Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

rabenschwinge
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Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#1

Beitrag von rabenschwinge »

Da dies ja immer wieder in verschiedenen Threads ja immer wieder Thema ist , hier nun die Frage:

Warum gibt es denn keine Hörgeräte in HIFI und Stereo Qualität?

Woran hapert es und wo muss denn was in welche Richtung noch entwickelt werden?

Und wie lange wird man noch auf diese Entwicklung warten müssen?
Akustik Alex
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#2

Beitrag von Akustik Alex »

Das wäre längst möglich, wenn die Träger*innen die Größe akzeptieren würden. Hearables, ebenso wie die Signia Active u.ä. versuchen den Markt grad da hin zu führen. Für das Verstehen sind die Frequenzen überwiegend uninteressant, daher lag der Fokus immer darauf, es möglichst unaufällig zu gestalten. Nun könnte sich das bald ändern. Rein physikalisch ist die größere Größe aber unumgänglich.
rabenschwinge
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#3

Beitrag von rabenschwinge »

Von welcher Größe reden wir, @Akustik Alex?
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#4

Beitrag von ArsMachina »

Noch ein thread zum leidigen Thema :mrgreen:

Da ich ja auch den Traum von den "beim Musikhören gut klingenden Hörgeräten" habe gebe ich auch mal meinen Senf aus meinem Verständnis und meinen bisherigen Erfahrungen dazu.

Beginnen wir doch mal mit der Frequenzdefinition von HiFi (Quelle Wikipedia)
"Das menschliche Ohr hört Töne etwa von 16 Hz bis 20 kHz, der Hörbereich ist jedoch individuell verschieden – ein Erwachsener hat eine durchschnittliche Bandbreite des Hörvermögens von etwa 20 Hz bis 16 kHz. DIN 45500 schrieb aber lediglich eine Übertragungsbereich von mindestens 40/50 Hz bis 12,5 kHz vor (die untere Grenze war abhängig vom Gerätetyp).

Auf Töne zwischen 2 kHz und 5 kHz reagiert der Mensch am empfindlichsten, sodass Tonhöhenunterschiede hier auch am besten wahrgenommen werden. So schrieb die DIN 45500 für die Magnettontechnik einen linearen Frequenzgang im Bereich von 250 Hz bis 6300 Hz für HiFi-Heimstudiogeräte vor, wobei eine Toleranz bis 5 dB erlaubt war. Für Studiogeräte galten nach der DIN 45511 strengere Regeln: Hier war in einem Frequenzbereich von 80 Hz bis 8000 Hz nur eine Toleranz von 3 dB erlaubt"


Das klingt ja erstmal nicht so unerreichbar für Hochtonhörgeschädigte, bei denen oft bei 10k oder auch schon bei 8k Schluss ist
Wobei die Grenze ja nicht scharf ist, schon vorher hört der Hörgeschädigte deutlich weniger sprich tiefe und hohe Frequenzen schlechter (leiser)

Wenn ich es richtig verstanden habe sorgt die Kompression bei Hörgeräten dafür, dass der Frequenzbereich von sagen wir mal 20Hz bis 12kHz in den Bereich von vielleicht 200Hz bis 8kHz verschoben und komprimiert wird.
Dadurch wird dem Hörgeschädigten das gesamte Frequenzspektrum zugänglich gemacht und er hört wieder Töne, die er vorher nicht hören konnte (20Hz bis 200Hz und 8kHz bis 12kHz)
Allerdings halt nicht in den originalen Frequenzen sondern etwas versetzt.

Meiner Erfahrung nach funktioniert das sehr gut, mit meinen Hörgeräten höre ich nun Details in Musik, die mir vorher nicht zugänglich waren.
Dass es nicht die originalen Frequenzen sind stört mich dabei nicht, ich habe ja keinen Vergleich zum "originalen" Klang

Mein Hörschaden besteht seit etwa 40 Jahren und ich habe damals schnell festgestellt, dass ich mit Kopfhörern deutlich mehr Details hören kann als über Lautsprecher. Deshalb habe ich über die Jahre einiges an Erfahrungen mit diversen Kopfhörern - OverEar und InEar - sowie auch diversen Kopfhörerverstärkern gesammelt.

