emilsborg hat geschrieben: ↑18. Apr 2025, 18:57
Nur braucht es in der Regel dafür ein Urteil einer (höheren) Sozialgerichtsinstanz, meist Landessozialgericht, da die Krankenkasse in der Regel weiterzieht wenn sie beim Sozialgericht verloren hat.
Und hier möchte ich mal in die DIskussion reinspringen.
Wenn man denn ein Hörgerät braucht, dass mehr kann und die Kasse nicht zahlen will, man aber selber zu arm ist, die Mehrkosten zu tragen, würde sich ja eine Klage vor dem Sozialgericht ergeben. Nach meinem Kenntnisstand brauchen Sozialgerichte unter Umständen mehrere Jahre, bis eingereichte Klagen wie auch immer verhandelt und beurteilt werden. Dann käme der Sprung zum Landessozialgericht, mit vermutlich ähnlichen Bearbeitungszeiten.
Wie handhabt man dass dann, als Versicherter, der ja auf die Geräte angewiesen ist?
Eigentlich kannste dann doch nur innerlich downgraden?
liebe grüße helen
mit mir ist nicht gut kirschen essen.
schokolade geht!
SuomiLove hat geschrieben: ↑18. Apr 2025, 23:40
Wie handhabt man dass dann, als Versicherter, der ja auf die Geräte angewiesen ist?
Eigentlich kannste dann doch nur innerlich downgraden?
Wie manche Mitforisten gerne argumentieren: es gibt Anbieter mit 0% Finanzierung, womit zumindest die finanzielle Belastung über einen längeren Zeitraum gestreckt werden kann. Wenn dieser Weg ebenfalls nicht möglich ist bleibt wahrscheinlich nur der Klageweg und wenn man sich die finanzielle Situation nicht schlechtredet, dann müsste auch Prozesskostenhilfe dann beantragt werden könne. Das bedingt dann aber bereits die Eingangshürde auf dem Klageweg (ohne Bewilligung der Prozesskostenhilfe wäre bereits dort Schluss und die wird meines Wissens nach auch nur bewilligt, wenn Erfolgsaussichten bestehen (was in BW, wo ich wohne, eben sehr fraglich ist).
Zur Dauer des Klageweges: bei mir dauerte es im Mittel circa 18 Monate auf jeder Instanz, was relativ schnell war.
Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war. (Françoise Sagan)
svenyeng hat geschrieben: ↑19. Apr 2025, 07:35
Hallo!
Ich meine man muss die Kosten für die HGs auch eh erst vorstrecken, oder?
Mach ne 0% Finanzierung mit kleinen Raten und sei stressfrei.
Wie schon mehrfach geschrieben, geht man erst dann in Vorleistung, wenn die Kostenübernahme abgelehnt worden ist. Die Kosten für die Selbstbeschaffung werden dann über dem Klageweg zurückgeholt. Beim Sozial-und beim Landessozialgericht besteht kein Anwaltszwang. Erst bei Verfahren vor dem Bundessozialgericht besteht ein Anwaltszwang. Allerdings wird dringend empfohlen sich hier von einem Anwalt vertreten zu lassen. Klagen vor dem Sozialgericht sind kostenlos. Wer ein niedriges Einkommen hat, kann bzgl. der Vertretung durch einen Anwalt Prozesskostenbeihilfe beantragen. Ist man auf höherwertige Geräte angewiesen und kann man sich diese nicht leisten, besteht die Möglichkeit hier einen Eilantrag oder einstweilige Verfügung zu beantragen.
Ja Klageverfahren können echt lange dauern. Bei dem einen geht es schneller, bei dem anderen dauert es länger. Dies hängt davon ab welches Sozial- oder Landesgericht zuständig ist und wie stark dieses überlastet ist.
Daher wird oft bzgl. der Klagedauer 1 - 5 Jahre angegeben. Ich kenne ein Verfahren, das durch alle Instanzen bis hin zum BSG gegangen ist und somit sich über den Zeitraum von acht Jahren erstreckt hat.
