DGS lernen?

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Wildrose
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DGS lernen?

#1

Beitrag von Wildrose »

Hallo,

nach längerer Zeit melde ich mich wieder. Mein Sohn ist mittelgradig Schwerhörig und nun Schulpflichtig. Da in der Schule nur die Lautsprache beigebracht wird. Habe ich nun bedenken. Was wenn die Schwerhörigkeit zunimmt? Und er vor der Entscheidung CI steht. Sollten wir ihm privat die GS beibringen? Was meint Ihr Betroffenen oder Angehörigen dazu?

Danke für die Antworten.

Gruss

WR
:)
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
Birgit
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Re: DGS lernen?

#2

Beitrag von Birgit »

Hallo Wildrose,
also ich würde es erstmal nicht tun, denn es wäre für euch alle eine Fremdsprache, die ihr, da euer Sohn auch nur mittelgradig schwerhörig ist, sicher nicht konsequent benutzen würdet. (Sorry für den Schachtelsatz :crazy: ) Also wird keiner von euch die Sprache vernünftig lernen.....
Ich vergleich das mal mit der Blindenschrift: In den Schulen für sehgeschädigte und blinde Kinder wird die auch nur denen beigebracht, die sie wirklich brauchen, weil sie sonst nämlich nicht wirklich gut lesen lernen. das schreiben klappt schneller...das hat damkit zu tun, dass die Kinder, aber auch wir Erwachsenen natürlich versuchen, den (noch) vorhandenen Sinn zu nutzenund bei der Punktschrift diese dann mit den Augen lesen, was wesentlich langsamer als mit den fingern geht...
Sich damit befassen macht natürlich trotzdem Sinn, aber sobald eine Sprache/Schrift gebraucht wird, lernen die Kinder diese ganz schnell. (Auch mittelgradig schwerhörige Kinder können sehr schnell DGS lernen, wenn ihre Freunde DGS sprechen) Dies ist nicht meine Ausage, sondern die eines jungen Mannes, der nach der 7. Klasse die Schule (für Schwerhörige) gewechselt hat, um seinen Realschulabschluss zu machen. Dort hat er in kürzester Zeit DGS gelernt und wendet jetzt die Sprache an, die er jeweils braucht...Mit hörenden Freunden/Familie/ Arbeitsplatz/etc. Lautsprache, mit gehörlosen Freunden DGS. Er ist übrigens an Taubheit grenzend schwerhörig.
Auch Fremdsprachen lernt man am schnellsten und besten im jeweiligen Land, wenn kein anderer Deutsch versteht.
So nun eine gute Nacht
Birgit +
Christiane 5/86
Claudia 10/92, an Taubheit grenzend,fast blind und....
Cornelia 06/97
phil71
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Re: DGS lernen?

#3

Beitrag von phil71 »

Ich habe selber zwei Kinder eins leicht bis mittel Schwerhörig und eins hochgradig Schwerhörig ich lerne mit beiden DGS!
Es ist schwer konsequent dabei zu bleiben und es erfordert viel disziplin auch Familiär beides hören und DGS zu integrieren.
Wir üben immer wieder und es macht viel spaß denn meine anderen drei hörenden Kinder haben genau dieselben Rechte zu hören wie die Hörgeschädigten zu gebärden!
Also bei uns ist eine Frage der Disziplin!
Nur Mut es ist wichtig für Kinder zu gebärden !
Wenn Du mehr wissen möchtest oder Dich austauschen magst mail mich an ich kann Dir viel dazu schreiben!
Ein schönes Wochenende
Phil

Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht so sicher. (Einstein)
Wildrose
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Re: DGS lernen?

#4

Beitrag von Wildrose »

Hallo,

danke für die Antworten.

@Birgit,
Du meinst also, wir sollen es mal vorerst lassen. Da er ja in eine Lautsprachenschule kommt und DGS warscheinlich von den Lehrern nicht gern gesehen wird. Aber was ist, wenn sich sein Hörvermögen verschlechtert? Dann CI und er verpasst in der Anpassungsphase soviel. Das ist wieder ein Rückschlag für ihn. Klar, es wäre eine Fremdsprache für uns. Und ohne Übung und Gesprächspartnern werden wir es warscheinlich nicht richtig lernen. Wobei ich auch glaube, dass die DGS viele Vorteile hat. Und er später bei bedarf es nicht von anfang lernen muss. Als Kind lernt man es ja viel schneller. Als im Alter. Ach, ich weiss nicht. Danke Dir für Deine Antwort.
Gruss

@Phil
danke für Deine Antwort. Du lernst also aktiv mit Deinen Kids DGS. Es macht bestimmt spass. Wie ist es dann mit der Lautsprache innerhalb der Familie. Und welche Schulen besuchen Deine HG Kinder? Meiner kommt ja in eine Lautsprachenschule. Er ist der einzige mit Hörgeräten in der Schule. Vorteilhaft: es sind nur vier Kinder in der ersten Klasse. Und es ist eine Förderschule, weil mein Sohn Entwicklungsverzögert ist und Konzentrationsschwächen hat. Würde er es schaffen, beides zu meistern? Also Lautsprache und DGS.
Gruss
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
Timtomm

Re: DGS lernen?