Ein ganz großes Ahaerlebnis waren vor ca. 10 Jahren maßgefertigte InEar Monitore mit 3 Treibern pro Seite und entsprechenden Frequenzweichen, also pro Seite ein Tief, Mittel und Hochtöner.
Allerdings sind heutige Airpod Pro 2 diesen nochmals überlegen und klingen deutlich besser, obwohl sie nur einen Treiber haben.

Deshalb denke ich nicht, dass man für eine qualitativ hochwertige Musikwiedergabe für Hörgeschädigte Hörgeräte mit mehreren Treibern benötigt, wie das ja oft gefordert wird.
Der Hörgeschädigten zugängliche Frequenzbereich lässt sich heutzutage auch mit einem Treiber klanglich sehr gut abdecken.

Zu den Mikrofonen in Hörgeräten kann ich nichts sagen, aber ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass diese Frequenzen von 20Hz bis 12kHz erfassen können, vielleicht können die Profis dazu ja was sagen?

Mit solchen Mikrofonen, hochwertigen Treibern und einer cleveren Software zur Kompression sollte einem hochwertigen Musikgenuss eigentlich nichts im Weg stehen und ich bin auch der Meinung, das meine Hörgeräte das sehr gut können.

Das entscheidende Kriterium ist aber sicherlich, dass Hörgeräte nicht primär für einen hochwertigen Musikgenuss konzipiert werden, sondern dass der Fokus zu fast 100% auf guter Sprachverständlichkeit liegt, weil dies natürlich das primäre Anliegen der Hörgeschädigten ist und auch die Hörtests auf Sprachverständlichkeit ausgelegt sind.

Auch wenn die Technik sowohl Musikgenuss als auch Sprechverständlichkeit mit verschiedenen Hörprogrammen realisieren könnten vermute ich, dass das Musikthema bei vielen Herstellern (immer noch) recht stiefmütterlich behandelt wird und es deshalb hier Defizite gibt.

Für mich sind das die Antworten für die Frage im Threadtitel, die Technik wäre eigentlich vorhanden, aber mangels Nachfrage legt man darauf keinen besonderen Augenmerk.
Ich gehe aber davon aus, dass diesbezüglich gerade ein Umdenken stattfindet, die Hörgeräteträger werden immer jünger und somit steigt auch der Anspruch an die Musikwiedergabe, dem sich die Hersteller kaum noch verschliessen können, wenn sie keine Marktanteile bei der neuen Zielgruppe verlieren wollen.

Da ich gerade heute einige Tests zum Thema Musikhören mit diversen Kopfhörern und meinen Hörgeräten gemacht habe möchte ich aber eine Sache ansprechen, die ich absolut nicht verstehe:

Wenn ich meine den Gehörgang komplett abdichtenden Hörgeräte in den Ohren habe und Musik über Kopfhörer höre klingt das richtig gut.
Streame ich nun die selbe Musik direkt zu den Hörgeräten klingt es total mies.

Warum klingt die Musik, welche von den Mikrofonen der HG aufgenommen und über die Lausprecher der HG wiedergegeben wird besser als das direkte Streaming zu den HG unter Umgehung der Mikrofone, die doch eher eine Verschlechterung bewirken sollten?

Ist das eine Eigenart meiner Hörgeräte oder ist das generell so?

