Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
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djinni
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Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#1

Beitrag von djinni »

Hallo Zusammen,

heute wurde mir mal wieder meine Schwerhörigkeit so richtig bewußt. Und das nicht zum ersten und auch leider nicht zum letzten Mal.

Ich habe mich hier angemeldet um mich mit Menschen gleichen oder ähnlichen Erfahrungen auszutauschen.

Vor ungefähr 10 Jahren wurde bei mir eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit festgestellt, seit dem trage ich Hörgeräte und seit dem ärgere ich mich über Hörende. :help: Mit HGs höre ich noch 70 %, leider ist da nicht mehr zu erreichen.

Mir ist bewußt, daß es weitaus schlimmere Handikaps gibt, aber mir ist dieser "Erklärungszwang" z.B. am Telefon: "würden sie bitte etwas lauter sprechen, ich bin schwerhörig" oder bei meinen Freunden und Bekannten zum hundersten Mal zu argumentieren, warum ich nicht auf dieses oder jenes Fest oder Konzert möchte. Ganz einfach, es nervt mich total.

So, jetzt hab ich erst einmal Dampf abgelassen und werde mich hier im Forum mal umsehen.

djinni
Zuletzt geändert von djinni am 17. Aug 2011, 20:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Samtpfoetchen
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#2

Beitrag von Samtpfoetchen »

Hallo djinni,

ja das kenne ich nur zu gut. Im Arbeits- und Privatleben habe ich mich auch dauernd für irgendwas entschuldigen bzw. erklären müssen. Es ist einfach unglaublich, wie manche Menschen so sind. Ich habe auch keine Lust mehr mich dauernd für meine Behinderung entschuldigen zu müssen, ich habe sie mir nicht ausgesucht :-(
PS: Willkommen im Forum.
maryanne
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#3

Beitrag von maryanne »

Niemand muss sich für seine Behinderung entschuldigen, auch nicht dafür,etwas nicht akustisch verstanden zu haben.
Aber bitte denkt doch daran, dass auch die Hörenden nicht Schuld sind an der Behinderunge anderer Menschen. Woher sollen sie denn wissen, welche besonderen Kommunikationsbedürfnisse der einzelne Schwerhörige hat?
Gehen wir denn alle immer richtig mit Blinden, Rollstuhlfahrern, Spastikern, Stotterern, geistig Behinderten um???
Es hilft überhaupt nicht, den Frust auf die Tatsache, dass Hörende angeblich zu wenig Verständnis usw. aufbringen, zu schieben.

Könnt ihr euch eigentlich vorstellen, wie verdammt schwierig es für Nichtbetroffene ist, Schwerhörigkeit ansatzweise nachvollziehen zu können?
Die Allermeisten haben nichts gegen uns, sondern sind natürlich ihrerseits auch genervt, wenn sie nicht verstanden werden.
Wenn wir uns in der Mitte des Weges begegnen statt stur auf völliges Entgegenkommen zu beharren, wird es viel einfacher.

maryanne
djinni
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#4

Beitrag von djinni »

Hallo,
erst einmal Danke für die Begrüßung.

Hallo Maryanne,
Woher sollen sie denn wissen, welche besonderen Kommunikationsbedürfnisse der einzelne Schwerhörige hat?
Bei mir ist es ganz, ganz einfach: ich erkläre den Menschen, mit denen ich zu tun habe, wie sich meine Hörbehinderung anhört und anfühlt. Aber wenn ich meinen eigenen Leuten zum 125 zigsten Mal erklären muß, daß ich auch mit Hörgeräten keinen Musikgenuß empfinde und irgendwelche Feierlichkeiten für mich der reinste Horror sind, wenn a) irgendwo Musik spielt und b) die Menschen um mich herum sich schreiend "unterhalten" ist mir schon mal erlaubt, etwas um mich zu beißen.
Gehen wir denn alle immer richtig mit Blinden, Rollstuhlfahrern, Spastikern, Stotterern, geistig Behinderten um???
Auch hier habe ich meine eigenen Erfahrungen gemacht, da ich selbst stark sehbehindert bin und zwei Hüftprothesen habe.
In nichtbehinderten Jahren war ich ein Jahrzehnt aktiv im CbF (Club Behinderter und ihrer Freunde), ich weiß ich schon, was ich von meinen Mitmenschen erwarten kann und so gehe ich auch mit anderen Behinderten um.

djinni
Zuletzt geändert von djinni am 18. Aug 2011, 17:58, insgesamt 2-mal geändert.
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EinOhrHase
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#5

Beitrag von EinOhrHase »

Hallo Djinni

Auch wenn man beide Seiten kennt ("Normalos" und "Behindis") denk ich, kann man nicht so pauschal eine Erwartung an die Mitmenschen stellen - und selbst dann nicht wenn man diese kennt.

