Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

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emilia
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Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#1

Beitrag von emilia »

Hallo ihr lieben!
Meine Tochter ist im Juli 2014 mit einer Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie auf der rechten Seite zur Welt gekommen!
Ich fühl mich bisschen hilflos und das ganze belastet mich ziemlich!
Ich würde mich freuen mit Eltern auszutauschen ( Raum Köln), die ein Kind haben, das eine Ohrmuschelnfehlbildung hat.Vielleicht auch mal jemanden, dessen Kind sich schon operieren lassen hat.
Hat jemand von euch Erfahrungen mit diesem Problem der Sprachentwicklung?
Kann uns jemand vielleicht noch andere Therapie- / Fördermöglichkeiten nennen?
Gerne auch per mail.
L.G. Emilia
Zuletzt geändert von emilia am 18. Feb 2016, 15:11, insgesamt 2-mal geändert.
fast-foot
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#2

Beitrag von fast-foot »

Hallo emilia,

herzlich willkommen!
emilia hat geschrieben:Hat jemand von euch Erfahrungen mit diesem Problem der Sprachentwicklung?
Wenn das linke Ohr normal hört, sollte bezüglich des Erwerbs der Lautsprache rein durch das Gehör keine Einschränkung erfolgen.

Abgesehen davon ist eine Versorgung mit einem Knochenleitungshörgerät indiziert (wenn ich mich richtig erinnere, ab dem Alter von etwa einem Jahr, vielleicht auch etwas später).

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
emilia
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Re: Ohrmuscheldysplasie re.+ Gehörgangsatresie

#3

Beitrag von emilia »

Hallo fast-foot ,
vielen Dank erstmal für die Begrüßung und die schnellen Antworten.
Zum Thema Hörtest muss ich leider noch sagen, dass bei unserer Tochter auf dem betroffenen Ohr noch kein richtige Hörtest durchgeführt wurde, dass Emilia zum Untersuchungszeitpunkt nie geschlafen hat. Ich glaube, für so eine K.L. untersuchung muss sie doch schlafen, oder ganz still sitzen(10.2014,02.2015)? Und eine Narkose kommt für uns in dem Alter nicht in Frage. Man hat uns gesagt, wir sollten abwarten bis sie aktiv bei einem Hörtest mitwirken kann(04.2016).
Die Klinik in HNO Köln geht einfach davon aus, dass sie ein Innenohr besitzt, da 99,9 Prozent aller Kinder mit dieser Fehlbildung ein Innenohr haben.
Hoffen wir die Knochenleitung ist einwandfrei.
HG ja oder nein. Wir haben viel gelesen und mit mehrere Ärtze gesprochen über Vorteile auf 2 Ohren zu hören, warten wir einfach noch einbißchen ab (auch wenn das abwarten nicht immer einfach ist, da man ja oft daran denkt). Uns wichtig nur zu sein das ihr gesundes Ohr regelmaßig überprüft wird (falls ein Erguss im Ohr mal auftauchen sollte) damit sie richtig hören kann. Sie sagt inzwischen richtig gut Mama und ahmt alle möglichen Laute und Melodien nach. Sie mag auch Musik unendlich gern! Ich gehe also nun mal davon aus, dass sie hören kann auf zwei Ohren. Insofern haben wir uns nun erstmal entschieden einfach mal abzuwarten und ihr Zeit zu geben. Wir werden sie genau beobachten und alle 6 Monate zur Kontrolle des gesunden Ohres zum Arzt gehen. Beim nächsten Besuch in unserem betreuenden HNO Klinik werden wir auf alle Fälle wegen eines Hörtestes nochmal nachhaken. Ich glaube, wir sollten den kleinen zwerg nicht jetzt schon mit einem Hörgerät belasten, wenn es nicht zwingend erforderlich ist. Sie wird sich noch früh genug damit auseinandersetzen müssen.