#5

Beitrag von Timtomm »

Wildrose,

ich bringe doch meinen Kindern jetzt auch nicht chinesisch bei, damit sie später, falls sie mal beruflich nach China müssten, diese Sprache schon beherrschen. Was ich damit sagen will. Wenn Du eine Sprache nicht regelmäßig und vor allem im Alltag gebrauchst, dann verlernst Du sie auch wieder, egal ob Du sie in der Kindheit gelernt hast oder nicht. Und warum willst Du denn Deinem Kind DGS beibringen lassen, wenn es mittelgradig schwerhörig ist? Du weißt doch gar nicht, ob es jemals ein CI brauchen wird oder die DGS nutzen wird. Und Du kannst doch Dein Kind sowieso nicht auf alle Eventualitäten in der Zukunft vorbereiten.. Außerdem, wie willst Du denn Deinem Kind erklären, dass es die DGS erlenen soll, wenn es gut in die Lautsprache hineinkommt und keine Freunde und niemanden in der Familie hat, der die DGS richtig beherrscht. Was soll denn bitte die Motivation für Dein Kind sein? Du kannst ja schlecht sagen..."falls Du mal in naher Zukunft schlechter hören wirst, dann bist Du wenigstens vorbereitet". Klingt für mich absurd. Ich brauche doch auch eine bestimmte Motivation, um eine Sprache zu erlernen. Z.B. ich lerne Spanisch, weil ich bald nach Spanien fahren möchte oder ich lerne Italienisch, weil ich mich schon immer mit meinen itaienischen Verwandten in deren Sprache unterhalten wollte. Aber Dein Kind hat ja gar keine Motivation, die aus dem Alltag kommt, außer, dass es eventuell mal schlechter hören könnte und so etwas würde mich eher demotivieren.

Grüße!
Andrea Heiker
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Re: DGS lernen?

#6

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Wildrose,

die Angst vor einer evtl. Hörverschlechterung ist m.E. kein Grund Gebärden zu erlernen. Selbst wenn sich das Gehör verschlechtern sollte, wird man nicht von jetzt auf gleich taub. Der Prozess ist normalerweise ein allmählicher Prozess, bei dem das Verstehen schwieriger wird. Heute wartet man mit dem Ci auch nicht mehr bis man ganz taub ist, sondern man implantiert, wenn das EInsilberverstehen unter einer bestimmten Grenze rutscht. Wenn man das Hören zudem gewohnt ist, erreicht man in der Regel schon nach wenigen Tagen oder Wochen mit CI den Stand, den man vor der OP hatte und nach einigen weiteren Wochen oder Monaten hört man wesentlich besser.

Um Gebärden zu erlernen gibt es bessere Gründe als die Angst vor einer Verschlechterung des Hörvermögens. Du selbst musst abwägen, ob DGS für Deinen Sohn hilfreich ist. Hat er Schwierigkeit die gesprochene Sprache umzusetzen, wenn ja würde ich eher für DGS tendieren und wenn nicht dann eher nicht, dann würde ich in der Zeit Dein Kind eher anderweitig fördern, zumal ja Förderbedarf zu bestehen scheint.

GRuß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Wildrose
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Re: DGS lernen?

#7

Beitrag von Wildrose »

@Timtomm
also Dein Beispiel mit China, passt wirklich nicht hier rein. Und was DGS angeht, sie steht sehr nah zu Schwerhörigkeit und wie mann liest und sieht, gibt es genug Menschen mit Schwerhörigkeit die die DGS erlernt haben und sie auch in bestimmten Situationen anwenden. Das kenne ich auch von der Schwerhörigen Schule hier vor Ort. Das macht den Menschen, dass Leben leichter. Den Schwerhörige Menschen stehen zwischen zwei Welten. Lautsprache, die sie möglicherweise nicht richtig beherrschen und die Welt der DGS. Und sie suchen sich das für sie passende raus.

Und die Verschlechterung des Hörvermögens ist nun mal bei Kindern sehr hoch. Da bei Kinder in jeder Wachstumsphase der Hörvermögen verschlechtert werden kann. Und CI... die grosse Hilfe. Es ist im normalen Leben auch so, dass fast alle Kinder so wie ich es hier im Schwerhörigenkindergarten auch sehe. Die DGS erlernen. Warum nur???

Nun ich hoffe, für mein Sohn echt das es nie dazu kommt, dass sich sein Hörvermögen verschlechtert. Aber ein sehr gutes Beisspiel war ein Kind in seinem Kiga. Er war am Anfang mittelgradig Schwerhörig. Nun nach einem Jahr hat er eine hochgradige Scherhörigkeit bis hin zur Taubheit. Und jetzt trägt er CI. Und lernt nebenbei DGS.

Du magst Recht haben, dass wir hier womöglich keinen Kontakt haben werden zu Menschen die die DGS anwenden. Aber was wenn mein Sohn doch die Schule wechselt und in die Schule für Schwerhörige Kinder kommt. Dort lernen die Kinder DGS. Und ihm fehlt der Anschluss.

Danke für Deine Meinung, aber ich werde ihm doch Schnupperstunden in DGS geben. Weil ich es doch für Sinnvoll halte.

@Andrea, Du hast Recht was das CI angeht. Mann kann es machen lassen. Aber die Tatsache ist doch die, dass alle Kinder die ich kenne die CI tragen auch die DGS anwenden neben bei. Das macht Ihnen das Leben leichter. Ich hoffe, für meinen Sohn echt. Das es nie soweit kommt. Aber die DGS nebenbei ist bestimmt kein Nachteil.

