Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

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franzisco-jose
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Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#1

Beitrag von franzisco-jose »

Werte Forengemeinschaft und geschätzte Experten!

Vor 7 Jahren wurde bei mir eine Hochtonschwerhörigkeit festgestellt. Mittlerweile habe ich mich zur Anschaffung eines Hörgerätes durchgerungen.

Mein Audiogram vom 14.07.2022
0125Hz R-25 L-20
0250Hz R-35 L-20
0500Hz R-35 L-25
0750Hz R-35 L-25
1000Hz R-35 L-35
1500Hz R-50 L-45
2000Hz R-60 L-65
3000Hz R-65 L-70
4000Hz R-70 L-65
6000Hz R-80 L-80
8000Hz R-90 L-95

Seit 10 Wochen probiere ich meine ersten Hörgeräte (Starkey Livio AI 1000 mRIC 312, Hörer-50-5) aus.

Da mir das Klirren von Geschirr, das Rascheln von Papier und die Fahrgeräusche des Verkehrs unangenehm laut vorkamen hat mein Akustiker die Verstärkung im Frequenzbereich oberhalb 4 kHz gegenüber der vom Rechner vorgegebenen “Ideal-Verstärkung“ für alle drei Lautstärkestufen reduziert. In vielen Situationen bin ich mittlerweile mit dem so eingestellten Programm “Normal“ zufrieden.

Da mir aber beim Fernsehen und in Restaurants die Verstärkung der seitlichen und hinteren Geräusche zu hoch war wünschte ich mir ein Programm, bei dem die Verstärkung in Blickrichtung betont wird wie bei einem Richtmikrofon. Als mein Akustiker dies eingerichtet hatte hörte ich ein unakzeptables Rauschen, das sei das Eigenrauschen der Mikrofone, erklärte mein Akustiker. Er hat die Verstärkung der leisen Geräusche im Frequenzbereich bis 500 Hz verringert, das Rauschen wurde geringer, aber es ging nicht ganz weg. Nach meinem Empfinden wurde damit das Phänomen aber nicht die Ursache bekämpft.

Beim Fernsehen stört mich in diesem neuen Programm das Rauschen, im Programm “Normal“ stört mich die überlaut wahrgenommene Stimme meiner Frau.

Ich habe Elektrotechnik studiert und bin mit der digitalen Signalverarbeitung im Bereich der Prozessautomation vertraut. Technisch kann ich mir dieses Phänomen des Rauschens bei Änderung der Richtcharakteristik der Mikrofone von “Rundum“ nach “Vorne“ nicht erklären.

Meine Frage an die Fachleute:
1. Ist es normal, dass beim Umschalten vom “Rundum-“ zum “Vorne-Hören“ die Hörgeräte anfangen zu Rauschen? Ist das bei allen Hörgeräten so?

2. Macht es Sinn, andere zuzahlungsfreie Hörgeräte, z.B. das Bernafon Zerena 1 mRITE zu probieren oder rauscht das auch bei Mikrofonausrichtung “Vorne“?

Da ich mit meinen jetzigen Starkeys hadere wäre ich für eine Antwort dankbar.

Herzliche Grüße,
franzisco-jose
Akustik Alex
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#2

Beitrag von Akustik Alex »

Hey Franzisco,

ich habe das in einem anderen aktuellen Beitrag schon geschrieben, aber auch bei dir wurden die Geräte nur per Knopfdruck vorjustiert. Das ist keine Anpassung. Der Fachbetrieb sollte schon irgendein Messverfahren anwenden um dir die Geräte einzustellen. Empfehlenswert ist da grundsätzlich eine InSitu-Audiometrie und Percentilmessung. Ansonsten wird hier mehr oder minder geraten, speziell dann, wenn diese Vorberechnung eben nicht funktioniert.

Was das Eigenrauschen angeht, so ist das leider korrekt. Alle Hörgeräte haben zwei Mikrofone (Außer IIC und CIC). Im Omni, also "Rundummodus", ist davon nur eins aktiv. Um eine Richtwirkung zu erzeugen sind beide nötig. Somir ist auch das Eigenrauschen doppelt so laut. Wenn man nun in diesem Frequenzbereich noch gut hört (was du 'leider' tust), nimmt man selbiges wahr. Auch hier gibt es aber Unterschiede. Das äquivalente Eigenrauschen eines Gerätes ist im Datenblatt zu ersehen. Ggf. ist da ein anderer Hersteller, oder ein anderer externer Lautsprecher hilfreich.