LG Emilia
Zuletzt geändert von emilia am 19. Feb 2016, 14:38, insgesamt 2-mal geändert.
Eickmann
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#4

Beitrag von Eickmann »

Hallo Emilia,

wenn die Möglichkeit besteht das 2. Ohr zu aktivieren würde ich das auch empfehlen.
Das Gehirn kann nur durch den Vergleich von 2 Signalen erlernen zu erkennen woher ein Geräusch kommt, fehlt diese Funktion wird das Verstehen in jeglicher Störgeräuschsituation deutlichst erschwert. (Kindergarten/Schule/Feiern/...)

Da dieses Richtungshören jedoch wie das Verstehen erlernt werden muss und nicht automatisch sofort funktioniert sobald das Ohr reaktiviert wird, ist es Ratsam frühstmöglich den Schritt zu unternehmen.

Liebe Grüße
Werner
Torifra
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#5

Beitrag von Torifra »

Hallo Emilia,

unser Sohn wurde im Oktober 2011 ebenfalls mit einer Ohrmuscheldysplasie und Gehörgangsatresie auf der rechten Seite geboren. Nach der Geburt haben wir uns, wie ihr ja auch, große Sorgen gemacht. Man macht sich halt Gedanken, ob das Kind vernünftig sprechen lernt, ob es mit dem Gleichgewicht klappt und viele andere Sachen, die einem in so einer Situation durch den Kopf gehen. Etwa im Alter von einem Jahr haben wir dann mit der Versorgung begonnen (Knochenleitungshörgerät mit Stirnband). Aber wie das mit Kindern in diesem Alter so ist, waren es nur Versuche. Ich glaube, das Stirnband war nie länger als 20 Minuten am Kopf, dann hat es der Kleine "entsorgt". In den Folgemonaten haben wir einige Geräte andere Hersteller getestet, die jedoch alle nicht akzeptiert wurden. Das Stirnband und die ständigen Rückkopplungen waren wohl einfach nix für unseren Sohn.
Wir haben uns dann nach vielen Gesprächen mit Ärzten, Akustikern und der Frühförderung entschieden, unseren Sohn mit der Vibrant Soundbridge zu versorgen, um ihm ein beidseitiges Hören zu ermöglichen. Dieses System war zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr lange für Kinder zugelassen.
Die OP wurde in der Uniklinik Frankfurt durchgeführt und verlief ohne jede Komplikation. Einige Wochen nach der OP erfolgte die Anpassung der Soundbridge, die auch von Anfang am vom Kleinen akzeptiert wurde.
Mittlerweile ist sein "Lauschi" für ihn ein Teil seines Lebens geworden - er gehört einfach dazu.
Was die Sprachentwicklung angeht, ist zu Kindern seines Alters kein Unterschied erkennbar.
Der Kleine geht in den Kindergarten und hat noch einen Integrationsplatz, den er aber demnächst nach Ansicht des Kindergartens nicht mehr brauchen wird, da er sich in keinster Weise von anderen Kindern seines Alters unterscheidet.
Die Zeit während der Implantation war sicherlich sehr aufregend und man hat sich als Eltern viele Gedanken gemacht. Mit dem Abstand von jetzt gut zwei Jahren sind wir als Eltern uns sicher, genau die richtige Entscheidung im Sinne der Kleinen getroffen zu haben.
Was jetzt in der Zukunft noch ansteht - falls der Kleine es möchte - ist der Aufbau der Ohrmuschel. Das geht aber erst, wenn er zwischen 8 und 10 Jahren alt ist.

Ich kann euch nur empfehlen, eure Tochter auf dem "kranken" Ohr zu versorgen, mit welchen System auch immer. Ansonsten macht euch nicht zu viele Sorgen, sie wird sich völlig normal entwickeln. Da haben Eltern deren Kinder auf beiden Ohren nicht hören, ganz andere Sorgen.

Solltet ihr noch Fragen an uns haben, könnt ihr euch gerne melden. Ein Treffen ist auch kein Problem, der Weg von Frankfurt nach Köln ist ja nicht so weit.

