Offen oder Geschlossen?

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cn3boj00
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Offen oder Geschlossen?

#1

Beitrag von cn3boj00 »

Als Laie lese ich immer wieder von offenen oder geschlossenen Systemen und bin etwas irritiert. Offen meint ja wohl, dass der Gehörgang mit der "Außenluft" verbunden ist, geschlossen, dass er gegen die "Außenluft" abgedichtet ist. Aber eigentlich gibt es doch nur ein mehr oder weniger? Zumindest, wenn man ein Gerät mit externem Hörer im Gehörgang hat. Gibt es hier auch offen und geschlossen, und wo ist die Grenze? Eine Otoplastik ohne irgendeine Bohrung ist ja wohl geschlossen, aber gibt es so was noch? Oder haben die immer eine Belüftungsbohrung? Und ein Schirmchen, welches keine Löcher hat, vielleicht sogar zwei Dichtlippen, ist das auch geschlossen?
Ich frage deshalb, weil im Moment das Resound mit M&RIE mein Favorit ist, das aber zu Rückkopplungen neigt. Angeblich sollen die mit einer Otoplatik verschwinden. Was ist, wenn diese eine Bohrung hat? Aktuell habe ich nun einen Power Dome, und der funktioniert besser als erwartet. Das betrifft eines der Ohren, wo eine hohe Verstärkung notwendig ist. Das andere Ohr braucht deutlich weniger, Rückkopplungen habe ich da noch nicht bemerkt. Ist es sinnvoll, beide Ohren unterschiedlich zu "bestücken"? Sollte man eher zu mehr Offenheit gehen, wenn es technisch machbar ist, was also offene Schirmchen bedeutet?
Haben überhaupt Domes vs Otoplastik etwas mit offen vs geschlossen zu tun?
Leider bin ich beim Lesen bisher nicht so recht schlau geworden. Je nachdem um was es geht heißt es mal lieber offen statt geschlossen, oder umgekehrt, mal sind Domes gut, mal die Otoplastik.
Viele Grüße Jochen
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Akustik Alex
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Re: Offen oder Geschlossen?

#2

Beitrag von Akustik Alex »

Hallo Jochen,

ja, es gibt noch ganz geschlossene Otoplastiken, bei "an-Taubheit-grenzenden" Hörverlusten. Ist heute auch selten, aber bei einer einfacheren Rückkopplungsunterdrückung und hohem Ausgangsschalldruck, lässt sich das manchmal nicht vermeiden. Hier sind die Ohrstücke in Ringform und auch aus Silikon, also wirklich wie ein Stopfen. Ansonsten gibt es eigentlich keine Ohranbindungen, die hermetisch abdichten. Auch die Powerdomes sind nicht hermetisch dicht. Zumindest nicht dauerhaft, da sich der Gehörgang beim Sprechen und Kauen verformt und so wieder irgendwo Luft ein- und ausströmen kann. Von einer offenen Versorgungs spricht man eigentlich ab einer Bohrung von mehr als 0,8mm. Alles darunter dient der Belüftung, hat akustisch aber keine Wirkung mehr (Impedanz zu hoch). Bei den Domes gibt es auch geschlossene und offene. Lamellen mit Löchern sind demnach den offenen zuzuordnen. Tulpen-Domes sind allerdings bpsw. ein Mischmasch, wodurch die Grenzen hier etwas verschwimmen.
Wie in dem anderen Strang schon gesagt, ist die Einmessung am Ohr allerdings bzgl. Rückkopplungen wichtig. Daran erkennt man auch, ob es zu offen ist und kann die passende Anbindung wählen.

Hier noch mehr zum Thema:

https://infohrmationen.blogspot.com/202 ... ossen.html

Besten Gruß,
Alex
Dani!
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Re: Offen oder Geschlossen?

#3

Beitrag von Dani! »

Wie Akustik Alex schon sagt: bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit nicht unüblich. Aber auch wenn man gestreamte Musik wirklich genießen möchte. Das klingt mit hermetisch dichten weichen Silikonotoplastiken bomBASStisch. So waren das meine letzten Ohrpassstücke. Ist für die meisten aber unerträglich im Alltag.
Dominik
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Vorsicht bissig.
cn3boj00
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Re: Offen oder Geschlossen?

