Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

Antworten
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#1

Beitrag von Momo »

Hallo zusammen,

kennt sich hier jemand mit fristen aus?
Anlass: wenn man bei der Eingliederungshilfe einen Antrag auf gewährung eines Hausgebärdenkurses gestellt hat (pers. Budget) gemäß §§ 53 ff SGB XII in Verbindung mit Eingliederungshilfeverordnung § 16,
gilt dann auch die Frist gemäß § 14 SGB IX?
Konkrete Fragen:
welche Fristen muss das Sozialamt einhalten:
- bis wann müsste ein Antrag weitergegeben worden sein (wenn sie sich nicht zuständig fühlen)?
- bis wann muss entschieden sein?

Der nette Herr hat auf Nachfrage berichtet, dass er den Antrag erst einmal 2 Wochen quasi unbeachtet liegen lassen hat, da das "so neu" ist, dass er sich dann in Ruhe damit befassen kann...
Hallo ?! Die Eltern hatten u.a. auf die Dringlichkeit hingewiesen und wer weiß wie lange es nochb leigen bleibt, wenn man nicht ständig nachfragt (das ist jetzt auch schon eine Woche her..)

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#2

Beitrag von Karin »

Die Frist von 14 Tagen gilt nur dafür, wenn sie sich nicht zuständig fühlen.
http://www.intakt.info/informationen-un ... -antraege/

Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#3

Beitrag von Momo »

Hallo Karin

seit Antragstellung sind bereits 3,5 Wochen vergangen.
Die Antragstellerin hat letzte Woche beim Amt angerufen und erst einmla erfragt wer der Sachbearbeiter ist.
Dieser hat ihr dann mitgeteilt, dass er einen solchen Antrag noch nie hatte und sich mit der materie gar nicht auskennt, deshalb habe er den Antrag zur Seite gelegt.
Die Antragstellerin hat ihm dann zimelich deultich erklärt, dass sie bis spätestens Mitte dieser Woche eine Entscheidung/ Mitteilung von ihm erwartet.
Wenn ich deien Link richtig verstehe, aht er sich zumindest dadurch dass er nichts gemacht hat automatisch für zuständig erklärt.
Das wiederum bedeutet dann auch nach deinem Link, dass er nach 3 Wochen hätte entscheiden müssen oder aber einen Gutachter hätte einschalten müssen, so dass bis Ende dieser Woche (4 Wochen anch Antrag) eine Entscheidung gefällt wurde, oder?

Es ist echt nervig...

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#4

Beitrag von Karin »

So ist das leider! Man kann dem Sachbearbeiter aber auch noch mal eindeutig erklären, wie der Kurs funktioniert. Die Eltern dürfen auch gern an mich verweisen!
LG
Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Kaja
Beiträge: 622
Registriert: 5. Apr 2007, 11:53
18

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#5

Beitrag von Kaja »

Hallo Momo,
Momo hat geschrieben:Wenn ich deien Link richtig verstehe, aht er sich zumindest dadurch dass er nichts gemacht hat automatisch für zuständig erklärt.
richtig - das Sozialamt ist für die Erbringung der Leistung jetzt auch dann zuständig, wenn es sachlich eigentlich unzuständig wäre. Eine Weiterleitung oder gar Ablehnung wegen vermeintlicher Unzuständigkeit ist jetzt nicht mehr möglich. Außerdem muss das Sozialamt nach allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen prüfen und darf sich nicht nur auf das Recht des SGB XII beschränken.
Momo hat geschrieben:Das wiederum bedeutet dann auch nach deinem Link, dass er nach 3 Wochen hätte entscheiden müssen oder aber einen Gutachter hätte einschalten müssen, so dass bis Ende dieser Woche (4 Wochen anch Antrag) eine Entscheidung gefällt wurde, oder?
ebenfalls richtig. Die Eltern sollten mit Hinweis auf § 15 Absatz I SGB IX eine kurze Frist setzen und androhen, dass sie sich die Leistung nach Ablauf dieser Frist selbst beschaffen werden. Dann ist das Sozialamt gemäß § 15 Absatz 1 SGB IX i.V.m § 25 SGB XII verpflichtet, den Eltern die Kosten zu erstatten - und zwar nur deshalb, weil die gesetzlichen Fristen nicht eingehalten wurden.

