Hallo,
ich habe mal eine Frage an Euch. Bei meiner Kleinen wurde ja AVWS festgestellt. Das ist ja eigentlich keine Schwerhörigkeit in dem Sinne. Nun hätte ich aber gerne einmal gewußt, ob das Verhalten meiner Kleinen typisch für Kinder mit Hörproblemen ist.
Sie ist wie eine Klette mir gegenüber. Ist in manchen Bereichen ängstlich, ja sogar überängstlich. Wenig Selbstvertrauen. Spiel selten allein in ihrem Zimmer. Hat wenig Freunde, teilweise ein Einzelgänger.
Es ist zwar besser geworden, seit der Diagnose, aber halt nicht verschwunden.
Nun soll es nä. Jahr auf Klassenfahrt für mehrere Tage gehen. Wenn das Thema nur angeschnitten wird, fängt sie an zu weinen und kriegt sich gar nicht wieder ein. Kann das mit dem Hörproblem zusammen hängen?
Lg
Schnulli
Verhalten von Kindern
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Re: Verhalten von Kindern
Hallo,
nicht ausschließlich, aber förderlich ist eine Hörbehinderung auch nicht gerade, wenn man nicht besonders kontaktfreudig ist. Das Problem bei Hörbehinderung ist, dass man andere nicht versteht. Man merkt z.B: andere reden, versteht nicht aber nicht was. Dann denkt man automatisch, die reden über mich sonst würde sie ja so reden, dass ich sie verstehen könnte. Aber das ist natürlich Quatsch, aber so funktioniert die menschliche Denke nun mal. Umgekehrt ist aber auch so, dass andere nicht nachvollziehen, was es bedeutet schwerhörig zu sein. Dann heißt: Gestern hast Du mich doch auch verstanden, warum heute nicht. Dass es gestern z.B. ruhig war und heute nicht, nehmen Normalhörende dann nicht wahr. Dann heißt es oft, Du hörst nur wenn Du hören willst. Wenn so etwas jemand zu mir sagt, überkommt mich das Kotzen. Und ich muss an mich halten, dass ich dann nicht überreagiere.
Als Schwerhöriger reagiert man überflächlich betrachtet manchmal absonderlich. D.h. mal grüßt man (zurück) und mal nicht, (weil man die Person noch nicht gesehen oder gehört hat). Mal versteht man und mal nicht. Man fragt öfters nach, oder schlimmer noch, man fragt nicht nach und tut so, als ob man verstanden hätte und merkt nicht, dass man etwas Wichtiges oder eine Verabredung gar nicht oder falsch verstanden hat. So kommt es zwangsläufig zu ablehnenden Reaktionen: Schwerhörige können diese Reaktionen wiederum nicht richtig einordnen, weil sie gar nicht mitbekommen haben, welche Irritationen sie zuvor ausgelöst haben. Sie reagieren ihrerseits wiederum verletztend oder pampig. So entwickelt sich manchmal dann ein regelrechter Teufelskreis.
Es gibt natürlich auch Kinder/Jugendliche, die Schwerhörige piesacken, nur weil sie schwerhörig sind, aber oft ist der Ursprung aber tatsächlich nur simple Missverständnisse.
Um solche Situationen zu vermeiden, muss Folgendes passieren. Die Mitschüler müssen Bescheid wissen. Vor allen Dingen müssen sie wissen, dass man nicht immer alles mitbekommt, und dass es keine Unfreundlichkeit ist, wenn man nicht grüßt. Als Schwerhörige benötigt man ein dickes Fell, und man muss lernen die Situationen selbst richtig einzuschätzen. Man muss nachfragen, wenn man nicht versteht: Man muss immer wieder erinnern, dass man nicht versteht und man muss auch mal selbst über Mißverständnisse lachen können. Ein souveräner Umgang mit den Schlappohren ist schon wichtig.
