... und noch ein Neuer

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
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deaf_tom
Beiträge: 49
Registriert: 6. Apr 2025, 15:23

... und noch ein Neuer

#1

Beitrag von deaf_tom »

Hallo in die Runde,

mehr oder weniger durch Zufall habe ich dieses Forum entdeckt.

Mein Name ist Tom, 55 Jahre alt aus dem Rhein-Main-Gebiet.

Bei mir wurde vor etwa 20 Jahren eher zufällig beidseitig eine Otosklerose diagnostiziert, als ich eigentlich wegen einer Entzündung des Gehörgangs beim HNO-Arzt war. Aufgrund des Anfangsverdachts hat er mich damals an die Uniklinik überwiesen.
Dort wurde - abgesehen vom gleichen Hörtest wie beim HNO zu Hause - keine weitere Untersuchung durchgeführt. Danach wollte man mir sofort einen OP-Termin geben.
Da ich damals keinerlei Leidensdruck hatte (Hörvermögen damals noch ca. 85 - 90 %) und der Arzt zudem erwähnte, dass die OP aufgrund meines damals jungen Alters vermutlich mehrfach im Laufe meines Lebens zu wiederholen sei, habe ich erstmal abgelehnt. Damals hatte er zudem die Aussage getroffen, dass es für den Erfolg der OP nicht wichtig sei, wie gut man noch höre, solange man nicht völlig ertaubt ist.

Inzwischen höre ich deutlich schlechter, so dass es im Alltag oft schwierig ist, Gesprächen zu folgen (aktuell höre ich rechts 50 % / links 60 %). Daher bin ich kürzlich wieder beim lokalen HNO gewesen. Dieser hat mir wieder eine Überweisung für die Uniklinik gegeben, damit dort eine Stapesplastik rechts durchgeführt wird. Zudem habe ich zwei Hörgeräte verordnet bekommen, da auch die OP das Hörvermögen nur teilweise verbessern würde und ich deshalb sowieso dauerhaft auf die Geräte angewiesen wäre.

Nachdem ich unter anderem hier einige Berichte gelesen habe, bei denen man unzufrieden war mit dem Ergebnis dieser OP, war ich nicht mehr so richtig überzeugt, ob ich das wirklich will.

Als ich beim Akustiker war, um Hörgeräte zu testen, meinte der auch, dass bei der Stapesplastik Komplikationen nicht unbedingt selten seien und dass bei seinen Kunden teilweise auch eine deutliche Verschlechterung bis hin zu völliger Taubheit auf dem betroffenen Ohr das Ergebnis der OP war. Er vermittelte den Eindruck, als wäre die OP nur die allerletzte Option, wenn alles andere nicht mehr hilft.

Inzwischen habe ich die erste Woche mit Test-Hörgeräten hinter mir. Da ich damit sehr gut zurecht komme und mein Problem damit zumindest vorerst gelöst wäre, stelle ich mir die Frage, ob ich die OP wirklich angehen soll. Bei der Uniklinik habe ich bereits vor etwa 4 Wochen per Mail angefragt (einziger Kommunikatonskanal, da auf Anrufe niemand reagiert), aber bisher gab es noch keine Rückmeldung bzgl. eines Termins für eine erste Untersuchung. Daher könnte ich jetzt noch problemlos "aussteigen".

Da es hier im Forum anscheinend einige Betroffene gibt, wäre es schön, mal auf Basis Eurer Erfahrungen eine Einschätzung zu bekommen, wie Ihr die Sache seht.

Danke!

Tom
Birkbot
Beiträge: 396
Registriert: 25. Jul 2018, 11:25
6
Wohnort: Erlangen

Re: ... und noch ein Neuer

#2

Beitrag von Birkbot »

Ich habe bezüglich der Stapesplastik keine eigenen Erfahrungen, das einzige, was ich nur sagen wollte, ist das
Daher könnte ich jetzt noch problemlos "aussteigen"
im Prinzip bis kurz vor der Narkose noch geht (das wäre zwar nicht fair, weil du nem anderen Patienten den OP-Slot wegnimmst, aber man kann dich zu nichts zwingen).

Insofern kannst du dir sämtliche Voruntersuchungen und Aufklärungen (Eine Aufklärung zu unterschreiben, ist keine Verpflichtung zur OP) anhören und alle Fragen beantworten lassen. Dann hast du wahrscheinlich ein objektiveres Bild der Lage als in einem Forum, in dem sich (unter anderem) die Leute rumtreiben, bei denen die Operation nicht erfolgreich war. Die Leute, bei denen die OP geklappt hat und weiterhin normalhörend sind, werden eher nicht hier landen...
Ob jetzt *google* 6,25% Komplikationsrate bei Stapesplastiken hoch oder niedrig ist, musst du selbst entscheiden.