Alles Gute für Euch und die Kleine.
emilia
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#6

Beitrag von emilia »

Hallo Torifra ,

Wir haben Mitte März einen Termin in der HNO-Klinik in Köln.
Hilfreich wäre zu wissen, auf was wir bei der Untersuchung in der HNO-Klinik achten sollten.
Danke und viele Grüße Emilia
Torifra
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#7

Beitrag von Torifra »

Hallo Emilia,

welche Untersuchung wird bei eurer Tochter gemacht?

Empfehlungen auf was ihr achten sollt, kann ich euch nicht geben, da man sich auf die Aussage der Ärzte verlassen muss.
Bei unserem Sohn wurde relativ früh im Alter von wenigen Monaten eine Behra gemacht. Später wurde das kranke Ohr noch mit einem MRT untersucht, um festzustellen ob das Mittelohr intakt ist. Die Behra war nicht so toll, da sie stundenlang gedauert hat. Das MRT ging ohne Probleme.

LG Torifra
emilia
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#8

Beitrag von emilia »

Hallo Torifra,
Wurde das kranke Ohr mit einem MRT untersucht unter voll Narkose?
LG Emilia
Torifra
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#9

Beitrag von Torifra »

Hi Emilia,

die Untersuchung wurde mittels MRT gemacht. Das Ganze hat auch nicht wirklich lange gedauert. Allerdings war ein Narkose notwendig, da die Kleinen sonst nicht ruhig liegen bleiben. War aber halb so schlimm. Unser Sohn war ziemlich schnell wieder auf den Beinen und hat die Narkose, die auch nur sehr leicht war, sehr gut vertragen.

LG Torifra
fast-foot
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#10

Beitrag von fast-foot »

Hier noch ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht:
Eickmann hat geschrieben:...wenn die Möglichkeit besteht das 2. Ohr zu aktivieren würde ich das auch empfehlen.
Ich habe das nicht empfohlen, sondern lediglich darauf hin gewiesen, dass aus medizinischer Sicht (es gibt auch andere, bspw. übergeordnete Sichtweisen (bei welchen das Medizinische natürlich ebenfalls eine Rolle spielt bzw. spielen kann) eine Indikation besteht.
emilia hat geschrieben:Ich glaube, wir sollten den kleinen zwerg nicht jetzt schon mit einem Hörgerät belasten, wenn es nicht zwingend erforderlich ist.
Zwingend erforderlich ist eigentlich gar nichts bzw. ist etwas höchstens zwingend erforderlich, um gewisse Ziele zu erreichen. Ist das Ziel, Richtungshören zu ermöglichen, so ist es durchaus möglich, dass dieses nicht ohne die Versorgung mittels Knochenleitungshörgeräts (oder eines anderen geeigneten Hiflsmittels) geschehen kann.

So, wie ich das einschätze (ich habe leider wenige Informationen zur Verfügung), wird rein auf Grund des Gehörs der (uneingeschränkte) Erwerb der Lautsprache möglich sein.

Worauf bei den Untersuchungen achten? Das kommt darauf an, welche unter welchen Bedingungen durchgeführt werden. Wenn bspw. eine (Knochenleitungs-) BERA in Sedierung auf dem Programm steht, sollte das Kind zum geplanten Zeitpunkt idealerweise möglichst müde sein (wie auch immer man das umsetzt).

Ausserdem dürften gewisse Untersuchungen nicht unbedingt notwendig sein (bspw. insbesondere eine CT, welche eine hohe Strahlenbelastung bedeutet).

Abzuklären ist auch, ob der Gehörgang wirklich (gänzlich) verschlossen ist; je nachdem kann auch eine Versorgung mittels Luftleitungshörgeräts möglich sein.