Also das Buch habe ich schon bestellt. Und ich denke nicht das es eine falsche Entscheidung war. Das Thema ist hiermit abgeschlossen.

Danke euch für eure Meinungen.

Gruss
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
Timtomm

Re: DGS lernen?

#8

Beitrag von Timtomm »

Es war nicht meine Absicht die DGS mit chinesisch zu vergleichen, sondern ich wollte Dir damit sagen, dass die DGS ja eine eigenständige "Sprache" ist und man eine Sprache nur erlernen kann, wenn es (a) eine Motivation dafür gibt und (b) diese im Alltag ihre Anwendung findet. Ich finde es jedoch nicht sinnvoll diese als "Vorbeugung" oder eventuelle Zukunftsmaßnahme zu erlernen. Denn man kann eine Sprache auch später sehr schnell erlernen, wenn man sie braucht und mit Menschen in Kontakt kommt, die diese bereits beherrschen. Es kommt eben, wie Andrea geschrieben hat auf die Gründe an. Wenn diese plausibel sind und Dein Kind Probleme hat in die Lautsprache zu kommen, dann sind das andere Gründe, als die Zukunftsgründe, die Du zu Anfang genannt hast. In Deinem letzten Beitrag kamen ja auch ganz andere Gründe zum Vorschein, als am Anfang dieses Threads.
Karin
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Re: DGS lernen?

#9

Beitrag von Karin »

Mal ganz im Ernst, DGS kann man spielerisch nebenbei lernen.
Je mehr Sprachkompetenz man hat, desto besser ist es. Es soll ja nicht in Stress ausarten, sondern dem Kind Spaß bereiten. Wenn dann noch die zukünftigen Aussichten nicht so gut aussehen - gibt es einen Grund mehr DGS zu lernen. Kontakte kann man finden und pflegen.

Viele Leute lernen aus Spaß an der Freude DGS und schwerhörigen Kindern sollte es nicht vorenthalten werden. Es kann in vielen Situationen sehr hilfreich sein. Außerdem fördert die DGS auch die Lautsprachkompetenz.

Ich empfehle:
Niedersächsisches Institut für die
Gesellschaft Gehörloser und
Gebärdensprache e.V.
Wissenschaftlicher Vortrag
Spracherwerb hörender und
hörgeschädigter Kinder
- Gebärdensprache unterstützt den Spracherwerb -
Referentin:
Barbara Stumper
Dipl. Psychologin und Logopädin
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Der Vortrag wird von Gebärdensprachdolmetschern gedolmetscht
Wann und wo:
am 08. September 2007 um 14 00 Uhr
im Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in
Braunschweig, Charlottenhöhe 44
Dipl.-Psych. Barbara Stumper hat in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Gisela Szagun, PhD BSc, die
Forschungsarbeiten zum Erwerb von Grammatik und Wortschatz bei Kindern durchgeführt und
Datenmaterial von Spontansprache bei deutschsprachigen Kindern erhoben.
Sie haben gemeinsam den Verlauf des Spracherwerbs dieser Kindern im Detail erforscht und sind
auch der Frage nach den möglichen Ursachen für die großen individuellen Unterschiede im
Beherrschen der Lautsprache bei den Kindern nachgegangen. Sie sehen den Erwerb von
Lautsprache und Gebärdensprache als förderlich für viele Kinder an.
Eintritt: 4 Euro
Um Anmeldung wird erbeten unter Fax: 05331 – 69215 oder per Mail an info@nigggs.de mit
Betreff: Vortrag B. Stumper.
Die An-/Abreise sowie der Aufenthalt in der LBZH-BS erfolgt auf eigene Gefahr. NIGGGS e.V. übernimmt keine Haftung für Schäden die während
des Aufenthalts im LBZH-BS entstehen.
Niedersächsisches Institut für die Gesellschaft Gehörloser und Gebärdensprache e.V. (NIGGGS)
Am Bleek 27 38304 Wolfenbüttel Internet: www.nigggs.de

Viele Grüße
Karin
Zuletzt geändert von Karin am 21. Jul 2007, 14:59, insgesamt 1-mal geändert.
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
mäusepeter
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Re: DGS lernen?

#10

Beitrag von mäusepeter »

Hallo Wildrose,

ich befinde mich im Moment genau in der gleichen Entscheidungsphase wie Du.
Julie hat im August 2006 2 CI´s bekommen und hört super damit.
Aussenstehende bemerken sehr selten was mit Julie los ist, weil sie gut hört, normal spricht und die Haare auch die CI´s verdecken. Das ist ja alles toll und klappt super.
Als ich schon mal im Forum um Meinungen zum Erlernen von DGS gebeten hatte, gab es viele Hinweise wie nützlich DGS werden kann. Es wurde immer wieder gesagt, ihr werdet in
Situationen kommen wo ihr sie braucht, ihr werdet an Grenzen stoßen.
Und schon heute weiß ich, dass diese Leute recht hatten.
Unsere Kinder sind eben taub oder schwerhörig und wenn sie ihre Hilfsmittel nicht haben
wird einem das immer erst bewußt. Wir waren 1 Woche an der Ostsee-davon hat es 1 Woche geregnet! D.h. wir haben 3 komplette Tage im Schwimmbad verbracht.
Und wenn ich es bis dahin nicht kapiert hatte- da war mir klar was die Leute mit "unseren Grenzen" meinten. Am Ende war es mir sogar peinlich, dass ich mit Julie nicht vernünftig gebärden konnte und wir uns oft missverstanden haben.
Ich bemühe mich auch gerade den richtigen Weg zum Erlernen der DGS zu finden, ich denke dass Julie trotz CI`s oft im Leben diese Möglichkeit nutzen wird.