Egal, wie du dich entscheidest, ich drück dir die Daumen!
03/25 Oticon Real 3
08/18 Oticon OPN 2
Phonak Versata M
Siemens Infinity Pro
04/97 Siemens Swing S2+
Newtone Viennatone
Unitron UM60
1983 Micro-Technic ?
deaf_tom
Beiträge: 49
Registriert: 6. Apr 2025, 15:23

Re: ... und noch ein Neuer

#3

Beitrag von deaf_tom »

Danke für Deine Antwort.

Der Hintergrund für meine Nachfrage war, dass bisher weder der HNO vor Ort, noch beim letzten Mal in der Uniklinik jemand es nötig fand, mir die OP bzw. die Erfolgsquote oder auch die Risiken zu erklären.

Der lokale HNO ist bekannt dafür, nicht besonders kommunikativ zu sein, aber leider der einzige, beim man im Umkreis überhaupt noch Termine bekommt.
Schon nach dem zweiten Satz, als ich erklären wollte, um was es geht, wurde ich unterbrochen mit dem Hinweis, dass ich bei der Kollegin einen Hörtest machen soll und dann eine Überweisung für die Uniklinik bekäme.
Nach dem Hörtest drückte mir der Arzt dann die Überweisung und eine Verordnung für Hörgeräte in die Hand mit dem Kommentar "Durch die OP wird das Hörvermögen sowieso nicht mehr vollständig wiederhergestellt. Sie werden also dauerhaft Hörgeräte brauchen. Deshalb machen Sie mal noch einen Termin beim Akustiker."
Damit war das Gespräch beendet und er war schon auf dem Weg zum nächsten Patienten.

In der Uniklinik ging es mir damals ähnlich. "Ja, das ist eine Otosklerose. Schauen wir mal, wann ein OP-Termin frei ist."
Als ich Verständnisfragen stellte, wurde der Arzt schnell sehr unfreundlich. "Entweder vereinbaren wir jetzt einen Termin oder wir lassen es."

Das alles schafft nicht unbedingt Vertrauen.

Nachdem jetzt auch der Akustiker meinte, dass es bei dieser OP gar nicht so selten Komplikationen gibt bzw. dass die OP öfter auch zu einer deutlichen Verschlechterung des Hörvermögens führt, war ich dann endgültig verunsichert.

Muss ich das Risiko denn überhaupt eingehen, wenn ich am Ende so oder so mit Hörgeräten leben muss?

Meine bisherige Erfahrung mit Ärzten ist ohnehin, dass alles was schief gehen kann, in aller Regel bei mir auch schief geht...
all_ears
Beiträge: 179
Registriert: 6. Apr 2024, 15:47
1

Re: ... und noch ein Neuer

#4

Beitrag von all_ears »

Hallo Tom, ich kann dir zwar auch nicht helfen, aber ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen und finde es ziemlich unmöglich, wie du bei den Ärzten abgefertigt wurdest. Mein Rat wäre: Hör auf dein Bauchgefühl und lass es erstmal sein mit der OP. Vielleicht könntest du inzwischen schon mal bei einem anderen HNO einen Termin vereinbaren (auch wenn der erst in 6 Monaten wäre und/oder ein Stück weiter weg ist) und dir noch eine Meinung holen? Und bis dahin machst du einfach mit den Hörgeräten weiter, denn wenn es dir damit gut geht, ist doch erstmal alles bestens, oder?
dB 125-250-500-750- 1k- 1,5k-2k - 3k - 4k - 6k - 8k
R: 15 - 25 - 35 - 55 - 60 - 60 - 55 - 40 - 40 - 55 - 60
L: 20 - 40 - 45 - 50 - 50 - 50 - 45 - 45 - 50 - 50 - 60

versorgt mit Signia Silk Charge & Go 7IX
Ohrenklempner
Beiträge: 10446
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10

Re: ... und noch ein Neuer

#5

Beitrag von Ohrenklempner »

Hey

einerseits kann ich nachvollziehen, dass man lieber auf das OP-Risiko verzichtet, wenn Hörgeräte eine gute Verbesserung bringen.
Auf der anderen Seite muss ich aber sagen, dass eine Otosklerose nicht auf das Mittelohr begrenzt bleibt, sondern sich die Skleroseherde auch ins Innenohr arbeiten können. Was im Innenohr einmal beschädigt ist, kommt nicht wieder.
Man muss es für sich selbst entscheiden. Wenn ich nur die Risiken betrachte, dann hat eine OP die höhere Erfolgswahrscheinlichkeit. Ja, etwa ein Prozent Risiko bei der Operation sind da, aber die unbehandelte Otosklerose wird mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit das Resthörvermögen negativ beeinflussen.
Aus erster Hand kann ich nur von meinem Sohn berichten, der in sehr jungem Alter seine Stapesplastik bekommen hat. Er ist jetzt Teenager und hört seit der Operation wieder normal.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... :geek:

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten – Grüßli an die Schwiz! :wave: – fragen Sie Ihren Hörakustiker (m/w/d)!
deaf_tom
Beiträge: 49
Registriert: 6. Apr 2025, 15:23

Re: ... und noch ein Neuer

#6

Beitrag von deaf_tom »

Was mich so stört, sind die widersprüchlichen Aussagen.

