Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

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Mariposa
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Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#1

Beitrag von Mariposa »

Hallo zusammen,

ich bin neu hier im Forum, möchte mich kurz vorstellen und hoffe auf ein paar Antworten auf Fragen.
Ich bin 31 Jahre alt, wohne im süddeutschen Raum und bin stolze Mama einer 6 Monate alten Tochter.

Diese Woche wurde bei unserer Tochter eine BERA unter Narkose gemacht.
Leider erhielten wir eine Diagnose, die uns doch ganz schön zusetzt.
Bis 100db konnten keine Potentiale gemessen werden (Luftleitung und frequenzspezifische Messung).
Die Ärztin sagte uns, dass unsere Tochter an Taubheit grenzend schwerhörig ist.

Im Vorfeld wurde folgendes Untersucht:
Beide Trommelfelle waren reizlos, bei der Tympanometrie frei schwingungsfähig. TEAOE waren beiderseits nicht evozierbar.
Bei der VErhaltensaudiometrie konnten nur unsichere Hörreaktionen um 100dB beobachtet werden.

Da bereits das Neugeborenenscreening, sowie einige weitere Tests auffällig waren, wurde uns schon gesagt, dass unsere Tochter wohl schwerhörig sei. Das der Grad allerdings so schwerwiegend ist, hat uns doch ganz schön den Boden unter den Füßen weggezogen.

Noch letzte Woche hat uns leider der Oberarzt noch etwas Hoffnung gemacht (vielleicht auch unbewusst).
Er hat unserer Tochter eine Lärmtrommel ans Ohr gehalten und dann gesagt: "Also es sind Reaktionen da. Sie hört auf jedenfall. Jetzt müssen wir nur klären, ob sie für den Spracherwerb ausreichend hört.

Daher hatten wir Hoffnung, dass wir ihr mit Hörgeräten weiterhelfen können und sie damit gut zurecht kommen wird.

Jetzt haben wir zwar auch Hörgeräte verordnet bekommen. Allerdings wurde uns wenig Hoffnung gemacht, dass diese etwas bringen werden.
Bei diesem Befund müssten wir uns zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken über ein CI machen.

Die Hörgeräte hat sie nun bekommen, aber sie zeigt leider trotzdem keine Reaktionen auf Geräusche. (Der Pädakkustiker hat es aber wohl noch nicht auf max. Stärke eingestellt)

Morgen kommt zum ersten Mal eine Mitarbeiterin der Frühförderung zu uns.

Mein Mann und ich haben soooo viele Fragezeichen im Kopf.
Wir sind traurig und auch absolut überfordert.

Ich versuche mal ein paar Fragen in Worte zu fassen.

Wenn keinerlei Reaktionen bis 100dB gemessen werden konnten, ist sie dann nicht gehörlos? Warum sagt man da an Taubheit grenzend schwerhörig?

Kann es wirklich sein, dass sich noch Reaktionen mit den Hörgeräten zeigen bzw. das sich die Hörschwelle verbessert?

Wir möchten auf jedenfall die Kommunikation zu unserer Kleinen aufrecht erhalten und überlegen jetzt gleich Gebärden einzusetzen.
Ich habe mir ein Buch zu den Babyzeichen gekauft, bin mir aber unsicher, ob das der richtige Weg ist. Sollen wir lieber gleich mit DGS anfangen?
Oder können wir jetzt mit den Babyzeichen anfangen und später DGS lernen?

Oh man...bitte entschuldigt wenn mein Text etwas wirr ist. So sieht es leider gerade in meinem Kopf aus...

Ich danke euch allen schon mal dafür, dass ich mir hier meine Gedanken von der Seele schreiben darf!

Liebe Grüße,
Mariposa
Katja_S
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#2

Beitrag von Katja_S »

Hallo Mariposa,
willkommen hier! Es ist völlig klar, dass ihr euch jetzt erst einmal überfordert fühlt. Ich wünsche euch, dass ihr die Diagnose bald ein bisschen verarbeitet habt!
Mein Sohn (inzwischen 9 Jahre alt) hatte im Alter von ca. 7 Monaten (korr. (er ist ein Frühchen) 4 Monaten) seine 1. Bera und hat bis 110 dB keine Reaktionen gezeigt. Auch bei uns hieß die Diagnose dann "an Taubheit grenzend schwerhörig". Der Arzt meinte damals zu uns, dass man bei so kleinen Kindern die Diagnose "gehörlos" (noch) nicht stellen würde, vermitlich, weil man nicht weiß, wie es sich entwickelt (meine Vermutung, er hat es nicht näher erklärt).
Auch Erik hat damals Hörgeräte bekommen und er hat damit auch etwas wahrgenommen (im Tieftonbereich so ab 50 dB, im Hochtonbereich so ab 60-70 dB), aber nicht genug, um Sprache zu hören. Auf helle Töne hat er eigentlich nie wirklich reagiert, auf tiefe Töne dagegen schon.
Aber: Wie viel bei euch die HG bringen werden, kann dir niemand sagen! Dass sie bisher nicht reagiert, muss noch nichts heißen! Die Kinder müssen das Hören ja auch erst einmal lernen! Uns wurde damals gesagt, dass es schon ein paar Wochen dauern kann, bis Erik Reaktionen zeigt. Nicht umsonst heißt es ja (hieß es damals zumindest) , dass man mindestens 6 Monate HG testen sollte, bevor man über ein CI nach denkt.
Es kann also gut sein, dass eure Tochter noch Reaktionen zeigen wird! Inwiefern sich die Hörschwelle noch verbessern wird, weiß ich nicht. Prinzipiell ist das sicher möglich, aber ob das bei euch der Fall sein wird und wie stark sie sich bessern wird/kann, wird dir niemand sagen können. Bei uns hat sich da nicht viel getan. Bei der Bera im Rahmen der CI-Voruntersuchung 8 Monate später wurde dann, wenn ich es noch richtig wg quasi weiß, ab 100 dB etwas gemessen.
Mit Gebärden anfangen schadet sicherlich nicht. Bei uns war es aber so, dass mein Sohn noch zahlreiche andere "Baustellen" hatte und hat (er ist mehrfach behindert), so dass wir dann über ein paar Standardgebärden (Essen, Trinken, Tschüß, Gute Nacht....) nie hinaus gekommen sind (die Gebärden der DGS könnte er auch heute noch kaum selbst gebärden), auch weil uns dann nach der CI-Implantation seine Sprachentwicklung "überholt" hat. Aber da können dir sicher andere hier weiterhelfen! Sinnvoll ist es sicher!