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#6

Beitrag von Momo »

Hallo Kaja,

danke für die wertviollen Infos.
Ich glaube gelesen zu haben, dass das mit dem Selbstbeschaffen nicht für Lesitungen der Eingliederungshilfe gilt, oder?
Interessant ist aber der Hinweis, dass vom Amt jetzt insg. geprüft werden muss, ob Hausgebärdenkurs eine zu bezahlende Leistung ist und zwar nicht nur ob das Amt dafür zahlen muss, sie müssen also auch zahlen wenn ihrer Ansicht nun doch jemand anderes zuständig ist, richtig?

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#7

Beitrag von Karin »

Hallo Momo
Ich habe schon ein Urteil aus Kassel.
Ich schicke dir das Urteil zu, wenn du es brauchst.
LG
Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Kaja
Beiträge: 622
Registriert: 5. Apr 2007, 11:53
18

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#8

Beitrag von Kaja »

Hallo Momo,
Momo hat geschrieben:Ich glaube gelesen zu haben, dass das mit dem Selbstbeschaffen nicht für Lesitungen der Eingliederungshilfe gilt, oder?
Bei Leistungen nach dem SGB VIII und XII kommt die Regelung des § 15 SGB IX nicht direkt zur Anwendung, weil esim Bereich des SGB VIII den § 36 a SGB VIII gibt und das Sozialhilferecht (SGB XII) grundsätzlich dann nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist, wenn der akute Bedarf schon gedeckt ist. Leistet allerdings jemand vor, dann hat dieser einen Erstattungsanspruch nach § 25 SGB XII. Im Bereich des § 15 SGB IX resultiert also der der Selbstbeschaffungsanspruch aus § 15 SGB IX i.V.m § 36 a SGB VIII (bei Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII) bzw. § 15 SGB IX i.V.m. § 25 SGB XII.
Momo hat geschrieben:Interessant ist aber der Hinweis, dass vom Amt jetzt insg. geprüft werden muss, ob Hausgebärdenkurs eine zu bezahlende Leistung ist und zwar nicht nur ob das Amt dafür zahlen muss, sie müssen also auch zahlen wenn ihrer Ansicht nun doch jemand anderes zuständig ist, richtig?
richtig - der erstangegangene Leistungsträger, der nicht innerhalb von 14 Tagen weitergeleitet hat, muss auch dann leisten, wenn eigentlich das Recht eines anderen Leistungsträgers in Betracht kommt. Allerdings kann er sich beim tatsächlich zuständigen Leistungsträger die Kosten erstatten lassen.

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#9

Beitrag von Momo »

Super, danke Kaja.
Die Eltern haben jetzt 14 Tage Frist gesetzt mit Hinweis auf §14. Mal abwarten was kommt...

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#10

Beitrag von Momo »

Hallo,

mal ein Update:
das Amt hat sich auch auf das Schreiben hin (mit Frist) nicht gemeldet. Die Frist ist vorgestern verstrichen.
Heute waren die Eltern beim Anwalt und haben folgende Infos bekommen:
Unsere Info, dass das Sozialamt seine Zuständigkeit nicht mehr abwenden kann, wenn es sich nicht rührt ist richtig, aber das Sozialamt ist lt. Anwältin nach §14 keineswegs dazu verpflichtet, innerhalb von 2 Wochen eine Entscheidung zu fällen. Hierfür hat das Sozialamt geschlagene 6 Monate Zeit...
Ist das wirklich so? Der Anwalt schreibt das Amt jetzt nochmal an, um die Dringlichkeit darzulegen. Aber das ist ja total schwachsinnig. In 6 Monaten verliert ein Kind wieder 6 Monate Zeit im Spracherwerb... Unglaublich!

