Leichte Hochtonschwerhörigkeit seit Geburt - HG?

Für Ratsuchende, Erfahrungsaustausch, Hilfestellungen
Antworten
Streicherin
Beiträge: 1
Registriert: 7. Feb 2024, 19:00

Leichte Hochtonschwerhörigkeit seit Geburt - HG?

#1

Beitrag von Streicherin »

Liebes Forum,

ich möchte gerne eure Einschätzung zu meinen Reintonaudiogrammen hören (siehe Anlage). Die Analysen wurden im Abstand von drei Jahren vor ca. 20 Jahren gemacht, als ich ein Grundschulkind war. Grund für die Untersuchung war, dass ich in der Schule in der letzten Reihe saß und öfters nachfragte, wenn es laut war. Damals diagnostizierte man eine symmetrische leichte Hochtonschwerhörigkeit aufgrund eines perinatalen Schadens (extremes Frühchen mit Hirnblutung). In der Diagnose steht: Da im Mittel- und Tieftonbereich sowie im Hauptsprachenfrequenzbereich normale Schwellenwerte vorliegen, verordnet man kein Hörgerät. Man hat darauf hingewiesen, dass Verständnisschwierigkeiten bei Zischlauten vermutet werden. Außerdem merkte man an, dass das Kind gelegentlich etwas nicht verstehen und deswegen nachfragen werde und dass auf Blickkontakt beim Sprechen zu achten sei. Mehr nicht und damit habe ich gut gelebt. Wenn ich aber jetzt eure Beiträge so lese und mir vor allem das Schauspiel mit der Banane anschaue, werde ich unruhig. Ich schreib mal systematisch meine Gedanken auf.

Ich kenne es ja nicht anders und habe mich dementsprechend an meine Hörfähigkeiten angepasst, d. h. bei Vorträgen sitze ich immer ganz vorne. Wenn Zwischengeräusche sind, ist es in Gesprächen schwierig, wenn ich keinen Blickkontakt habe oder mein Gegenüber sehr leise spricht, aber wie gesagt, ich kenne es nicht anders. Auch Zischlaute höre ich tatsächlich nicht. Ich habe einen leichten Sprachfehler (Sigmatismus Addentalis), der mich persönlich stört, denn ab und zu höre ich doch den Unterschied, auf Aufnahmen z. B. Es ist mir peinlich, aber ich wurde nie dafür gehänselt. Ich war mal bei einer Logopädin, aber da war ich schon mit 17 weit über das Alter, dass man das noch leicht hätte wegbringen können.

Wichtig ist auch, dass ich grundsätzlich sehr geräuschempfindlich bin. Laut tickende Uhren, tropfende Wasserhähne, laute Gespräche in Öffis sind die Hölle für mich, was paradox ist, weil ich ja laut Befund in hohen Frequenzen schlecht höre. Ich hätte Angst, dass sich das mit Hörgeräten noch verschärft. Wenn ich eure Beiträge aber so lese, dämmert es mir, dass mir auch vieles entgeht. Die Vorstellung, dass ich existente Dinge nicht höre, gibt mir ein mulmiges Gefühl im Magen. Z. B. gab es einmal den Vorfall, als ich im Krankenhaus war. Da gibt es einen sehr lauten, sehr schrillen Alarm, wenn das Bett verschoben wurde. Meine Zimmerkollegen haben sich über den lauten Ton beschwert. Ich habe ihn nicht gehört.

Und zuletzt gibt es auch noch ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Ich spiele seit ein paar Jahren ein Streichinstrument. Intonationsmäßig bin ich sicher nicht der Oberhammer, aber ich habe laut Lehrpersonen ein so feines Gehör, dass ich sauber spielen kann und mit Übung wurde ich auch besser im Unterscheiden der Tonhöhe. Das habe ich tatsächlich durch Übung trainieren können. Die Geige ist ja laut genug. Das geht gut. Aber die Vorstellung, dass es da Obertöne gibt, die ich nicht höre, wurmt mich ein bisschen, zumal mir der Klang so unglaublich wichtig ist. Und wenn ich an Hörgeräte denke, bekomme ich eine Riesenangst, wenn das denn bedeuten würde, dass ich dann mit der Geige aufhören muss. Das geht nicht, unmöglich.

Und eine letzte Frage hätte ich noch: Ich bin viel in den Öffis unterwegs. Der Lärm macht mir manchmal zu schaffen, wenn ich müde bin. Mit normalen Ohrstöpseln habe ich das Gefühl, dass vieles sogar noch lauter klingt als ohne. Mit den Airpods habe ich sehr gute Erfahrungen (nicht nur zum Musikhören, sondern auch aufgrund der Lärmunterdrückung). Ich bin fast versucht, sie mir manchmal als Ohrstöpsel ins Ohr zu stecken. Dafür sind sie mir aber zu teuer, wenn sie mir mal rausfallen sollten. Hat jemand von euch einen Tipp für bessere Ohrstöpseln, die wie die Airpods gut Lärm abdichten? Danke!

So, genug fürs erste. Ich bin auf eure Beiträge gespannt.
Streicherin
Dateianhänge
WIN_20240207_18_10_51_Pro.jpg
Treehugger
Beiträge: 829
Registriert: 23. Aug 2017, 08:24
6
Wohnort: Schweiz

Re: Leichte Hochtonschwerhörigkeit seit Geburt - HG?

