Nachteilsausgleich auf Gymnasium

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Linika
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Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#1

Beitrag von Linika »

Hallo ,
mein Sohn wurde vor 5 Jahren mit HGs versorgt, ist mittelgradig schwerhörig und hat die Grundschule gut gemeistert. Nach der Schulanmeldung an der weiterführenden Schulen habe ich gleich den Umbau der Klasse angeleiert - das läuft. Mir wurde jetzt gesagt, dass die Art des Nachteilsausgleiches in einer Klassenkonferenz beschlossen wird. Meine Frage: Kann ich da Einfluss nehmen? Welche Art des Ausgleichs ist möglich ? Schön wären Beiträge von Betroffenen und keine theoretischen Antworten.

Danke schon mal. Linika
tschilly
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#2

Beitrag von tschilly »

Hallo Linika,

Du selber kannst einen Nachteilsantrag für Dein Kind stellen bzw. Wünsche äußern.

Was mir da spontan einfällt wäre ein Sitzplatz in einer der vorderen Reihen und auch zentral, damit er direkten Blick auf den/die Lehrer/in hat.
Ansonsten gerade bei Hörverstehensaufgaben in Englisch,Französisch,Spanisch usw. entweder den Text vor sich hat zum mitlesen oder der Lehrer liest es Deinem Kind selber vor (Mundbild).

Als nächstes wäre die FM-Anlage -insofern ihr eine habt- sehr wichtig.
Schriftlich als Nachteilsausgleich festgehalten, dass sie in JEDER Stunde anzuwenden ist.
Ausnahmen nur, wenn Dein Kind das nicht möchte.
Dadurch haben die Lehrer keine Gewalt über die FM-Anlage und das Kind hört immer recht gut im Unterricht.

Nicht jeder braucht es, aber für viele von uns ist es gut, wenn wir gewisse Aufgaben, die viel Konzentration verlangen, außerhalb vom Klassenraum lösen dürfen.
In meiner alten Schule gabs da zum Beispiel eine Sitzecke mit Tischen und Stühlen auf dem Gang, da wars immer ruhig, wir waren nicht weit vom Klassenzimmer entfernt, hatten aber Ruhe (kein Tischgeklapper, Stühlerutschen, Kulligeklacker usw.).

Ansonsten...nicht direkt als Nachteilsausgleich, aber Du kannst nachfragen, ob sich die Schule eine SoundField anschaffen kann.
Die verstärkt den Schall vom Lehrer und überträgt den bis in die hinterste Reihe gleichlaut.

LG
Kim
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otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#3

Beitrag von otoplastik »

Hallo Linika,
bei uns in Niedersachsen kommt eine Lehrerin vom mobilen Dienst der Förderschule Hören in die Regelschule. Sie lernt Kind, Eltern und Lehrer kennen, informiert die Lehrer und setzt mit ihnen den Nachteilausgleich auf, der dann in der Klassenkonferenz verabschiedet wird.
Unsere (neue) Schule ist ein wenig schnarchig darin, uns den Ausgleich zukommen zu lassen, aber sie setzen ihn um und kümmern sich gut. :}

Dazu gehört z.B.
Das Kind muss alles schriftlich bekommen: Termine müssen an die Tafel, Klassenarbeiten, Unterrichtsausfälle usw.
Bei Hörbeispielen in Fremdsprachen und evtl auch in Deutsch bekommt das Kind auch bei Arbeiten den Text auch zum mitlesen.
Es bekommt in vielen Arbeiten mehr Zeit, wenn es das braucht.

Ganz wichtig ist aber auch, dass die Lehrer ein Verständnis für die Hörschädigung und ihre Konsequenzen entwickeln.
Kaum jemand versteht, dass ein Kind manchmal alles mitbekommt und manchmal eben nicht, weil dann die Störgeräusche zu laut sind, die Konzentration nachlässt oder was auch immer.
Dass das Verstehen eine hohe intellektuelle Leistung bedeutet, die anstrengt und länger dauert, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, den Lehrer verstanden haben sollten.
Sie müssen verstehen, dass diese Schüler Hörpausen brauchen.
Denn die Anstrengung im Alltag steigt unserer Erfahrung nach mit dem Alter, den lauteren Klassen und der Kommunikation der Kinder untereinander, die immer wichtiger wird, wenn es in Richtung Pubertät geht.
Und das ist ein weiterer sehr wichtiger Punkt: Die Schüler müssen in das Thema eingeweiht werden. Sie brauchen gute Informationen und evtl auch praktische Beispiele. Unser mobiler Dienst hat z.B. mal ein HG mitgebracht, das alle abhören konnten. Sie bemerkten dann, wie laut Papierrrascheln ist. Und sie haben die Kinder mit Lärmschoneern auf den Ohren eine Stunde Unterricht machen lassen. Auch das war sehr eindrucksvoll.
Ich kenne gerade die traurige Geschichte eines mittelgradig schwehörigen Kindes, bei dem die Lehrer denken, mit der Technik ist dann ja alles wieder gut.
Wenn das Kind nicht mitbekommt, dass der Unterricht in einer anderen Klasse ist, dann bekommt es vorgeworfen, es hätte nicht gut aufgepasst. Weil es den Unterhaltungen der anderen nicht gut folgen kann, zieht es sich zurück, was ja nicht unüblich für Schwerhörige ist. Die Lehrer bewerten das als ganz schlechtes Sozialverhalten und halten das dem Kind vor.
Mein Sohn selber war in einer Klasse (alte Schule), in der die Lehrer auch nicht im Ganzen Ausmaß das Problem verstanden haben. Sie konnten seine Eigenart, weniger zu hören, nicht vermitteln. Das hatte zur Folge, dass die Schüler sauer waren, wenn er nicht gantwortet hat und dass sie neidisch auf den Nachteilsausgleich waren und ihn für übervorteilt dadurch hielten.
Außerdem haben die Lehrer auch nicht verstanden, wie wichtig eine ruhige Lernumgebung für diese Kinder ist.
Für alle Kinder!
Meines Erachtens soltest Du Dir professionelle Unterstützung suchen, wenn es so etwas bei Euch gibt.
Zumal man als Eltern auch immer wieder auf Lehrer stößt, die es nicht gut haben können, wenn Eltern "ihnen Vorschriften machen". Da klappt die Ansprache durch eine andere, auf diese Eigenart spezialisierte Lehrerin/Lehrer oft besser.
In welchem Bundesland lebst du und gibt es so etwas wie einen mobilen Dienst, der die Lehrer der Kinder in Regelschulen unterstützt und berät?
Puh, was für ein langer Text, ich hoffe, die Rechtschreibfehler halten sich in Grenzen, ich muss los.
Liebe Grüße, Otoplastik
Otoplastik
Sohn, 17 Jahre, mit 14 Monaten Meningitis, seitdem re. hochgradig und links taub, rechts HG (Naida S IX UP), links CI seit 01/14 (Naida Q70), vorher links viele Jahre PhonakCros :)
Musiker_72
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#4