Wenn kein Innenohr angelegt ist bzw. die Knochenleitungswerte so hoch sind, dass eine Versorgung mittels Knochenleitungshörgerät "dem betroffenen Ohr wenig bringt" (so dass sich vermutlich kaum Richtungshören einstellen wird), könnte auch eine Versorgung mittels CI eine Option sein.

Zu beachten gilt allerdings, dass bei allen Operationen (Implantation einer Schraube, einer VS (als Beispiel) oder eines CIs enorme Schalldruckpegel auf den Schädelknochen abgegeben werden, welche sich nahezu ohne Verlust auf beide Ohren übertragen und diese schädigen können, wobei die Ohren von Kindern besonders anfällig sind (sich allerdings auch wieder besser erholen können).

Ich möchte noch darauf hin weisen, dass gemäss meiner Einschätzung die Entwicklung von Richtungshören (deutlich) erschwert (bzw. gar nicht mehr möglich) sein könnte, wenn das betroffene Ohr nicht in nächster Zeit entsprechend versorgt wird. Dieses ist zwar für den Erwerb der Lautsprache nicht unbedingt erforderlich - eine gewisse Erleichterung bspw. insbesondere beim Verstehen im Störschall etc. wird durch dieses jedoch ermöglicht.

Gruss fast-foot
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otoplastik
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#11

Beitrag von otoplastik »

Liebe Emilia,
ich möchte etwas aus der Sicht einer Mutter beisteuern, deren Sohn lange Zeit ein unversorgtes taubes Ohr hatte und jetzt auf der Seite ein CI trägt.

Mein Sohn ist im Alter von 14 Monaten durch eine Erkrankung einseitig ertaubt (li) und auf der anderen Seite hochgradig schwerhörig geworden (re).

Lange Zeit war er nur mit einem Hg auf der noch hörenden Seite versorgt, auf der linken hatte er ein Gerät, dass den Schall zum HG der rechten Seite gesendet hat.

Er kam gut in die Sprache und kam auch relativ gut klar.
Mit steigendem Alter wurde die Höreinschränkug aber auch im sozialen Bereich deutlicher. Besonders das Problem, bei Störgeräuschen zu verstehen und von der tauben Seite zu verstehen.
Wir haben uns daher für ein CI entschieden, als er 14 war.

Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass das Fehlen eines Ohres doch mehr Auswirkungen hat, als man gemeinhin erstmal denkt.

Bei allen Beschreibungen musst Du aber im Hinterkopf haben, dass mein Sohn im Vergleich zu Eurem Kind nicht über ein gesundes Ohr auf der anderen Seite verfügte. Das Ausmaß der Beeinträchtigung wird Euer Kind so vermutlich nie erleben.

Natürlich am deutlichesten war die die Störgeräuschempfindlichkeit. Mit zwei Ohren können wir Normalhörenden im Gehirn differenzieren, woher Störgeräusche kommen und sie so ausblenden.
Das geht mit einem Ohr nicht oder nicht so gut.
Dadurch wird das Hören in unruhiger Umgebung viel anstrengender.
Das kann in schweren Fällen zu Erschöfung, Konzentrationsproblemen u.ä. führen. Mein Sohn war am Ende nur noch kaputt und hatte auch seine Lebensfreude verloren.

Richtungshören bzw. das Hören mit beiden Ohren ist nicht nur für Störgeräusche wichtig, sondern auch für die Raumwahrnehmung.
Das haben wir erst später verstanden.
Nach der CI-Implantation war auf einmal die fehlende Wahrnehmung des Platzes zwischen ihm und seinem Gegenüber bzw. Gegenständen ganz anders.
Stockkämpfe durfte er früher nicht machen, weil er mit dem Stock immer zwei Zentimeter vor dem Gesicht des anderen rumgefuchtelt hat.
Fahrradfahren ging lange nur unter Aufsicht, alleine möglichst nicht, weil er den Abstand zu Füßgängern auf dem Fußweg und zu Autos und anderen Radfahrern nicht abschätzen konnte.
Stell Dir ein wildes Kind vor, das immer im Abstand von 5 cm an den verschreckten Fußgängern vorbeirast...
Das alles hat sich geändert, seit er mit zwei Seiten hört.
Auch seine Bewegungen sind fließender geworden.
Wir hatten das immer auf die zerstörten Gleichgewichtsorgane geschoben. Das stimmte so nicht.
Ich habe mal mit einer Mutter gesprochen, die einen einseitig tauben Sohn hat, auf der anderen Seite normalhörend. Sie hat mir das bestätigt. Ihnen war das Thema aus der Ergotherapie bekannt gewesen. Sie hatten lange KG und Ergo dafür, das Thema blieb aber bestehen.