Grüße Jochen
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FotoJunkie
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#5

Beitrag von FotoJunkie »

ja, kann ich bestätigen,

Musik klingt für mich am besten direkt über Lautsprecher, dann hört aber das ganze Haus mit😂😂😂 (meine Hörkurve liegt noch n ganzes Stück tiefer als deine), zum Glück ist mein Musikgeschmack nicht nervend für den Rest der family, hoffe ich zumindest

dann kommen Kopfhörer, und da ist es dann am besten, wenn ich se nochmal mit den Händen an die Ohren drücke... Was man aber nun nicht stundenlang machen kann

evtl. kommt, um bei deiner Frage zu bleiben, die Knochenleitung bei Kopfhörern mit ins Spiel.
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ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#6

Beitrag von ArsMachina »

FotoJunkie hat geschrieben: 2. Apr 2023, 09:05 ... dann kommen Kopfhörer, und da ist es dann am besten, wenn ich se nochmal mit den Händen an die Ohren drücke... Was man aber nun nicht stundenlang machen kann
Ich habe geschlossene Kopfhörer in Form der AKG K712 und dann die sehr speziellen antiken AKG K1000, die genau genommen keine Kopfhörer sondern "auf dem Kopf getragene Lautsprecher für die Ohren" sind, da sie sich frei mit einigem Abstand zu den Ohren befinden.

Die K1000 klingen deutlich besser als geschlossenen K712, was sich aber wiederum mit Deinen Erfahrungen deckt, dass Lautsprecher besser klingen als Kopfhörer :-)
Sie taugen natürlich auch perfekt zum familienfreundlichen Musikhören :-)

Hier auf dem Bild kann man diese spezielle Bauform gut sehen.

Bild

Grüße Jochen
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rabenschwinge
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#7

Beitrag von rabenschwinge »

;) böse wenn ich gerade von den hier anwesenden Akustikern bevorzugt Antworten haben möchte?
Akustik Alex
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#8

Beitrag von Akustik Alex »

ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 00:27 Wenn ich es richtig verstanden habe sorgt die Kompression bei Hörgeräten dafür, dass der Frequenzbereich von sagen wir mal 20Hz bis 12kHz in den Bereich von vielleicht 200Hz bis 8kHz verschoben und komprimiert wird.
Bei der Frequenzkompression ja, bei der Frequenztransposition, jein. Und bei der "normalen" Kompression geht es um Lautstärken ;)


@Rabenschwinge:
Naja, schau dir mal die In-Ear Kopfhörer von wem auch immer an. Die Membranen (die es auch in ex-Hörern schon nicht gibt) haben einen deutlich größeren Durchmesser. Bspw. hier erkennbar:

Bild

Dem entgegen die kleinen Dinger in einem Hörsystem:

Bild

Die iPod-Dinger können laut Datenblatt 5Hz - 21kHz. Abgesehen davon, dass der Mensch das gar nicht wahrnehmen kann, ist das eine stramme Leistung und nur duch die andere Art der Lautsprecher möglich. Schwachpunkt sind aber nicht nur die Lautsprecher, sondern auch die Mikrofone, die technisch gesehen nichts anderes sind.

Bild

Kurzum: Die Art der Mikrofone und Lautsprecher in Hörsystemen kann momentan bauartbedingt nicht mehr wiedergeben, als die rund 100Hz bis 10kHz.

Besten Gruß,
Alex
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#9

Beitrag von ArsMachina »

Akustik Alex hat geschrieben: 2. Apr 2023, 11:15 Kurzum: Die Art der Mikrofone und Lautsprecher in Hörsystemen kann momentan bauartbedingt nicht mehr wiedergeben, als die rund 100Hz bis 10kHz.
Was doch aber mit Frequenzkompression für einen guten Klang ausreichend sein sollte?
Woran hapert es dann, an der Software die auf guten Klang weniger Wert legt als auf Sprachverständnis?

Danke für die iPod Bilder, die Membranen sind beeindruckend und wahrscheinlich sind auch die Mikrofone besser weil größer als in Hörgeräten.