Gut, dass bei euch die Hörfrühförderung schon anläuft! Die hat mir damals auch sehr geholfen! Und kleiner Tipps: Geht jetzt erst mal in aller Ruhe das Ausprobieren der HG an, behandelt eure Tochter möglichst "normal", sprecht viel mit ihr und genießt die Baby-Zeit. Über die Frage CI ja/oder nein könnt ihr euch immer noch Gedanken machen, wenn deine Tochter mit den HG nicht zurechtkommen sollte.
Wo kommt ihr denn her? Wir sind auch dem Umkreis von Stuttgart.

Viele Grüße
Katja
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
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fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#3

Beitrag von fast-foot »

Hallo Mariposa,

ich möchte gleich die eine oder andere Frage beantworten:
Mariposa hat geschrieben:Wenn keinerlei Reaktionen bis 100dB gemessen werden konnten, ist sie dann nicht gehörlos? Warum sagt man da an Taubheit grenzend schwerhörig?
Es kommt darauf an, welche Werte bei welchen Frequenzen gemessen wurden. Darüber hinaus gibt es verschiedene Beurteilungen (für die selben Werte), und bei Kleinkindern ist es eh schwierig, da oftmals nur wenige Frequenzen gemessen werden.
So wichtig finde ich die Bezeichnung allerdings nicht (auf Grund der Werte (des Alters des Kindes, wie die Werte bestimmt wurden etc.) kann ich mir ein genaueres Bild machen, zum Beispiel auf Grund dieser Aussage:
Mariposa hat geschrieben:Bis 100db konnten keine Potentiale gemessen werden (Luftleitung und frequenzspezifische Messung).
Das heisst, dass mittels BERA keine Hörreaktion fest gestellt werden konnte.
Mariposa hat geschrieben:Kann es wirklich sein, dass sich noch Reaktionen mit den Hörgeräten zeigen bzw. das sich die Hörschwelle verbessert?
Ja. Aus den verschiedensten Gründen:

1. entwickeln sich die retrocochleären Hörbahnen bei Kindern in diesem Alter erst, wodurch sich im Normalfalle die Messwerte verbessern

2. liegen oftmals Paukenergüsse vor, welche nicht immer sicher diagnostiziert werden können; wenn sich diese auflösen, bessern sich auch die Werte

3. kann die Entwicklung der retrocochleären Hörbahnen durch das Tragen von Hörgeräten angestossen werden (das heisst, dass (bspw. auf Grund einer Schädigung des Innenohres, wie sie hier vor zu liegen scheint) kaum eine Entcklung statt findet, was sich jedoch ändern kann, wenn mit Hörgeräten versorgt wird

4. sind die Messwerte oftmals nicht genau, bspw., weil die Potentiale bei Kleinkindern noch sehr schwach ausgeprägt sind etc.
Mariposa hat geschrieben:Ich habe mir ein Buch zu den Babyzeichen gekauft, bin mir aber unsicher, ob das der richtige Weg ist. Sollen wir lieber gleich mit DGS anfangen?
Oder können wir jetzt mit den Babyzeichen anfangen und später DGS lernen?
Ich denke, dass ab einem späteren Zeitpunkt, sollte es danach aussehen, dass eine Hörgeräteversorgung nicht ausreicht, um den Erwerb der Lautsprache zu ermöglichen, das Erlernen der DGS empfehlenswert wäre - dies wirkt sich auch positiv auf das Erlernen der Lautsprache mit Hifle von CI(s) aus - insbesondere kann man länger zuwarten mit dem Fällen einer Entscheidung, ohne die (Laut-) Sprachentwicklung entscheidend zu beeinträchtigen.

Wurde auch noch eine Reflexaudiometrie durchgeführt, und, wenn ja, wie sehen die Ergebnisse aus? Ich gehe davon aus, dass keine DPOAEs ermittelt wurden.

Auf Grund der Resultate muss man vor allem von einer sensorineural bedingten Schwerhörigkeit ausgehen, wobei die OHCs im Innenohr nicht zu funktionieren scheinen (eine Dysfunktion liegt häufig vor).

Bei Interesse kannst Du sämtliche Untersuchungsergebnisse (auch die Diagramme, insbesondere die Potentialkurven ("Zick-Zack-Linien") der BERA(s)), Berichte etc. anonymisiert hier hochladen, so dass ich mir ein genaueres Bild der Hörstörung machen kann.

Vielen Dank.

Dies für den Moment. Ich hoffe, dass sich mit der Hörgeräteversorgung die Werte mit der Zeit noch bessern werden!

Gruss fast-foot
Zuletzt geändert von fast-foot am 24. Sep 2017, 22:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Mariposa
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#4

Beitrag von Mariposa »

Hallo Katja,
vielen Dank für deine schnelle Antwort und deine Worte.
Da hast du mit deinem Sohn ja auch schon einiges durchgemacht.
Wir kommen auch aus dem Stuttgarter Raum bzw. dem Rems-Murr-Kreis.
In welcher Klinik hat dein Sohn dann seine CIs erhalten?
Konnte er die Lautsprache lernen?

Hallo fast-food,
auch dir vielen Dank für deine schnelle Antwort.
Leider haben wir keine Hörkurve erhalten.
Auf der HG-Verordnung (auf der ja eigentlich diese Diagramme drauf sind) hat die Ärztin nur drauf geschrieben, dass bis 100dB keine Potentiale gemessen wurden.
Der Pädaudiologe sagte auch, dass es für Ihn so schwierig ist die HGs einzustellen.
Er hat sie jetzt wohl auch noch nicht auf ganz laut gestellt. Wobei wir uns gefragt haben, warum er sie nicht lauter stellt, wenn unsere Tochter doch keine Reaktionen zeigt.