Diese nervenzermürbende Erklärungen kenn ich ebenfalls und weiss ebenso gut genug, wie wütend das einen machen kann wenn man selbst den Verwandten erklären muss: So oder so ist das.

Wenn einem Mitmenschen was an Dir liegt, dann gibt derjenige sich auch Mühe - denk ich doch mal so.
Wenn dem nicht so ist, dann ist es nicht so und reagier dann wie eben dieser Mensch auf diesen, damit er merkt, wie weh das tun kann, wenn man mit Fleiß ignoriert wird.

Lange Jahre hab ich mir Mühe gegeben, das Beste aus all den Situationen zu machen. Jedesmal ging es wieder zu meinen Lasten.
Inzwischen reagier ich ebenso gleichgültig auf Mitmenschen die sich nicht die geringste Mühe machen, sich deutlich mit mir zu unterhalten und auch etwas Interesse in die Problematik zu legen.

Hin und wieder kommt es sogar vor, dass manche Mitmenschen sich bei mir Infos holen, weil sie z.B. deren Kindern, Verwandten Hörprobleme haben.

Ich behaupte mal einfach:
Erst wenn diese Mitmenschen selbst betroffen sind von irgendwelchen Behinderungen und Einschränkungen die die Lebensqualität nachhaltig beeinflussen, findet ein Umdenken statt - und leider nie vorher.

Es gibt wie gesagt Ausnahmen, die wirkliches Interesse zeigen - mal ganz abgesehen von Fachleuten, die solche Probleme im Beruf bewältigen müssen. Das wären HG-Akustiker, HNO-Ärzte und andere diverse Einrichtungen.
Wer nicht (gut) hören kann, sollte genauer hinsehen ;)
Körper(sprache) lügt niemals :!:

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djinni
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#6

Beitrag von djinni »

Hallo Oli,
Ich behaupte mal einfach:
Erst wenn diese Mitmenschen selbst betroffen sind von irgendwelchen Behinderungen und Einschränkungen die die Lebensqualität nachhaltig beeinflussen, findet ein Umdenken statt - und leider nie vorher.
so isses!

Manchmal geht es mir am Dingens vorbei......und manchmal rege ich mich tierisch auf.

Gruß djinni
Zuletzt geändert von djinni am 19. Aug 2011, 11:03, insgesamt 1-mal geändert.
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EinOhrHase
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#7

Beitrag von EinOhrHase »

Hallo Djinni

es ärgert mit Sicherheit jeden von uns hier, wenn man in seiner Lage nicht ernst genommen wird und ständig mit uneinsichtigen Menschen zu kämpfen hat.

Und was bringt der Ärger, den man oft in sich hineinfrisst, weil es scheinbar keinen Menschen gibt der mal zuhört? Rein gar nichts.

Es kostet zwar eine gewisse Kraft, so eine Gleichgültigkeit anderen Menschen über an den Tag zu legen, aber wohl wirksamer wie den Ärger in sich hineinfressen.
Wenn man was nicht (richtig) hört bzw nicht (richtig) versteht, erstmal nicht darauf reagieren. Es könnte ja den Eindruck erwecken, man höre besser wie man es vorgibt.
Die Folgerung von den "Normalos" ist logischerweise:

"Du willst nur das hören was Du hören willst".

Ein Satz den hier wohl Alle mehr als nur paarmal hören (müssen) und auch verständlicherweise die Zornesröte ins Gesicht schiessen lässt.
Eine Backpfeife im Affekt schadet dem einen oder anderen Mitmenschen garantiert sicher nicht *frotzel.

Die Problematik, Schwerhörigkeit einem Normalo zu erklären haben hier bestimmt Alle schon versucht.
Abgesehen von diesen Umständen gibt es wichtigere Dinge, auf die ein Schwerhöriger achten muss - der Einfachheit halber sei mal das HG erwähnt.

