Lärmunterdrückung und aktives Gehirn, bücher

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Fireworker
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Lärmunterdrückung und aktives Gehirn, bücher

#1

Beitrag von Fireworker »

Hallo zusammen,

Zurzeit lese das buch vom Hörgerät zum Hörsystem und mir bleiben ein paar offene Fragen, die im buch nicht weiter ausgeführt werden. Ich freue mich auch über buchempfehlungen rund um das Ohr, Hörgerät.

-Es steht drinnen, dass der gesunde Mensch sich auf einzelne Stimmen konzentrieren kann und dabei den Hintergrundlärm unterdrückt. Das geht über ein aktives Gehirn. Bedeutet ja nicht, dass der schwerhörige es nicht könnte mit einem hg und jahrelange Training? Bräuchte man also wirklich so teure Hörgeräte? Das Ziel bei mir ist nicht der Komfort, sondern so nah wie möglich hören zu können wie ein gesunder Mensch.

-es wurden unterschiedliche richtmikrofone erwähnt. Wie kann man jetzt beim hersteller wissen um welches es sich handelt. In den technischen Datenblätter, die man sich runterladen kann, sind mir zu wenige Infos.
Akustik Alex
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Re: Lärmunterdrückung und aktives Gehirn, bücher

#2

Beitrag von Akustik Alex »

Moin,

da wirst du sicher mehrere Meinung hören, hier ist eine ;) : Ja, der Normalhörende kann selektieren, worauf er sich konzentrieren will und was er ignorieren will. "Unterdrücken" ist da ein etwas falscher Begriff. Aber auch ja, genau das kann der Hörbeeinträchtigte wieder erlernen und ist auch Ziel einer Versorgung. Ich bin der Meinung, dass eine super-duper Lärmunterdrückung nur dann Sinn macht, wenn nicht zu erwarten ist, dass das Gehirn diese Tätigkeit wieder selbst leisten können wird. Bspw. bei starken Hörminderungen und/oder kognitiven Beeinträchtigungen. Das 'neu' zu lernen, ist aber ein Prozess, der durchaus mehrere Monate dauern kann. Die Mikrofoncharakteristiken in Hörsystemen sind eigentlich nahezu immer die gleichen. Omni und Niere. Letztere gibt es in diversen Variationen, wie bspw. die Hyperniere oder Superniere. Durch Kombinationen (also bspw. dem Rausrechnen von Überlappungen o.ä.) können hier Richtwirkungen erzielt werden. Im Omnidirektionalen-Modus arbeitet prinzipiell nur eins der beiden Mikrofone. Da hier nichts von einem anderen Mikrofon rausgerechnet werden kann, ist die Charakteristik hier eben 360°. In den Datenblättern findet man da tatsächlich fast nichts zu. Das liegt an zwei Dingen: 1. Ist es kein Bestandteil der Normforderungen und 2. Nutzt nicht Hersteller X Charakteristik Z, sondern jeder Hersteller nutzt Unmengen an diversen Variationen. Die Charakteristik ändert sich nicht nur situativ, sondern auch pegel- bzw. frequenzabhängig. So kann es durchaus sein, dass ein System zeitgleich über 20 verschiedene Charakteristiken nutzt. Es ist also die Frage unter welchen Prämissen du wissen möchtest, welche Charakteristik daraus folgt. Das kannst du nur in technischen Broschüren nachschlagen. Starkey und Phonak haben dafür eigene Verzeichnisse. Andere vermutlich auch, da hab ich nur noch nicht gestöbert ;)

Besten Gruß,
Alex
Ohrenklempner
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Re: Lärmunterdrückung und aktives Gehirn, bücher

#3

Beitrag von Ohrenklempner »

Hi auch von mir,

das Ziel, mit Hörgeräten "so nah wie möglich hören zu können wie ein gesunder Mensch" war schon mehrfach Diskussion hier im Forum.... Die Rede ist immer von "bestmöglich", wobei das nicht etwa bedeutet "so gut wie mit gesunden Ohren" sondern so gut wie es die geschädigten Ohren noch hergeben. Und es ist bei den meisten Hörgeschädigtinnen und Hörgeschädigten so, dass trotz optimaler Hörgeräteeinstellung und jahrelanger Gewöhnung nicht mehr annähernd der Zustand wie mit einem frischen Satz gesunder Ohren erreicht werden kann. Die Hörgeräte helfen, aber sie können nicht heilen. Das ist der Punkt, wo man mit vielerlei technischen Gimmicks das Gehör unterstützen kann. Wenn Lärm zu sehr stört, Tellerklappern unangenehm ist, der Wind zu sehr prasselt, es gelegentlich mal pfeift und so weiter, gibt's haufenweise Features, die da gut helfen können. Die Frage ist, was man wirklich braucht und was nur "nice to have" ist. Letztlich ist der Umfang dieser Zusatzausstattung auch das, was den Preis ausmacht. Besser hören kann man mit dem billigsten Hörgerät.
KatjaR
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Re: Lärmunterdrückung und aktives Gehirn, bücher

#4

Beitrag von KatjaR »

Der Unterschied zwischen normalem Gehör und Hören mit Hörhilfen ist, dass Hörhilfen eine Einbahnstraße an das Gehirn sind, im Sinne einer Verstärkung der Schallweiterleitung. Ein gesundes Gehör leitet aber nicht nur Schalleindrücke vom Gehör zum Gehirn,sondern bekommt auch Rückmeldung und kann mit Hilfe äußerer und innerer Haarzellen selektiv verstärken und unterdrücken.
Das ermöglicht Hören im Störschall. Was man mit Hörhilfen lernen kann, ist über verstärkte Konzentration, Zuhilfenahme des Mundbildes und innerlichem Ergänzen teilweise trotz Störlärm verstehen lernen. Dies ist allerdings sehr kräfteraubend und kommt trotzdem dem gesunden Gehör nicht gleich, da entscheidende Mechanismen bezüglich der Interaktion von Gehirn und Gehör nicht mehr richtig funktionieren.
Ob und inwieweit manches durch teurere Hörgeräte verbessert werden kann ist individuell und muss erprobt werden.
Buchtip: Allerdings nicht einfach erklärt, dafür ein Schnäppchen im Vergleich zum Ursprungspreis, https://cheaboo.de/Innenohrschwerhoerig ... gIm7PD_BwE

VG Katja
Langjährige CI-Trägerin (AB) Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe.
(Rainer Maria Rilke)
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