Mal sehen, was da in den nächsten Jahren passiert, wenn sich Hörgeräte und Earbuds in ihren Funktionen immer mehr annähern.
Aktuell sind halt auch die Akkulaufzeiten der Earbuds noch viel zu gering, wohl auch weil der Platz für Lautsprecher und Mikrofone benötigt wird und die Akkukapazität auf der Strecke bleiben muss

Grüße Jochen
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#10

Beitrag von rabenschwinge »

Okay, das ist soweit verständlich @Akustik Alex.
Was ich mich allerdings frage ist: Kann man in ear Kopfhörer und Hörgeräte in ihrer Funktion pauschal vergleichen oder eher nicht?
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#11

Beitrag von ArsMachina »

Ich denke nicht, InEar Kopfhörer haben keine Kompression, keine Richtwirkung, keine Unterdrückung von Störgeräuschen und was weiss ich noch für Kniffe, die Hörgeräte haben.
Aber ich glaube, dass zukünftige Generationen da nachlegen werden.

Grüße Jochen
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#12

Beitrag von FotoJunkie »

GN Resound mit Jabra und Phonak mit Sennheiser werden da in Zukunft bestimmt Synergien erheben wollen
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#13

Beitrag von Thüringer »

FotoJunkie hat geschrieben: 2. Apr 2023, 14:38 GN Resound mit Jabra und Phonak mit Sennheiser werden da in Zukunft bestimmt Synergien erheben wollen

Hallo,
bin da jetzt nicht ganz auf dem neuesten Stand,
würde dann heißen, Geräte mit Transparenzmodus wären dann Voraussetzung?

Oder wie muss ich das verstehen?
Manche von de "im Ohr - Knöpfen" haben ja das,
ist das schon was brauchbares?
Der Hörverlust rechts ist: 94 % An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit
Der Hörverlust links ist: 97 % An Taubheit grenzende SH / Taubheit
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#14

Beitrag von cherusker »

ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 13:03 ... InEar Kopfhörer haben keine Kompression, keine Richtwirkung, keine Unterdrückung von Störgeräuschen und ...
Diese Funktionen/Features dürften bei Hörgeräten im Musik-Programm nicht oder nur minimal arbeiten.
Grüße vom cherusker :cheers:
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#15

Beitrag von FotoJunkie »

Thüringer hat geschrieben: 2. Apr 2023, 14:50
Oder wie muss ich das verstehen?
Manche von de "im Ohr - Knöpfen" haben ja das,
ist das schon was brauchbares?
ich meinte das nur generell, dass z.B. Phonak (Sonova) auf die Hifi-Expertise von der gerad zugekauften Fa. Sennheiser (oder besser anders herum, Sennheiser hat seine Consumer-Sparte verkauft) zurückgreifen wird

ein grad getesteter nicht grad billiger Sennheiser Clear Conversation klang sehr blechern, aber das lag bestimmt an meinen Ohren und daran, dass ich dort den Sprachverstärkungsmodus volle Pulle aufgedreht hatte
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ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#16

Beitrag von ArsMachina »

cherusker hat geschrieben: 2. Apr 2023, 15:15
ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 13:03 ... InEar Kopfhörer haben keine Kompression, keine Richtwirkung, keine Unterdrückung von Störgeräuschen und ...
Diese Funktionen/Features dürften bei Hörgeräten im Musik-Programm nicht oder nur minimal arbeiten.
Richtwirkung und Unterdrückung von Störgeräuschen natürlich nicht.

Die Kompression insbesondere Frequenzkompression doch aber schon, oder?
Nur dadurch ist es doch möglich für den Hörgeschädigten eigentlich unhörbare Frequenzen in den den hörbaren Bereich zu verschieben, in der Lautstärke anzuheben und somit überhaupt erst hörbar zu machen.

Im Gegenteil ist diese Kompression meiner Meinung nach eher für das Sprachverständnis nicht ganz so wichtig, da sich Sprache generell in niedrigeren Frequenzen abspielt.
Da sind dann die ganzen Filter wichtig, die auch den Klang verfälschen dürfen, wenn dadurch die Sprachverständlichkeit besser wird.