Um nochmal auf meinen Satz mit "Vorher-Nachher" zu kommen:
Ich kenne einige Menschen die z.B. durch einen Unfall teils massive Einschränkungen haben in ihrer Lebensqualität.
Gerade solche Menschen haben zu kämpfen mit ihrer Lebensqualität, weil sie das Vorher - Nachher kennen und wissen, wie schwer es ist und sein muss, wenn man als Behindi abgestempelt wird.

Der Mensch lernt nur durch Leid, weil er als Egoist nie zufrieden ist, egal welche Reichtümer er besitzt und wie "gesund" er ist.
Wer nicht (gut) hören kann, sollte genauer hinsehen ;)
Körper(sprache) lügt niemals :!:

BAHA-Träger seit 1998
maryanne
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#8

Beitrag von maryanne »

Alles gut und schön - oder eher: schlecht und hässlich.

Was ich selbst sehr häufig erlebe: Etliche Schwerhörige sprechen sehr schnell, drehen sich ständig zur Seite, so dass ihr Mund nicht sichtbar ist oder sprechen mit der Hand vor dem Mund, klappern rücksichtslos mit Geschirr oder was immer ihnen das Klappern ermöglicht - auch dann wenn sie mit anderen SChwerhörigen zusammen sind.
Wenn nicht einmal Betroffene bereit und in der Lage sind, angepasst zu kommunizieren - wie sollen es denn ahnungslose Guthörende sein?

Maryanne
djinni
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#9

Beitrag von djinni »

Hallo Maryanne,
Wenn nicht einmal Betroffene bereit und in der Lage sind, angepasst zu kommunizieren
Da ich in meinem Bekannten- und Freundeskreis die Einzigste bin, die schlecht hört, kenne ich das so nicht. Wenn ich mit einem normal Hörenden spreche, und der dreht mir den Rücken zu oder macht sonstige störende Geräusche, weise ich darauf hin, das wird auch so akzeptiert; ich bleibe da auch penetrant und rufe auch mal ganz laut: "hallllloooo, halloho:-) drehst du dich bitte mal um" oder so etwas in der Art.

djinni
Hören ist nicht alles - aber es erleichtert ungemein das Leben.
Delchen13
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#10

Beitrag von Delchen13 »

Hallo Djinni,

ich kann Dich gut verstehen und nachfühlen, wie es sich für Dich anfühlt. Ich kenne es auch so, ich habe hier auch schon deswegen gepostet - mein Thread war zum Thema Mieterbund, die haben mich rausgeschmissen, weil ich mich für eine gute Kommunikation eingesetzt habe - nach den Beratungen war jeweils mein Tinnitus extrem und es zeigten sich andere Beschwerden und es blieb jedesmal die Unsicherheit - HABE ICH alles verstanden und vor allem geht diese Sache, weshalb ich zum Mieterbund ging nun gut? Beides war dann nicht der Fall.
Im April als ich "flog" wurde ich von der Bürodame als Simulantin beschimpft - ich trug meine beiden Hörgeräte!

Für mich habe ich gelernt, ich KANN mich outen, zu mir stehen, wenn das ignoriert wird, ich meinen Part getan habe, bin ich für das Fehlverhalten des anderen nicht MEHR verantwortlich. Und muss mir andere Menschen oder andere Wege suchen - es dann zu bereinigen.
Ich steh zu mir und wenn andere schon vor einer Schwerhörigkeit kapitulieren - ich habe noch ein anderes Schicksal (schwere Traumata) - dann sagt das mehr über den anderen aus, als über mich.
Da ich ja sachlich und klar um eine gute Kommunikation bitte. Frauen erlebe ich meist verständnisvoller - vor allem sensible Männer gehen genauso gut um und andere - für die ist man eben Simulant - wohl weil es denen zu gut ging und sie noch nie weiter denken mussten, wie zum Tellerrand und somit überfordert sind... nun gut...

Ich arbeite für mich weiter daran, noch klarer zu werden und noch besser zu mir stehen zu können und ZU ACHTEN mich und mein LEBEN und dazu zu schauen, dass es MIR GUT GEHT.
Auf den anderen habe ich keinen Einfluss - ist auch nicht mein Job, da es seine Sache ist, aber ich will dafür schauen, dass ich schon GUT mit mir umgehe, wenn andere dies nicht können und ACHTUNG und RESPEKT vor dem anderen nur Floskeln sind.