Wir mussten für alle diese Verbesserungen ein CI implantieren lassen.
Wenn ich die Möglichkeit hätte, mein Kind mit einem HG am Stirnband zu versorgen, würde ich das auf jeden Fall tun.
Die Hörbahnen sollten früh stimuliert werden, damit sie sich gut entwickeln. Und auch, damit sich ein Richtungshören entwickeln kann. Ich denke, dass das auch Auswirkungen auf den Bewegungsapparat und die motorische Entwicklung haben wird.

Früh würde für mich bedeuten, im ersten Lebensjahr. Ich habe gerade nicht auf dem Schirm, wie alte Eure Tochter ist.

Ich kann mich aber an den Satz erinnern, dass Ihr den Knirps nicht mit einem Hörgerät belasten wollt.
Kinder sind nicht durch Hörgeräte belastet, von denen sie profitieren. Vielleicht empfinden Eltern das als Belastung. Das müsst Ihr mit Euch klären.
Aber um einen unverkrampften Umgang damit zu lernen, als Kind und als Eltern, ist es gut, von Anfang an damit zu beginnen und dazu zu stehen.
Einige Kinder haben Brillen, andere rote Haare und meines eben leuchtblaue Geräte am Kopf.
Sicher, es gibt Fragen dazu. Aber was für einen Nachteil soll er haben, wenn die anderen wissen, dass er schwerhörig ist?
Eine negative Reaktion ist uns in all den Jahren (er ist jetzt 17) nie begegnet. Unsicher Reaktionen, ja. Da hilft Offenheit am besten.
Aber das ist vielleicht für Euch auch gar kein Thema, die Atresie kann man ja auch nicht verstecken.
Noch eine süße Anekdote:
Mein Sohn war drei, als er seinem neugeborenen Bruder etwas erklärte. Als ich sagte, das würde der noch nicht verstehen, war die logische Schlussfolgerung: Ach ja, der hat ja noch keine Hörgeräte.
Es ist einfach normal für ihn, auch weil er es von frühester Kindheit an kennt.
Liebe Grüße, Otoplastik
Zuletzt geändert von otoplastik am 26. Feb 2016, 13:04, insgesamt 1-mal geändert.
Otoplastik
Sohn, 17 Jahre, mit 14 Monaten Meningitis, seitdem re. hochgradig und links taub, rechts HG (Naida S IX UP), links CI seit 01/14 (Naida Q70), vorher links viele Jahre PhonakCros :)
fast-foot
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#12

Beitrag von fast-foot »

Ich möchte hier noch einige Ueberlegungen anstellen, sowohl aus medizinischer Sicht (einerseits aus einer eher kurzfristigen Perspektive heraus, andererseits auch versuchend, sehr langfristige Auswirkungen zu berücksichtigen), als auch aus einer etwas erweiterten Sicht. Die Gedankengänge, welche letztere berücksichtigen, habe ich als off-topic deklariert:

Auch mit einem Ohr kann man Nutzschall aus Schall mit Störgeräuschen heraus filtern. Was weitgehend weg fällt, ist das Richtungshören. Dieses kann (zusätzlich) genutzt werden, um Schallquellen zu orten, was das Herausfiltern von bestimmten Schallquellen erleichtern kann.