Liebe Grüße und gute Erfolge Mäusepeter mit Julie (06/04) 2 CI´s seit 08/06
Nina M.
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Re: DGS lernen?

#11

Beitrag von Nina M. »

Wer außerdem davor zurückschreckt DGS zu lernen, weil die Sprache eben wirklich kompliziert ist (eigene Grammatik etc.), der kann auch erstmal mit Lautsprachbegleitenden Gebärden bzw. einfach mit einzelnen Gebärden anfangen.
Wenn man das CI mal nicht an hat/nichts hört, dann hilft es schon, wenn es immerhin für bestimmte Dinge eine Gebärde gibt. Und Gebärden für essen, trinken, gehen/laufen, mitkommen, etc. sind oft sehr naheliegend, also schnell zu lernen und zu merken.

Ich kann auch nicht wirklich DGS, aber immerhin einige Gebärden, so dass ich mich auch ohne CI einigermaßen mit ebenfalls gebärdenden Leuten verständigen kann. ;)

Gruß,
Nina
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Gudrun
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Re: DGS lernen?

#12

Beitrag von Gudrun »

Hallo Wildrose,

du hast dich ja schon entschieden, dass du deinem Sohn sicherheitshalber DGS beibringen möchtest. Ich möchte es dir nicht ausreden, ich finde es o.k., da dein Sohn bereits älter ist und "nur" mittelgradig schwerhörig ist, das heißt, er bekommt schon viel Lautsprache über sein Gehör rein. Ich finde es trotzdem sinnvoll, wenn das Hauptgewicht auf der Lautsprache bleibt, da diese Sprache und auch das Gehör sich noch in der Entwicklung befinden. Bei einem stark schwerhörigen Kind sähe ich es schon kritischer für die Entwicklung der Lautsprache an, wenn zusätzlich DGS angewandt wird, aber auch da kommt es auf den Einzelfall und die Situation an.

Ich möchte dir also nicht ausreden, keine DGS beizubringen, sondern hier nur meine Gedanken schreiben, wie ich entscheiden würde. Ich selbst würde - wenn ich in deiner Situation wäre - meinem Kind nicht vorbeugend DGS beibringen, aus folgenden Gründen:

1) Das Verschlechterungsrisiko ist in meinen Augen nicht so hoch, aber ich habe hier keine Zahlen, es ist mein subjektives Empfinden, wenn ich an alle hörgeschädigten Freunde und Bekannte denke, die ich habe.

2) Wenn doch eine Verschlechterung eintritt, erfolgt meistens noch nicht die völlige Ertaubung, sondern eben "nur" eine Verschlechterung, auch wenn sie heftig sein kann (z.B. bei einem Hörsturz). Ab diesem Zeitpunkt kann man dann immer noch DGS erlernen.

3) Ein Kind, das an die Schwerhörigenschule wechselt und schlecht hört, lernt von seinen Klassenkameraden (die DGS können) automatisch gebärden, in einer lautsprachorientierten Schule lernt es in der Pause und auf dem Schulweg gebärden bzw. zumindest LBG oder LUG (lautsprachunterstützende Gebärden).

4) Man kann mit dem Kind Ablesen lernen, indem man seine Hörhilfen rausnimmt und/oder mit ihm ohne Stimme spricht. Ich selbst kann meine Familie ohne Hörgeräte immer noch recht gut verstehen, da ich von klein auf aufs Ablesen "geeicht" wurde. Wenn ich nun monatelang ohne Hörgeräte rumlaufen würde, würde ich meine Ablesefähigkeiten mit Sicherheit erheblich steigern können. Ich bin mir auch ziemlich sicher, im Fall einer völligen Ertaubung immer noch die Lautsprache gegenüber der DGS zu bevorzugen, da meine Ablesefähigkeiten als Kind besonders gut waren und ich sie nur noch auffrischen müsste.

Ich würde also bei einem hörgeschädigten Kind eher das Ablesen in hörgerätefreien Zeiten (also nicht die ganze Zeit hindurch!) als DGS fördern. Denn durch Ablesen kann ich mich mit allen hörenden Menschen unterhalten, mit DGS kann ich es nicht, sondern nur mit DGS-kompetenten Menschen. (Ich mag den Begriff "Absehen" nicht und verwende ihn deshalb nicht.)

Summa summarum: Ich würde das Ablesen zwischendurch (!) trainieren. Meine Mutter hat daraus immer ein Spiel gemacht, z.B. haben wir uns früher gern durch Fenster unterhalten (wenn etwa ich im Auto saß und meine Mutter in der Bäckerei stand und sie fragte mich: "Soll ich dir ein Hörnchen mitbringen?" oder wenn sie im Garten war und ich drinnen im Haus). Wenn ich abends und morgens ohne Hörgeräte rumlief, sprach sie auch mit mir, genauso unterhielt sie sich mit mir, wenn ich in der Badewanne saß oder wir beim Schwimmen waren. Am lustigsten war es, wenn wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln fuhren und uns über unsere Sitznachbarn und andere interessante Menschen in unmittelbarer Nähe unterhielten. Oder ich tauschte mit Familienmitgliedern in Anwesenheit anderer Menschen stimmlos Geheimnisse aus. Meine ganze Familie machte gern ein Spiel daraus, meine Eltern und mein Bruder waren stolz darauf, dass auch sie mich verstehen konnten, wenn ich stimmlos sprach. Außerdem wandten wir automatisch Mimik und natürliche Gebärden an, von denen es viele gibt.

