Hmm... ich spreche jetzt mal aus meiner Erfahrung mit AA (Alopeci Areata - autoimmunbedingte Haarausfallerkrankung), als Brillenträgerin und seit neuestem mit
HG.
Was habe ich in meiner Jugend unter meinem Haarausfall gelitten. Die Krankenkassen-Perücken habe ich gehasst. Sie waren hässlich und haben gejuckt und waren einfach furchtbar. Heute glaube ich, dass es
meinen Eltern damit besser ging, dass ihre Tochter nicht die Aussätzige in der Schule war (obwohl ein Blinder gesehen hätte, dass ich Plastehaare hatte und gehänselt haben die anderen Kinder trotzdem

). Heute als Erwachsene habe ich meinen Haarausfall zu 99% angenommen und zu meinem Alleinstellungsmerkmal gemacht

. Auf's Jahr verteilt gibt es natürlich immer eine handvoll Tage, an denen alles Mist ist und mich der Umstand des anders aussehens frustriert, aber im großen und ganzen bin ich sehr zufrieden mit mir und freue mich über die Vorteile (keine überteuerten Frisörbesuche oder Pflegemittelchen z.B.)
Das Gleiche mit der Brille. Ich bin Kurzsichtig und mit sehe ich einfach besser wenn ich mein Nasenrad trage. Und heutzutage gibt es so schöne Modelle, da wird die Auswahl alle paar Jahre zur Qual. Ich freu mich aber trotzdem drüber meine Brille zu tragen, einfach weil es mir meinen Alltag leichter macht und ich weniger Kopfschmerzen habe, wenn ich am PC arbeite.
Und seit neuestem die
HGs. Ich bin schon seit Jahren mit dem Gedanken schwanger gegangen, dass ich irgendwann HGs brauche. Ich musste mich also nicht Hals-über-Kopf komplett neu und überrumpelt mit dem Thema beschäftigen, sondern habe mir selbst die Zeit gegeben, mit dieser Tatsache meinen Frieden zu machen. Und jetzt wo ich welche habe, ist es eine abolute neue und phantastische Erfahrung die ich machen darf und die mir so viel positives gibt.
Ich habe mir mein Selbstvertrauen über viele frustierende Jahre hinweg angeeignet. Mit dem Haarausfall lebe ich (mehr oder weniger) seit 39 Jahren. Die drei wichtigsten Dinge, die ich in dieser Zeit gelernt habe sind folgende - und sie lassen sich super auf fast alle andere übertragen:
1. Das menschliche Gehirn ist träge. Wenn es etwas entdeckt, das es nicht kennt (in meinem Fall eine Frau mit Glatze), braucht es mehr Zeit um die Information zu verarbeiten. Darum glotzen Menschen. So einfach ist das.
2. Die Probleme der anderen, sind die Probleme der anderen. Nicht meine! Wenn sich irgendjemand daran stört oder sich lustig drüber macht, dass ich keine Haare habe, eine Brille und
HG trage, dann bitte! Soll er/sie/es sich dran hochziehen. Für mich ist das Abwerten anderer Menschen ein Zeichen dafür, das man mit seinem eigenen Leben unzufrieden ist und dringend was ändern sollte.
3. Offen damit umgehen. Ich höre schlecht, also kommuniziere das genau so.
Manchmal wünsche ich mir, dass Erwachsene so wären wie Kinder. Die kommen und fragen einfach, wenn ihnen was ungewöhliches auffällt. Die meisten Erwachsenen sind da ziemlich verklemmt.
Einfach eine Pause machen - das ist der Trick.