten Leuten drüber gesprochen und mitlerweile gehe ich ganz offen damit um! Besonders momentan ,wo ich neue Hörgeräte bekomme und ich echte Probleme habe!
Ich arbeite im Kindergarten und als Gruppenleiterin bin ich immer wieder Ansprechpartner für die Eltern!
So sage ich beim ersten Elternabend immer sofort, das ich schwerhörig bin und Hörgeräte trage und wenn sie mich von hinten anspreche, es dann sein kann, das ich sie nicht höre und nicht arrogant bin, weil ich nicht reagiere😉,
Bis jetzt hab ich Gott sei Dank keinerlei negativen Erlebnisse gehabt......gut, mal ein Gelächter, weil ich was falsch verstanden hab (tut manchmal weh) , oder als Kind wurde mir manchmal gesagt, das ich komisch spreche, weil ich mal das s,St ,tz verschluckt habe!

Mit den neuen Geräten passiert es mir jetzt öfters , das ich lauten Situationen aus dem Weg gehe.....das frustriert mich total! Und da lerne ich nun auch das erste mal, das man sich selber ausgrenzt.....traurig! Mein Umfeld reagiert verständnisvoll, aber fragen auch nicht mehr nach....weil sie es einfach vergessen.....ich trage lange Haare (Frau ist ja eitel😉) und somit sieht man meine Handicap ja auch nicht!
Übrigens komme ich aus Köln (rechtsreinisch im schönen Dellbrück)
Glg Kerstin
Xaver
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Registriert: 2. Mai 2011, 16:29
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Re: Kontakt im Raum Köln und Stuttgart

#6

Beitrag von Xaver »

Hallo Kaddi,
Ich selber trage seit 15 Jahren Hörgeräge. Mein erstes Gerät bekam ich mit 30. Ich selber bin auch nur leichtgradig Schwerhörig. Als ich am Anfang mit dem Gerät rumgelaufen bin, meinten viele meiner Kollegen wieso das ich das trage, so schlecht hörst Du ja gar nicht.
Aber ich merkte schnell das es mir hilft. Früher wurde ich sehr oft ausgefragt was das ist.

Aber die Zeiten haben sich schon ein wenig geändert. Heutzutage ist das Gerät nicht mehr so aussergewöhnlich. Einige Leute fragen mich ob das Funkkopfhörer sind. Also, tja so ändern sich die Zeiten.
Früher war es mir sehr penlich schon mit den Geräten rumzulaufen. Unterdessen habe ich mich daran gewöhnt und ich finde es auch nicht mehr Peinlich mit den Dingern rumzulaufen. Ich trage auch keine neutralen Hörgeräte meine jetztigen sind silber/schwarz. Hatte auch schon silber/blaue und auch silberne Hörgeräte getragen.
Tragen muss ich die Geräte sowieso, dann trage ich lieber welche die mir auch gefallen.
Ich selber muss auch sagen, in vielen Situationen höre ich mit den Geräten besser. Aber eben die haben auch Grenzen. Wenn jemand flüstert, sage ich auch dass sie lauter sprechen sollten oder ans Mikrofon des Hörgerätes gehen. Dann klappt es meistens gut.
Gruss Xaver
Zuletzt geändert von Xaver am 20. Dez 2015, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.
Seit dem 16.Lebensjahr leichte bis mitelgradige Schwerhörigkeit.
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