Vielen lieben Dank euch!!!

Liebe Grüße,
Mariposa
MadCat
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#5

Beitrag von MadCat »

Liebe Mariposa,

deine Geschichte erinnert mich an unsere damals...
Ich verstehe dass es euch den Boden unter den Füßen weghaut... Was ich aber total super finde ist, dass ihr euch sofort mit DGS aufeinandergesetzt habt! 😉 Auch das haben wir von Anfang an getan.
Ich stimme Katja zu: Was Hörgeräte für euch/eure Kleine bringen wird müsst ihr einfach ausprobieren... Wir haben uns Anfangs auch dazu entschieden HGs zu testen und während auf dem einen Ohr dann Reaktionen messbar waren blieben diese auf dem anderen Ohr aus. Wir haben uns dann schließlich doch für eine erstmal einseitige Implantation entschieden. Bis Ende letzten /Anfang diesen Jahres hörte sie unseres Erachtens auch was mit dem HG (zeitweise lag sie bei 20 dB!), aber es wurde dann immer schlechter so dass wir uns im Mai für eine zweite Implantation entschieden haben...

Wenn ihr jetzt erstmal mit Babyzeichen anfangt seid ihr doch schon auf einem guten Weg - so haben wir auch angefangen. DGS zu lernen - auch wenn man es will und ich erachte es auch unabhängig von der technischen Versorgung als empfehlenswert - ist leider garnicht so einfach. Man muss einigen Ämtern und Personen in den Allerwertesten treten...

Aber jetzt verarbeitet erstmal die Diagnose, trauert und dann packt ihr alles an was nötig ist. Auch das Trauern ist wichtig! Aber es ist (finde ich) auch wichtig dass ihr euer Kind nicht "anders" behandelt. Wir haben z.B. einfach weiter gute-Nacht-Lieder gesungen und mit ihr geredet und rumgeblödelt. Viel Körpernähe war für uns auch wichtig.

Unsere kleine Emilia ist nun vier Jahre als und ein kleiner, dickköpfiger Wirbelwind der trotz der vorhandenen Sprachverzögerung ganz genau mitteilen kann was er will. Sie singt gerne (auch wenn man nur die Hälfte versteht 😉) und fragt und fragt und fragt...

Du kannst auch gerne per PN Kontakt zu mir/uns aufnehmen. Darf ich fragen wo im süddeutschen Raum du wohnst?

Herzliche Grüße

Amelie
Fynn & Grischa (geb. 2006) mit voll funktionstüchtigen Ohren
Emilia (geb. 2013) CIre: EA: 18.08.14 Naida Q70, HGli: Phonak Sky Q50-UP bis 05.17, jetzt Naida Q90 EA: 19.06.17
Katja_S
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#6

Beitrag von Katja_S »

Hallo Mariposa,
Erik wurde in Freiburg implantiert, wir sind dort sehr zufrieden und fahren noch heute regelmäßig (2 x im Jahr) zur Reha dorthin. Er hat sein 1. CI mit 15 Monaten bekommen, sein 2. CI dann mit 4 Jahren (das war aus speziellen, medizinischen Gründen nicht früher möglich, sonst hätte er das früher bekommen). Und ja, er konnte/kann die Lautsprache lernen. Er spricht (noch?-es wird immer besser) nicht perfekt, aber man kann ihn gut verstehen und er bildet auch komplexe Sätze (die aber grammatikalisch nicht unbedingt korrekt sein müssen, mal verwendet er falsche Formen oder lässt Artikel weg o.ä.), erzählt viel, stellt viele Fragen und singt bei Kinderliedern mit, macht Dialekte und Tonlagen nach. Es ist bei ihm aber schwer, zu unterscheiden, zu welchem Anteil seine Sprachprobleme mit dem künstlichen Hören, seiner geistigen Behinderung (ist jetzt vielleicht auf dem Stand eines 4-5 jährigen Kindes) und seinen Problemen mit der Mundmotik (wir hatten auch lange Probleme mit dem Essen (Trinken geht heute noch nicht optimal)) zusammenhängen.
Wie sehr ein Kind vom CI profitieren wird, kann man vorher aber nie sagen! Auch bei Kindern ohne zusätzliche Einschränkungen ist das ganz individuell! Uns wurde vorher z.B. immer gesagt, dass wir nicht erwarten sollen, dass Erik in die Sprache kommt, bei ihm ginge es "nur" (auch das war uns wichtig) darum, dass er seine Umgebung besser wahrnimmt. Auch das war eine Fehleinschätzung...
Aber: Versucht euch jetzt noch nicht so viele Gedanken wegen eines CIs zu machen! Ich wünsche euch erst einmal ganz viele Hörerfolge mit den Hörgeräten!
Viele Grüße
Katja
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fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#7

Beitrag von fast-foot »

Hallo Mariposa,

ich möchte noch darauf hin weisen, dass Du ein Recht hast auf sämtliche Untersuchungsergebnisse, Diagramme, Berichte etc. Du brauchst diese nur an zu fordern.

Wurde keine Klick-BERA durchgefürhrt? Wenn doch, wie sehen die Ergebnisse aus?

Bei welchen Frequenzen wurde bei der frequenzspezifischen BERA gemessen?

Dann noch hierzu:
Wobei wir uns gefragt haben, warum er sie nicht lauter stellt, wenn unsere Tochter doch keine Reaktionen zeigt.
Ein Grund ist, dass man bei Kindern in diesem Alter nicht sicher sein kann, wie zutreffend die Messergebnisse sind. Deshalb ist Vorsicht geboten und der Pädakustiker muss auf Grund der Reaktionen des Kindes beurteilen, ob die Pegel nicht zu hoch sind (dann erfolgen Abwehrreaktionen). Abgesehen davon ist natürlich Vorsicht geboten, da die (auf Grund der BERA-Ergebnisse "erforderlichen") Schalldruckpegel das Gehör schädigen können - daher sollte man im Idealfalle nur so viel verstärken, wie wirklich notwendig ist.