Grüße
Zuletzt geändert von Momo am 4. Apr 2013, 13:17, insgesamt 1-mal geändert.
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#11

Beitrag von Karin »

Ja, Momo - so ist das! Man kann nur Untätigkeitsklage nach 3 Monaten einreichen.
Hat das die Anwältin nicht erwähnt?
LG Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Kaja
Beiträge: 622
Registriert: 5. Apr 2007, 11:53
18

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#12

Beitrag von Kaja »

Hallo Momo,
Momo hat geschrieben: aber das Sozialamt ist lt. Anwältin nach §14 keineswegs dazu verpflichtet, innerhalb von 2 Wochen eine Entscheidung zu fällen.
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__14.html
Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang
Das gilt für alle Leistungsträger, die unter das SGB IX fallen, also auch für das Sozialamt.
Karin hat geschrieben:Man kann nur Untätigkeitsklage nach 3 Monaten einreichen.
http://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__88.html
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. ..
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Die drei Monate gelten, wenn ein Widerspruch eingelegt wurde. Die Bekannten von Momo befinden sich noch in der Antragsphase - da sind es sechs Monate.
Momo hat geschrieben:Hierfür hat das Sozialamt geschlagene 6 Monate Zeit... Ist das wirklich so? Der Anwalt schreibt das Amt jetzt nochmal an, um die Dringlichkeit darzulegen. Aber das ist ja total schwachsinnig. In 6 Monaten verliert ein Kind wieder 6 Monate Zeit im Spracherwerb...
Die sechs Monate gelten für Anträge, die nicht unter das SGB IX fallen. Selbst für Anträge nach dem SGB V gilt jetzt eine Bearbeitungsfrist von nur drei Wochen

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__13.html
Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden
Ansonsten bleibt noch der Weg über die einstweilige Anordnung

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#13

Beitrag von Momo »

hallo zusammen

und es geht weiter...

nach über 2 Monaten funkstille kam der Ablehnungsbescheid.
begründet wird er mit einer Stellungnahme der Beratungsstelle der sh schule, die den eltern damit absolut in den rücken fällt, sich teilweise auf vertrauliche infos stützen die in vertraulciher umgebung geäußert wurden und behautpungen die nicht stimmen.
der hammer! die eltern sind am boden zerstört, nicht wegen des negativen bescheids, sondern wegen des zerstörten vertrauens in den frühförderbereich der sh schule.

durften die das so überhaupt? muss man nicht zustimmen, wenn vertrauliche daten, infos weitergegeben werden?
und außerdem steht in § 14 drin, dass das amt 3 gutachter vorschlagen muss und der leistungsempfänger sucht sich einen aus?
ist es nicht auch üblich, dass die eltern stellung nehmen können (hilfeplangespräch?)?

die beratungstelle hält gebärdensprache für "kontraindiziert", das das kind ja im tieftonbereich ganz gut hört (mit hg
ca. 50 dB) und man erstmal die entwicklung der lautsprache abwarten solle. bleibt die aus, dann könne man überlegen unterstützende gebärden einzuführen (unterstützend zu was?)?

ich bin fasungslso, dass es diese intoleranz noch gibt und vor allem wie mit vertraulichen informationen aus beratungsgesprächen umgegangen wurde/ wird...

entsetzte grüße von
Zuletzt geändert von Momo am 25. Apr 2013, 08:50, insgesamt 2-mal geändert.
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Katja
Beiträge: 21
Registriert: 6. Mär 2010, 19:46
15
Wohnort: bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#14

Beitrag von Katja »

vielleicht etwas off-topic, aber daran musste ich gerade denken, als ich las, was diese SH Schule in ihre Stellungnahme geschrieben hat:

Ich war vor kurzem auf der Bodenseeländertagung der Hörgeschädigtenpädagogen. Dort sprachen auch Prof. Hintermair und Barbara Hänel-Faulhaber.
Prof. Hintermair sagte aus, dass die Hörgeschädigtenpädagogik mit Glaubensbekenntnissen arbeitet, nicht evidenzbasiert (bedeutet: auf Fakten durch Studien gestützt) und dass eines dieser Glaubensbekenntnisse ist, dass Gebärdensprache die Lautsprache hemmt. Ein Raunen ging durch den Saal.
Frau Hänel-Faulhaber setzte dann noch einen oben drauf und nannte die Studie aus Schweden (Preisler et al, 2002) die belegt, dass Gebärdensprachkompetenz sich nicht negativ auf die Lautsprachkompetenz auswirkt. Es folgte auch hier eine heiße Diskussion zwischen ihr und Befürwortern der rein lautsprachlichen Pädagogik.

Für mich sollten Frühförderstellen fachliche Experten sein, was sie mit dieser Aussage (erst LS, dann GS) schon mal zumindest in diesem Punkt ganz offensichtlich nicht sind. Und Obrigkeitsgefühle, sich Elternwünschen widersetzen und die Expertive der Eltern missachten... Die SH-Schule sollte vielleicht mal eine Fortbildung zu evidenzbasierter Hörgeschädigtenpäd. besuchen.. und zum Umgang mit Datenschutz, Kooperation mit Eltern auf Augenhöhe und zum eigenen Verständnis von "Fachkräften der Frühförderung"...

Ansonsten stimme ich voll zu: vertrauliche Daten (personenbezogen und aus Gesprächen) zu verwenden, ist m.M.n. nur mit Schweigepflichtsentbindung möglich oder zumindest hätten die Eltern diese Stellungnahme vorher lesen dürfen müssen. Soviel Transparenz muss einfach gegeben sein von Seiten der Schule. Ganz klar, dass jetzt das Vertrauensverhältnis zerstört ist.

Eine Stellungnahme der Eltern ist natürlich auch völlig legitim, denn sie sind ja schließlich die Fachleute für ihr Kind! Sowas sollte im Rahmen eines Assessment-Gespräches direkt beim Amt zumindest mündlich (und zu Protokoll) möglich gemacht werden.

Vielleicht kann man über die Begründung "Verfahrensfehler" diese Stellungnahme für nichtig erklären? Weil der Familie ganz offensichtlich nicht das Recht nach §14 Abs. 5 zugestanden wurde, sich einen Sachverständigen auszuwählen.
Quietschehände - Frühförderung mit Gebärdensprache
www.quietschehaende.de
Kaja
Beiträge: 622
Registriert: 5. Apr 2007, 11:53
18

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#15

Beitrag von Kaja »

Hallo Momo,

abgesehen davon, dass die Eltern das Recht gehabt hätten, vor Erlass des Bescheides zu dem Gutachten Stellung zu nehmen (§ 24 SGB X), wurde hier m.E. gegen das Sozialgeheimnis des § 35 SGB I verstoßen.

Die Auswahl unter drei Gutachtern resultiert aus den aus § 200 SGB VII entwickelten Grundsätzen zum Schutz des sensiblen Sozialdaten, insbesondere auch, um den Antragstellern zu ermöglichen, der Weitergabe ihrer Sozialdaten nach § 76 SGB X zu widersprechen.

Der Bescheid ist also schon aufgrund des Zustandekommens anfechtbar. Haben die Eltern gemeinsam mit dem Anwalt schon die Möglichkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geprüft?