Schade, dass man vom Threadersteller nichts mehr hört. Dann könnte man hier gezielter auf dessen Fragen eingehen
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
emilsborg hat geschrieben: ↑19. Apr 2025, 07:22
Wie manche Mitforisten gerne argumentieren: es gibt Anbieter mit 0% Finanzierung, womit zumindest die finanzielle Belastung über einen längeren Zeitraum gestreckt werden kann. Wenn dieser Weg ebenfalls nicht möglich ist bleibt wahrscheinlich nur der Klageweg und wenn man sich die finanzielle Situation nicht schlechtredet, dann müsste auch Prozesskostenhilfe dann beantragt werden könne. Das bedingt dann aber bereits die Eingangshürde auf dem Klageweg (ohne Bewilligung der Prozesskostenhilfe wäre bereits dort Schluss und die wird meines Wissens nach auch nur bewilligt, wenn Erfolgsaussichten bestehen (was in BW, wo ich wohne, eben sehr fraglich ist).
Zur Dauer des Klageweges: bei mir dauerte es im Mittel circa 18 Monate auf jeder Instanz, was relativ schnell war.
Diese Finanzierungen muß man ja auch erstmal bewilligt bekommen.
Ich denke da an kleine Rentner, die z.t. mit Grundsicherung aufstocken müssen, oder den "bösen" Bürgergeldempfängern, die es ja auch geben soll, sogar manche mit Hörschaden.
Prozesskostenhilfe wird tatsächlich nur bewilligt, wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Kumpel von mir ist Sozialrechtsanwalt.
Mit 1,5 Jahren pro Instanz hast du Glück. Habe von Fällen in Berlin gehört, wo es erstinstanzlich tatsächlich 3 Jahre + gedauert hat.
Was echt krass ist.
Also sind diese Menschen dann doch ehr im Regen stehend.
svenyeng hat geschrieben: ↑19. Apr 2025, 07:35
Hallo!
Ich meine man muss die Kosten für die HGs auch eh erst vorstrecken, oder?
Mach ne 0% Finanzierung mit kleinen Raten und sei stressfrei.
Gruß
sven
Also ich mußte bei meinen gar nichts vorstrecken. Sind komplett von der Kasse übernommen worden.
Zur 0% FInanzierung siehe oben!
liebe grüße helen
mit mir ist nicht gut kirschen essen.
schokolade geht!
SuomiLove hat geschrieben: ↑18. Apr 2025, 23:40
Und hier möchte ich mal in die DIskussion reinspringen.
Wenn man denn ein Hörgerät braucht, dass mehr kann und die Kasse nicht zahlen will, man aber selber zu arm ist, die Mehrkosten zu tragen, würde sich ja eine Klage vor dem Sozialgericht ergeben. Nach meinem Kenntnisstand brauchen Sozialgerichte unter Umständen mehrere Jahre, bis eingereichte Klagen wie auch immer verhandelt und beurteilt werden. Dann käme der Sprung zum Landessozialgericht, mit vermutlich ähnlichen Bearbeitungszeiten.
Wie handhabt man dass dann, als Versicherter, der ja auf die Geräte angewiesen ist?
Eigentlich kannste dann doch nur innerlich downgraden?
Hier gibt es schlichtweg das Dilemma, dass soweit ich es für mich empfinde die Krankenkassen eigentlich so gut wie immer am längeren Hebel sitzen. Gereon ist einer der Wenigen hier im Forum die bereits erfolgreich waren vor Gericht. Denn leider ist es so dass an mehreren Stellen, die entscheidend sind für eine eventuelle vollständige Kostenübernahme, die Krankenkasse durch Nichtstun oder Verzögerung im Vorteil ist:
Selbstbeschaffung vor Ablehnung der Kostenübernahme (ok, das ist tatsächlich nachvollziehbar und ist ja tatsächlich auch nur möglich wenn die Kosten wie auch immer selbst vorgestreckt werden können)
Veränderung (vor allem Verschlechterung natürlich) nach Verordnung und vor einem eventuellen Gutachten (natürlich ist der Zustand zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung somit nicht mehr vorhanden, aber das einseitig zu Lasten des Schwerhörigen auszulegen ist ehrlich gesagt nicht die Art und Weise, wie man es Krankenversicherten fair möglich macht, Fehlentscheidungen der Krankenkassen korrigieren zu lassen)