Ich kenne mich besser - wie jeder andere Mensch, ich weiss wie ich ticke, was ich brauche, wo meine Defizite sind und wie ich damit zugange komme, so dass es mir gut geht.

Dadurch dass ich die Erwartung bei anderen rausnehme, bei mir auf mein Wohlergehen schaue, sehe ich auch mehr, die Menschen, die wirklich menschlich, respekt-und achtungsvoll sind und dann erfreue ich mich daran.

Wir als Schwerhörige lehren andere eigentlich sich bewusst zu machen, was für ein Geschenk ein gesundes Gehör ist und dass es verschiedene Formen der Kommunikation gibt und DASS man von uns SCHWERHÖRIGEN auch was lernen kann. Wir also auch Geschenke machen - durch unsere andere Wahrnehmung.

Dem bin ich mir bewusst - und ich bin offen für die, die daran auch Interesse haben, die anderen gehören eh früher oder später nicht mehr zu meinem Leben, weil zu anstrengend.

Wünsche allen einen frohen Abend.

Herzliche Grüsse

Jacqueline :)
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cooper
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#11

Beitrag von cooper »

Hi djinni,

hört sich an, als bräuchte dein Umfeld mal eine Schock-Therapie.

Nehmen wir mal an, du wärest Hochtonschwerhörig. Dann such dir, mit einem vertrauten Normalhörenden, einen Platz, an dem es fürchterlich scheppert und quietscht. Z.B. ein Cafe, wo die Straßenbahn eine schön enge Kurve fährt (dabei sollen die Räder höllisch quietschen, habe ich mir sagen lassen). Oder eine Wiese direkt am äußeren Zaun des nächsten Flughafens (Düsentriebwerke sollen fürchterlich pfeifen, hab ich mir sagen lassen). Und dann lädst du sie halt zum Picknick dort ein.

Dich als (hypothetisch) Hochtonschwerhörigen wird das überhaupt nicht stören. Deine "lieben Freunde" aber. D.h. während du dich ganz normal unterhalten kannst, werden sie das sehr nervig finden.

Oder aber du suchst dir ein "alternatives Kino", wo sie ausländische Filme unsynchronisiert mit Untertiteln zeigen. Möglichst nicht Englisch, das verstehen deine "lieben Freunde" am Ende noch. Und dann gehst du schön in eine Doppelvorstellung.

Wenn sie dann das nächste Mal fragen, ob du nicht mit zum Konzert willst, sagst du einfach, dass du viel lieber in dieses Kino möchtest oder dieses Cafe oder zum Picknick an den Flughafen.

Ich glaube, sie verstehen das dann mit der Zeit. Falls nicht, solltest du darüber nachdenken, ob diese Leute wirklich die Bezeichnung "Freunde" verdienen. Gedankenlose Mitbürger, die sich nicht mal die Mühe machen, sich in die Lage eines anderen zu versetzen, nenne ich üblicherweise nicht so.

Viele Grüße, Mirko
santiago
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#12

Beitrag von santiago »

Hallo!
Als SH wird man in lauten Lokalen oder wenn viele Menschen gleichzeitig reden immer große Probleme haben. Da gerade dies häufig Situationen sind welchen Hörenden Spass und Unterhaltung bringen macht es für den SH dann auch nicht leichter.

Aufklärung und Rücksichtsnahme ist natürlich wichtig aber in einer lauteren Umgebung erreicht man an einem Tisch mit 8-10 Personen schnell die eigenen Grenzen. Eine lockere Unterhaltung ist da selbst mit einem verständnisvollen Umfeld halt einfach nicht mehr drinnen und man kann auch schwer verlangen das die Verwandten/Freunde doch bitte in einer leisen Umgebung heiraten oder feiern sollen ;)

Ich sehe bei Situationen welche man selbst akustisch nicht beinflussen kann daher leider für den SH nur 2 Möglichkeiten - mitmachen und sich als 5. Rad am Wagen fühlen oder solche Situationen meiden :\

Gruß
santiago
Zuletzt geändert von santiago am 22. Aug 2011, 22:16, insgesamt 1-mal geändert.
maryanne
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#13