Wobei die folgende Ueberlegungen die Behauptung, dass mit zwei (versorgten) Ohren das Hören weniger ermüdend sei, etwas relativieren:

Ein digitales Hörgerät benötigt eine gewisse Zeit, um die Signale zu verarbeiten. Somit kommen sie beim versorgten Ohr später an. Dies muss das Hirn erkennen und berücksichtigen, was ebenfalls eine erhöhte Hirnleistung erfordert, zumal die Verzögerungen nicht konstant sind, sondern abhängig von akustischen Input, der Einstellung, dem gewählten Programm etc.

Ausserdem ergeben sich auch höhere Differenzen bezüglich Schalldruckpegel, was die Ortung auf Grund der betreffenden Begebenheit erschweren (es ist wiederum mehr Hirnleistung erforderlich) oder gar verunmöglichen könnte - diese dominiert aber die Berechnung der Hörbahnen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt.

"Richtungshören bzw. das Hören mit beiden Ohren ist nicht nur für Störgeräusche wichtig, sondern auch für die Raumwahrnehmung."

Falls wissenschaftliche Belege für diese Behauptung (natürlich wird das Gehirn versuchen, alle Sinneseindrücke möglichst widerspruchsfrei zu deuten, und es können bei der Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt auch "Synergie-Effekte eine Rolle spielen") existieren, könnten Links, welche zu den betreffenden Informationen führen, hilfreich sein.
Aber man kann aus den Schilderungen auch schliessen, dass früher Distanzen viel genauer eingeschätzt werden konnten (vielleicht, weil den "visuellen Reize höhere Beachtung geschenkt wurden und damit diese besser verarbeitet werden konnten"); es schien ja eine ziemlich genaue Vorstellung darüber vorhanden, wie sehr sich bzw. Gegenstände Menschen genähert werden konnte, ohne diese zu berühren (diese Fähigkeit könnte nachgelassen haben, da nun vermehrt auf akustische Inputs geachtet werden, was zur Folge haben könnte, dass grössere Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen, weil nun Distanzen weniger gut eingeschätzt werden können):

"Nach der CI-Implantation war auf einmal die fehlende Wahrnehmung des Platzes zwischen ihm und seinem Gegenüber bzw. Gegenständen ganz anders.
Stockkämpfe durfte er früher nicht machen, weil er mit dem Stock immer zwei Zentimeter vor dem Gesicht des anderen rumgefuchtelt hat.
Fahrradfahren ging lange nur unter Aufsicht, alleine möglichst nicht, weil er den Abstand zu Füßgängern auf dem Fußweg und zu Autos und anderen Radfahrern nicht abschätzen konnte.
Stell Dir ein wildes Kind vor, das immer im Abstand von 5 cm an den verschreckten Fußgängern vorbeirast...
Das alles hat sich geändert, seit er mit zwei Seiten hört."

Und dass hier ein kausaler Zusammenhang besteht (dass die Distanzen auf Grund der Operation nun schlechter eingeschätzt werden können (oder mehr Abstand gewahrt wird oder was auch immer), muss nicht sein (aus einem zeitlichen Zusammenhang lässt sich nicht automatisch ein kausaler folgern)).

"Kinder sind nicht durch Hörgeräte belastet, von denen sie profitieren."

Hier möchte ich vehement widersprechen. Gemäss aktueller Studien muss man davon ausgehen, dass Hörgeräte nicht nur im Innenohr, sondern in der gesamten Hörbahn und (vielleicht; der Schluss liegt nahe) sogar im Sprachzentrum Schaden anrichten können (hier letztlich durch die Auswirkungen von Apoptose).
Ob subjektiv keine Belastung empfunden wird, spielt hierbei keine Rolle.
Ist allerdings ausschliesslich eine Schallleitungskomponente zu versorgen und das Gerät richtig eingestellt, gelten die im vorhergehenden Abschnitt gemachten Aussagen nicht.