Beitrag von Musiker_72 »

Hallo,

standardmäßig geregelt ist an unserer Schule (ich bin Lehrer am Gymnasium) nur der Nachteilsausgleich bei Lese-Rechtschreibschwäche.

Ich hatte bisher drei Schüler mit Hörgerät, da gab es formal aber keinen Nachteilsausgleich.

In welchem Bundesland lebst Du denn?

Ich bekomme gerade so die Idee, da für das nächste Schuljahr ein Projekt draus zu machen, Kollegen über Schwerhörigkeit zu informieren und für Schüler Lösungen zu suchen. Was ich bereits beobachte: Ich bin, seit ich Hörgeräte trage, von zahlreichen anderen Kollegen angesprochen worden, die merken, dass sie auch schlecht hören, und um Rat gefragt worden. Auf der anderen Seite negativ anzumerken ist aber, dass auf mich selbst eigentlich niemand irgend eine Art von Rücksicht genommen hat, es wurde - wie oben schon erwähnt - angenommen, dass mit dem HG dann wieder alles gut ist. Besonders an dieser Stelle sehe ich erheblichen Informationsbedarf.

Bitte sei so gut und berichte hier, was sich diesbezüglich ergeben hat, das würde mich auch sehr interessieren.

Liebe Grüße,

Musiker_72
fast-foot
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#5

Beitrag von fast-foot »

Hallo Linika,

na ja, ich gehe jetzt ein mal davon aus, dass Du bei der Klassenkonferenz mit dabei sein wirst (und gegebenfalls Eltern von anderen Kindern, welche einen Nachteilsausgleich wünschen; somit könntest Du Dich natürlich einbringen). Deren Einberufung ist jedoch meiner Meinung nach für die Prüfung der betreffenden Frage nicht erforderlich.

Aber auch unabhängig davon gilt, dass die Betroffenen und deren Eltern sich einbringen können, und dass eine einvernehmliche Lösung gesucht werden soll; letztlich entscheidet jedoch "die Schule" (heisst für mich auf Deutsch: die Betroffenen haben nichts zu sagen, wenn es darauf ankommt; man müsste also klagen, wenn man nicht einverstanden ist und auf gewissen Bedingungen beharrt).

Dann noch (nur) ein paar weitere Möglichkeiten eines Nachteilsaugleichs, welche bisher nicht Erwähnung fanden (so weit ich nichts übersehen habe):

- spezielle raumakustische Ausstattung (Arbeitsplatzausstattung)

- verstärkte Visualisierung der Unterrichtsinhalte (Tafel, Tageslichtprojektor, Whiteboard, Activboard, Bilder, Modelle, Piktogramme, etc.)

- Verständnisfragen zur Kontrolle für die Lehrkraft

- Erklärung von Schlüsselbegriffen (Wortschatzerweiterung, zusätzliche Informationen)