Besten Gruß,
Alex
franzisco-jose
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#3

Beitrag von franzisco-jose »

Hallo Alex,
vielen Dank für Deine schnelle und informative Antwort!

Ich dachte, es wäre genau umgekehrt, ich dachte, im Rundummodus wären beide Mikrofone aktiv und bei Richtwirkung “Vorne“ wäre nur das vordere Mikrofon aktiv.
Wenn wie Du sagst bei Richtwirkung “Vorne“ beide Mikrofone aktiv sind und die Richtwirkung eventuell durch Subtraktion der Signale erzeugt wird ist es mir verständlich, dass das Rauschen sprunghaft ansteigt, ist das so? Werden die Signale (teilweise) subtrahiert?

Weiß jemand im Forum, welches Gerät für diesen Fall empfehlenswerter ist?

Herzliche Grüße,
franzisco-jose
Yak
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#4

Beitrag von Yak »

Hallo Franciso-Jose

habe ähnliche Erfahrung gemacht, bisher war aber das Starkey Modell (Evolv Ai2400) bei mir mit wenig Rauschen bemerkbar. Habe zur Zeit die Signias 7AX im Probelauf und da ist es massiv bemerkbar.
Soll diese/nächste Woche meine IdO Starkey bekommen, hoffe mal, das es da ähnlich ist, wie die HdO.
125 - 250 - 500 - 1k - 2k - 3k - 4k - 8k
Akustiker:
R: 25 - 30 - 30 - 30 - 40 - 45 - 70 - 80
L: 30 - 30 - 35 - 40 - 60 - 60 - 80 - 90
HNO
R: 25 - 30 - 30 - 30 - 35 - 60 - 60 - 80
L: 25 - 30 - 35 - 40 - 65 - 60 - 75 - 85
Signia Pure 7 IX
Akustik Alex
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#5

Beitrag von Akustik Alex »

franzisco-jose hat geschrieben: 12. Okt 2022, 11:16 Hallo Alex,
vielen Dank für Deine schnelle und informative Antwort!

Ich dachte, es wäre genau umgekehrt, ich dachte, im Rundummodus wären beide Mikrofone aktiv und bei Richtwirkung “Vorne“ wäre nur das vordere Mikrofon aktiv.
Wenn wie Du sagst bei Richtwirkung “Vorne“ beide Mikrofone aktiv sind und die Richtwirkung eventuell durch Subtraktion der Signale erzeugt wird ist es mir verständlich, dass das Rauschen sprunghaft ansteigt, ist das so? Werden die Signale (teilweise) subtrahiert?

Weiß jemand im Forum, welches Gerät für diesen Fall empfehlenswerter ist?

Herzliche Grüße,
franzisco-jose
Hry Franzisco-Jose,

Sehr gern!
Ja, genau so funktioniert es (bei adaptiver Direktionalität). Übrigens auch binaural, um Richtwirkungen seitwärts zu erzeugen. Enstehen tut dabei ein Nieren- bzw. Hypernierencharakteristik und diverse Abwandlungen davon ;)

Konkret empfehlen kann ich dir da aus dem Stehgreif nichts. Die Eigenrauschen sind bei allen relativ ähnlich laut. Die Signalverarbeitung spielt da aber auch eine Rolle, genauso wie alle weiteren elektrischen Bauteile. Unitron oder Hansaton könnten helfen.

Besten Gruß,
Alex
Mukketoaster
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#6

Beitrag von Mukketoaster »

Naja das Eigenrauschen kannst bei Starkey gut umgehen, du musst einfach den Regler Ruhe nach oben schieben, dies verringert das Ganze. Bei 2400 ist das richtig gut und bei den 1000ern bin ich mir nciht sicher ob es das überhaupt gibt.
Bettringer
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#7

Beitrag von Bettringer »

Mukketoaster hat geschrieben: 13. Okt 2022, 09:10 Naja das Eigenrauschen kannst bei Starkey gut umgehen, du musst einfach den Regler Ruhe nach oben schieben, dies verringert das Ganze. Bei 2400 ist das richtig gut und bei den 1000ern bin ich mir nciht sicher ob es das überhaupt gibt.
Hallo Mukketoaster,

welchen Regler "Ruhe" in der Thrive App meinst Du?