"Die Hörbahnen sollten früh stimuliert werden, damit sie sich gut entwickeln."

Falls eine gute Entwicklung das Ziel ist (das klingt zunächst als erstrebenswert; die Frage ist allerdings, wie hoch der Preis ist. Leider lässt sich dies nicht wirklich beantworten - jedenfalls haben medizinische Eingriffe in den meisten Fällen Nebenwirkungen zur Folge bzw. ist mit diesen zumindest zu rechnen - wobei natürlich auch das Unterlassen unerwünschte Auswirkungen zeitigen kann).
ABBC3_OFFTOPIC

Ich sehe es aber längst nicht so einseitig, dass die Wahrnehmung medizinisch indizierter Untersuchungen und Eingriffe ausschliesslich positive und deren Unterlassung ausschliesslich negative Auswirkungen haben könne. Ausserdem kann die Medizin die Folgen von Massnahmen und Eingriffen vielfach selbst nicht genau abschätzen oder muss nicht unbedingt ein Interesse daran haben, diese offen zu kommunizieren, insbesondere wenn sie negativ sind (und wer weiss schon, welche Folgen ein Eingriff in fünfzig Jahren zeitigen wird und welche nicht; es gibt nur wenige Langzeitstudien. Darüber hinaus muss man das dann auch "aus dem Kontext heraus beurteilen, welcher dann aktuell sein wird" - was eigentlich so gut wie unmöglich ist)).
Man weiss also sehr wenig über die (Spät-) Folgen, welche durch gewisse Untersuchungen und Eingriffe hervor gerufen werden können (Und noch weniger, wie sich diese unter den dann herrschenden Bedingungen auswirken werden).
In Bezug auf das Gehör gilt (meiner Ansicht nach), dass es "nichts vergisst". Eine ausserordentliche Lärmbelastung, welche zunächst (scheinbar ohne Schaden) überstanden wurde, kann mitunter einige Jahrzehnte später zu einer Ertaubung führen (oder massgeblich dazu beitragen).
Klar, wenn ein grosser (oder sogar eher kleiner) Hörverlust in der frühen Kindheit besteht und nicht behandelt wird, kann dies auch Folgen haben. Welche nun letztlich gravierender sind, ist insbesondere langfristig gesehen schwer bis überhaupt nicht zu beurteilen, und deren Bedeutung schon gar nicht. Ich jedenfalls würde nicht behaupten, dass eine Versorgung von Hörverlust in jedem Falle immer mehr Vorteile als Nachteile mit sich bringen würde; dies aus den unterschiedlichsten Gründen (ich möchte nur die eine oder andere Möglichkeit kurz skizzieren):

Man weiss überhaupt nicht, wie die Situation in einigen Jahrzehnten sein wird. Vielleicht hat bis dann ein massiver Leistungsabbau in der medizinischen Versorgung statt gefunden, und eine Nachbetreuung kann nicht mehr gewährleistet werden (so dass bspw. CIs nicht mehr betrieben werden können). Oder die allgemeine Versorgungslage ist dermassen schlecht, dass (nur schon) keine Batterien mehr erhältlich sind (auf Grund von Katastrophen, Kriegen, einer Weiterführung des Kapitalismus wie bisher etc. etc.)...wenn man jetzt daran denkt, dass (bspw. auch auf Grund der oben geschilderten möglichen Nebenwirkungen) das bis anhin gesunde Ohr ebenfalls versorgt werden muss...

Die Auswirkungen medizinischer Eingriffe müssen also längst nicht immer so sein, wie man sie im Moment einschätzt (sofern das überhaupt glaubwürdig geschieht) - denn wie diese in ein paar Jahrzehnten aussehen werden (und was dies in Anbetracht der dann herrschenden Versorgungslage bedeuten wird), kann man schlicht nicht voraussehen.