- punktueller Einsatz des Lehrer- und Schülerechos

- gezielte Regelerarbeitung (in Fremdsprachen und auch auf Deutsch), auch mit gesonderten Hilfsmitteln
Otoplastik hat geschrieben:Ganz wichtig ist aber auch, dass die Lehrer ein Verständnis für die Hörschädigung und ihre Konsequenzen entwickeln.
Kaum jemand versteht, dass ein Kind manchmal alles mitbekommt und manchmal eben nicht, weil dann die Störgeräusche zu laut sind, die Konzentration nachlässt oder was auch immer.
Dass das Verstehen eine hohe intellektuelle Leistung bedeutet, die anstrengt und länger dauert, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, den Lehrer verstanden haben sollten.
Sie müssen verstehen, dass diese Schüler Hörpausen brauchen.
Denn die Anstrengung im Alltag steigt unserer Erfahrung nach mit dem Alter, den lauteren Klassen und der Kommunikation der Kinder untereinander, die immer wichtiger wird, wenn es in Richtung Pubertät geht.
Und das ist ein weiterer sehr wichtiger Punkt: Die Schüler müssen in das Thema eingeweiht werden. Sie brauchen gute Informationen und evtl auch praktische Beispiele. Unser mobiler Dienst hat z.B. mal ein HG mitgebracht, das alle abhören konnten. Sie bemerkten dann, wie laut Papierrrascheln ist. Und sie haben die Kinder mit Lärmschoneern auf den Ohren eine Stunde Unterricht machen lassen. Auch das war sehr eindrucksvoll.
Ich kenne gerade die traurige Geschichte eines mittelgradig schwehörigen Kindes, bei dem die Lehrer denken, mit der Technik ist dann ja alles wieder gut.
Wenn das Kind nicht mitbekommt, dass der Unterricht in einer anderen Klasse ist, dann bekommt es vorgeworfen, es hätte nicht gut aufgepasst. Weil es den Unterhaltungen der anderen nicht gut folgen kann, zieht es sich zurück, was ja nicht unüblich für Schwerhörige ist. Die Lehrer bewerten das als ganz schlechtes Sozialverhalten und halten das dem Kind vor.
Mein Sohn selber war in einer Klasse (alte Schule), in der die Lehrer auch nicht im Ganzen Ausmaß das Problem verstanden haben. Sie konnten seine Eigenart, weniger zu hören, nicht vermitteln. Das hatte zur Folge, dass die Schüler sauer waren, wenn er nicht gantwortet hat und dass sie neidisch auf den Nachteilsausgleich waren und ihn für übervorteilt dadurch hielten.
Außerdem haben die Lehrer auch nicht verstanden, wie wichtig eine ruhige Lernumgebung für diese Kinder ist.
Für alle Kinder!
Auch wenn ich persönlich es gut fände, wenn vieles entsprechend umgesetzt würde, scheint es hierfür keine (rechtliche, "organisatorische" etc.) Grundlage zu geben, und das Bewusstsein für die angesprochenen Problematiken (bzw. die Bereitschaft, dieses zu erweitern) scheint ebenfalls kaum vorhanden. Es ist daher meiner Ansicht nach eher Wunschdenken und theoretischer Natur (und scheint in der Praxis nicht ein mal an mancher spezifisch auf den Unterricht von Hörgeschädigten ausgerichteten Schule zu gelten).
Aber das Hinweisen auf die betreffenden Problematiken und den Versuch zu erreichen, dass möglichst viel zu deren Behebung bei getragen wird, kann ich natürlich nur unterstützen.

Gruss fast-foot
Zuletzt geändert von fast-foot am 24. Jul 2015, 15:44, insgesamt 3-mal geändert.
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otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#6

Beitrag von otoplastik »

fast-foot hat geschrieben: Auch wenn ich persönlich es gut fände, wenn vieles entsprechend umgesetzt würde, scheint es hierfür keine (rechtliche, "organisatorische" etc.) Grundlage zu geben, und das Bewusstsein für die angesprochenen Problematiken (bzw. die Bereitschaft, dieses zu erweitern) scheint ebenfalls kaum vorhanden. Es ist daher meiner Ansicht nach eher Wunschdenken und theoretischer Natur (und scheint in der Praxis nicht ein mal an mancher spezifisch auf den Unterricht von Hörgeschädigten ausgerichteten Schule zu gelten).
Aber das Hinweisen auf die betreffenden Problematiken und den Versuch zu erreichen, dass möglichst viel zu deren Behebung bei getragen wird, kann ich natürlich nur unterstützen.

Gruss fast-foot
Wie kommst Du darauf, fast-foot?
Ich dachte, Du hättest kein sh/gh Kind? :help:

Meine Erfahrungen mit meinem schwerhörigen Sohn und seinen Lehrern sind da tatsächlich anders.
Wie ich schrieb, haben wir Lehrer erlebt, die sich nicht gut einstellen konnten.
Und wir haben Lehrer erlebt, die versucht haben, sich in das Thema Hörschädigung einzuarbeiten, die die Informationen von uns und vom mobilen Dienst aufnehmen und versuchen, umzusetzen und präsent zu haben.
Wichtig ist einfach, dass man als Eltern versteht, wie schwierig es für Außenstehende ist, sich eine Hörbeeinträchtigung vorzustellen. Und wie schwierig die Zusammenhänge zu anderen Verhaltens- und Lernweisen zu ziehen sind.
Es ist nicht erforderlich, dass alle Lehrer dem Idealpädagogen für ein sh Kind entsprechen. Aber dann muss man als Eltern daran arbeiten, eventuell zusammen mit der Unterstützung professioneller Fachleute, wenn das möglich ist.

Die Frage in diesem Thread zielt auf den Nachteilsausgleich und da ist es vielleicht auch hilfreich, Du stellst noch den unteren Teil der Website ein, die Du zitiert hast, da geht es explizit um den Nachteilsausgleich.

