Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

Antworten
Rauschen.T
Beiträge: 19
Registriert: 12. Aug 2025, 19:00
Wohnort: Hamburg

Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#1

Beitrag von Rauschen.T »

Moin zusammen,

ich hab hier gerade einen Artikel vom DSB (Deutscher Schwerhörigenverbund e.V.) im Internet gefunden. Das könnte für viele interessant sein:

Verweigerung der Wiederversorgung mit Hörgeräten nach Ablauf von 6 Jahren
Im Rahmen der Beratungsarbeit im Deutschen Schwerhörigenbund erfahren wir seit etwa einem halben Jahr gehäuft, dass Anträge auf eine Wiederversorgung mit Hörhilfen nach Ablauf von 6 Jahren abgelehnt werden.

Bei diesem Vorgehen handelt es sich offensichtlich um einen Bruch mit der bisherigen Praxis. Denn bis dato – und seit mehreren Jahrzehnten – war der Anspruch auf eine Wiederversorgung nach diesem Zeitraum unter allen Krankenkassen unstrittig und wurde nie abgelehnt.

Die neue Praxis steht auch im Widerspruch zur vom G-BA beschlossenen und für die Krankenkassen bindenden Hilfsmittelrichtlinie. Insofern hält der DSB das Vorgehen für rechtswidrig. Rechtlich ist der regelmäßige Versorgungszeitraum von 6 Jahren nämlich in § 31 der Hilfsmittelrichtlinie verankert. Dieser sieht vor:

§ 31 Wiederverordnung

„1 Die Wiederverordnung von Hörgeräten vor Ablauf von fünf Jahren bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs sowie vor Ablauf von sechs Jahren bei Erwachsenen bedarf einer besonderen Begründung. 2 Ein medizinischer Grund kann z.B. die fortschreitende Hörverschlechterung sein. 3 Technische Gründe ergeben sich aus dem Gerätezustandsbericht.“

Die Festlegung einer besonderen Begründung vor Ablauf des jeweils genannten Zeitraums setzt voraus, dass es einer solchen Begründung nach Ablauf nicht bedarf. Der Anspruch auf eine regelmäßige Wiederverordnung nach Ablauf von 6 Jahren ist dabei nicht in besonderen äußeren Gründen wie einer Hörverschlechterung oder dem Gerätezustand begründet. Der 6-Jahres-Zeitraum leitet sich vielmehr aus dem Anspruch der Versicherten nach § 2 SGB V auf eine Leistung ab, die hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit den medizinischen Fortschritt berücksichtigt:

§ 2 Abs. 1 SGB V: (...) „Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.“

Dem Zeitraum von 6 Jahren liegt die Annahme zugrunde, dass sich in diesem Zeitraum die Hörgerätetechnik derart fortentwickelt hat, dass die ursprünglich ausgegebenen Systeme nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Dieser Zeitraum von 6 Jahren, der in der Hilfsmittelrichtlinie durch den G-BA bindend kodifiziert wurde, hat deshalb in viele Regelungen der Hörversorgung Einzug gehalten:

In den Versorgungsverträgen der Krankenkassen mit den Hörakustikern ist der Versorgungszeitraum durch die Reparaturpauschale auf 6 Jahre festgelegt.
Auch in den Versorgungsverträgen wird eine Zustimmung zu einer Folgeversorgung nur „vor Ablauf des Versorgungszeitraums“ gefordert.
Im Hilfsmittelverzeichnis der GKV wird für Hörhilfsmittel festgelegt: „Es dürfen nur Hilfsmittel abgegeben werden, deren Reparatur für mindestens 6 Jahre sichergestellt ist.“
Da sich die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts bei Hörgeräten – insbesondere auch in Bezug auf ihre audiologischen Eigenschaften und Gebrauchsvorteile – in den letzten zwei Jahrzehnten eher weiter beschleunigt als verlangsamt hat, besteht auch kein Anlass, diesen regelmäßigen Versorgungszeitraum zu verlängern.

Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. kommt deshalb zu dem Schluss, dass das neue Vorgehen der Krankenkassen nicht nur im Widerspruch zur bisherigen Praxis steht und eine Verschlechterung für die Versicherten bedeutet. Sie handeln deshalb auch definitiv gegen geltendes Recht, unmittelbar gegen den § 31 Hilfsmittelrichtlinie und mittelbar gegen das Gebot des technischen Fortschritts nach § 2 SGB V.



Bei Fragen zum Thema Hörgeräteversorgung können Sie sich jederzeit an unsere Beratungsstellen wenden.