Was ist denn Dein Eindruck? Hört Dein Kind gewisse Geräusche?

Gruss fast-foot
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fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#8

Beitrag von fast-foot »

Noch als Ergänzung:

Natürlich sollte ein Hörgerät auch nicht so eingestellt sein, dass sich durch zu hohe Schalldruckpegel Unbehaglichkeit einstellt. Eine solche bei Kleinkindern fest zu stellen, ist nicht ganz einfach. Deshalb sollte man insbesondere zu Beginn vorsichtig sein.

Ich möchte noch auf folgende Seite verweisen (hier findest Du viele Informationen):

http://www.kestner.de/n/elternhilfe/elt ... ehrung.htm

Gruss fast-foot
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Gabriele
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#9

Beitrag von Gabriele »

Liebe Mariposa

Vielleicht magst du dich mal per Mail austauschen, ich komme aus der Nähe Heilbronn´s

LG
Gabi
Zuletzt geändert von Gabriele am 25. Sep 2017, 23:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Mariposa
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#10

Beitrag von Mariposa »

Vielen lieben Dank für all eure Antworten!
Es ist wirklich unglaublich toll wieviel Zeit ihr euch nehmt um mir zu antworten!!!

Gerne komme ich auch auf die Angebote der PNs zurück :-)

Die Untersuchungsergebnisse werde ich einfordern. Ich dachte es gibt quasi keine Diagramme, weil ja bis 100dB nichts gemessen wurde und laut der Ärztin nicht weiter als 100dB gemessen werden kann.
Kann es dann trotzdem Diagramme geben?

Ob ich den Eindruck habe, dass meine Tochter gewisse Geräusche hört, kann ich im Moment garnicht sagen. Ich war bis vor der Diagnose davon überzeugt, dass sie einiges hört. Das Ergebnis hat mich nun total verunsichert und ich stelle somit natürlich alle Beobachtungen in Frage bzw. hinterfrage ob ich mir das vielleicht auch nur eingebildet habe.
Aber es hat ja sogar der Oberarzt gemeint eine Reaktion bei der Lärmtrommel gesehen zu haben...

Mit den Hörgeräten jetzt kann ich bislang leider noch keine Veränderung feststellen.
fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#11

Beitrag von fast-foot »

Hallo Mariposa,
Die Untersuchungsergebnisse werde ich einfordern. Ich dachte es gibt quasi keine Diagramme, weil ja bis 100dB nichts gemessen wurde und laut der Ärztin nicht weiter als 100dB gemessen werden kann.
Kann es dann trotzdem Diagramme geben?
Ja. Bei einer NN-BERA sind die Kurven in der Regel "sehr bewegt". Das macht es schwieriger, gewisse Ausschläge zu erkennen (von blossem Auge).
Und die Ergebnisse der Tympanometrie waren ja unauffällig - also sollte man dort eigentlich sehr gut "die Gipfel" erkennen können.

Gruss fast-foot
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Anosk
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#12

Beitrag von Anosk »

Hallo!
Das ist natürlich eine Diagnose die einem erstmal den Boden unter den Füssen wegholt...mir ging es bei meinen beiden Kindern ähnlich. Aber man lernt relativ schnell damit gut(!) zu leben! Und dein Kind sowieso!

Es sind ja schon einige Tipps gegeben worden, ich will nur nochmal kurz zu der Gebärdensprache kommen.

Dieses Thema hat mich vor einiger zeit selber beschäftigt und ich habe diese Frage hier im Forum gestellt. Mich hatten einige Kommentare sehr erschreckt die thematisch in die Richtung gingen dass es OHNE Gebärdenspräche garnicht ginge. Deswegen freut mich heute zu lesen dass der Ton hier etwas gemässigter geworden ist, ich zitiere beipielsweise mal eben den Text von fast-food
fast-foot hat geschrieben:
Mariposa hat geschrieben:Ich habe mir ein Buch zu den Babyzeichen gekauft, bin mir aber unsicher, ob das der richtige Weg ist. Sollen wir lieber gleich mit DGS anfangen?
Oder können wir jetzt mit den Babyzeichen anfangen und später DGS lernen?
Ich denke, dass ab einem späteren Zeitpunkt, sollte es danach aussehen, dass eine Hörgeräteversorgung nicht ausreicht, um den Erwerb der Lautsprache zu ermöglichen, das Erlernen der DGS empfehlenswert wäre - dies wirkt sich auch positiv auf das Erlernen der Lautsprache mit Hifle von CI(s) aus - insbesondere kann man länger zuwarten mit dem Fällen einer Entscheidung, ohne die (Laut-) Sprachentwicklung entscheidend zu beeinträchtigen.

Gruss fast-foot
Ich weiss dass es auch Kinder gibt die ohne Gebärdensprache gut in die Lautsprache gekommen sind aber ich kann nun aus eigener Erfahrung sagen dass es den Kindern wirklich leichter fällt mit dem Sprechen wenn man die Gebärden zumindest unterstützend benutzt. Wir haben seid kurzem einen Heimgebärdensprachkurs für die Kids (und auch mich) vom Amt genehmigt bekommen. Es hat zwar ein halbes Jahr gedauert aber nun geht es richtig los und vor allem sind die Kinder mit Freude dabei, es macht riesig Spaß zu sehen welche Fortschritte sie in beiden "Sprachen" dadurch machen. Oskar hat z.B. grade in Wort und Gebärde die Farben gelernt(er sagt zwar noch grrr oder blll oder oot aber das ist ja erstmal zweitranging).