Herzliche Grüße, Otoplastik
Otoplastik
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Norbert_S
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#7

Beitrag von Norbert_S »

Hallo zusammen!
Hier ist schon sehr viel Gutes und Richtiges geschrieben worden, aber auch ein wenig idealisierend ;) .
@ Linika: Ja, ich bin betroffen und zufällig auch noch vom Fach ;) .
Hm, das Kind kommt erst in die erste Klasse der weiterführenden Schule und schon muss ein Nachteilsausgleich her? Vielleicht sollte man da erst mal abwarten, welche Problem in welchen Fächern wirklich auftreten und vor allem das Kind dann fragen, wo es klemmt und welche Unterstützung es braucht. Bei lauter Einsern und Zweiern stellt sich die Frage eigentlich nicht.
Ein Nachteilsausgleich ist kein Persilschein für den gewünschten Abschluss. Und darf andere Schulkinder nicht benachteiligen. Da liegt das Problem. Daher ist der NA immer eine schwierige Einzelfall-Entscheidung der Schule.
Richtig, normal hörende Lehrkräfte können sich das nicht vorstellen. Wenn man die gut informiert, z.B. über die Grenzen von Hörhilfen, schafft man schon mal das richtige Klima. Lehrer sind vom Beruf her Helfer. Die Fachstelle kann diese Information am besten transportieren.
@ Fastfoot: Nein, in einer Klassenkonferenz sitzen die Profis, nicht die Eltern. Anders ist das beim Fördergespräch … Und der Klageweg ist ja wohl der schlimmste Vorschlag, da werden mehr blödsinnige Probleme aufgerissen als wichtige gelöst.

Zur Sache: Sobald sich Probleme abzeichnen, wird der Antrag auf Nachteilsausgleich gezielt und begründet gestellt. Bei jungen Schülern, bei denen es noch nicht um einen Abschluss geht, ist eine niederschwellige Lösung anzustreben. Hilfen sind wichtiger als starre Regelungen. Mündliche Vereinbarungen sind beweglicher als Konferenzbeschlüsse. Art und Umfang des Nachteilsausgleichs legt am besten die Fachstelle (Mobiler Dienst) fest. Die kennt das Kind, den Unterricht, das Thema und die Zielgruppe der Lehrer. Als Laie mit einem ellenlangen Katalog von Forderungen auf die Schule zuzugehen, halte ich für wenig zielführend …
Konnte ich (trotz des langen Romans) helfen?
Norbert_S
Zuletzt geändert von Norbert_S am 24. Jul 2015, 19:11, insgesamt 1-mal geändert.
otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#8

Beitrag von otoplastik »

Bei uns hat der mobile Dienst schon am Anfang des Schuljahres die neuen Lehrer immer über die Punkte informiert, die ich aufgeführt habe.

Auch der Nachteilsausgleich wurde schon beim ersten Kontakt erwähnt und dann in die Wege geleitet.

Ich halte das aus zwei Gründen für wichtig.
Zum einen wird durch die Erarbeitung das Nachteilsausgleiches der Blick der Lehrer geschärft für die Punkte, die anders sind als bei anderen Schülern.

Zum anderen vermeidet man damit im besten Fall, dass das Kind erleben muss, dass es sich aufgrund seiner Andersartigkeit als schlechter erlebt.

Wenn dann erst der Nachteilsausgleich hervorgeholt wird, hat man dem Schüler eventuell schon eine ganze Menge zugemutet.
Zumal das alles ja auch viel Zeit braucht, bis es besprochen, verabschiedet und umgesetzt ist.

Bei uns in Niedersachsen erleben viele Kinder den Übergang zum Gymnasium als eine Herausforderung, weil der Unterricht deutlich anzieht.

Und ich habe genau an der Stelle auch schon viele schwerhörige Kinder scheitern sehen. Grundschule ging oft noch, die Lehrer haben mehr Zeit, mehr Blick für die Kinder, der Stoff ist noch nicht so herausforderdernd. Und man hat nicht so viele verschiedene Lehrer, wie auf den weiterführenden Schulen.
Weniger Lehrer sind auch weniger neue Situationen, auf die sich die Kinder einstellen müssen. Und es ist ja bekannt, dass das gerade schwerhörigen Kindern schwer fällt.

Norbert, was Du über den Nachteilsausgleich in bezug auf die Benachteiligung anderer Kinder dadurch schreibst, verwundert mich sehr.
Erlebst Du das als Lehrer so?

Auch mein Sohn versteht nicht, warum er in Französisch einen Text zum Hörbeispiel verwenden soll, obwohl er doch alles verstehen kann.
Der Unterschied zeigt sich bei ihm aber danach: Es kostet ihn soviel Konzentration, dass er sehr langsam wird und den Rest der Arbeit deutlich schlechter schreibt, weil er auf einmal die Zeit zu knapp findet. Das passiert sonst nicht.
Da sieht es dann auf den ersten Blick so aus, als würde er den Begleittext gar nicht benötigen und als würde er dadurch übervorteilt.
Aber wenn man alles betrachtet, sieht man, an welcher Stelle er dann doch "benachteiligt" ist, wenn er den Text nicht hat.