Das Problem Deiner Tochter dürfte wohl sein, dass sie die Probleme einer Schwerhörigen hat, z.B. Verstehen im Störlärm, sie aber andererseits doch nicht richtig schwerhörig ist und sie durch Hörgeräte die Schwerhörigkeit auch sichtbar machen kann.
Wenn Deine Tochter so wenig soziale Kontakte hat, dass die Klassenfahrt der Horror für sie ist, dann solltet ihr mal darüber nachdenken, ob ihr mit einem Neuanfang auf einer Schwerhörigenschule (dort gehen auch Kidner mit AWVS hin) mehr gedient ist. Du solltest sie auch nicht zwingen, auf die Klassenfahrt mitzufahren, egal was die Lehrerschaft dazu sagt. Ich hatte in meiner Klasse auch keine Freunde (zum Glück dafür in der Parallelklasse) und die eine Klassenfahrt, die unsere Klasse ohne die Parallelklasse gemacht hat, war schrecklich, eine ganze Woche lang 24 Stunden am Tag mit Mitschülern, die ich nicht verstehe und die mich nicht verstanden haben. Wegen der Klassenfahrt solltest Du ohnehin schon jetzt Kontakt zu den Lehrern aufnehmen und die Probleme erklären. Vielleicht kann man für Eure Tochter die Situation noch erträglicher machen, so dass sie vielleicht doch mitfahren möchte.
Gruß
Andrea
nicht ausschließlich, aber förderlich ist eine Hörbehinderung auch nicht gerade, wenn man nicht besonders kontaktfreudig ist. Das Problem bei Hörbehinderung ist, dass man andere nicht versteht. Man merkt z.B: andere reden, versteht nicht aber nicht was. Dann denkt man automatisch, die reden über mich sonst würde sie ja so reden, dass ich sie verstehen könnte. Aber das ist natürlich Quatsch, aber so funktioniert die menschliche Denke nun mal. Umgekehrt ist aber auch so, dass andere nicht nachvollziehen, was es bedeutet schwerhörig zu sein. Dann heißt: Gestern hast Du mich doch auch verstanden, warum heute nicht. Dass es gestern z.B. ruhig war und heute nicht, nehmen Normalhörende dann nicht wahr. Dann heißt es oft, Du hörst nur wenn Du hören willst. Wenn so etwas jemand zu mir sagt, überkommt mich das Kotzen. Und ich muss an mich halten, dass ich dann nicht überreagiere.
Als Schwerhöriger reagiert man überflächlich betrachtet manchmal absonderlich. D.h. mal grüßt man (zurück) und mal nicht, (weil man die Person noch nicht gesehen oder gehört hat). Mal versteht man und mal nicht. Man fragt öfters nach, oder schlimmer noch, man fragt nicht nach und tut so, als ob man verstanden hätte und merkt nicht, dass man etwas Wichtiges oder eine Verabredung gar nicht oder falsch verstanden hat. So kommt es zwangsläufig zu ablehnenden Reaktionen: Schwerhörige können diese Reaktionen wiederum nicht richtig einordnen, weil sie gar nicht mitbekommen haben, welche Irritationen sie zuvor ausgelöst haben. Sie reagieren ihrerseits wiederum verletztend oder pampig. So entwickelt sich manchmal dann ein regelrechter Teufelskreis.
Es gibt natürlich auch Kinder/Jugendliche, die Schwerhörige piesacken, nur weil sie schwerhörig sind, aber oft ist der Ursprung aber tatsächlich nur simple Missverständnisse.
Um solche Situationen zu vermeiden, muss Folgendes passieren. Die Mitschüler müssen Bescheid wissen. Vor allen Dingen müssen sie wissen, dass man nicht immer alles mitbekommt, und dass es keine Unfreundlichkeit ist, wenn man nicht grüßt. Als Schwerhörige benötigt man ein dickes Fell, und man muss lernen die Situationen selbst richtig einzuschätzen. Man muss nachfragen, wenn man nicht versteht: Man muss immer wieder erinnern, dass man nicht versteht und man muss auch mal selbst über Mißverständnisse lachen können. Ein souveräner Umgang mit den Schlappohren ist schon wichtig.