Ansonsten biete ich auch gerne einen Austausch mit mir aus, ich stehe zwar auch erst am Anfang der Hörlaufbahn meiner beiden Kinder aber ich habe auch schon einiges erlebt :o)

Liebe Grüße!
Liebe Grüße Anne mit
Oskar geb. 7/14 beids. implantiert 4/16 mit AB
und
Emma geb. 10/15 beids. implantiert 10/16 mit AB
fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#13

Beitrag von fast-foot »

Hallo Anosk,

noch kurz zu folgender Aussage:
Anosk hat geschrieben:Mich hatten einige Kommentare sehr erschreckt die thematisch in die Richtung gingen dass es OHNE Gebärdenspräche garnicht ginge.
Ich weiss nicht, ob ich jetzt die betreffende Aussage gemacht haben soll (und wenn nicht, so nutze ich diese Gelegenheit, um meine aktuelle Sichweise wieder zu geben). Ich erinnere mich jedenfalls, (sinngemäss) geschrieben zu haben, dass die technischen Errungenschaften wie Hörgerät und CI alleine nicht ausreichten, um einem Kind in jedem Falle* einen ausreichenden Sprachwerwerb zu ermöglichen. Deshalb brauche es die Gebärdensprache nach wie vor (in dem Sinne "geht es wirklich nicht ohne").
Für mich ist es eher erschreckend, wie gewisse Aerzte an implantierenden Kliniken behaupten (ist jedenfalls noch nicht so lange her und wird sich vermutlich auch nicht geändert haben, wobei ich hier die Aussage von Eltern wieder gebe), dass man die DGS nicht (mehr) gebrauchen würde, es gäbe jetzt ja CIs.
Deshalb nochmals: Trotz CIs kann längst nicht immer die Lautsprache "in ausreichendem Masse" erworben werden, selbst "wenn nicht zu spät implantiert wird und die Voruntersuchung noch so positive Ergebnisse liefert" (im anderen Falle erst recht nicht). Das möchte ich hier nochmals klar betonen. Kommt hinzu, dass Lehrpersonen nicht immer richtig einschätzen (können oder wollen?), dass man trotz CI(s) stark hörbehindert sein kann etc. etc.

*) wenn ich das nicht so geschrieben habe ("in jedem Falle"), so habe ich es so gemeint (da bin ich mir ziemlich sicher)

Gruss fast-foot
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Gabriele
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#14

Beitrag von Gabriele »

in meiner über 21 jährigen Erfahrung als Hörgeräte (und später als CI ) Mutter, ist mir noch nie von einem Arzt, Lehrer, Pfleger oder Schwester in einem Krankenhaus, Hörtest oder Frühforderung gesagt werden, das man die DGS nicht mehr brauchen würde,wenn man implantiert worden ist und ich habe über die Klinik in Heidelberg ( Neuenheimer Feld), über Prf. Uttenweiler in HD und später dann Freiburg ( Prf. Löhle) so einiges an Ärzten und Kliniken durch.

Im Gegenteil wir wurden motiviert alles zu probieren.
Wir haben unseren Focus auf die Lautsprache gesetzt, die DGS lernten sie in der Schule , somit wuchsen sie zweisprachig auf, bewegten und bewegen sich in der Welt der hörenden und der Gehörlosen, suchten und fanden ihren eigenen Weg , beide Kulturen ( und auch viele andere) werden geschätzt und respektiert.
Theresa 27, beids. CI ´08 u.´10 (N5)
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ChristianeS
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#15

Beitrag von ChristianeS »

Erst mal will ich dich unbekannterweise ganz fest drücken....
Wir haben vor knapp einem halben Jahr exakt die gleiche Diagnose erhalten und obwohl ich selber schwerhörig bin (aber nur mittelgradig), hat mir die Diagnose mächtig zugesetzt. Sofort mit dem Thema CI konfrontiert zu werden zieht einem echt im ersten Moment den Boden unter den Füßen weg.
Unsere Tochter trägt nun seit dem 8. Lebensmonat Hörgeräte, die wir auch recht schnell auf ziemlich hohe Verstärkung eingestellt haben... In diesem Alter merkt man schon, ob den Babys etwas unangenehm ist oder nicht.
Sie macht inzwischen so gute Fortschritte, dass das Thema CI vorerst vom Tisch ist. Sie reagiert auf sehr leise Geräusche und blickt meistens sogar in die richtige Richtung, fängt an ihre ersten Worte zu sprechen und versteht einiges, was wir sagen.
Ich könnte dir noch ganz viel erzählen, wollte dir aber erstmal nur schnell Mut zusprechen.
Auch mich darfst du gerne per PN anschreiben.
Alles liebe für euch, Christiane
Zuletzt geändert von ChristianeS am 29. Sep 2017, 10:48, insgesamt 1-mal geändert.
SamisMama
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#16

Beitrag von SamisMama »

Hallo Mariposa,

mein Sohn (jetzt 2 Monate alt) hat gestern auch die Diagnose "an Taubheit grenzend schwerhörig" erhalten. Wir stehen also auch ganz am Anfang einer langen Reise, mit tausend Fragezeichen im Kopf, Ängsten und Sorgen...

Vielleicht können wir uns ja auch austauschen. Wir scheinen ja den gleichen Weg gehen zu müssen...

Viele liebe Grüße
SamisMama
Momo
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#17

Beitrag von Momo »

Liebe Mariposa,

ich habe jetzt nicht alles gelesen, aber dennoch ein paar Anmerkungen von mir:

Wichtig ist, wie du ja bereits erkannt hast, mit deinem Kind eine Kommunikation aufzubauen.
Ich finde die Idee mit Gebärden anzufangen super. Du kannst auch erst einmal ganz einfach mit Babyzeichen anfangen. Vielleicht gibt es in eurer Nähe sogar einen Kurs über Zwergensprache oder BabySignal. So kannst du erst einmal unbürokratische einen Einsteig ins Thema und ein paar erste unterstützende Gebärden bekommen.
Die Gebärden sind in der Regel auch denen der Deutschen Gebärdensprache (DGS) entnommen. Also ist ein Umstieg auf DGS auch später noch möglich, solltet ihr das wünschen.
Ihr habt auch die Möglichkeit einen Hausgebärdensprachkurs für euch (Jugendamt) und euer Kind (Sozialamt/ Eingliederungshilfe) zu beantragen. Außerdem besteht die Möglichkeit sich Tommys Gebärdenwelt verordnen zu lassen.
Weitere Infos dazu hier: http://www.kestner.de/n/verlag/produkte ... -tommy.htm

Weder sind Behauptungen es geht nicht ohne Gebärdensprache, noch solche man braucht keine, wirklich seriös. Keiner kennt euer Kind , euch oder euer Umfeld so gut wie ihr.