Herzliche Grüße, Otoplastik
Otoplastik
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Norbert_S
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#9

Beitrag von Norbert_S »

Hallo Otoplastik!
Du schreibst:
<< Norbert, was Du über den Nachteilsausgleich in Bezug auf die Benachteiligung anderer Kinder dadurch schreibst, verwundert mich sehr.
Erlebst Du das als Lehrer so? >>
Nein, das ist so geregelt: Der NA darf Nicht-Betroffene auch nicht benachteiligen. Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz …
Sinnvolle Unterstützung ja und unbedingt, Schulabschluss für lau eben nein.
Nette Grüße
Norbert_S
fast-foot
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#10

Beitrag von fast-foot »

Otoplastik hat geschrieben:Wie kommst Du darauf, fast-foot?
Ich dachte, Du hättest kein sh/gh Kind?
Denken kann man Vieles. Aber man kann auch an Vieles nicht denken. Und hat tschilly ein schulpflichtiges Kind? etc. etc.
@ Fastfoot: Nein, in einer Klassenkonferenz sitzen die Profis, nicht die Eltern.
Profis in Bezug worauf? Da es um eine bestimmte Behinderung geht, dürften die Eltern auf Grund ihrer Erfahrung im Umgang damit im Normalfalle wohl besser qualifiziert sein bezüglich der spezifischen Thematik als die Lehrer (und wer soll denn sonst noch dabei sein (ausser Schülern)?).

Je nach Bundesland ist es möglich, dass keine Eltern dabei sind. Wenn man es genau wissen will, muss man im Schulgesetz des betreffenden Bundeslandes nachschauen.
NorbertS hat geschrieben: Bei lauter Einsern und Zweiern stellt sich die Frage eigentlich nicht
Nur kurz hierzu: Weshalb? Vielleicht könnte der Schüler ohne Behinderung (oder dank Nachteilsausgleichs) eine Klasse überspringen oder müsste nicht beinahe die ganze Freizeit für das Lernen opfern etc.
NorbertS hat geschrieben:Nein, das ist so geregelt: Der NA darf Nicht-Betroffene auch nicht benachteiligen.
Es sind noch andere Dinge geregelt (eben bspw., was ein Nachteilsausgleich beeinhaltet). Mir scheint aber, dass diese Regelungen weniger Gewicht haben (sollen). Oder vielleicht könnte ich es so formulieren (etwas überpspitzt):

Wenn einem Kind durch eine Behinderung Nachteile erwachsen (könnten), interessiert dies zunächst ein mal gar nicht. Und wenn dann gewisse Forderungen gestellt werden, muss man um jeden Preis verhindern, dass ihm durch eine Massnahme ein Vorteil erwachsen könnte.
Mein Problem hierbei ist die Einseitigkeit, welche ich aus diesem Verhalten heraus lese. Denn wenn man schon strikte darauf bedacht ist, zu schauen, dass dem Kind keine Vorteile erwachsen, wäre es nur konsequent, dies auch in Bezug auf die Nachteile so zu handhaben.

Gruss fast-foot
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Wallaby
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#11

Beitrag von Wallaby »

Tschilly ist aber selbstbetroffen. Gibst Du hier nur aus der Theorie oder hast Du irgendwie selbst erfahren? Bzgl. HG schreibst Du nach meinem Eindruck meistens aus der Theorie und vermute, dass Du weder beruflich damit zu tun hast noch selbstbetroffen bist. Zwischen Theorie und Praxis können immer noch Welten liegen - von daher finde ich gewagt, wenn man vieles auf Theorie festhält.
tschilly
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#12

Beitrag von tschilly »

Ich habe zwar kein schulpflichtiges Kind, habe aber meine eigenen Erfahrungen beschrieben, da ich diese selber so hatte und auch im Studium.

Und bitte nehme mich nicht als Ausrede für Deine Texte, sondern schreibe aus Deiner Sicht und nicht im/mit Namen anderer
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otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#13

Beitrag von otoplastik »

Linika hat geschrieben:Hallo ,
Schön wären Beiträge von Betroffenen und keine theoretischen Antworten.

Danke schon mal. Linika
Linika, wie Du siehst, gibt es hier Menschen, die auf unterschiedlichen Ebenen damit Erfahrung haben.

Allerdings fände ich es der Transparenz halber wichtig, wenn Du, fast-foot, Deine Worte, die Du von einer Website eines mobilen Dienstes übernommen hast, als solche kennzeichnest.
Alle anderen sind auch transparent mit ihrem Bezug zum Thema.

Vielleicht schreibst Du mal, wieso Du dazu beitragen kannst, ohne unter die Formulierung "theoretische Antworten" zu fallen.

Im Gegenzug Tschilly zu erwähnen, weil sie kein sh-Kind hat, ist fast lustig.

Herzliche Grüße, Otoplastik
Zuletzt geändert von otoplastik am 25. Jul 2015, 16:54, insgesamt 1-mal geändert.
Otoplastik
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Linika
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#14

Beitrag von Linika »

Hallo liebe Leute,

ich möchte mich bei euch , vor allem bei Kim und Otoplastik, für die Antworten bedanken.Einige Anregungen habe ich mir notiert, denn ich habe noch in den Ferien ein Gespräch mit dem neuen Klassenlehrer.
Wir wohnen ebenfalls in Niedersachsen und werden über das LBZH betreut , und ich denke , dass der Lehrer des mobilen Dienstes in Sachen Nachteilsausgleich alles im Griff hat. Aber ich gehöre zu den Müttern , die gut informiert sein möchten, um dem Kind den besten Weg zu ermöglichen. Und ich denke, der Nachteilsausgleich sollte auf jeden Fall vorher geregelt werden, auch wenn das Kind ein Einser und Zweier Schüler ist. Es muss sich trotzdem mehr als andere anstrengen. Und ich halte nichts davon, erst zu meckern, wenn die schlechten Noten auf dem Papier stehen oder das Kind überlastet ist.