Beitrag von maryanne »

Genauso ist es Santiago. Man muss sich vorher im Klaren darüber werden, was einen da oder dort erwartet und welche Frustrationstoleranz man aufzubringen bereit ist.
Fakt ist, dass gut Hörende da keinerlei Schuld trifft.
Leute die kein Englisch können, gehen auch nicht ins englische Theater, ergo, was soll ich als SChwerhörige an einem Ort, wo ich nichts verstehe?

maryanne
forgoden
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#14

Beitrag von forgoden »

Meiner Erfahrung nach braucht ein Hörender mindestens 4 Tage um sich auf die Schwerhörigkeit anderer einzustellen. Er weiss nämlich auch nicht wie gut ein Schwerhöriger hört. Wenn man jeden Tag ständig mit neuen Menschen zu tun hat, ist es klar dass das Problem ständig von vorne anfängt.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass wenn man selber sehr emotional und interessiert ist, dann spielt der Hörende automatisch mit und die Kommunikation ist erheblich besser. Letztens hab ich per ebay bei jemanden eine Ware abholen müssen und ich musste nicht mal sagen, dass ich schwerhörig bin obwohl er leise sprach.
60-100dB Verlust
Spedinet

Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#15

Beitrag von Spedinet »

Ich glaube, dass mit den Beiträgen von Santiago und Maryanne alles sehr treffend gesagt ist. Ich kann mich dem nur anschließen.

Norbert
Dorena
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#16

Beitrag von Dorena »

maryanne hat geschrieben:Alles gut und schön - oder eher: schlecht und hässlich.

Was ich selbst sehr häufig erlebe: Etliche Schwerhörige sprechen sehr schnell, drehen sich ständig zur Seite, so dass ihr Mund nicht sichtbar ist oder sprechen mit der Hand vor dem Mund, klappern rücksichtslos mit Geschirr oder was immer ihnen das Klappern ermöglicht - auch dann wenn sie mit anderen SChwerhörigen zusammen sind.
Wenn nicht einmal Betroffene bereit und in der Lage sind, angepasst zu kommunizieren - wie sollen es denn ahnungslose Guthörende sein?

Maryanne
Ja,Maryanne,das hab ich auch schon erlebt. Leider vergesse ich auch,dass Mama selber jetzt schwerhörig ist und rufe ihr wie früher etwas zu.....

Ja,was sonst hier von verschiedenen seiten geschrieben wurde,kann ich mit untershreiben. Ich kenne das alles. Dazu kommt dann manchmal noch so
eine gewisse charakterliche Eigenart,die zum Beispiel bei mir dazu führt,dass sich andere ständg auf den Schlips getreten fühlen und dann passiert es eines Tages,das Mass ist voll und der Kontakt wird abgebrochen. Aber so weh es mir tat,ich musste lernen,dass das nicht zwangsläufig mit Behinderung zu tun hat.
Das ist immer mein Fehler gewesen,dass ich alles durch die Brille Behinderung
betrachtet habe. Dabei wünsche ich mir doch genau das andere : ich bin eben nicht zuerst behindert und dann Mensch,sondern zuerst Mensch und dann behindert.

Gruss Dorena
:) Dorena seit 4.Lebensjahr bds. an Taubheit grenzend sh.,
Delchen13
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#17

Beitrag von Delchen13 »

Hallo zusammen,

ich klinke mich auch mal wieder ins Gespräch ein, nachdem ich nun etwas den Kopf frei habe, nachdem Tod meines Katers, dessen Sterbebegleitung am vergangenen Sonntag sein Ende nahm.

Ich möchte mal Aspekte anstossen, die mir auffallen.
Da ich auch noch Traumabetroffene bin, bin ich auf Grenzüberschreitungen sensiblisiert, falsche Erwartungen und mir fällt auf, wenn was nicht in Balance ist, gegenseitigem Respekt und Achtung.