Wobei ich bei meinen Gedanken immer die klassische Hochtonschwerhörigkeit im Kopf habe, natürlich gibt es auch kompliziertere Hörschäden

Grüße Jochen
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Ohrenklempner
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#17

Beitrag von Ohrenklempner »

rabenschwinge hat geschrieben: 2. Apr 2023, 12:28 Was ich mich allerdings frage ist: Kann man in ear Kopfhörer und Hörgeräte in ihrer Funktion pauschal vergleichen oder eher nicht?
Hmm... weniger. Ein Kopfhörer ist ja nur der Schallwandler, der alleine nichts macht. Man muss noch etwas an den Kopfhörer anschließen, damit sich da was tut. Einen In-Ear-Kopfhörer mit einem Hörgerätehörer oder einem Telefonhörer zu vergleichen, würde mehr Sinn machen.

Bei Hörgerätehörern liegt der Fokus auf der Baugröße und dem Wirkungsgrad (d.h. dem Stromverbrauch), während Kopfhörer einen möglichst geradlinigen und breiten Frequenzgang aufweisen sollen. Darum werden für diese Zwecke unterschiedliche Lautsprechertypen verwendet, die eine andere Funktionsweise haben: Hörgeräte arbeiten mit elektromagnetischen Lautsprechern, und die herkömmlichen Lautsprecher in Fernsehern, Boxen, Kopfhörern, Küchenradios, Autos uvm. sind dynamische Lautsprecher.
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#18

Beitrag von ArsMachina »

Ohrenklempner hat geschrieben: 2. Apr 2023, 20:00 Darum werden für diese Zwecke unterschiedliche Lautsprechertypen verwendet, die eine andere Funktionsweise haben: Hörgeräte arbeiten mit elektromagnetischen Lautsprechern, und die herkömmlichen Lautsprecher in Fernsehern, Boxen, Kopfhörern, Küchenradios, Autos uvm. sind dynamische Lautsprecher.
Ich denke die Treiber in InEar Monitoren sind auch elektromagnetische Lautsprecher analog oder zumindest sehr ähnlich zu denen in Hörgeräten.
Für klassische Membranen ist da ja gar kein Platz, insbesondere wenn da inzwischen bis zu 7 Stück pro Seite verbaut werden.
Aber so viele braucht es gar nicht, auch Monitore mit nur einem Treiber klingen verdammt gut.

Und damit meine ich nichts mit Membranen sondern so was:

https://www.avguide.ch/magazin/funktionsweise-der-micro-treiber-balanced-armature-treiber

Hier ein Beispiel mit einem Treiber:
Frequenzbereich: 40 - 17.000 Hz
SPL max.: 122 dB

https://www.thomann.de/de/inear_stagediver_sd_1.htm

Grüße Jochen
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Dani!
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#19

Beitrag von Dani! »

Jochen,
Frequenzkompression spielt praktisch nur für Leute eine Rolle die an Taubheit Grenzend schwerhörig sind. Sprich die ganze Frequenzbereiche nicht hören können. Für die spielt HiFi Qualität aus Prinzip keine Rolle

Ansonsten wird auch für diese Leute gerade im Musik Programm gerne auf die Frequenzkompression verzichtet, weil sich der Klang sonst schräg anhört.

Für die Sprache ist Frequenzkompression oberhalb 8 kHz uninteressant. Erst darunter ist es interessant, wenn im Bereich zwischen 1 kHz und 8 kHz etwas fehlt. Gerade da spielt sich die Sprache ab nämlich die ganzen Zisch laute. Die werden in die unteren Bereiche verschoben, bei Phonak schlimmstenfalls in den Bereich von 800 Hz bis 3 kHz. Der Tieftonbereich wird überhaupt nicht komprimiert.