Nur im Fall einer dramatischen Verschlechterung würde ich Gebärden einsetzen, aber nicht vorher, weil Kinder im Erlernen von Gebärden (eher LBG als DGS) schnell sind. Einfach aus dem Grund, weil es für mich viel wichtiger wäre, dass mein Kind nicht verlernt, sich mit hörenden Menschen, die keine DGS können, zu unterhalten.

Ich kenne 3 seit dem Kleinkindalter vollständig taube Leute, die die volle Lautsprachkompetenz haben, sie alle haben das Ablesen trainiert, zwei von ihnen lernten in der Schule (aber nicht von ihrer Familie) und durch Freunde gebärden, so dass sie sehr lautsprach- und sehr DGS-kompetent sind. Die dritte hat keine gute DGS-Kompetenz, weil sie sich in der Lautsprache und in der hörenden Welt zuhause fühlt und fantastisch ablesen kann.
Zuletzt geändert von Gudrun am 23. Jul 2007, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
Uli R.
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Re: DGS lernen?

#13

Beitrag von Uli R. »

Hallo,
ich finde LGB zur Unterstützung sehr nützlich.
Wer behauptet, dass der Gebrauch von Gebärden den Spracherwerb erschwert oder verzögert hat keine Ahnung.
Eine gewisse Schwierigkeit habe ich mit "Ablesen". Man sollte absehen sagen, denn das kommt näher. Wer vollkommen taub ist kann nicht 100% ig ablesen. Das sind Ammenmärchen. Es drittelt sich: Ein Drittel Absehen, ein Drittel Themenkenntnis und das restliche Drittel bringt Verstehen durch Hörreste.
Mir ist aber klar, dass man JEMAND kennt der schon mal JEMAND gesehen hat der mit JEMAND verwandt ist und JEMAND kennt der vollkommen taub ist und 100%ig Ablesen kann. :)
Uli

Gudrun
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Re: DGS lernen?

#14

Beitrag von Gudrun »

Uli R. hat geschrieben:Wer behauptet, dass der Gebrauch von Gebärden den Spracherwerb erschwert oder verzögert hat keine Ahnung.
Uli, ich bin mit Sicherheit nicht ahnungslos. Es kommt darauf an, WIE Gebärdensprach- und Lautspracherwerb erfolgen, vor allem bei ausschließlich hörgerichteten Spracherwerb macht es sehr wohl einen Unterschied, ob mit oder ohne Gebärden(sprache) erzogen wird, gerade in den ersten Lebensjahren, da hier die Hörbahnreifung noch nciht abgeschlossen ist. Und ich habe den Eindruck, dass sehr viele Leute um diese Tatsache nicht ausreichend Bescheid wissen und mir deshalb aus Unwissenheit widersprechen. Es muss jeder für sich entscheiden, ob er mit oder ohne Gebärden(sprache) erzieht, und ich möchte hier auch keine Grundsatzdiskussion lostreten.
Ein Drittel Absehen, ein Drittel Themenkenntnis und das restliche Drittel bringt Verstehen durch Hörreste.
Man kann auch bei völliger Taubheit den Inhalt (nicht die Sprache!) zu 100 % erfassen. Auch wenn nur ein Drittel der Sprachlaute wirklich erkennbar ist, die restlichen zwei Drittel lassen sich durch eine hohe Kombinationsgabe und bei gutem Mundbild des Sprechers ermitteln. Sobald jemand ein schlechtes Mundbild hat, gilt das natürlich nicht mehr.

Ich z.B. konnte mich vor nicht langer Zeit mit einer CI-Freundin, bei der ich mal übernachtet habe, beim Frühstück über 2 Stunden lang völlig ohne Hörhilfen und völlig ohne Gebärden unterhalten, über Gott und die Welt. Auch kann ich meine Familie ohne Hörgeräte sehr gut verstehen und mit ihnen echte Dialoge führen. Voraussetzung ist, dass sie langsam und mit klarem Mundbild sprechen, und ab und zu muss ich auch nachfragen.
Mir ist aber klar, dass man JEMAND kennt der schon mal JEMAND gesehen hat der mit JEMAND verwandt ist und JEMAND kennt der vollkommen taub ist und 100%ig Ablesen kann. :)
Die von mir erwähnten 3 volltauben Personen kenne ich alle persönlich und sie sind alle Ablesetalente.

Auch bei fremden Menschen funktioniert Ablesen, wenn sie ein vernünftiges Mundbild haben und sehr deutlich sprechen, vorausgesetzt man hat die volle Lautsprachkompetenz und kann sehr gut kombinieren.

Aber wie gesagt, zum reinen Absehen muss man sehr begabt und vor allem voll lautsprachkompetent sein. Meine seit dem 4. Lebensjahr taube Freundin hat 0 Hörreste und bewegt sich nur in der hörenden Welt. Ihre Absehfähigkeiten sind fantastisch, so toll, dass sie sogar dolmetschen muss, wenn ich ihren hörenden Freund wegen seines fremdartigen Dialekts nicht verstehe.
Zuletzt geändert von Gudrun am 23. Jul 2007, 22:08, insgesamt 4-mal geändert.
Uli R.
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Re: DGS lernen?