#2

Beitrag von Treehugger »

Hallo

du kannstur eins machen - Versuchen.
Alles andere ist Theorie.

Ich würde aber schätzen, das du erstmal nicht glücklich wirst, da dein Gehirn die Töne noch nie anders verarbeitet hat.
Es kann also sein, das du sehr lange brauchst, bist du dich an die "neuen" Töne gewöhnen wirst.
Hören ist leider nicht wie Sehen.
Also Brille auf und alles ist scharf, geht mit Hörgeräten nicht.
Versuchen würde ich es dennoch, weil je eher je besser, da das Gehirn noch flexibel ist.

Mit dem Instrument wirst du nie aufhören müssen!

Da braucht es eine Eingewöhnung.
Zudem bist du ja schon etwas Lärmempfindlich, das wird meines Wissens durch Hörgeräte auch nicht besser.

Dafür gibt es Gehörschutz:
https://hoerluchs.com
da z.B. unter Gehörschutz
Die Anpassung kann auch ein Akustiker machen, als Otoplastik geformt fällt dann auch nichts mehr raus.
Hups
Beiträge: 198
Registriert: 28. Sep 2021, 09:42
2

Re: Leichte Hochtonschwerhörigkeit seit Geburt - HG?

#3

Beitrag von Hups »

Hallo Streicherin,

herzlich willkommen. Wir haben ein ähnliches Audiogramm (Deines ist in den Tiefen noch etwas besser, der Hochtonabfall aber an der gleichen Stelle...), deshalb kann ich vielleicht was dazu sagen.

Ohne Hörgerät geht es mir ähnlich wie Dir. Häufiges Nachfragen, Verständnis wird mit Blickkontakt deutlich besser, Nebengeräusche machen Gespräche sinnlos - aber ich kann noch ganz ordentlich ohne Hörgeräte überleben. Das Bimmeln von Waschmaschine und Mikrowelle höre ich nur, wenn ich direkt davor stehe und mich die Maschinen anbrüllen.

Mit Hörgeräten kommt Brillianz zurück. Beim Klavierspielen höre ich die oberen Oktaven deutlich besser (und spiele instinktiv etwas leiser und weicher - was Frau und Kind erfreut). Beim Singen kann ich mich selbst viel besser hören und deshalb viel genauer intonieren. Gespräche funktionieren deutlich besser.

Für mich ein echter Schritt nach vorne. Allerdings bin ich nicht sehr empfindlich was Lautstärke angeht. Da hilft dann nur ausprobieren...

Vermutlich ist es deshalb besser, erst mal sehr sanft und weichgespült zu beginnen. Es geht ja nicht darum, die letzte Knackigkeit bei Sprache rauszukitzeln, sondern eher Brillianz im täglichen Leben und in der Musik zu erzeugen...

Wie gesagt, ausprobieren! Es könnte sich richtig lohnen (hat es sich für mich zumindest) :-)

Liebe Grüße
Hubert
leichte Hochtonmacke, gelöst mit Widex Moment 330
125 - 250 - 500 - 1k - 2k - 3k - 4k - 8k
R: 10 - 15 - 15 - 20 - 20 - 40 - 70 - 60
L: 5 - 10 - 10 - 10 - 30 - 60 - 70 - 50
Birkbot
Beiträge: 206
Registriert: 25. Jul 2018, 11:25
5
Wohnort: Erlangen

Re: Leichte Hochtonschwerhörigkeit seit Geburt - HG?

#4

Beitrag von Birkbot »

Streicherin hat geschrieben: 8. Feb 2024, 05:51
Wichtig ist auch, dass ich grundsätzlich sehr geräuschempfindlich bin. Laut tickende Uhren, tropfende Wasserhähne, laute Gespräche in Öffis sind die Hölle für mich, was paradox ist, weil ich ja laut Befund in hohen Frequenzen schlecht höre. Ich hätte Angst, dass sich das mit Hörgeräten noch verschärft. Wenn ich eure Beiträge aber so lese, dämmert es mir, dass mir auch vieles entgeht. Die Vorstellung, dass ich existente Dinge nicht höre, gibt mir ein mulmiges Gefühl im Magen. Z. B. gab es einmal den Vorfall, als ich im Krankenhaus war. Da gibt es einen sehr lauten, sehr schrillen Alarm, wenn das Bett verschoben wurde. Meine Zimmerkollegen haben sich über den lauten Ton beschwert. Ich habe ihn nicht gehört.
Das ist nicht paradox, das ist tatsächlich mehr oder weniger normal, dass man als schlecht hörender geräuschempflindlicher ist. Du hörst ja nix unterhalb den 70dB bei deinem Audiogramm (also bei den hohen Frequenzen ). Tja, und dann kommt aus dem nichts was in der Lautstärke eines Staubsaugers, Föns oder n Auto. Da darf man sich schonmal erschrecken...

Was das Geigespielen angeht: Probier es aus. Wenn dich die HGs dabei nicht stören, wunderbar. Wenn doch, dann nimmst du sie halt raus. Kann gut sein, dass dein Hirn die neue Tonverarbeitung erst lernen muss, und du nach ein paar Monaten doch mit HGs musizierst. Das kann dir keiner versprechen, das muss jeder für sich selbst rausfinden und testen.

Aber das Gute ist ja: Du kommst so im Leben und mit dem Geige spielen einigermaßen klar. Da würd ichs wirklich auf den Versuch mit den Hörgeräten ankommen lassen.
Antworten