Es ist immer eine individuelle Entscheidung, was man möchte, was das Kind braucht usw. Von daher halte ich nichts von pauschalen Aussagen – weder in die eine noch in die andere Richtung!

Viel wichtiger ist es sich zu informieren und dann auch auf sein Bauchgefühl zu hören.
Und wenn deins dir sagt, du möchtest Gebärden (in welcher Form auch immer ) anbieten, ist das völlig gut und richtig so- egal, ob die HGs Erfolg bringen oder ob man sich für ein CI entscheidet.

Weitere Infos gibt es auch hier: https://gehoerlosekinder.de/

Liebe Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Gabriele
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#18

Beitrag von Gabriele »

Ich muss mal was fragen ( und die Frage ist wirklich ernst gemeint)
Hat jedes Kind, welches die Diagnose hörgeschädigt oder/und an Taubheit grenzend bekommt, einen Anspruch auf einen Hausgebärdensprachkurs?
Auch wenn es noch gar nicht sicher ist, dass der kleine Patient nie in die Lautsprache kommt?

LG
Gabi
Theresa 27, beids. CI ´08 u.´10 (N5)
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Momo
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#19

Beitrag von Momo »

Liebe Gabi,
die Frage kann ich so nicht beantworten, weil es dazu kein Gesetz gibt indem steht, dass es so ist, ABER…
…. behinderte Kinder oder solche, die von Behinderung bedroht sind, haben einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe, um ihnen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu sichern.
Das heißt für mich, dass ich einen entsprechenden Antrag stellen und begründen kann und dann auch diese Leistungen für mein Kind bekommen sollte, wenn klar ist, dass es dem o.g. Ziel dient.

Ob ein Kind in die Lautsprache kommt, mit oder ohne CI, kann ja nun wirklich keiner vorhersagen. Und auch wenn es sprechen lernt, kann keiner sicher sagen wie gut.
Es stellt sich dann also die Frage, wie lange man denn warten will und nur „auf das eine Pferd setzen“ will.

Das Problem ist ja leider oft, dass lange lange in und mit Lautsprache gefördert wird und der Zeitpunkt, mindestens ergänzend, Gebärden(sprache) einzusetzen, eher sehr spät ist. Leider habe ich eben auch immer wieder Kinder in der Beratung, die schon 5 sind und deren Eltern man immer wieder sagt welche tollen Fortschritte das Kind macht usw. Und dann fallen sie aus allen Wolken, wenn man sie bittet mal ganz konkret nachzufragen, wie ihr Kind eingestuft wird. Da sind dann Kinder, die eingeschult werden und den Sprachstand eines dreijährigen Kindes haben. Dass das Probleme geben wird in der Schule, dürfte uns allen klar sein.
Und diese Kinder lernen dann ja auch nicht von heute auf morgen so gut zu gebärden, dass sie voll gebärdensprachlich auf normalem Niveau unterrichtet werden könnten (würde dann ja auch voraussetzen, dass es Lehrer gibt, die gut genug gebärden können).
Folge: diese Kinder werden unter ihrem eigentlichen geistigen Niveau unterrichtet, weil es ihnen an kommunikativen Möglichkeiten fehlt. Meist wird dann behauptet es läge eine Lernbehinderung oder gar geistige Behinderung vor.

Andererseits gibt es aber natürlich auch Kinder, die gut in die Lautsprache kommen und das alles auch ohne Gebärdensprache meistern.
Und dann auch die, die gut in die Lautsprache kommen und parallel dazu auch sehr gut gebärden können.
Die beiden letzten Gruppen werden eher weniger Probleme haben in der Schule, wobei die letzte Gruppe vielleicht durch die Zusatzkompetenz gebärden zu können sogar noch mehr Vorteile hat, da sie z.B. bei Bedarf auch mittels Dolmetschern verstehen könnten, wenn die Akustik schlecht ist, Technik ausfällt usw.

Also würde ich gemäß dieser Argumentation mal behaupten, dass CI Kinder und auch Kinder, die hochgradig sh sind sehr wohl einen Anspruch haben sollten auf einen Hausgebärdensprachkurs, um unabhängig vom Erfolg der Lautsprachentwicklung zu sichern, dass ihnen ein vollwertiges Sprachsystem zur Verfügung steht, um ihnen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aber auch an schulischer Bildung zu sichern.

Ob Eltern das dann beantragen wollen, ist eben deren Sache und muss dann immer auch individuell abgewogen werden. Letztlich kann keiner von außen beurteilen, wie die Ressourcen einer Familie aussehen, was sie leisten können und auch was das Kind wirklich braucht und womit sich das Kind und die Familie wohlfühlt. Man muss selber für sich abwägen, ob man sich auf Lautsprache und Hören verlassen will oder zusätzlich unterstützend Gebärden einsetzten möchte oder einen bilingualen Ansatz verfolgen will.

Meine Erfahrung ist, dass Kinder, die sehr gut zurecht kommen mit dem CI irgendwann deutlich weniger Gebärden einfordern oder selber gebärden, aber sie haben eben die Möglichkeit darauf zurückzugreifen, wenn die Situation es erfordert. Aber die Kinder, bei denen das CI nicht den gewünschten Erfolg bringt haben eine gesicherte Kommunikation und ein Sprachsystem, welches ihnen auch Bildung ermöglicht.