#15

Beitrag von Uli R. »

Hallo Gudrun,
ich gestehe Dir zu das zu glauben. Ich glaube das nicht.
Meine Person ist da doch das beste Beispiel: Gutachterlich war ich lange taub, hatte aber immer noch kleine Hörreste mit deren Hilfe, Themenkenntnis und Absehen kam ich auch über die Runden.
Uli
Wildrose
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Re: DGS lernen?

#16

Beitrag von Wildrose »

Hi,

danke für die zahlreichen Beiträge... DGS lernen... bis lang haben wir nichts gemacht, da mich auch einige Leute überredet haben, dass ich meinen Sohn auf anderer Basis fördern solle. Nu... jetzt hat sich sein Hörvermögen doch verschlechtert er kommt mittlerweile bis 70 dB. Noch gut versorgt mit Hörgeräten. Er kann schon einiges vom Mund ablesen und baut bei einem Gespräch auch einige Gebärden mit ein. Also werde es doch abwarten müssen. Da zur Zeit ein wichtigerer Punkt zur Debate steht.

Gruss
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
zweifachemami
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Re: DGS lernen?

#17

Beitrag von zweifachemami »

ich fand es immer schade das meine Eltern es nicht gelernt haben, heutzutage fänden sie es doch besser dass sie es wenigstens etwas gelernt hätten....auch wenn ich super gut Sprechen kann, ich kann ganz normal wie hörende Menschen sprechen, oft merkt man mir gar nicht an dass ich Hörgeschädigt bin.

Ich sehe auch keinen Grund schwerhörigen Kinder die DGS vorzuenthalten, denn die kann nur von Vorteil sein. Ich bin froh, dass ich als Kleinkind sehr ehrgeizig war und von den Großen mir die DGS abgeguckt habe und sie immer angewendet habe ausser im hörenden Umfeld nicht, da sie keiner beherrschte. Hätte ich es nicht getan, hätte ich heute nicht die Möglichkeit zu studieren, denn für die UNI brauch ich unbedingt Gebärdensprachdolmetscher nur so kann ich dem Unterricht folgen.

Und ich finds schade dass die Schule die Lehrer das als negativ empfinden wenn schwerhörige Kinder DGS lernen. Klar ist wenn die auch die Lautsprache anwenden können, diese die Möglichkeit den Kindern geben, aber DGS vorenthalten wäre doch sehr schade.

Ich merk es selbst, ich kann zwar gut sprechen aber so intensive Gespräche über die GOTT UND DIE WELT erzähl ich doch lieber gerne mit Leuten die DGS können, da kann ich mich richtig frei entfalten, alles aus der Seele baumeln lassen, aber das konnte ich bei meinen Eltern nie, auch wenn ich ein super schönes Verhältnis mit denen habe, ich denke wenns ie von vornherein DGS gelernt hätten, hätte ich viel intensivere Gespräche mit denen.

Müsste ja nicht perfekt sein, aber ich hätte dann als Kind und als Jugendliche sicherlich das Gefühl, ich werde vollkommen verstanden und ich kann vollkommen alles verstehen.

ich will damit sagen, wenn du die Kraft dafür hast, würd ich es probieren, wenn es deinem Kind Spaß macht würde ich es machen ja warum nicht, finde es immer schade wenn man sagt, ach das Kind ist ja nur (betont gesagt) mittelgradschwerhörig, da braucht man keine Gebärdensprache...
Aber um eine 100% Kommunikationsbarrierfreie Atmosphäre haben zu können, wäre es nicht schlecht die Gebärdensprahce zu lernen, selbst wenn ihr es als Unterstützende Gebärden benutzt, hat das Kind viel davon. Aber dann würde ich dem Kind trotzdem die Möglichkeit geben DGS richtig zu lernen, also dass in Schule, Kindergarten das als Standard Pflicht ist, dass die Kinder DGS lernen...die Eltern aber wenigstens unterstützende Gebärden benutzen, wenn es DGS lernen zu schwierig wird.

Wildrose
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Re: DGS lernen?

#18

Beitrag von Wildrose »

@zweifachemami,

danke für Deine Antwort und Erfahrungen. Ja, ich denke da ganu wie Du. Aber im Moment haben wir leider ein anderes Problemchen... (ein neues Thema: Förderschule) ... ich lerne zur Zeit Intensiv mit ihm, es macht ihm auch Spass. Er ist ja zur Zeit in einer Förderschule für Lernbehinderte... wo er meiner Meinung nach nicht hingehört... aber die Lehrer eben. Ich bereue es das ich damals zugesagt habe und ihn dort hin gesteckt habe. Da er mittlerweile alles aufgeholt hat und aus irgendwelchen Gründen keine lust hat in diese Schule zu gehen. Er ist auch teilweise Faul geworden. Ausser in den letzten paar Tagen, wo ich jetzt mit ihm lerne. Mal schauen...
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
kaefer

Re: DGS lernen?

#19

Beitrag von kaefer »

@Grudun

Erst im zweiten Posting schreibst du, dass Gehörlose, die talentiert sind, gut in die Lautsprache kommen können und perfekt lippenlesen können. Natürlich gibt es die, dich und deine Bekannte z.B. Begabte Leute gibts immer. Aber nicht jeder ist begabt. Das solltest du bitte bedenken.