Dauer des Klageweges ist für Hilfsmittel vor allem mit mehreren Instanzen schlichtweg wahnsinnig. Mir wurde quasi mitgeteilt, meine Klage wäre wahrscheinlich erfolgreich gewesen, wenn ich erst geklagt und nach erfolgreicher Klage die Hörgeräte dann beschafft hätte. Selbst nach „nur“ 3 Jahren nach Austestung ist nicht unbedingt garantiert dass dann noch für sechs Jahre Support geleistet wird seitens des Herstellers. Leider waren weder Gutachterin noch ich damals zur Verhandlung vor dem LSG Stuttgart eingeladen worden und somit konnten wir auch nicht auf die Unsinnigkeit dieses Vorschlags hinweisen. Der vdk Vertreter war nicht in der Lage das direkt als bestenfalls unpraktikabel zu benennen. Ein Verweis auf die Konsequenz von in anderen Fällen üblicherweise notwendigen Zeit bis zum finalen Urteil hätte bei jemandem der rechnen kann vielleicht noch ein Umdenken bewirken können, aber seit wann rechnen die meisten Juristen in solchen Fällen (wurde mir von Bekannten die Juristen sind offen gesagt - beim eigenen Geldbeutel rechnet man, ansonsten eher nicht)
Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war. (Françoise Sagan)
Selbstbeschaffung vor Ablehnung der Kostenübernahme (ok, das ist tatsächlich nachvollziehbar und ist ja tatsächlich auch nur möglich wenn die Kosten wie auch immer selbst vorgestreckt werden können)
Bzgl. der Selbstbeschaffung ist das Kaufdatum und nicht das Datum der Rechnung entscheidend
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
Soweit keine Einwände meinerseits außer dass explizit gesagt werden sollte:
Wenn keine zuzahlungsfreien Geräte getestet wurden sind die Chancen eine vollständige Erstattung durch einen Kostenträger zu bekommen quasi nichtexistent (ich weigere mich aber zu behaupten, es gäbe kein Szenario in dem es vielleicht doch möglich wäre, eben nur sehr selten bis unwahrscheinlich).
Denn nicht alle überblicken vor allem zu diesem Zeitpunkt die Kosten und generellen Konsequenzen, selbst im Bekanntenkreis erlebt.
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Wenn aus beruflichen Gründen nachgewiesen werden kann, dass Hörgeräte zum Festbetrag zum Ausgleich der Hörschädigung nicht ausreichend sind, muss man nicht unbedingt Hörgeräte zum Festbetrag getestet haben. Hierzu gab es mal ein Urteil eines Sozialgerichts. Aber ob das noch gültig ist, weiß ich nicht mehr. Ebenso den Beruf des erfolgreichen Klägers weiß ich nicht mehr.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
Wenn keine zuzahlungsfreien Geräte getestet wurden sind die Chancen eine vollständige Erstattung durch einen Kostenträger zu bekommen quasi nichtexistent (ich weigere mich aber zu behaupten, es gäbe kein Szenario in dem es vielleicht doch möglich wäre, eben nur sehr selten bis unwahrscheinlich).
Was ja auch völlig richtig ist.
Warum soll jemand teure HGs bezahlt bekommen, wenn durch testen von zuzahlungsfreien HG ggf. rausgekommen wäre, das die vollkommen ausreichen.
Wenn keine zuzahlungsfreien Geräte getestet wurden sind die Chancen eine vollständige Erstattung durch einen Kostenträger zu bekommen quasi nichtexistent (ich weigere mich aber zu behaupten, es gäbe kein Szenario in dem es vielleicht doch möglich wäre, eben nur sehr selten bis unwahrscheinlich).
Was ja auch völlig richtig ist.
Warum soll jemand teure HGs bezahlt bekommen, wenn durch testen von zuzahlungsfreien HG ggf. rausgekommen wäre, das die vollkommen ausreichen.
Das wollte ich mit meinen Beitrag auch nicht abstreiten. Denn ich bin immer der Meinung man muss erst durch die Testung nachweisen, dass zuzahlungsfreie Geräte nicht ausreichend sind. In dem auf mir verwiesenen Urteil reichte dem Sozialgericht der Bericht des Akustikers, dass eine Versorgung mit aufzahlungsfreien Geräten aus beruflichen Gründen nicht ausreichend seien. Dies wird m.E. äußerst selten der Fall sein, dass dies für das Gericht ausreichend ist. Die meisten anderen Sozialgerichte hätten auf eine Testung von zuzahlungsfreien Geräten bestanden und dann wäre die Klage abgelehnt worden, weil dies eben nicht erfolgt ist.
Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass es diesen sehr seltenen Fall gab, dass man ohne Testung von zuzahlungsfreien Geräten die Mehrkosten erstattet bekam.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
10.30 Uhr
B 3 KR 13/23 R
J. T.-B. ./. DAK-Gesundheit
Beigeladene: Deutsche Rentenversicherung Bund
Verfahrensgang:
Sozialgericht Bremen, S 62 KR 403/18, 14.04.2022
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 4 KR 219/22, 18.01.2023
Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf
Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Hörgeräteversorgung im Umfang der nicht durch den
Festbetrag nach § 36 SGB V gedeckten Kosten. Nach der Rechtsprechung des Senats, die Eingang in die Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses gefunden hat, haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf die Hörgeräteversorgung, die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen erlaubt, soweit dies im Alltagsleben einen erheblichen
Gebrauchsvorteil bietet. Die Hilfsmittel-Richtlinie sieht für die beidohrige Regelversorgung mit
Hörhilfen den Freiburger Einsilbertest im Nutz- und im Störschall als normiertes und standardisiertes
Testverfahren zur Indikation und Überprüfung der Hörgeräteversorgung vor, das durch Angaben
der Versicherten zu ihrem Hörempfinden ergänzt werden kann.Ausgehend hiervon zu beanstanden war die Ansicht des Landessozialgerichts, dass der im
Freiburger Einsilbertest gemessene Hörzugewinn von 5 %-Punkten unbeachtlich sei und subjektive Wertungen zur Feststellung des Hörvermögens im Alltag von vornherein auszuklammern seien. Jeder unter ordnungsgemäßer Anwendung des Freiburger Einsilbertests gemessene prozentuale
Hörzugewinn im Sprachverstehen, der bei Einsatz von Überfestbetragsgeräten im Vergleich zu aufzahlungsfreien Festbetragsgeräten gemessen wird, ist ein relevanter Hörvorteil. Ob aus diesem unter Testbedingungen gemessenen Hörzugewinn auch ein erheblicher Gebrauchsvorteil im Alltag
erwächst, der zu einem Versorgungsanspruch Versicherter zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung führt, kann nicht ohne Berücksichtigung ergänzender, subjektiver Wertungen und Eindrücke der Versicherten beurteilt werden. Dazu können nach der Hilfsmittel-Richtlinie der
standardisierte APHAB-Fragebogen zur Bestimmung der Hörbehinderung ebenso wie hörrelevante
Alltagsangaben und Informationen im Rahmen der Kommunikation mit HNO-Fachärzten oder
Hörgeräteakustikern herangezogen werden, die gegebenenfalls durch persönliche Aufzeichnungen
der Versicherten, wie zum Beispiel das Führen eines strukturierten Hörtagebuchs, unterstützt
werden können. Auch in Ansehung der bei der Hilfsmittelversorgung gesetzlich Krankenversicherter durch das
Wirtschaftlichkeitsgebot gesetzten Grenzen kann dem Versorgungsanspruch nicht generell
entgegen gehalten werden, dass ein besserer Komfort des Überfestbetragsgeräts nicht mehr von
der Leistungspflicht der Krankenkasse erfasst wird. Soweit der festgestellte Hörvorteil maßgeblich
auf den Komfort des Gerätes zurückzuführen ist, handelt es sich nicht um leistungsausschließende
Faktoren wie Luxus oder Bequemlichkeit. Denn hörbehinderte Menschen sind nicht vom
allgemeinen Fortschritt der Digitalisierung und Technisierung ausgeschlossen, der auch Menschen
mit nicht eingeschränktem Hörvermögen vielfältige und zugleich angemessene Erleichterungen im
Alltag bringt wie zum Beispiel beim Telefonieren oder Musikhören. Insofern führt der Senat seine
Rechtsprechung unter Berücksichtigung dieser Entwicklung fort. Im Fall der Klägerin hat das Landessozialgericht festgestellt, dass ihrem Antrag ein ausgefüllter
Prüfbogen zu verschiedenen Hörsituationen im Alltag in Bezug auf beide Geräte beigefügt war, in
dem ein subjektiv besseres Hörempfinden mit dem streitigen Überfestbetragsgerät im Vergleich zu
dem aufzahlungsfreien Hörgerät dokumentiert war. Daher war es dem Senat möglich, abschließend
über den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin selbst zu entscheiden
10.30 Uhr
B 3 KR 5/24 R
J. W. ./. DAK-Gesundheit
Beigeladene: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Verfahrensgang:
Sozialgericht Hannover, S 95 KR 1021/20, 15.06.2022
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 16 KR 382/22, 19.04.2024
Die Revision der Beklagten war erfolglos. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der
Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf Kostenerstattung wegen des selbstbeschafften
Überfestbetragshörgeräts im Umfang der nicht durch den Festbetrag gedeckten Kosten hat.