Vielen Dank nochmal und liebe Grüße von Linika
Coralie
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14

Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#15

Beitrag von Coralie »

"Aber ich gehöre zu den Müttern , die gut informiert sein möchten, um dem Kind den besten Weg zu ermöglichen."

Liebe Linika, ich finde Dein Engagement grundsätzlich positiv. Ich bin selber Mutter und selber deutlich stärker betroffen als Dein Sohn. Ich bin ohne Nachteilsausgleiche durch die Schule, das Studium und den Beruf gegangen und das durchaus erfolgreich, auch wenn es manchmal schmerzhaft war (ja ich weiß anndere haben das nicht geschafft).... Es gehört leider zum Leben eines Schwerhörigen dazu, es immer schwerer zu haben als die Guthörenden, und da kann und (solange es ein Kind bewältigen kann) sollte aus meiner Sicht auch keine Mutter davor bewahren, auch wenn dies schmerzhaft ist. Im positiven Falle wächst man als Schwerhöriger mit den Aufgaben, entwickelt Strategien mit seiner Schwerhörigkeit und den daraus resultirenden Niederlagen um zu gehen und ich denke man sollte es nicht übertreiben die Behinderung in den Vordergrund zu stellen, denn spätestens in einigen Jahren wird Deinem Sohn das ganze "anders " sein eher unangenehm werden, und möchte dann nur so sein wie die anderen. Das kann einem mittelgradig schwerhörigem Kind auch durchaus auf dem Gymnasium ohne spezielle Raumakustik und Nachteilsausgleiche gelingen....Ich wünsche Deinem Sohn viel Erfolg, Du wirst meine Position wahrscheinlich nicht nachvollziehen können, aber mit zunehmendem Alter der Kinder verliert man auch an Einflußmöglichkeiten auf deren Leben. Ich denke, man sollte Maßnahmen, die in den Schulalltag eingreifen immer gut mit seinem Kind besprechen, und seine Zustimmung dazu haben und erstmal schauen wie es sich entwickelt ist aus meiner Sicht durchaus eine Möglichkeit.
CI einseitig, andere Seite mit Hörgerät versorgt bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.
Linika
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#16

Beitrag von Linika »

Hallo Coralie ,
deine Position kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Hätten deine Eltern früher einen Anspruch auf einen Klassenraum mit besserer Akustik gehabt, hätten sie es abgelehnt? Ich glaube nicht. Jede Mutter möchte das beste für ihre Kids - egal ob schwerhörig oder nicht. Mein Focus liegt bei meinem Sohn nicht in der Besonderheit der Hörschädigung. Ich kümmer mich genau so um meine Tochter, die keine Beeinträchtigung hat.
Aber weißt du , was ich schlimmer finde? Mütter von Kindern mit HGs , die nicht mal wissen , welche Hörschädigung ihr Kind hat. Es ist aber sehr interessant zu sehen , was raus kommt, wenn man so eine einfache Frage im Netz stellt.

Linika
Norbert_S
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#17

Beitrag von Norbert_S »

Hallo Linika!
Nee, so ganz fair finde ich das jetzt nicht. Du lässt erst am Schluss des threads raus, dass du die Fachstelle (Mobiler Dienst) bereits längst im Boot hast, diese dein Thema ganz selbstverständlich bearbeitet und es eigentlich keine echte Frage geben sollte. Du beschäftigst hier ernsthafte und hilfsbereite Leute. Wozu? Soll Munition gegen die Schule oder den Mobilen Dienst zusammen getragen werden? Dann müsste ich mich missbraucht fühlen. Sowas würde hier im Forum einfach fehl am Platze sein.
Du schreibst auch:
<< Es ist aber sehr interessant zu sehen, was raus kommt, wenn man so eine einfache Frage im Netz stellt. >>
Nein, der NA ist eine sehr anspruchsvolle Sache, damit treibt man besser keine Frage-Spielchen, wenn man das nicht braucht. Oder man sagt fairerweise gleich, wie der Sachstand ist.
<< Aber weißt du, was ich schlimmer finde? Mütter von Kindern mit HGs, die nicht mal wissen, welche Hörschädigung ihr Kind hat. >>
Ist das hier im SH-Forum wirklich relevant, was du schlimmer findest?
Und: Ich entschuldige mich gerne gleich mal nach allen Seiten, wenn ich jetzt über-reagiert habe.
Norbert_S
otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#18

Beitrag von otoplastik »

Hallo an alle,

ich als auch immer neugierige, nachfragende und damit oft gut informierte Mutter kann nachvollziehen, dass Linika vor dem Gespräch mit dem Klassenlehrer, bei dem sie den mobilen Dienst nicht dabeihaben wird, informiert sein will.
Das war vielleicht ein bisschen ungeschickt, aber sie hat nie geschrieben, dass sie keinen mobilen Dienst hätte. Wir haben es nur angenommen.

Coralie, ich bin sehr beeindruckt von Deinem Weg!
Und ich kann mir vorstellen, dass viele Deiner Fähigkeiten daher kommen, dass Du keine andere Wahl hattest, als sie zu entwickeln.
Aber es gibt auch andere Wege.
Für mich war immer im Vordergrund, dem Kind eine gesunde emotionale Entwicklung zu ermöglichen.
Dass Schwerhörigkeit für Menschen so traumatisch wie ein akutes Trauma sein kann, ist (zumindest uns) bekannt. Ich glaube, Wolfgang Wirth hat darüber geschrieben
Wenn ich dann den Eindruck habe, er braucht Hilfe, bekommt er sie. Wenn ich vermute, dass er da alleine durchkann, lasse ich ihn.