Quelle - DSB (Deutscher Schwerhörigenverbund e.V.)
*Nichts kann dich mehr beeinflussen als das Augenlicht oder das Gehör*
Demütig durch das Leben gehend...
akopti
Beiträge: 1345
Registriert: 17. Aug 2016, 23:06
9

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#2

Beitrag von akopti »

Dieses Vorgehen waren die VdeK Kassen, also Ersatzkassen. Laut einem neuen Vertrag der Barmer, schert diese jetzt aus und kehrt wieder zum 6Jahres Zeitraum zurück. Ich denke, das andere Ersatzkassen dem folgen werden.
Rauschen.T
Beiträge: 19
Registriert: 12. Aug 2025, 19:00
Wohnort: Hamburg

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#3

Beitrag von Rauschen.T »

das hört sich gut an... es gibt nichts schlimmeres, die Betroffenen hängen zu lassen
*Nichts kann dich mehr beeinflussen als das Augenlicht oder das Gehör*
Demütig durch das Leben gehend...
Ohrenklempner
Beiträge: 10941
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#4

Beitrag von Ohrenklempner »

Ich habe schon vor einiger Zeit prophezeit, dass die Krankenkassen auf kurz oder lang zur alten Regelung (neue Hörgeräte nach sechs Jahren ohne Diskussion) zurück kehren, weil die Neuregelung keine Kosten spart. Die Barmer hat jetzt genug von dieser Bürokratie. Die anderen Kassen werden folgen.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... 🤓

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten fragen Sie nicht mich sondern Ihren Hörakustiker (m/w/d)! 👍
Rauschen.T
Beiträge: 19
Registriert: 12. Aug 2025, 19:00
Wohnort: Hamburg

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#5

Beitrag von Rauschen.T »

ja, das ist zu hoffen... dass die Barmer und andere nach erst 9 Jahren neue HG genehmigen, das ist doch komplett daneben. Zum Glück hat es die Barmer wohl kapiert, dass es so nicht gehen kann
*Nichts kann dich mehr beeinflussen als das Augenlicht oder das Gehör*
Demütig durch das Leben gehend...
Ohrenklempner
Beiträge: 10941
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#6

Beitrag von Ohrenklempner »

Das mit den 9 Jahren ist ein Mythos. Neue Hörgeräte werden bezahlt, wenn die alten Geräte keine ausreichende Leistung mehr haben (Hörverschlechterung), verloren sind oder nicht mehr repariert werden können. Kurzum: Wenn keine zweckmäßige Hörgeräteversorgung mehr gegeben ist. Das kann auch nach 10 Jahren noch nicht der Fall sein. ;)
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... 🤓

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten fragen Sie nicht mich sondern Ihren Hörakustiker (m/w/d)! 👍
Ohrenklempner
Beiträge: 10941
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#7

Beitrag von Ohrenklempner »

.
Zuletzt geändert von Ohrenklempner am 20. Aug 2025, 20:16, insgesamt 1-mal geändert.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... 🤓

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten fragen Sie nicht mich sondern Ihren Hörakustiker (m/w/d)! 👍
Rauschen.T
Beiträge: 19
Registriert: 12. Aug 2025, 19:00
Wohnort: Hamburg

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#8

Beitrag von Rauschen.T »

ich meinte auch mehr die Laufzeit... wenn mir die KK vorschreibt, nach 9 Jahren darfst du neue Geräte haben, das ist eine Frechheit...
*Nichts kann dich mehr beeinflussen als das Augenlicht oder das Gehör*
Demütig durch das Leben gehend...
Ohrenklempner
Beiträge: 10941
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#9

Beitrag von Ohrenklempner »

Das weißt du ja nicht. Vielleicht sagt sie auch schon nach drei Jahren, dass sie dir neue Geräte bezahlt.
Die Krankenkasse zahlt bei Notwendigkeit Hörgeräte, und das ist das wichtigste.