Das Problem Deiner Tochter dürfte wohl sein, dass sie die Probleme einer Schwerhörigen hat, z.B. Verstehen im Störlärm, sie aber andererseits doch nicht richtig schwerhörig ist und sie durch Hörgeräte die Schwerhörigkeit auch sichtbar machen kann.
Wenn Deine Tochter so wenig soziale Kontakte hat, dass die Klassenfahrt der Horror für sie ist, dann solltet ihr mal darüber nachdenken, ob ihr mit einem Neuanfang auf einer Schwerhörigenschule (dort gehen auch Kidner mit AWVS hin) mehr gedient ist. Du solltest sie auch nicht zwingen, auf die Klassenfahrt mitzufahren, egal was die Lehrerschaft dazu sagt. Ich hatte in meiner Klasse auch keine Freunde (zum Glück dafür in der Parallelklasse) und die eine Klassenfahrt, die unsere Klasse ohne die Parallelklasse gemacht hat, war schrecklich, eine ganze Woche lang 24 Stunden am Tag mit Mitschülern, die ich nicht verstehe und die mich nicht verstanden haben. Wegen der Klassenfahrt solltest Du ohnehin schon jetzt Kontakt zu den Lehrern aufnehmen und die Probleme erklären. Vielleicht kann man für Eure Tochter die Situation noch erträglicher machen, so dass sie vielleicht doch mitfahren möchte.
Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Re: Verhalten von Kindern
Hallo Andrea,
das mit den Ohren habe ich im Elternabend bekannt gegeben, die gesamte Lehrerschaft und die Klassenkameraden wissen auch bescheid. So klappt das auch ganz gut. Sitzplatz in der Klasse ist optimal und man versucht auf sie einzugehen. Lt. Lehrerin
ist sie seitdem auch wie ausgewechselt.
Klar mit den Klassenkameraden in der Pause, z.B., hat sie so Ihre Probleme wg. des nicht oder falsch verstehens. Daran muß sie noch fix arbeiten, dann nachzufragen.
Aber sobald wir aus dem täglichen Trott ausbrechen, und zwar bezogen auf mich, bekommt sie Panikatacken. Sie schafft es ja nicht einmal bei der Oma zu schlafen, obwohl die direkt neben uns wohnt.

Zur Klassenfahrt zwingen würde ich sie nie...
Werden in einer SH Schule auch hochbegabte Kinder unterrichtet?
Lt. dem Intilligenztest soll meine Kleine ein HB´chen sein.
Lg
Schnulli
das mit den Ohren habe ich im Elternabend bekannt gegeben, die gesamte Lehrerschaft und die Klassenkameraden wissen auch bescheid. So klappt das auch ganz gut. Sitzplatz in der Klasse ist optimal und man versucht auf sie einzugehen. Lt. Lehrerin
ist sie seitdem auch wie ausgewechselt.
Klar mit den Klassenkameraden in der Pause, z.B., hat sie so Ihre Probleme wg. des nicht oder falsch verstehens. Daran muß sie noch fix arbeiten, dann nachzufragen.
Aber sobald wir aus dem täglichen Trott ausbrechen, und zwar bezogen auf mich, bekommt sie Panikatacken. Sie schafft es ja nicht einmal bei der Oma zu schlafen, obwohl die direkt neben uns wohnt.
Zur Klassenfahrt zwingen würde ich sie nie...
Werden in einer SH Schule auch hochbegabte Kinder unterrichtet?
Lt. dem Intilligenztest soll meine Kleine ein HB´chen sein.