Der mit dem streitigen Überfestbetragsgerät im Vergleich zu den Festbetragsgeräten unter
Anwendung des Freiburger Einsilbertests gemessene prozentuale Hörzugewinn im
Sprachverstehen von 5 %-Punkten im Nutzschall stellt einen relevanten Hörvorteil dar. Das
Landessozialgericht hat unter Heranziehung der Aufzeichnungen des Klägers im Hörtagebuch auch
den subjektiv nachempfundenen Hörgewinn in verschiedenen alltagsrelevanten Hörsituationen
festgestellt. Es hat daraus in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Schluss
gezogen, dass mit Hilfe des Überfestbetragsgeräts ein erheblicher Gebrauchsvorteil im Alltag erzielt
wird. Hinsichtlich der Maßstäbe hierfür wird auf die Ausführungen im Verfahren B 3 KR 13/23 R
verwiesen
_______________
Beide Urteile sind vom 12.06.2025. Die Texte stammen aus der Terminübersicht des BSG Kassel. Auf die genauen Urteiltexte wird noch gewartet.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
Und noch ein drittes Urteil ebenfalls vom 12.06.2025
B 3 KR 6/24 R
K. v. W. ./. BKK Gildemeister Seidensticker
Verfahrensgang:
Sozialgericht Leipzig, S 22 KR 406/18, 09.08.2021
Sächsisches Landessozialgericht, L 9 KR 284/21, 04.04.2023
Die Revision der Klägerin war im Sinne der Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts- und
Zurückverweisung der Sache an das Landessozialgericht erfolgreich. Das Urteil leidet an dem von
Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel der unterbliebenen notwendigen Beiladung
des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies steht einer Sachentscheidung des Senats
entgegen.
Den Antrag auf Hörgeräteversorgung hat die Klägerin bei der beklagten Krankenkasse gestellt, die
diesen Antrag nicht weitergeleitet hat und damit umfassend für Leistungen der Teilhabe zuständig
geworden ist. Das Landessozialgericht hat in diesem Zusammenhang übersehen, dass im
maßgeblichen Zeitpunkt der Selbstbeschaffung des Hörgerätes im Juli 2018 die Klägerin noch nicht
berentet, sondern erwerbstätig war. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass ein spezifischer
beruflicher Versorgungsbedarf bestanden hat. Das Landessozialgericht wird die notwendige
Beiladung des Rentenversicherungsträgers im zurückverwiesenen Verfahren nachholen müssen.
Sollte ein berufsspezifischer Bedarf nicht festgestellt werden können, bedarf es einer erneuten
tatrichterlichen Würdigung, ob seinerzeit das selbstbeschaffte Überfestbetragsgerät für die Klägerin
einen erheblichen Gebrauchsvorteil im Alltag gebracht hat, obwohl im Freiburger Einsilbertest ein
Hörgewinn nicht gemessen worden ist. Zur Objektivierung des Hörvermögens bei der
Hörgeräteversorgung von Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit waren auch
andere Testverfahren nach der Anlage 11 des Vertrags über die bundesweite Versorgung von
Versicherten der Betriebskrankenkassen mit Hörsystemen auf der Basis der Hilfsmittel-Richtlinie
einsetzbar, zu deren Einsatz hier wegen des Widerspruchs zwischen den Ergebnissen des
Freiburger Einsilbertests und dem subjektiven Höreindruck Anlass bestand. Hinsichtlich der
Maßstäbe für die Versorgung mit Überfestbetragsgeräten wird auf die Ausführungen im Verfahren
B 3 KR 13/23 R verwiesen.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
Danke für die Info! Klingt gut, auch wenn nicht absehbar ist, ob das ähnlich einschlagende Wirkung haben wird wie da BSG Urteil in 2009 B 3 KR 20/08 R. Das könnte unter Umständen dazu führen dass Hörtagebücher nicht mehr so einfach beiseite gewischt werden können und Bluetooth Anbindung als Luxus deklariert wird.
Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war. (Françoise Sagan)
Falls sich das irgendwann auf die Hilfsmittelrichtlinien auswirkt, dann haben sowieso alle Hörgeräte Bluetooth. Das kommt für die Betroffenen leider etwas zu spät. Das ist wie mit der Richtmikrofontechnik, der Kanalzahl (2013: 4 Kanäle, 2021: 6 Kanäle) oder der Mikrofonautomatik. Als diese Kriterien zur Mindestanforderung wurden, waren praktisch eh schon (fast) alle Basis-Hörgeräte damit ausgestattet.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet...
Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten – Grüßli an die Schwiz! – fragen Sie Ihren Hörakustiker (m/w/d)!
emilsborg hat geschrieben: ↑24. Jun 2025, 10:26
Danke für die Info! Klingt gut, auch wenn nicht absehbar ist, ob das ähnlich einschlagende Wirkung haben wird wie da BSG Urteil in 2009 B 3 KR 20/08 R. Das könnte unter Umständen dazu führen dass Hörtagebücher nicht mehr so einfach beiseite gewischt werden können und Bluetooth Anbindung als Luxus deklariert wird.
Ich hatte 2015 ja beim Sozialgericht Aachen durchsetzen können, dass bei identischen Messwerten beim Akustiker der subjektive Höreindruck mit zu berücksichtigen ist und über alle getesteten Geräte (insgesamt 5) detaillierte Hörtagebücher beigelegt. Dieses Urteil ging damals regelrecht durch die Presse und durch Netz und viele Sozialgerichte griffen dann dieses Urteil auf, indem auch der Freiburger in Frage gestellt worden ist, da dieser nicht den Alltag abbilden würde.
In den vergangenen Jahren hatte aber dasselbe Sozialgericht sowie weitere Gerichte die Berücksichtigung des subjektiven Höreindruck ausgeklammert, da zwar Hörtagebücher als glaubwürdig angesehen worden, die Gerichte aber ihre Entscheidungen nur auf objektive Messergebnisse stützen konnten. Daher freut es mich sehr, dass das Bundessozialgericht jetzt sogar in drei Verfahren wieder die Berücksichtigung des subjektiven Höreindruck als maßgeblich ansieht. Des Weiteren macht es deutlich, dass sofern der Freiburger ordentlich durchgeführt worden ist, jeder relative Hörgewinn einen Vorteil im Alltag darstellt. Denn in einem Verfahren lag der Unterschied gerade mal bei 2,5% zwischen Geräten zum Festbetrag und zuzahlungspflichtigen Geräten.
Zuletzt geändert von gereon am 24. Jun 2025, 11:31, insgesamt 2-mal geändert.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt
Ohrenklempner hat geschrieben: ↑24. Jun 2025, 11:02
Falls sich das irgendwann auf die Hilfsmittelrichtlinien auswirkt, dann haben sowieso alle Hörgeräte Bluetooth. Das kommt für die Betroffenen leider etwas zu spät. Das ist wie mit der Richtmikrofontechnik, der Kanalzahl (2013: 4 Kanäle, 2021: 6 Kanäle) oder der Mikrofonautomatik. Als diese Kriterien zur Mindestanforderung wurden, waren praktisch eh schon (fast) alle Basis-Hörgeräte damit ausgestattet.
Ich meine 2023 ist eine weitere Änderungen erfolgt. Denn seit 2023 liegt meines Wissens die Mindestanforderung bei acht Kanälen. Denn hierauf hat die TK bei der Gerichtsverhandlung im September verwiesen (Fortsetzungstermin steht noch aus, da im Juni der Richter erkrankt war), dass sich die Verträge mittlerweile geändert hatten und man mir schon 2020 ein zuzahlungsfreies Gerät mit acht Kanälen zur Verfügung gestellt hat. Dies wäre ja nach Ansicht der TK mehr als ausreichend, da zum damaligen Zeitpunkt die Mindestanforderung bei 6 Kanälen lag. Damit sollte es auch zum noch laufenden Verfahren genügen. Denn in anderen Threads habe ich schon detailliert genug dazu Stellung genommen und man muss sich ja nicht immer wiederholen.
Hochgradig schwerhörig (rechts), links an Taubheit grenzend schwerhörig, Schwerhörig seit Geburt, aber Hörschädigung erst mit fünf festgestellt. Zur Zeit mit Phonak Naida Marvel 30 SP versorgt