#4

Beitrag von cn3boj00 »

Hallo Alex, danke sehr, hatte deinen Blogbeitrag gelesen und es blieben noch Fragen. Vielleicht gehst du in deinem Blog noch etwas genauer darauf ein, was eigentlich offen oder geschlossen bedeutet. Also meine Akustikerin hat einen Rückkopplungstest gemacht, aber offenbar ist bei Domes dann doch das Problem dass die verrutschen können und dann meint man es geht nicht. Deshalb hatte ich dann eine Universal-Otoplastik (mit kleiner Bohrung), aber die ist noch mehr im Ohr rumgerutscht, bei jedem Kopfwackeln, und es hat mal kurz funktioniert und dann waren Rückkopplungen wieder da, mal permanent (auch bei Stille) und mal abhängig von Geräuschen (eher eine Resonanz). Jetzt die Powerdomes haben eine andere Größe und sitzen gut und es funktioniert. Und das Einmessen macht sie mit Hörgerät, die Einstellung nur nach der Audiometrie hat für beide Ohren total unterschiedliche Ergebnisse gehabt.
Sollte ich mich für ein Gerät entscheiden weiß ich aber immer noch nicht, was ich mir dann ins Ohr stecke...
Viele Grüße
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Blümle
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Re: Offen oder Geschlossen?

#5

Beitrag von Blümle »

Wenn Du magst, kannst Du Dir das hier moch anschauen.
Fand ich sehr aufschlussreich:
https://www.euha.tv/landestagungen-2020/. -> Okklusionsfrei und geschlossen – geht (fast) immer!
https://www.euha.tv/digitaler-euha-kongress-2020/. -> „Smarte Otoplastiken für smarte Hörsysteme“

Auch das hier fand ich erhellend -> https://placing-you.de/blog/post/okklus ... uthor=Mike

zu #3 - Silikon war mein letzter Versuch voll Hoffnung - Es fühlt sich unbeschreiblich toll an. Dass es dennoch nicht klappte lag an den Drähten/Kabeln, die bei mir nicht passen, weil man bei mir tief in den Gehörgang muss. Das wäre sonst mein Traum gewesen.
Ich finde es sehr einleuchtend, dass hochwertige Geräte ausgenutzt werden sollten, und das geht umso besser, je dichter sie im Ohr sind.

Theoretisch kann ich es nicht nachvollziehen, dass so viel auf Schirmchen und Domes gesetzt wird.
Praktisch kann ich es nur so nachvollziehen, dass richtig gute, passende Otoplastiken wohl ziemlich schwierig machbar sind und das einfach nicht alle wirklich gut können. Leider!

Und nicht passende, drückende Otoplastiken, die das Ohr verstopfen, scheuern oder so sind einfach nur ne Quälerei. ….
Johannes B.
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Re: Offen oder Geschlossen?

#6

Beitrag von Johannes B. »

nun ja,
bei der Frage ob offen oder geschlossen, ob individuelle Otoplastik oder passende Schirmchen oder Domes geeigneter sind, geht es letztlich um die Priorität:
entweder ist das Ziel der Ohranbindung: "so offen wie möglich und nur so geschlossen wie nötig",
oder aber umgekehrt: "so geschlossen wie möglich und nur so offen wie nötig".
Version 1 favorisiert den bestmöglichen Erhalt der Natürlichkeit,
Version 2 favorisiert den bestmöglichen Wirkungsgrad der eingesetzten Technik.
Eigentlich dürfte dieser Sichtweisenunterschied auf einen Nenner zu bringen sein, wenn man davon ausgeht, dass Hörsysteme einen Zugewinn bewirken sollen und die damit verbundenen Einschränkungen so klein wie möglich zu halten sind.
Das bedeutet:
Natürlichkeitsverluste sind so weit wie es nur geht per Technologie zu minimieren.
Einfach Technologiedefizite durch Ohrverstopfung zu übertünchen, dürfte eben nicht das Ziel moderner Hörhilfetechnik sein.
Das ist meiner Meinung nach eben nicht "bestmöglich".

Freundliche Grüße
Johannes B.
"8samkeit ist praktizierte Hörhilfe" :sm(89):
Dani!
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Re: Offen oder Geschlossen?

#7

Beitrag von Dani! »

Nunja. Je höher der Hörverlust desto dichter muss die Anbindung werden. Das andere extrem: Wer normal hört sollte die Gehörgänge komplett frei lassen. Eigentlich ganz einfach.
Dominik
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Vorsicht bissig.
cn3boj00
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Re: Offen oder Geschlossen?

#8

Beitrag von cn3boj00 »

Das leuchtet ein, denn wenn man sowieso nichts mehr "natürlich" hört ist die Diskussion hinfällig. Dann geht es nur noch um Tragekomfort.
Nun habe ich zwei ganz unterschiedliche Ohren, eines, das bis vor kurzem nur natürlich gehört hat und eines das auf Mute stand.
Viele Grüße
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