Klar, aus einer eher kurzfristigen und ausschliesslich medizinischen Sicht macht es oftmals Sinn, Therapien gemäss der vorliegenden Indikationen durchzuführen. Aus einer übergeordneten Perspektive, welche nicht nur medizinische Aspekte (und auch diese nur in Bezug auf deren kurzfristige Auswirkungen (ein "grösserer Zeithorizont" wird in der Regel bei Empfehlungen ausgeblendet, vielfach jedoch auch Informationen, welche gegen einen Eingriff, eine Therapie sprechen (kann aus einem Informationsdefizit heraus geschehen oder/und aber auch aus wirtschaflichen Interessen heraus) berücksichtigt, wird diese (medizinische Sicht) relativiert bzw. (für mich jedenfalls) offensichtlich, dass sie keinen Anspruch auf absolute Gültigkeit haben kann - selbst wenn sie noch so präzise Aussagen (insbesondere in Bezug auf die Langzeitwirkung von Therapien und Eingriffen etc.) treffen könnte (was sie aber offensichtlich nicht kann) und auch die Diagnosestellungen absolut zuverlässig erfolgen würden (was aber überhaupt nicht immer der Fall ist).

Darüber hinaus gibt es auch nicht-medizinische Aspekte, welche den medizinischen übergeordnet sind*. Auf diese möchte ich hier nicht näher eingehen, insbesondere, da ich hier bemüht bin, die medizinische Sicht möglichst gut darzulegen.

*) ich möchte nur kurz einen einzelnen Aspekt andeuten:

Man kann sich überlegen, ob man versuchen will, zu erreichen, dass jeder normal hören kann*. Man kann aber auch (bspw. auch gleichzeitig) das Ziel verfolgen, zu erreichen, dass es normal ist, wenn jemand nicht normal hört (und das Verhalten (im Umgang mit dieser Beeinträchtigung) auf dieser Tatsache aufbauen)

*) was eben nicht möglich ist und einem ziemlichen Murks gleich kommt insbesondere auch dann, wenn man sich dies nicht eigestehen will
Griss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
otoplastik
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#13

Beitrag von otoplastik »

off topic:

Hallo fast-foot,
ich habe Deinen ellenlangen Beitrag nur überflogen.
Kann sein, dass ich ihn völlig falsch verstehe. Ich vermute aber nach all den Jahren, dass Du den Wert eines Erfahrungsberichts wieder minimieren oder auf die analytische Ebene heben musst.

Es geht nicht um wissenschaftliche Beweise, sondern um Dinge, die ich als Mutter an meinem Sohn sehe. Im Fall der Raumwahrnehmung auch Dinge, die ich zusätzlich von einer andern Mutter als Rückmeldung bekommen habe.
Nichts anderes habe ich gemeint und nichts anderes steht dort.

Erfahrungen anderer Menschen zu hören und zu lesen ist für viele Menschen ein wichtige und völlig normaler Aspekt ihres Lebens. Ich habe bei Dir m.E. nach noch nicht gelesen, dass Du dem überhaupt einen Stellenwert beimisst, deshalb vermute ich, dass Du diese Dimension nicht einschätzen oder nicht erkennen kannst.

Also lass es bitte einfach. Wäre Dir dankbar. Würde von Respekt anderen gegenüber zeugen, auch wenn Du es nicht verstehen solltest. Gebeten wurdest du ja schon öfter.
Ich schreibe ansonsten meist meine Erfahrungen per PN an die User, damit nicht wieder alles auseinander gepflückt wird. Habe ich diesmal nicht getan.
Ist die Frage, ob das im Sinne dieses Forums ist.
Otoplastik
Otoplastik
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fast-foot
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Re: Ohrmuscheldysplasie + Gehörgangsatresie

#14

Beitrag von fast-foot »

ABBC3_OFFTOPIC
Hallo Otoplastik,
Otoplastik hat geschrieben:ich habe Deinen ellenlangen Beitrag nur überflogen.
Deshalb lese ich ab hier nicht mehr weiter...

Gruss fast-foot
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