Kompliziertes Thema und ich finde auch nicht einfach so pauschal zu beantworten. Dennoch bin ich persönlich der Meinung, dass es nicht sein kann, dass einem gehörlosen Kind, mit oder ohne CI, und auch einem hochgradig sh Kind das Recht auf Gebärdensprache verweigert werden darf, während die technische Versorgung und die hörgerichtete und lautsprachliche Förderung nie in Zweifel gezogen wird.
Noch schlimmer finde ich es, wenn Ämter auch dann noch ein solches Angebot verweigern, wenn ernsthafte Zweifel an einer erfolgreichen lautsprachlichen Entwicklung bestehen und fordern, dass noch weiter gewartet wird und damit in Kauf nehmen, dass das Kind weitere Nachteile und Entwicklungsverzögerungen in Kauf nehmen muss. Das Problem ist (wie ja vorher schon geschrieben), dass es über den richtigen Zeitpunkt, ab dem spätestens neben Lautsprache Gebärdensprache angeboten werden sollte, keine Einigkeit gibt und die Leidtragenden die Kinder sind.

Um dann bei deiner Frage zu bleiben: viele Ämter verweigern den HGK, auch dann, wenn ein erfolgreicher Lautspracherwerb eindeutig angezweifelt werden kann.
Andererseits haben einige Gerichte den Anspruch bereits anerkannt
und es gibt auch Ämter, die da großzügiger sind und eher im Interesse des Kindes handeln. So sind mir auch Kinder bekannt, die mit einer „nur“ mittelgradigen H einen HGK bekommen, um eben dem Kind Förderung auf allen Ebenen zukommen zu lassen mit dem Ziel dem kind alle Chancen zu eröffnen.

Viel schöner (und vielleicht auch kostengünsitger??) wäre es natürlich, wenn die Fördereinrichtungen selber entsprechende Angebote vorhalten würden, so dass es mehr bilinguale Angebote von Frühförderung, über Kindergarten bis zur Schule und Ausbildung geben würde und auch für die Eltern frei zugängliche Angebote, um Gebärdensprache zu lernen. Dazu hat sich Deutschland ja mit Ratifizierung der UN-Konvention eigentlich auch verpflichtet, aber das klappt leider in vielen Teilen des Landes nicht.

Liebe Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
fast-foot
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#20

Beitrag von fast-foot »

Zur Klarstellung:
Momo hat geschrieben:Weder sind Behauptungen es geht nicht ohne Gebärdensprache, noch solche man braucht keine, wirklich seriös.
Ich habe weder die eine, noch die andere Aussage (so, wie sie wohl zu verstehen ist) gemacht, jedenfalls nicht in diesem Thread (und auch sonst wohl kaum).
Momo hat geschrieben:Es ist immer eine individuelle Entscheidung, was man möchte, was das Kind braucht usw. Von daher halte ich nichts von pauschalen Aussagen – weder in die eine noch in die andere Richtung!
In dieser Bemerkung finde ich gleich zwei pauschale Aussagen...

Das finde ich jedoch "nicht weter dramatisch", denn:

meine Meinung ist, dass die Fähigkeit zur Generalisierung es ermöglicht, "Denkprozesse effizient zu gestalten" in dem Sinne, dass "bspw. sehr rasch eine Entscheidung (Klassifizierung, was auch immer) mit hoher Trefferquote" getroffen (bzw. vorgenommen etc.) werden kann - in einem "weiteren" Schritt kann man dann zur Differenzierung - sofern notwendig und die Zeit reicht - "eine Ausnahmebehandlung durchführen" etc. etc.

Gruss fast-foot
Zuletzt geändert von fast-foot am 1. Okt 2017, 09:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Momo
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#21

Beitrag von Momo »

Hallo Fast-Foot,

nirgends habe ich geschrieben, dass DU irgendwas geschrieben oder behauptet hast.
Von daher kann ich deinem letzten Beitrag auch nicht wirklich folgen.

Was genau willst du damit sagen?

Alles was ich sagen wollte ist, dass es eben nicht nur schwarz oder weiß gibt, sondern auch viele Zwischentöne.

Und auch, dass ich manchmal echt auch angenervt bin von den ewigen Streitereien, ob nun CI oder nicht, ob Gebärdensprache oder nicht, Regelschule oder nicht usw. usw.
Ich finde einen Austausch dazu wirklich gut, aber manchmal schießt der ein oder andere dann auch mal über das Ziel hinaus.

Letztlich ist es doch so, dass wir uns gegenseitig und auch unsere Kinder gar nicht kennen. Wir haben nur die Infos, die wir den jeweiligen Beiträgen der Betroffenen entnehmen können- diese sind aber nicht immer vollständig noch sind sie immer objektiv. Das erwarte ich auch nicht. Aber unvollständige Infos haben dann auch zur Folge, dass man zwar Hinweise geben kann oder Denkanstöße, aber letztlich nicht wirklich beurteilen kann, was nun wirklich Sache ist.
Und ich finde es schon auch ein Unding, wenn Eltern unter Druck gesetzt werden das ein oder das andere zu tun und ihnen suggeriert wird, wenn sei das nicht machen, dann schaden sie ihrem Kind.
Und das passiert mittlerweile wirklich von allen Seiten:
Eltern wird gesagt ohne Gebärdensprache hat ihr Kind keine Chance, andere wiederum behaupten ohne CI hat das Kind keine Chance. Wieder andere behaupten die Regelschule/ Regelkita sei das einzig Wahre, während der nächste behauptet es sei grob fahrlässig das Kind nicht auf eine Hörgeschädigtenschule zu schicken usw.

Ich finde es gut, wenn hier von eigenen Erfahrungen berichtet wird- das kann ja auch sehr hilfreich sein, neue Ideen bringen oder Denkanstöße, ABER…
… man darf auch nicht vergessen jedes Kind ist anders, hat andere Bedürfnisse, bringt andere Stärken aber auch Schwächen mit, jede Familie hat andere Ressourcen, ein anderes (soziales) Umfeld, die Rahmenbedingungen unterscheiden sich sowohl von Bundesland zu Bundesland als auch von Stadt zu Stadt oder gar von Schule zu Schule in der gleichen Stadt. Und selbst innerhalb einer Schule kann es große Unterschiede geben, denn letztlich hängt vieles doch auch vom Lehrer ab.