Ich würde mich auch als begabt bezeichnen, ich bin voll taub und bin lautsprachlich aufgewachsen (wer ist das nicht, ich mein vor mind. 10 Jahren, wer mit Gebärdensprache aufgewachsen ist, ist die Ausnahme) Mit meinen Eltern kann ich mich supergut kommunizieren, in der Schule habe ich alles verstanden. Meine Erinnerung an früher sieht so aus, aber wenn ich mir genau überlege, ob es wirklich eine 100% Kommunikation war. Nee, ich glaube es nicht.
Heute bin ich verdammt froh, dass ich die Gebärdensprache beherrsche, ich kenne sie schon seit meiner Kindhet, aber aktiv verwende ich ganz selten. Mit Hilfe der Gebärdensprache konnte ich studieren und Gespräche während der Besprechungen über Gebärdensprachdolmetscher durchführen. Ohne sie kann ich nicht. Ich beherrsche die Lautsprache einfach nicht gut genug und werde es niemals tun.

Durch Studium weiß ich, dass ich schnell im Begreifen bin, daher vermute ich, dass ich dadurch auch relativ gut Lippenlesen kann und gleichzeitig den übermittelten Inhalt verstehen kann. Aber die Grenze ist da und die ist wirklich ganz eng um mich umschlungen.

Aber das ist nicht die Normalität. Ich kenne tausende Hörgeschädigte, von taub bis mittelgradigschwerhörig, und viele haben mehr oder wenig Kommunikationsschwierigkeiten per Lautsprache. Warum ist es so bekannt, dass Schwerhörige begriffsstutzig sind? Die Aussage ist verdammt wahr, eben weil Schwerhörige Zeit brauchen, um zu überlegen, was der Gesagte gesagt haben könnte und kommen nicht mehr dazu zu begreifen, was der Gesagte will. Und die Unsicherheit bei Schwerhörigen und natürlich auch bei Gehörlosen ist immer da, was nicht toll ist.

Ich freue mich, dass es bei dir toll geklappt hat und du dich ausreichend gut mit Hörenden kommunizieren kannst.
Aber ich schreibe und sage, man soll nicht mit der Gebärdensprache warten, ob das Kind gut in die Lautsprache kommt. Warum soll so viel Zeit für den Wissenerwerb verloren gehen?
Meine Eltern haben inzwischen bereut, DGS nicht gelernt zu haben.
zweifachemami
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17

Re: DGS lernen?

#20

Beitrag von zweifachemami »

hallo Kaefer...

genau das ist es...die Gebärdensprache ist so gut für den Wissenerwerb da ist es viel sinnvoller das Kind weiß viel...statt das perfekte Sprechen, was hilft einem KIND was perfekt sprechen und Lippenlesen kann aber WISSEN gleich null oder gering ist. Genau das ist auch was ich immer befürchte, perfektes Hören gibt es nicht, und wenn ja, dann ist die ZAHL sehr klein.

Ich halte es immer für nötig dass jedes Hörgeschädigte Kind die DGS lernt, und natürlich auch die Lautsprache erlernt so wie weit es möglich ist ohne jeglichen Druck und Zwang.
Gudrun
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Re: DGS lernen?

#21

Beitrag von Gudrun »

kaefer hat geschrieben:Erst im zweiten Posting schreibst du, dass Gehörlose, die talentiert sind, gut in die Lautsprache kommen können und perfekt lippenlesen können.
Oh nein, das habe ich nicht geschrieben. Ich habe geschrieben: "Aber wie gesagt, zum reinen Absehen muss man sehr begabt und vor allem voll lautsprachkompetent sein. " Von perfekt Lippenlesen spreche ich auch nicht.

Die meisten gehörlosen Kinder haben Restgehör. Wenn resthörige Kinder sehr früh mit Hörhilfen versorgt werden und intensive lautsprachliche Förderung erhalten, entwickelt sich das Restgehör weiter, so dass sich die Hörkurve mit (!) Hörhilfen in den ersten Lebensjahren im Lauf der Zeit verbessern kann. Damit verbessert sich auch die Fähigkeit, sich in der Lautsprache zu verständigen. Mir hilft mein Restgehör bei der Kommunikation sehr. Ohne hätte ich beim reinen Ablesen doch erhebliche Schwierigkeiten, außer man spricht sehr, sehr deutlich und sehr langsam. Solche gehörlosen Menschen findet ihr natürlich nicht in der Gehörlosengemeinschaft, sondern in der hörenden Welt und/oder in Schwerhörigenvereinen.

Wissenserwerb bei einem normal intelligenten Kind hängt nicht von der Sprache, sondern vom Engagement der Eltern, von der Art der Frühförderung und von den pädagogischen Einrichtungen ab.

Ich zwinge niemanden dazu, auf DGS zu verzichten. Aber es macht für die Entwicklung der Absehfähiggeiten und des Restgehörs sehr wohl einen Unterschied, in welcher Intensität Lautsprache ohne (!) Gebärden und in welcher Intensität DGS und begleitende Gebärden angewandt wird. Jede Mutter muss für sich entscheiden, welchen Weg sie geht. Es ist mir auch völlig klar, dass nicht bei jedem Kind Restgehör vorhanden ist und nicht bei jedem Kind das vorhandene Restgehör zu einem für die lautsprachliche Kommunikation verwertbaren Hörvermögen ausgebaut werden kann.

