Kostenübernahme bei Hörhilfen

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Andreas Hagen
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Kostenübernahme bei Hörhilfen

#1

Beitrag von Andreas Hagen »

Hallo,
ich habe da mal eine frage.Ich bin Hochgradig schwer hörig und möchte mir jetzt von Phonak den Compilot II kaufen.Mit normalen Kopfhörern kann ich kein TV schauen oder Radio hören.Kann man dafür einen Antrag bei der KK (AOK)einreichen oder wird das generell nicht übernommen (Teilübernahme)?
Ich bin 100%Behindert und habe ein R/F und ein G im Behidertenausweis
muggel
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#2

Beitrag von muggel »

Hallo,

Musik hören, Fernsehen, Telefonieren etc. sind keine Grundbedürfnisse im Sinne der GKV. Du kannst zwar den Antrag auf Kostenübernahme stellen, aber die Chancen, dass du dieses bewilligt bekommst, sind sehr gering.

Grüße,
Miriam
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Uli R.
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#3

Beitrag von Uli R. »

Miriam, selbstverständlich ist Telefonieren ein Grundbedürfnis. Dazu gibt es Gerichtsurteile.

Beim Fernsehen muss man sich auf Nachrichten beschränken.
Zuletzt geändert von Uli R. am 25. Apr 2016, 18:26, insgesamt 1-mal geändert.
muggel
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#4

Beitrag von muggel »

Hallo Uli,

da ich wegen dem Telefonsender bald mit der TK vor Gericht stehe, bin ich sehr an diesen Urteilen interessiert.
Das einzige, was ich in dieser Richtung gefunden habe, war das Urteil vom Sozialgericht Dresden aus dem Jahr 2005.

Insbesondere interessiere mich hierzu Bundesgerichtsurteile!
Wenn du ein solches hast, dann wäre es toll, wenn du es mir zukommen lassen würdest.

Grüße,
Miriam

PS: Der MdK, der VdK und auch der Spitzenverband der GKV hat mir gesagt, dass Telefonieren kein Grundbedürfnis im Sinne der GKV ist. Daher verwundert mich nun deine Aussage sehr.
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Kaja
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#5

Beitrag von Kaja »

Hallo Andreas,
Andreas Hagen hat geschrieben:Ich bin Hochgradig schwer hörig und möchte mir jetzt von Phonak den Compilot II kaufen.Mit normalen Kopfhörern kann ich kein TV schauen oder Radio hören.Kann man dafür einen Antrag bei der KK (AOK)einreichen oder wird das generell nicht übernommen (Teilübernahme)?
Ich bin 100%Behindert und habe ein R/F und ein G im Behidertenausweis
unabhängig von der KK hätte ein Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX i. V.m. § 9 Absatz 2 Nr. 12 Eingliederungshilfeverordnung Aussicht auf Erfolg:

http://www.gesetze-im-internet.de/bshg_47v/__9.html
(1)Andere Hilfsmittel im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 26, 33 und 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind nur solche Hilfsmittel, die dazu bestimmt sind, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen.
(2) Zu den anderen Hilfsmitteln im Sinne des Absatzes 1 gehören auch ...

12. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und zur nichtberuflichen Verwendung bestimmte Hilfsgeräte für behinderte Menschen, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf diese Gegenstände angewiesen ist.

(3) Die Versorgung mit einem anderen Hilfsmittel im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 26, 33 und 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch wird nur gewährt, wenn das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich und geeignet ist, zu dem in Absatz 1 genannten Ausgleich beizutragen, und wenn der behinderte Mensch das Hilfsmittel bedienen kann.
Die Leistung wäre aber einkommens- und vermögensabhängig.

@Miriam: vielleicht zählt der Telefonsender auch zu den Hilfsmitteln, die nach neuerer Rechtsprechung dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienen - dann käme es auf das Grundbedürfnis nicht an. Unabhängig davon zählt doch Kommunikation zu den Grundbedürfnissen - und da gehört Telefonieren doch dazu.

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
muggel
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#6

Beitrag von muggel »

Hallo Kaja,

ja, so hatte ich auch argumentiert.. und der Telefonsender ist im Hilfsmittelverzeichnis des GKV Spitzenverbandes gelistet. Auch gibt es Gerichtsurteile, nach dem der Telefonsender das Grundbedürfnis nach Kommunikation erfüllt und in die Leistungspflicht der GKV fällt.
Die TK argumentiert jedoch anders: Telefonieren ist kein Grundbedürfnis im Sinne der GKV, daher sind sie nicht zuständig.

Das Sozialamt hat die Kostenübernahme des Telefonsenders abgelehnt, eben weil es ein gelistetet Hilfsmittel ist und somit in die Leistungspflicht der GKV fällt.