Zusammengefasst: Frequenzkompression spielt für die meisten Hörgeräteträger überhaupt keine Rolle.

Dynamikkompression ist das, was bei den meisten Hörgeräteträgern wohl eingesetzt wird. Muss aber nicht. Wichtig ist aber einerseits eine lange tägliche Laufzeit der Hörgeräte. Und andererseits, dass man sie den ganzen Tag tragen möchte, daher möglichst kein Verschlusseffekt auftreten soll. Wenn eine *hinreichend* große Masse an Neukunden große Hörgeräte tragen wollen würde und nicht immer nach möglichst kleinen Geräten nachfragt, dann würden auch höher qualitative Hörgeräte gebaut werden können. Das schrieb ich schon anderenorts und Akustik Alex hier auch nochmal.
Dominik
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L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
Ohrbert
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#20

Beitrag von Ohrbert »

ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 15:45 Richtwirkung und Unterdrückung von Störgeräuschen natürlich nicht.

Die Kompression insbesondere Frequenzkompression doch aber schon, oder?
Nur dadurch ist es doch möglich für den Hörgeschädigten eigentlich unhörbare Frequenzen in den den hörbaren Bereich zu verschieben, in der Lautstärke anzuheben und somit überhaupt erst hörbar zu machen.
Du schreibst immer wieder was von Frequenzkompression, mir ist aber noch klar was damit gemeint ist.
Ich kenne nur die Dynamikkompression (also prinzipiell das Anheben der Lautstärke in einem bestimmten Frequenzband, abhängig von der Lautstärke des Originalsignals) und Frequenztransponierung (Verschieben vom Signal in einen anderen Frequenzbereich wie oder originale Bereich nicht mehr gehört wird).

Ersteres ist im Musikprogramm aktiv, zweiteres mMn nicht weil das den Klang extrem verfälscht. Beispiel bei Phonak in der Rückkopplungunterdrückung, da verschieben sie hohe Frequenzen runter, aber nicht um eine Oktave sonder um irgendwas. Das klingt dann wie wenn ein Instrument total verstimmt und unsauber klingt, für Musik nicht zu gebrauchen.

Falls es da noch etwas gibt bitte ich die Profis, meine Aussage zu korrigieren/ergänzen.

Gänzlich unhörbare Frequenzen kommen also nicht zurück, aber dort wo noch was zu holen ist können Frequenzen durch die Dynamikkompression wieder hörbar gemacht werden.
Phonak P70
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#21

Beitrag von ArsMachina »

Wirklich genau wissen tu ich es als interessierter Laie natürlich nicht, die Fachleute mögen mich verbessern.

Ich verstehe Frequenzkompression so, dass z.B. Der Frequenzbereich von 20Hz - 12kHz durch die Mikrofone in den HG aufgenommen wird, dann auf den Bereich von 50Hz - 8kHz Komprimiert und über die Lautsprecher der HG ausgegeben wird.
Dadurch kann ein Hörgerschädigter Frwquenzen zwischen 20Hz und 50Hz sowie 8kHz und 12kHz wieder "hören", für die sein Ohr eigentlich taub ist.
Natürlich hört er nicht die originalen Frequenzen sondern die verschobenen Frequenzen, wodurch alles etwas anders klingt aber immerhin ist das gesamte Spektrum wieder da.

Das ist eigentlich auch genau das, was ich mit meinen Hörgeräten erlebe, ich habe da mal etwas mit einem Frequenzgenerator mit und ohne HG in den Ohren experimentiert :-)

Es geht meiner Meinung nach also um mehr als nur die Lautstärke der nicht mehr oder schlecht hörbaren Frequenzen anzupassen (Dynamikkompression)
Das würde bei nicht mehr hörbaren Frequenzen ja auch gar nichts bringen.

