Merkzeichen G und B

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Luistr51
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Merkzeichen G und B

#1

Beitrag von Luistr51 »

Hallo,

ich bin von Geburt an beidseitig taub, mit CIs versorgt und 16 Jahre alt. Die Kreisverwaltung möchte ab sofort die Merkzeichen B und G "altersbedingt" aberkennen. Bei meiner Recherche in diesem Zusammenhang habe ich hier in diesem Forum eine Zusammenfassung der Versorgungsmedizin-Verordnung gefunden, die besagt, dass die Zuerkennung dieser Merkzeichen bis zum Ende der Ausbildung gewährt werden soll.

Ich soll mich innerhalb der nächsten 4 Wochen schriftlich zu dieser Angelegenheit äußern.

Wie kann ich in diesem Fall konkret am besten argumentieren, um die Aberkennung der Merkzeichen zu verhindern?
Auf welche Stellen der Versorgungsmedizin-Verordnung kann ich mich hierzu beziehen?

Vielen Dank vorab!
muggel
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Re: Merkzeichen G und B

#2

Beitrag von muggel »

Hallo,

wesentlich ist, dass du die Voraussetzungen für die Anerkennung der Merkzeichen erfüllst.
Erfüllst du diese?

Grüße,
Miriam
Zuletzt geändert von muggel am 3. Okt 2021, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.
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rhae
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Re: Merkzeichen G und B

#3

Beitrag von rhae »

Hallo Luistr51 :sm(133):

da hast Du (meiner Meinung nach) Pech, denn in den VersMedV steht bei "Teil D: Merkzeichen" unter Abschnitt "f)" folgendes:

Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.

und somit wird das Merkzeichen G mit 16 Jahren weggenommen. Damit ist auch die Voraussetzung für das Merkzeichen B nicht mehr gegeben, so dass dieses ebenfalls aberkannt wird. Nur das Merkzeichen H bleibt bis zum Ende der Ausbildung.

Hier steht noch eine Zusammenfassung dazu: https://www.schwerhoerigenforum.de/down ... usweis.pdf


VG Ralph
muggel
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Re: Merkzeichen G und B

#4

Beitrag von muggel »

Hallo,

also die Berechtigung für das Merkzeichen B ist nicht (alleine) an das Merkzeichen G gekoppelt. In den VersMedV heißt es (Teil D, Punkt 2):
a) Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung der Berechtigung für eine ständige Begleitung erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
b) Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen „G", „Gl" oder „H" vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
Dies bedeutet, dass nachgewiesen werden muss, dass nachgewiesen werden muss, dass man bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmässig auf fremde Hilfe angewiesen ist. Alleine bei einer Hörschädigung ist das nicht gegeben, sondern nur dann, wenn es zusätzliche Einschränkungen gibt (die dann auch nachgewiesen werden müssen!), wie z.B. Orientierungsstörungen usw.
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mirochen
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Re: Merkzeichen G und B

#5

Beitrag von mirochen »

Übrigens... auch wenn man, wie ich, auf fremde Hilfe angewiesen ist/war - aufgrund von "Orientierungsstörung" (starker Schwindel) - und gleichzeitig eine Schwerhörigkeit hat, heißt das keineswegs, dass man überhaupt ein Merkzeichen bekommt.

Ich habe nämlich keines bekommen. Ok, es ist immer noch im Widerspruch (das zieht sich auch gerne mal, weil die Ämter keine echte Handhabe gegen Ärzte haben und wenn die keinen Bock haben, sich zurückzumelden, bleibt es halt so lange liegen - love it, sonst werden überall Daumenschrauben angelegt, aber da, wo es wirklich mal nützlich für den Bürger wäre, nicht... die armen, überarbeiteten Ärzte...).

Wollte ich nur mal ergänzt haben, nicht, dass jemand denkt, das wäre alles irgendwie mathematisch angelegt. Nix da, jeder Fall ist individuell und läuft individuell falsch ähm anders.
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Dani!
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Re: Merkzeichen G und B

#6

Beitrag von Dani! »

mirochen hat geschrieben: 5. Okt 2021, 10:00 ... ist/war ...
Ist die Beeinträchtigung nun von Dauer oder nur vorübergehend (gewesen) oder gar nur Zeitweise? Das ist ein entscheidender Unterschied.
mirochen hat geschrieben: 5. Okt 2021, 10:00 ... jeder Fall ist individuell und läuft individuell falsch ähm anders.
Na das hoffe ich doch schwer. Sonst hätte jeder dieselben Merkzeichen. Nämlich keins.

Ich kenne jetzt deinen persönlichen Fall nicht und möchte das auch nicht bewerten. Ich weiß aber beispielsweise aus meinem Verein, dass sehr viele ihre eigene Einschränkung schwerer einschätzen als sie wirklich ist. Vielleicht ist das der Grund für die meist schleppende Bearbeitung durch die Ämter.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
mirochen
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Re: Merkzeichen G und B

#7

Beitrag von mirochen »

Zum Zeitpunkt des Antrags und des Widerspruchs bestanden beide Beeinträchtigungen bereits zwei Jahre - sauber dokumentiert und untermauert mit Diagnosen. Von Morbus Meniere bis Totalausfall des Vestibularisorgans und so weiter liegt alles dokumentiert vor. Meine Schwerhörigkeit selbstverständlich auch.

Es wurde bei Antrag auch zur Kenntnis genommen, aber die Einstufung erfolgte nicht hoch genug und die Merkmale gab es natürlich auch nicht. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich vollständig hilflos, ich konnte keine 50m ohne Hilfe gehen, geschweige denn eine auch nur geringfügig (körperlich) stressige Situation überstehen ohne Anfall (das bedeutet: Hilflos in der Ecke kauern, bis mich jemand rausholt - ist mir mehrfach passiert). So etwas wie "eigenständig in den Bus einsteigen" war vollständig undenkbar (auch nicht machbar, ich wäre zusammengebrochen ohne Führung/Hilfe). Selbstverständlich war das aus den Diagnosen und ärztlichen Gutachten zu ersehen bzw. war plausibel (ich habe das von Experten prüfen lassen...).

Wollte das Thema eigentlich gar nicht auf mich umschwenken, mir ging es nur darum mal eine Stimme zu erheben, die deutlich macht, dass das ganze Verfahren in meinen Augen stark verbesserungswürdig ist, vor allem, weil viel zu viele subjektive Individualentscheidungen getroffen werden dürfen und müssen. Menschen mit denselben Problemen können und werden unterschiedlich eingeordnet und erhalten unterschiedliche Merkmale. Musst du mir nicht glauben, natürlich, aber ich habe da auch tatsächlich persönliche Erfahrung mit. Mehrfache.

Trotzdem: Immer optimistisch bleiben, man muss sich halt reinknien. Wie immer, wenn es wichtig ist. Ja, auch dann, wenn man eigentlich keine Kraft mehr hat, weil man zu krank ist. Da ist ein gesundes und starkes Umfeld sehr hilfreich...
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