Mir fällt auf, dass sich Guthörende schnell mal betupft fühlen - schuldig. Dabei ist das das Gefühl des Guthörenden und es liegt in dessen Verantwortung dieses Gefühl auszuhalten und anzuschauen - da es mit dem Schwerhörigen nix zu tun hat - nur meine Frage, warum und wieso fühlt sich ein Guthörender schuldig? Fühlt er seine mangelnde Empathie? Ist er zu schwach nachzufragen und sich dem Tempo und den Bedürfnissen eines Schwerhörigen anzupassen?
Und der Schwerhörige ist auch nicht dafür schuldig, wenn der Guthörende nicht zu seiner Ueberforderung bei dem Thema steht.

Schuld und Sühne Spiele sind Machtspiele.
Einer oben der tritten und einer unten der aushalten muss.

Es geht um Eigenverantwortung. Steht der Schwerhörige zu seinem Andersein und setzt sich für sich für eine gute Kommunikation ein.
Und beim Guthörenden: Uebernimmt dieser die Verantwortung für seine Ueberforderung - auch gefühlsmässig, kann auf den Schwerhörigen eingehen und vor allem MACHT DEN MUND auf, steht dazu sein und trägt auch dazu bei, dass sich beide wohlfühlen, er und der Schwerhörige.
Das wäre eine win win Situation.

Das andere ist das wohlbekannte Macht-Ohnmachtspiel - wobei gerne auch mal Schwerhörigen die Hutschnur hochgeht. Wenn sie bemerken, schmerzhaft, dass das Gegenüber resistent ist und nicht wahrnimmt, wie es dem Gegenüber geht, sondern eher noch zickig und stinkig ist, sprich Grenzüberschreitend und anmassend ist.

Das ist Krieg und Kampf. Und wer da schneller die weisse Fahne hochzieht, ist der Schwerhörige, da seine Gesundheit ihm wichtiger ist, wie unsensible Zeitgenossen und ihm BEWUSST ist, dass er keine Maschine ist mit Gefühlen und werden diese getreten, dann reicht es irgendwann mal....

Und ich denke, dass wünschen sich Schwerhörige, offene, ehrliche, authentische Menschen, die sich einlassen können und neugierig sind und auch mal nachfragen können.

Die Spiele der Guthörenden, die deren Probleme sind, trennen, grenzen aus und verletzen... und kein Mensch hält sowas auf Dauer aus.

Genauso können Schwerhörige auch Spiele spielen, wenn sie noch nicht zu ihrer Schwerhörigkeit stehen können und all das noch viel in innen macht und auslöst.
All das hängt vom Bewusstsein ab, der Fähigkeit der Selbstreflektion und der Ehrlichkeit - das dieses Thema unangenehme Gefühle auslöst, sogar verletzen kann.

Verantwortung und Eigenverantwortung sind die Themen, denn dann geht man die Handlung, die Intuition, die wichtig ist.

Das andere Spiele, geistige Spiele - Kämpfe, die auf Dauer ausser Energieverlust nix bringen....

Das ist meine Meinung und Erfahrung.

Mit herzlichen Grüssen

Jacqueline
Hochgradige pancochleare IO SH bds, leicht tiefton betont
beidseitiger Tinnitus seit 1995
Trage seit 1994 Hörgeräte
Dorena
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Re: Schwerhörigkeit - ein nie endendes Ärgernis

#18

Beitrag von Dorena »

Och Delchen,mein Mitgefühl hast du des Katerchens wegen,ich habs verschiedentlich erlebt,wie sehr einem so ein Tierchen ans Herze wachsen kann.

Was Du beschreibst als Trauma - Betroffene,dass Du besonders sensibel bist in der Begegnung mit anderen Menschen und spürst,ob Dein Gegenüber in Balance ist oder nicht,das hab ich bei einer Freundin erlebt,die sich leider von mir trennte.
Ich konnte ihre Sensible Art nicht so genau nachfühlen und darauf eingehen,also wurde es ihr eines Tages zuviel mit den Fettnäpfchen und sie brach den Kontakt ab. Ich hab mich danach lange schuldig gefühlt. :(
Ich mochte sie,denn ich konnte viel von ihr lernen und hatte doch nicht genug Aufmerksamkeit für sie und ihre Wünsche. Das war hart. Ich hab es aber einigermassen verwunden. Bin froh,dass ich meinen Mann noch habe.

Gruss Dorena
Zuletzt geändert von Dorena am 2. Jan 2013, 20:58, insgesamt 1-mal geändert.
:) Dorena seit 4.Lebensjahr bds. an Taubheit grenzend sh.,
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