Grüße Jochen
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#22

Beitrag von ArsMachina »

Ohrbert hat geschrieben: 2. Apr 2023, 20:55 ... da verschieben sie hohe Frequenzen runter, aber nicht um eine Oktave sonder um irgendwas. Das klingt dann wie wenn ein Instrument total verstimmt und unsauber klingt, für Musik nicht zu gebrauchen.
Wenn dem wirklich so ist liege ich mit meiner Interpretation der Frequenzkompression natürlich falsch.
Ich dachte das Hirn würde sich an die verschobenen Frequenzen gewöhnen aber möglicherweise bin ich da auf dem Holzweg.

Grüße Jochen
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#23

Beitrag von Akustik Alex »

Ohrbert hat geschrieben: 2. Apr 2023, 20:55
ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 15:45 Richtwirkung und Unterdrückung von Störgeräuschen natürlich nicht.

Die Kompression insbesondere Frequenzkompression doch aber schon, oder?
Nur dadurch ist es doch möglich für den Hörgeschädigten eigentlich unhörbare Frequenzen in den den hörbaren Bereich zu verschieben, in der Lautstärke anzuheben und somit überhaupt erst hörbar zu machen.
Du schreibst immer wieder was von Frequenzkompression, mir ist aber noch klar was damit gemeint ist.
Ich kenne nur die Dynamikkompression (also prinzipiell das Anheben der Lautstärke in einem bestimmten Frequenzband, abhängig von der Lautstärke des Originalsignals) und Frequenztransponierung (Verschieben vom Signal in einen anderen Frequenzbereich wie oder originale Bereich nicht mehr gehört wird).
https://infohrmationen.blogspot.com/202 ... ition.html

Die Dynamikkompression funktioniert übrigens eigentlich genau andersrum. Nicht die Anhebung der Lautstärke, sondern das Reduzieren der Verstärkung mit zunehmender Lautstärke.
Akustik Alex
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#24

Beitrag von Akustik Alex »

ArsMachina hat geschrieben: 2. Apr 2023, 11:46
Akustik Alex hat geschrieben: 2. Apr 2023, 11:15 Kurzum: Die Art der Mikrofone und Lautsprecher in Hörsystemen kann momentan bauartbedingt nicht mehr wiedergeben, als die rund 100Hz bis 10kHz.
Was doch aber mit Frequenzkompression für einen guten Klang ausreichend sein sollte?
Hey Jochen,

naja, wenn ein HiFi-Kopfhöer die Frequenzen komprimieren würde, hätte man sowas wie "virtuelles HiFi". Tatsächlich aber eben keins. Wenn ein 15kHz- Ton auf 8kHz komprimiert wird, bzw. ja die ganze Bandbreite, dann hörst du ja nicht HiFi, sondern mindestens zwei Frequenzen bei nur einer. Der Klang wird dadurch nicht breiter oder ausgewogener, nur die akustische Information wird hörbar gemacht. Ich weiß grad nicht, wie man das verständlich ausdrücken kann. Du hörst zwar mehr Informationen, aber nicht mehr Tonhöhen. Ergo ist es immer noch ein beschnittenes Klangbild und wird es auch bleiben. Dies aber eben nur dann, wenn das natürliche Hören dahingehend beschnitten ist.

Besten Gruß,
Alex
ArsMachina
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Re: Warum gibt es keine Hörgeräte in HIFI Qualität

#25

Beitrag von ArsMachina »

Ja ich verstehe, es würde wohl wirklich klingen wie verstimmt, nur eben kein verstimmtes Instrument sondern alles verstimmt :-)

Das bedeutet die komplette Unterstützung in den HG wird also tatsächlich über Dynamikkompression, also die Anhebung der Lautstärke in den durch den Hörverlust schwachen Frequenzen gemacht?

Wenn ich aber ab 8k nun gar nichts mehr höre bleibt das auch komplett weg, denn da hilft dann auch keine Verstärkung mehr.

Grüße Jochen
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