Ich habe meine zwei Postings auch hauptsächlich an Wildrose gerichtet, deren Sohn bereits etwas älter und mittelgradig schwerhörig ist. Ich bitte darum, das zu berücksichtigen.
Zuletzt geändert von Gudrun am 21. Sep 2008, 21:24, insgesamt 1-mal geändert.
Sabine
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Re: DGS lernen?

#22

Beitrag von Sabine »

Hallo Wildrose,

habe Dir gestern eine PN geschickt bzgl. Mathe. Hier fällt mir noch ein: Wenn Du wirklich der Meinung bist, dass Dein Kind nicht auf die Schule für Lernbehinderte (sorry, das heißt ja jetzt Förderschule für ...) gehört, dann lass das nochmal überprüfen und wehre Dich ggf. Das Curriculum der LB-Schule orientiert sich nicht an dem der Regelschulen, d.h. je länger Dein Sohn (unnötigerweise?) dort bleibt, desto größer wird die Schere zur Regelschule und umso schwerer wird ein möglicher Wechsel.
Wie gesagt, ich kann aus der Ferne nichts dazu sagen, möchte das aber zu bedenken geben.

Neben der Schwerhörigenschule könnte auch eine Sprachheilschule eine Alternative sein (die orientiert sich auch am Unterrichtsstoff der Regelschule).

Viele Grüße,
Momo
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Re: DGS lernen?

#23

Beitrag von Momo »

hallo,

also auch bei uns ist das thema gebärde immer wieder da. unser sohn ist ja (auch) progredient sh. er ist lautsprachig aufgewachsen, wobei ich als ich die diagnose bekam 2 kurse in lbg gemacht habe, um ihm unterstützende gebärden anbieten zu können in situationen in denen er entweder kein hg trägt oder aber die ungünstig zum hören sind. das hat sich bisher auch bezahlt gemacht. mittlerweile ist es so, dass er ohne hgs nichts mehr versteht (oder kaum) und wir dann immer mehr gebärden brauchen, da er nicht absehen kann (musste es bisher ja nie und hat es nie gelernt). da stösst aman mit lbg echt an grenzen, da es ja sehr aufwendig ist jedes wort einzelnd begleitend zu gebärden. aber da er MIT hgs ja nocht einigermaßen gut lautsprachig kommunizieren kann ist es ok so für uns, ABER...
... es ist absehbar, dass sein hören immer schlechter wird. wir haben uns nun für eine ci implantation entschieden, da die ls ja seine muttersprache ist und er auch von sich keine gebärden nutzt (er versteht sie zwar, aber er gebärdet selber nicht). nur es gibt eben keine garantie, dass er mit ci hören wird und sollte er ertauben auch mit zwei cis hört. ich mag zwar nicht dran denken, aber wenn es so wäre, dann möchte ich mit ihm gebärden können und auf die bereits genutzten gebärden aufbauen können. daher machen mein mann und ich jetzt einen kurs in dgs.
ansonsten ist emien erste wahl auch die ls, aber vorenthalten möchte ich im die gebärden auch nicht. so hat er später den vorteil beides zu können und empfindet vielleicht auch nicht so eine drohende abhängigkeit von der technik. ich weiss es nicht.

in eurem fall, wildrose, denke ich habt ihr aber erstmal andere baustellen als gebärden oder nicht. ich würde zunächst die schulfrage klären und ihn dahin unterstützen bevor ich noch eine neue baustelle eröffne- das wäre vielleicht zuviel aufeinmal??

gruß
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Wildrose
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Re: DGS lernen?

#24

Beitrag von Wildrose »

Hallo Ihr Lieben,

danke für eure Ratschläge und Erfahrungen. Genau davor habe ich Angst, dass es vielleicht Ihrgendwann dazu kommt und er völlig Ertaubt. Uns hatte man in der Klinik damals gesagt, es könnte so bleiben oder aber sein Hörvermögen könnte sich verschlechtern. Bis heut war nix... bis auf den letzten Test eben. Das macht mich traurig, ihr wisst ja was ich meine. Jetzt werde ich mich erstmal um die Schule kümmern... und dann schauen wie es weiter geht. Eine genaue Beratung werde ich mir auch holen und dank euren Erfahrunge wird die Entscheidung DGS nicht schwer fallen. Im Falle werde sogar ich einen Kurs besuchen. Den die Kommunikation mit meinem Sohn möchte ich nicht verlieren. Ich merke es jetzt schon, wenn er die HG auszieht (zu Bett gehen) dann verstehet er kaum was! Er schaut mir direkt auf die Lippen und hat so einen Eindruck im Gesicht... (traurig).

Na ja... danke euch nochmals.

LG
Sohn: mittelgradig bis zur hochgradigen Schwerhörigkeit angrenzend :worm:
Gordon
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Re: DGS lernen?

#25

Beitrag von Gordon »

Hallo,
ich sehe und betreibe das Thema "DGS lernen" genau wie Momo. Denke aber, dass das Thema "nicht miteinander kommunizieren können" sich mit dem Lesenlernen auch etwas entschärft. Denn wenn wir momentan am Strand, oder im Bad, oder ... eben doch auf Ablesen und LBG angwiesen sind, könnte ich mir vorstellen, daß man in vielen Situationen (Strand, Schwimmbad, Badezimmer) einen Notizblock stationiert bzw. mit nimmt. Damit wird dann auch gleich Schreiben und Lesen geübt.

Oder sind meine Gedanken jetzt unrealistisch?

Viele Grüße Andrea
Mirko (02/04) an Taubheit grenzend beidseitig.
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