Das ist aber sicher auch ein Generationenthema, Eltern heutzutage gehen deutlich anders mit ihren Kindern um als unsere Eltern früher. Nicht nur bei Schwerhörigen wird mehr Interesse an dem Erleben der Kinder gezeigt.

Wie unser Sohn dann später im Leben klar kommt, das werden wir dann sehen. Und uns vielleicht denken, dass wir das eine oder andere falsch gemacht haben.
Im Grunde haben wir immer versucht, die Bedingungen für ihn möglichst passend zu machen. Ob er dann tatsächlich auf die Nase fällt, wenn er erwachsen ist und den Schutz nicht mehr hat, müssen wir abwarten.

Im Moment ist er 16, zufrieden, kontaktfreudig und lernwillig. Seine Schwerhörigkeit sieht er als eine nicht so große Einschränkung, auch wenn er fast taub ist und hauptsächlich über das hochgradig schwerhörige Ohr mit dem Hörgerät hört. Seine leuchtblauen Geräte trägt er meist, ohne sie zu verstecken. Nur in Jugendgruppen, die ihm neu sind, setzt er mal eine Kapuze auf.
Er hat mal gesagt, als er eine neue FM-Anlage für die Schule bekam, mit Schülermikros und Lautsprecher: Das steht mir zu, weil ich schwerhörig bin.
Er ist allerdings auch ein sehr individuelles Kind. Er muss sich nicht anpassen, sondern macht sein Ding. Das war schon immer so und das haben wir natülich angesichts seiner besonderen Situation auch unterstützt.

Herzliche Grüße, Otoplastik
Otoplastik
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BibiAn
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9

Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#19

Beitrag von BibiAn »

Hallo :D ,

unser Sohn , knapp 13, hat bereits im Kindergarten Frühförderung erhalten.
Er hat linksseitig eine Ohrmuscheldysplasie mit Gehörgangsatresie, rechts besteht 100% Hörvermögen. Er trägt kein Knochenleitungshörgerät, da er dieses als Kleinkind und auch später nicht akzeptiert hat .
In der Grundschule (Regelschule)hatte er weiterhin den sonderpädagogischen Förderbedarf. Davon hat die gesamte Klasse profitiert. Der Klassenraum wurde u.a. aufgrund der Verlegung eines Teppichs, besonderer Vorhänge.. mit einer besseren Akustik ausgestattet, ..Die Mitschüler haben sich immer gefreut, wenn die `Sonderlehrerin `kam, da sie mit einbezogen wurden.
Auf der weiterführenden Schule (Gesamtschule) besteht immer noch ein sonderpädagogischer Bedarf und der Nachteilsausgleich besteht ebenfalls für das kommende Schuljahr (8. Klasse)weiter.
Es ist schon ein großer Unterschied, was das Verständnis der Lehrer zu diesem Thema betrifft. Manche können sich einfach nicht vorstellen, was es bedeutet schwerhörig zu sein. Da kamen anfangs schon Bemerkungen wie: " aber der hört doch alles, der kriegt doch alles mit..." Vor allem wenn die Noten im oberen Bereich liegen.
Der Preis, den die Kinder zahlen, nehmen sie nicht anfangs nicht wahr.
Wir haben aber nach Gesprächen sehr positive Erfahrungen gemacht.
Der Nachteilsausgleich kann ja in vielfacher Form erfolgen:

z.B.
Das Kind muss alles schriftlich bekommen: Termine müssen an die Tafel, Klassenarbeiten, Unterrichtsausfälle usw.
Bei Hörbeispielen in Fremdsprachen und evtl auch in Deutsch bekommt das Kind auch bei Arbeiten den Text auch zum mitlesen.
Es bekommt in vielen Arbeiten mehr Zeit, wenn es das braucht.

Aber gerade der letzte Punkt...mehr Zeit bei Arbeiten..muss ja nicht in Anspruch genommen werden.

Mein Sohn hat zum Beispiel auch einen Drehstuhl bekommen... Es gibt viele Möglichkeiten schwerhörigen Schülern , die Schulzeit etwas zu erleichtern.
Geschenkt wird Ihnen sicherlich nichts, den Lernstoff müssen sie schon selbst bewältigen.

Ich bin froh, dass es in NRW die Möglichkeit des sonderpädogischen Förderbedarfs und des Nachteilsausgleichs gibt. -

Herzliche Grüße BibiAn
Linika
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#20

Beitrag von Linika »

Hallo ,
ich habe nicht absichtlich verschwiegen , dass wir den mobilen Dienst haben. Die Lehrer vom mobilen Dienst waren in der gesamten Grundschulzeit etwa 5 mal da , weil mein Sohn ein sehr guter Schüler war. Die kleinen Sorgen und Probleme zB Englisch Förderung habe ich allein mit den Lehrern besprochen und durchgesetzt. Unser MD ist personell nicht gut besetzt und für einen größeren Km- Kreis zuständig.
Ich halte es für legitim, mich bestens zu informieren , zB kannte ich das von Kim erwähnte Sound Field noch gar nicht. Auch andere erwähnten Kleinigkeiten habe ich mir notiert.
Und mein Zitat " sehr interessant zu sehen , was dabei raus kommt, wenn man eine einfache Frage im Netz stellt" war an die Texter gerichtet , die untereinander diskutiert haben , ob der eine oder andere schulpflichtige Kids hat u antworten darf oder nicht. Ich empfinde die Stimmung hier als sehr angespannt.
Trotzdem sage ich Danke an alle , die mir mit den Infos geholfen haben . So konnte ich mir einen roten Faden für mein Lehrergespräch knüpfen.