VG Bettringer
Hanne
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#8

Beitrag von Hanne »

Hm, kenn auch keinen Regler "Ruhe"?!
-------2022------
R 45 45 50 50 50 60 60 65 65 70 75
L 55 50 50 50 50 55 55 55 55 70 75
---------
NuEar Savant AI ITC 2400 (= Starkey Evolv AI)
Ohrenklempner
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#9

Beitrag von Ohrenklempner »

Der Regler korrespondiert vermutlich mit der Expansionseinstellung in der Anpasssoftware.
Beim 1000er gibt's nur "ein" und "aus", im 2400 hingegen hat man drei oder vier Stufen.
Damit wird geregelt, bis zu welchem Geräuschpegel das Hörgerät gar nicht verstärkt ("dicht macht"). Erst wenn Geräusche überhalb dieses Pegels ankommen, geht das Hörgerät in die Verstärkung.
franzisco-jose
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#10

Beitrag von franzisco-jose »

Werte Forengemeinde,
ich habe verstanden, dass die Hörgeräte bei Verwendung der Richtmikrofoncharakteristik systembedingt mehr rauschen als bei Verwendung eines Mikrofons und danke Euch für die Aufklärung.
Herzliche Grüße aus dem Lippetal,
franzisco-jose
Pfadi_
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#11

Beitrag von Pfadi_ »

Ohrenklempner hat geschrieben: 13. Okt 2022, 09:49 Der Regler korrespondiert vermutlich mit der Expansionseinstellung in der Anpasssoftware.
Beim 1000er gibt's nur "ein" und "aus", im 2400 hingegen hat man drei oder vier Stufen.
Damit wird geregelt, bis zu welchem Geräuschpegel das Hörgerät gar nicht verstärkt ("dicht macht"). Erst wenn Geräusche überhalb dieses Pegels ankommen, geht das Hörgerät in die Verstärkung.
Ich habe mir ein Programm erstellt, was im wesentlichen auf der Einstellung „direktional“ basiert. Verstanden habe ich, dass das Eigenrauschen aus der Aktivität der zwei Mikrofone basiert.
Kann ich etwas in der App verändern, was das Eigenrauschen reduziert (natürlich außer direktional zu beenden)? Oder ist das ein to do für die Akustikerin?

….

Nachtrag: ich glaube ich habe eine Lösung gefunden. Ich habe den Ultra-Regler im Equalizer runter gedreht. Nun interessiert mich, wofür „ultra“ steht.

Herzlichen Dank

Pfadi
Starkey Evolv AI 2400 ITC R
Ohrenklempner
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#12

Beitrag von Ohrenklempner »

"Ultra" ist der Frequenzbereich über 6 kHz, wenn ich mich nicht irre. Etwas unglücklich in der Benennung des Reglers, wo ja Ultraschall erst ab 20 kHz anfängt. ;)
Pfadi_
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#13

Beitrag von Pfadi_ »

Ohrenklempner hat geschrieben: 16. Jan 2023, 07:44 "Ultra" ist der Frequenzbereich über 6 kHz, wenn ich mich nicht irre. Etwas unglücklich in der Benennung des Reglers, wo ja Ultraschall erst ab 20 kHz anfängt. ;)
Dankeschön. Ich bin in dem Hochtonbereich fast normalhörend, bei 8 dB normalhörend. Die Akustikerin hatte mal gesagt, dass ich bei den hohen Frequenzen je nach Hersteller aus dem Anpassbereich rausfalle. Liegt es vermutlich daran?

Grüße

Pfadi
Starkey Evolv AI 2400 ITC R
Ohrenklempner
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Re: Rauschen bei Änderung der Mikrofoncharakteristik

#14

Beitrag von Ohrenklempner »

Ja, sicher. Jemand mit Hörverlust würde dieses Rauschen dann nicht hören.
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