Also nicht falsch verstehen, denn ich verkaufe lieber Hörgeräte als Reparaturpauschalen abzurechnen. Außerdem ist es viel einfacher für mich als Akustiker ohne diese Versorgungsanzeigen wegen Hörverschlechterung, Verlust, Irreparabilität (gibt es das Wort?) und so weiter. Ich stehe aus reinem Eigeninteresse auf der Seite der 6-Jahres-Regel. ;)

Ich kann aber auch die andere Seite völlig nachvollziehen. Ich erlebe es selbst oft, dass meine Kunden sagen, sie möchten jetzt neue Hörgeräte haben, weil die sechs Jahre rum sind. Nicht, weil sie mit den alten Geräten nicht mehr zurecht kommen, sondern einfach so, weil die Krankenkasse es bezahlt.
Es gibt auch Fälle, da sehnen sich die Versicherten die sechs Jahre herbei. Das ist meist der Fall, wenn sich jemand überhastet das erstbeste Hörgerät hat aufquatschen lassen und es selten tragen konnte, weil es nicht das "Richtige" war. Aber meistens ist es einfach nur der Wunsch nach etwas Neuem. Die Argumentation mit dem technischen Fortschritt... na ja, ich weiß nicht. Soll ein Hörgerät nicht mehr auf aktuellem technischen Stand sein, nur weil die Technik vor mehr als sechs Jahren auf den Markt kam? Die Argumentation ist sehr schwach. Wer sich im Frühjahr ein Widex Moment, ein Resound Key oder ein Oticon Jet gekauft hat, könnte sich freuen, denn die Geräte sind veraltet und es besteht der Anspruch auf Neue. :lol:
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... 🤓

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten fragen Sie nicht mich sondern Ihren Hörakustiker (m/w/d)! 👍
deaf_tom
Beiträge: 376
Registriert: 6. Apr 2025, 15:23

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#10

Beitrag von deaf_tom »

Ich verstehe das Problem auch nicht so recht.

Will der Kunde ein neues HG kaufen, einfach nur um das aktuellste Gerät zu haben, kann er sich das doch jederzeit kaufen.
Nur eben ohne die Leistung der Krankenkasse.

Wenn es irgendwann ein Gerät geben sollte, dass bei mir den absoluten "Will Haben-Reflex" auslöst, würde ich mir das auch so kaufen, egal ob sich die Krankenkasse beteiligt oder nicht.

Und wenn es medizinisch notwendig ist, zahlt die Krankenkasse doch sowieso immer.
Signia Pure Charge&Go BCT 7 IX
Tomatenschere
Beiträge: 4
Registriert: 10. Jul 2025, 18:10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#11

Beitrag von Tomatenschere »

Meiner Meinung nach ist das Hauptproblem die komplette Willkür.
Ich habe Kunden, da wird problemlos nach 6 Jahren eine neue Versorgung von der Barmer genehmigt ohne Verordnung ohne Hörverschlechterung etc.
Dann habe ich Kunden, da kostet eine Reparatur wirklich einiges, abgelehnt.
Verlust einer Seite, gleiches Gerät aber nicht mehr zu bekommen bzw. entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen, zweite Seite, abgelehnt.
Hörverschlechterung, abgelehnt.
Motorische Fähigkeiten nachgelassen, Schlaganfall, etc, alles abgelehnt.
Ich habe Kunden die möchten durch alle Instanzen gehen, aber irgendwann kommt laut Kundenaussagen dann ein Anruf von der Barmer, warum verlieren sie ihre Hörgeräte nicht einfach im Urlaub. Dann kommen die Kunden zu mir! und fragen mich! ob das nicht Betrug wäre und sie vor Gericht, dann nicht noch schlechtere Chancen hätten. Das geht gar nicht.
Mir ist das doch egal, ob nach 6,7,8,9 oder 20 Jahren ein Neuanspruch genehmigt wird, eine feste Regelung wäre eine große Erleichterung
Ohrenklempner
Beiträge: 10941
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
10

Re: Verweigerung von Hörgeräten - DSB Artikel

#12

Beitrag von Ohrenklempner »

Absolut. Du weißt vorher nicht, wie wahrscheinlich die Genehmigung ist, und das ist echt ätzend.
Ein ganz aktueller Fall hat mit seiner geringgradigen Hörschädigung beim ersten Versuch spontan die Folgeversorgung genehmigt bekommen. Ein anderer Fall nicht, obwohl sogar eine Verschlechterung von mittelgradig auf ziemlich doll hochgradig ärztlich bescheinigt wurde. Nach einigem Hin und Her wollte ich wenigstens die HP-Otoplastiken übernommen haben, weil normale P-Hörer in der vorhandenen Otoplastik nicht mehr ausreichten. Am Ende wurden von der Krankenkasse nur die popeligen 2x 42,80 (Festbetrag Otoplastik) übernommen. Kundin hatte aber keine Lust auf Streit und hat den Aufpreis für die Otos selbst bezahlt.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... 🤓

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten fragen Sie nicht mich sondern Ihren Hörakustiker (m/w/d)! 👍
Antworten