Und letztendlich sind es eben immer die Eltern, die für ihr Kind entscheiden dürfen und da ist meine Erwartung, dass diese Entscheidung dann auch respektiert wird!

In diesem Sinne schöne Sonntagsgrüße
Zuletzt geändert von Momo am 1. Okt 2017, 13:58, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#22

Beitrag von Gabriele »

Liebe Momo
Ich danke dir für deine ausführliche und großartige Erklärung/Antwort.
Mit meiner Frage wollte ich mich weder für oder gegen die genannte Förderung/Bezahölung aussprechen, ich wusste es einfach nicht, daher meine Frage.

Wäre es bei uns nötig gewesen, wüsste ich es sicherlich besser.

Desweiteren , ich nehme Mitglieder die in keinster Weise selber betroffen sind, sich ihr Wissen aus Büchern aneignen und noch nie in den Schuhen anwesender gelaufen sind ( Sprich, selber sh zu sein oder eben ein Kind solches zu haben) nicht wirklich ernst.
Ein Akustiker, der sachlich und neutral zu technischen Fragen Stellung nimmt, ist etwas anders.
Hier werden Hörkurven/ärtzl Berichte/Daten so oft und so häufig öffentlich gestellt, da wird mir schwindelig.

Nochmal, vielen Dank für deine Antwort
Gabi
Theresa 27, beids. CI ´08 u.´10 (N5)
Reimplantation re,2011 u. 2012
Lorenz 26, beids. Hg Sophia 23, beids. CI ´09 u.11 (Hybrid L )u.Kolobom
Alle Kinder progredient.
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#23

Beitrag von fast-foot »

Kein Kommentar...
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#24

Beitrag von Momo »

Liebe Gabi,

das habe ich auch genau so verstanden.

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
RemyRiver
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Re: Tochter hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig

#25

Beitrag von RemyRiver »

Babysignal verwendet “vereinfachte” Gebaerden, weil die richtigen Gebaerden fuer die Motorik der Kinder haeufig noch zu kompliziert ist. In der App SpreadTheSign gibt es auch eine Sektion fuer BabySigns, solche Gebaerden werden auch in der “richtigen” Gebaerdensprache verwendet, wir benutzen in der verballen Sprache auch kindgerechte Artikulation (Nuni statt Schnuller, Kaka, pipi, etc.). Gerade als Eltern die erst DGS lernen muessen, macht es Sinn mit BabySignal anzufangen.

Auf lange Sicht wuerde es schon Sinn machen, dass ihr euch mit DGS auseinandersetzt, einfach aus dem Grund das nicht fest steht wie die Sprachentwicklung ablaufen wird. Selbst durch verspaetetes/nicht Einsteigen in die auditive Sprache wird deinem Kind so ermoeglicht, bereits einen Wortschatz aufzubauen und die Grundsteine fuer eine gute Sprachentwicklung — egal ob auditiv oder visuell — zu schaffen und so dafuer zu sorgen das es nicht hinter her hinkt.

Ob SH oder nicht, Kinder profitieren von der Gebaerdensprache. Dem entsprechend wuerde ich jedem Elternteil, dass in einer solchen Situation ist die Zweifel abzulegen und es einfach auszuprobieren, verlieren kann man dabei nichts aber der potentielle Gewinn ist hoch. Die ersten Ergebnisse zu sehen ist toll, und das wird einen ganz von selbst ueberzeugen.

Das bedeutet natuerlich nicht das CI und Gebaerdensprache sich ausschliessen, ganz und gar nicht.

>Eltern wird gesagt ohne Gebärdensprache hat ihr Kind keine Chance, andere wiederum behaupten ohne CI hat das Kind keine Chance.

Tatsache ist, das man Kindern durch die Gebaerdensprache ermoeglicht sich auszudruecken und erst Sprachnetzwerke im Gehirnanzulegen. Faengt man mit Gebaerdensprache nicht an, muss man hier warten bis das Kind mit den CI Signalen “was anfangen kann”, daran wie lange so eine erste Einstellung dauern kann (nicht muss), sieht man eben wie viele Monate man da an Zeit “verschenkt”.

Die Aussage das Gebaerdensprache schaden wuerde sind Ueberbleibsel aus dem Audismus. Das wir im normalen Alltag mit (hoerenden) Kindern auch Hausgebaerden nutzen um den Spracherwerb zu verbessern, bei Interkultureller Kommunikation auch immer wieder auf solche zurueck gegriffen wird ist der Beweis das Gebaerden (gerade beim frischen Spracherwerb) notwendig sind. Ob man nun “Hausgebaerden” nutzt oder aber DGS macht da keinen Unterschied.

>Wieder andere behaupten die Regelschule/Regelkita sei das einzig Wahre, während der nächste behauptet es sei grob fahrlässig das Kind nicht auf eine Hörgeschädigtenschule zu schicken usw.

Im Gegensatz zum Thema Gebaerdensprache gibt es hier keine universall Antwort, dass liegt aber leider daran das die Hoergeschaedigtenschulen Inhaltlich oftmals nicht mit der Regelschule mit halten koennen und Deutschland einfach ein beschissenes Schulsystem hat, in das viel zu wenig Geld gesteckt wird. Es gibt Kinder wo es sicherlich als richtige oder falsche Entscheidung gesehen werden kann.

Das kleinere Klassen, entsprechend gestaltete Klassenraeume und fachlich erfahrenes Personal willkommen sind kann keiner abstreiten, das wuenscht sich jedes Elternteil. Das Stigmata, der nachhinkende Inhaltsstoff und lange Fahrtwege eher nicht. Dann gibt es noch die Aspekte die man bei jeder entscheidung “privat vs oeffentlich” hat: mein kind soll mit freunden auf eine schule gehen usw.
Zuletzt geändert von RemyRiver am 6. Okt 2017, 08:38, insgesamt 3-mal geändert.
Hz 125 250 500 750 1000 1500 2000 3000 4000 6000 8000
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