(Wenn Telefonieren ein Grundbedürfnis im Sinne der GKV ist, dann müssten auch Hörverstärker und Schwerhörigentelefone zumindest teilweise übernommen werden; dies ist jedoch nicht der Fall... daher würden mich BSG Urteile zum Telefonieren als Grundbedürfnis sehr interessieren)

Grüße,
Miriam
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Kaja
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#7

Beitrag von Kaja »

Hallo Miriam,
muggel hat geschrieben:Die TK argumentiert jedoch anders: Telefonieren ist kein Grundbedürfnis im Sinne der GKV, daher sind sie nicht zuständig.
https://openjur.de/u/556762.html
Zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen (zB Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der zB die Bewegung im Nahbereich der Wohnung sowie die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung umfasst.
muggel hat geschrieben:Das Sozialamt hat die Kostenübernahme des Telefonsenders abgelehnt, eben weil es ein gelistetet Hilfsmittel ist und somit in die Leistungspflicht der GKV fällt.
seit der PETÖ-Entscheidung (immerhin aus 2009) kann das Sozialamt nicht mehr mit der Begründung ablehnen, dass Leistungen, die die KK nicht erbringt, auch nicht über die Eingliederungshilfe gezahlt werden.
muggel hat geschrieben:Wenn Telefonieren ein Grundbedürfnis im Sinne der GKV ist, dann müssten auch Hörverstärker und Schwerhörigentelefone zumindest teilweise übernommen werden;
zumindest hat das BSG 1993 entschieden, dass die KK ein Schreibtelefon zu finanzieren hat.

https://www.jurion.de/Urteile/BSG/1993-11-03/1-RK-42_92

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
muggel
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#8

Beitrag von muggel »

Hallo Kaja,

nach dem Urteil von 1993 gab es neuere Urteile, wo eine Kostenübernahme von Schreibtelefonen abgelehnt wird. Hintergrund hierbei ist, dass beide Parteien ein Schreibtelefon besitzen müssen, dieses jedoch durch Mail abgelöst wurde... kurzum "adäquiert" ist.

Wegen dem Sozialamt im meinem Fall liegt es etwas anders.. die TK hat Amtshilfe beantragt (da die TK erst im Widerspruch der Meinung war, dass sie nicht zuständig sind, d.h. sie haben den ersten Kardinalfehler begangen und nicht rechtzeitig weitergeleitet, sondern sich somit als zuständiger Kostenträger definiert). Im Rahmen der Amtshilfe hat das Sozialamt klar gesagt, dass sie die Zuständigkeit nicht bei sich, sondern bei der GKV sehen. Die TK hat dieses ignoriert (zweiter Kardinalfehler) und nach Sozialamt und deren Entscheidungsgrundlage entschieden -- halt einkommensabhängig.
Inzwischen liegt das Ganze als Untätigkeitsklage vor Gericht (der Widerspruch geht seit September 2015; im Januar hat die TK angefragt, ob ich den Widerspruch aufrecht erhalten möchte, was ich am 20.1. bejaht habe... seitdem ist nichts mehr passiert).

Grüße,
Miriam

PS: Ich wollte hier aber nicht über meinen Fall diskutieren... hatte damals schon einen separaten Thread eröffnet. Mich interessiert halt nur das Urteil, dass eben Telefonieren ein Grundbedürfnis im Sinne der GKV ist, was die TK ja abstreitet (Kommunikation ist ein Grundbedürfnis -- aber halt nicht das Telefonieren!)
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Uli R.
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#9

Beitrag von Uli R. »

Hallo Miriam, ich habe da nur das Urteil vom SG Dresden aus 2005. Das sagt alles aus. Was der MDK und der Vdk sagen kann dir egal sein. Beim VdK hat dir sicher ein Ehrenamtlicher, der sich gnadenlos überschätzt, die Auskunft gegeben und was der MDK sagt hat nur empfehlenden Charakter.
Ich habe gerade ein Telefon bei der KK (TK) beantragt. Bin mal gespannt wie die KK reagiert. Wenn die KK nicht übernimmt reiche ich Widerspruch ein bzw. klage ich. Kein Menschliches Grundbedürfnis im Sinne der GKV? Was ist denn das für eine Aussage?
muggel
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#10

Beitrag von muggel »

Hallo Uli,

das Problem ist, dass Sozialgerichtsurteile keinen wirklich bindenden Charakter haben.... so die TK, sondern nur Bundessozialgerichtsurteile.

Naja... ich habe letzte Woche wegen dem Telefonsender Untätigkeitsklage eingereicht. Ich bin gespannt, was daraus wird.

Grüße,
Miriam
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Uli R.
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Re: Kostenübernahme bei Hörhilfen

#11

Beitrag von Uli R. »

Stimmt, aber bei einer Klage wird das den Richter überzeugen. Ich werde dich informieren wie das bei mir läuft.
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