VG Linika
Norbert_S
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#21

Beitrag von Norbert_S »

Hallo Linika!
Freut mich für dich, wenn du hier Hilfe für deinen roten Faden finden konntest. Und auch, dass der Junior so gut einschlägt.
Klar, fragen darf man/frau immer, überall und zu jederzeit.
Du schreibst: „Ich empfinde die Stimmung hier als sehr angespannt.“ Nee, finde ich gar nicht, sonst wäre ich hier schon längst weg. In Internet-Foren kennt man sich nicht, sieht und hört man sich nicht. Die Mimik und die feinen Zwischentöne fehlen völlig. Das ist eine ganz flache Kommunikationsschiene mit massenhaften Möglichkeiten zu völlig unbeabsichtigten Missverständnissen. Da muss man eben manchmal einfach nachhaken, wie das jetzt gemeint war ...
Was ich hier aber gerne noch loswerden möchte: Dies ist im Netz eines der wenigen sachlichen Foren, wo es nicht ständig drüber und runter und daneben geht. Und Otoplastik macht einfach eine vorbildliche Moderation! Hut ab!
Nette Grüße
Norbert_S
Zuletzt geändert von Norbert_S am 30. Jul 2015, 19:00, insgesamt 1-mal geändert.
otoplastik
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Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#22

Beitrag von otoplastik »

Du hast Recht, Linika, danke für die Rückmeldung.
Die Anspannung hat eine längere Geschichte.
Brauchst Du noch genauere Infos zu einer Soundfieldanlage mit Lautsprecher und Schülermikros, dann melde Dich.
Ansonsten ist das auch auf der Website des Herstellers zu finden, bei Phonak.
Im Grunde hilft die Anlage jeder Klasse bei der Reduktion der Lautstärke und der Verbesserung der Gesprächsdisziplin sowie der Aufmerksamkeit.
Wir haben sie erst spät (8.Klasse) bekommen, aber ich kenne auch Kinder, die sie schon in der Grundschule hatten.

Danke Norbert :) Du hast auch Recht, bezüglich der "flachen" Kommunikation!

Herzliche Grüße, Otoplastik
Zuletzt geändert von otoplastik am 30. Jul 2015, 19:33, insgesamt 2-mal geändert.
Otoplastik
Sohn, 17 Jahre, mit 14 Monaten Meningitis, seitdem re. hochgradig und links taub, rechts HG (Naida S IX UP), links CI seit 01/14 (Naida Q70), vorher links viele Jahre PhonakCros :)
Wallaby
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8

Re: Nachteilsausgleich auf Gymnasium

#23

Beitrag von Wallaby »

Hallo,

ich finde es gut, wenn Eltern sich für Ihre Kinder einsetzen. Man sollte aber nach wie vor individuell schauen, inwiefern das jeweilige Kind Nachteilsausgleich braucht.
Wir die ältere Generationen können aus unsere Erfahrungen sprechen, egal ob früher selbst auf Regelschule oder Hörgeschädigte Schule ginge. Inwiefern die im positiven/negativen Förderungen etc. sich entwickelten.
Man sollte bedenken, dass früher vor 20 Jahren oder noch länger das Netz über Fördermassnahmen, Nachteilsausgleiche, Hilfsmittel, Mobilen Dienst, Austausch über Internet usf. nicht so ausgebaut war wie heutzutage es ist. Heute kann man an vielen Stellen Hilfen/Beratungen einholen und warum sollten die Eltern dies nicht nutzen nur weil das Kind eh gute Noten mit nachhause nimmt. Es wird manchmal vergessen zu welchem Preis das Kind leistet! Egal ob möglicherweise Druck von draussen kommt auch durch Eltern, damit das Kind dies und jenes leisten kann/muss!
Früher taten die Eltern Ihr bestes für Ihr Kind, Heutzutage tun ebenso die Eltern das beste für Ihr Kind!
Man kann die Erfahrungen früher/heute gegenseitig austauschen - aber finde es gewagt zu sagen früher ging es auch ohne bzw. heute braucht das Kind dies und jenes nicht.

Egal welche Kommunikationsweg und ob Regel-/Hörgeschädigte Schule das Kind besucht, wünsche allen alles Gute für Eure Entscheidungen mit diesen Ihr vereinbaren könnt. Letztendlich sollte auch an das Kind gedacht werden, ob damit nicht Über-/Unterfordert wird.
Kenne einige Regelschülern die erzählten wg. Lerniveau war es gut eine Regelschule besucht zu haben, aber aufgrund Kommunikation und Spielgefährten wäre eine Hörgeschädigte Schule vielleicht besser..... Im Umkehrschluss weite Schulwege ggf. Internat/keine Freunde am Heimatort, werden ggf. ab Berufseinstieg mit Hörende Umfeld konfrontiert etc.
Bzgl. Begründungen sind das einige Beispiele und es wir immer Pro/Contra Gründe geben!

Alles Gute wünscht
Reiselustig
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