Lg
Schnulli
Jeder Tag ohne ein Lächeln ist ein vergeudeter Tag
Re: Verhalten von Kindern
Hallo Schnulli,
eventuell haben die geschilderten Verhaltensweisen auch mit der Hochbegabung Deiner Tochter zu tun. Es hört sich für mich so an, als ob man ihre Probleme als Mutter nicht mal so eben in den Griff bekommen könnte. Und bei Deinem Kind kommen zwei Dinge zusammen (Sh und Hb). Vielleicht ist es ein Weg, sich auf beiden Gebieten professionelle Hilfe zu suchen? Hochbegabte Kinder sind häufig anders in ihrem Verhalten und benötigen andere Aufmerksamkeit und Angebote.
Gruß
Katharina
eventuell haben die geschilderten Verhaltensweisen auch mit der Hochbegabung Deiner Tochter zu tun. Es hört sich für mich so an, als ob man ihre Probleme als Mutter nicht mal so eben in den Griff bekommen könnte. Und bei Deinem Kind kommen zwei Dinge zusammen (Sh und Hb). Vielleicht ist es ein Weg, sich auf beiden Gebieten professionelle Hilfe zu suchen? Hochbegabte Kinder sind häufig anders in ihrem Verhalten und benötigen andere Aufmerksamkeit und Angebote.
Gruß
Katharina
Re: Verhalten von Kindern
Hallo!
Es kann auch sein, dass dein Kind eben einfach auch zu Heimweh und so neigt. Das muss nicht mit der Hörschädigung zu tun haben, aber es gibt ja Kinder, die da eben empfindsamer sind. Hm...
Was die Situation mit der Hörschädigung angeht, hat Andrea das oben absolut super beschrieben und ich denke sowie deine Tochter eben einer für sie "fremden" Situation ausgesetzt hast, kommen ja alle Verhaltensmuster die Andrea beschreibt wieder zum Zug. Deine Tochter hat vielleicht einfach Angst davor mit fremden Leuten reden zu müssen, weil sie einfach noch nicht so selbstbewusst ist, dass sie ihre Hörschädigung erklären und dazu stehen kann. Das ist aber auch nicht schlimm, sowas braucht auch einfach Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Ich glaube, ich würde einfach versuchen ihr Zeit zu lassen und vielleicht versuchen immer mal wieder kleine "fremde" Situationen zustandekommen zu lassen, die sie dann durchaus alleine bewältigen kann.
Vielleicht kannst du da ja auch ein bisschen tricksen, also z.B. vielleicht die Bäckersfrau vorwarnen, dass deine Kleine schlecht hört und dann eben die Kleine zum Brötchen holen schicken. Dann weiß die Frau Bescheid und redet deutlicher und deine KLeine hat ein Erfolgserlebnis.
Weiß nicht ob das so funktioniert, wäre nur ne Idee. 
Gruß,
Nina
Es kann auch sein, dass dein Kind eben einfach auch zu Heimweh und so neigt. Das muss nicht mit der Hörschädigung zu tun haben, aber es gibt ja Kinder, die da eben empfindsamer sind. Hm...
Was die Situation mit der Hörschädigung angeht, hat Andrea das oben absolut super beschrieben und ich denke sowie deine Tochter eben einer für sie "fremden" Situation ausgesetzt hast, kommen ja alle Verhaltensmuster die Andrea beschreibt wieder zum Zug. Deine Tochter hat vielleicht einfach Angst davor mit fremden Leuten reden zu müssen, weil sie einfach noch nicht so selbstbewusst ist, dass sie ihre Hörschädigung erklären und dazu stehen kann. Das ist aber auch nicht schlimm, sowas braucht auch einfach Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Ich glaube, ich würde einfach versuchen ihr Zeit zu lassen und vielleicht versuchen immer mal wieder kleine "fremde" Situationen zustandekommen zu lassen, die sie dann durchaus alleine bewältigen kann.
Vielleicht kannst du da ja auch ein bisschen tricksen, also z.B. vielleicht die Bäckersfrau vorwarnen, dass deine Kleine schlecht hört und dann eben die Kleine zum Brötchen holen schicken. Dann weiß die Frau Bescheid und redet deutlicher und deine KLeine hat ein Erfolgserlebnis.


Gruß,
Nina
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)