In der Uniklinik war damals die Aussage, dass die Erfolgsaussichten bei der OP gleich bleiben, egal ob man noch relativ gut hört oder nicht, solange man nicht völlig taub ist.

Mein HNO meinte Ende März, dass man mit der OP nur eine teilweise Besserung erreichen kann, z.B. von 50 auf 70 % Hörvermögen. Viel mehr würde es angeblich nicht mehr werden. Es könne auch weniger sein.

Was stimmt denn nun? Eine der Aussagen muss zwangsläufig falsch sein.
Wie soll ich mir so eine Meinung bilden? Genau das macht mir die Entscheidung so schwer.

Da ich aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen Ärzten nicht mehr wirklich traue, möchte ich kein Risiko eingehen, wenn es nicht zwingend notwendig ist.
KathrinB
Beiträge: 41
Registriert: 5. Aug 2024, 13:58

Re: ... und noch ein Neuer

#7

Beitrag von KathrinB »

Ich bin auch von Otosklerose betroffen und nicht operiert. Mein Arzt hat gesagt, dass man erst ab einem Air-bone gap von 25 dB operiert. Ich habe in der Knochenleitung bei 2k eine Senke von 20-30 dB, der Rest ist laut Akustiker-Audiogramm (zwei verschiedene Akustiker) mehr oder weniger normal. Zwei verschiedene Ärzte haben diese Senke auf den ganzen Frequenzbereich ausgedehnt und somit komme ich nicht auf die 25 dB Unterschied. Keine Ahnung, warum die Ärzte das so machten. Der eine hat gemeint, dass bei einer Op eben nur eine Verbesserung bis zur Knochenleitung stattfindet und nicht mehr bis zum Normalbereich. Jetzt weiss ich mehr und glaube den Unsinn nicht mehr. Die andere Ärztin, bei der ich 2 Jahre später war für die IV bezüglich HG-Versorgung, hat den Hörtest durch die Praxisassistentin machen lassen und ihn gar nicht mehr mit mir besprochen.

Im Otoskleroseforum haben Betroffene berichtet, dass sie bei weniger als 25 dB Unterschied operiert wurden und nach der Op schlechter hörten als vorher. Andere berichten, dass die Senke bei 2k typisch Otosklerose ist und sich nach der Op wieder normalisiert hat.

Ich merke, dass mir im Tieftonbereich die Verstärkung nicht optimal ist. Wird das jedoch mehr verstärkt, gehen die hohen Töne hops. Naja, ich werde meine Situation beobachten und mich allerspätestens wenn neue HG fällig werden, für eine Op-Beratung ans Spital überweisen lassen.
L 50 - 50 - 50 - 45 - 35 - 40 - 45 - 30 - 35 - 40 -35
R 45 - 40 - 35 - 35 - 35 - 45 - 40 - 35 - 34 - 40 -35
deaf_tom
Beiträge: 49
Registriert: 6. Apr 2025, 15:23

Re: ... und noch ein Neuer

#8

Beitrag von deaf_tom »

Solch detaillierte Infos habe ich bisher nie erhalten. Weder der HNO noch die Klinik haben mir jemals irgendwas in der Richtung erklärt.

Nach dem jeweiligen Hörtest hat man nur gesagt, dass ich mich operieren lassen soll, ohne weiter auf Details einzugehen.

Hätte ich nämlich solche Infos bekommen wie Du beschrieben hast, wäre die Entscheidung für mich vermutlich auch einfacher.

Bei mir ist eher der Eindruck entstanden, dass man auf Biegen und Brechen Umsätze generieren will, anstatt dem Patienten die Hintergründe bzw. die Entscheidung zu erklären.
elinapoula

Re: ... und noch ein Neuer

#9

Beitrag von elinapoula »

"Bei mir ist eher der Eindruck entstanden, dass man auf Biegen und Brechen Umsätze generieren will, anstatt dem Patienten die Hintergründe bzw. die Entscheidung zu erklären."

Wenn es um Spitzentechnologie geht, sind Chirurgen leider sehr oft zu "Rambos" geworden denen die medizinische Seite ihres Berufs völlig verloren geht. So ist es auch bei Untersuchungen.
Aber nicht alle sind so - bloss muss man die mit der Lupe suchen.
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