Viele Grüße
Kaja mit Sohn (hochgradige Schwerhörigkeit bds.)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#16

Beitrag von Momo »

hallo katja und kaja,

vielen dank für eure hinweise, die wir beherzigen und auch an die anwälte der jeweiligen kinder weitergeben werden/ haben.

hier geht es gerade richtig ab, da die eltern sich absolut hintergangen fühlen und teilweise sogar offen belogen worden sind seitens der sh schule. das vertrauensverhältnis eltern-beratungsstelle ist absolut erschüttert, da dem amt hier teilweise auch vertrauliche gesprächsinhalte weitergegeben wurden, die dann zu allem überfluss noch völlig aus dem zusammenahng gerissen ein absolut falsches bild wiedergeben...

das ist echt der hammer- wie kann man als therapetut/ pädagoge in einer beratungssstelle so mit eltern umgehen, die sich dort wirklich den leuten anvertrauen...
ich selber bin auch total schockiert: das die was gebärden angeht anderer meinung sind ist ja bekannt und schockiert nicht, aber so ein umgang und hintergehen von eltern, um seine eigenen vorstellungen über den elternwunsch und das recht auf vertraulichkeit zu stellen ist einfach nur schockierend. ich denke das wird nicht nur rechtliche folgen haben...

in diesem sinne euch vielen dank
und grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#17

Beitrag von Karin »

Liebe Momo, wir haben ja schon telefoniert... ;-)
Mir kam dann auch noch ein so ein Ding gestern unter. Sozialamt und Förderschule haben miteinander telefoniert. (beide haben keine Schweigepflichtsentbindung) und dann laden die zu einem Förderausschuss (Zukunft des Kinder Regel- oder Förderschule - Einschulung) ein und wer soll dabei sitzen? Das Sozialamt. Ich bin auch fast ausgeflippt. Die haben da ja nun mal gar nichts zu suchen!

Der Hammer kommt noch: Die treffen sich schon vorher und die Eltern wurden zu einer späteren Uhrzeit bestellt. Na, meine Antwort an die könnt ihr euch sicher vorstellen. Unglaublich wie in dem Bereich die Daten hinundher geschoben werden. Viel öfter sollten Eltern die Schweigepflichtsentbindung verweigern und alle Unterlagen nur persönlich weiter geben, wenn sie es für richtig halten.
Liebe Grüße
Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Karin
Beiträge: 1772
Registriert: 18. Okt 2002, 10:36
22
Wohnort: Schauenburg bei Kassel
Kontaktdaten:

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#18

Beitrag von Karin »

ach vergessen:
Das beste Mittel, um den Ämtern zu zeigen, dass man nicht völlig bescheuert ist, und deren Machenschaften durchschaut, ist regelmäßig Akteneinsicht zu fordern. Hingehen, kopieren oder fotografieren ist erlaubt!
Ganz beliebt auch ist wieder mal seit neustem der Versuch die Leistung in die Ecke der Vermögensheranziehung zu bringen. Mit dem § 92 SGB XII.
Leistungen für die behinderten Kinder (heilpädagogisch oder zur Vorbereitung für den Schulbesuch) sind Leistungen, die nicht der Vermögensprüfung unterliegen. Also nicht in die Irre führen lassen.

LG
Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Nina M.
Beiträge: 1525
Registriert: 9. Jul 2002, 22:18
22
Wohnort: Rhein-Main-Gebiet

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#19

Beitrag von Nina M. »

Ganz kurz dazu Momo:

"durften die das so überhaupt? muss man nicht zustimmen, wenn vertrauliche daten, infos weitergegeben werden?"

Nein, die dürfen das nicht. Jedenfalls nicht generell.
Die Frühförderstelle braucht eine Schweigepflichtsentbindung von den Eltern und in dieser sind in der Regel die einzelnen Institutionen/Personen aufgeführt für die die Schweigepflichtsentbindung gilt.
Es ist also die Frage ob die Eltern da für die zutreffenden Bereiche eine Schweigepflichtsentbindung unterschrieben haben oder nicht. Wenn nicht, dann ist es ganz klar ein Verstoß gegen die Schweigepflicht!

Übrigens ist es total traurig, dass durch solche Aktionen die Frühförderstellen auch irgendwie in Verruf geraten... es gibt nämlich auch wirklich gute, fachlich kompetente Frühförderstellen, die auch mit Gebärdensprache arbeiten und sowas wie Haussprachgebärdenerziehung unterstützen... Schade, dass es offenbar immer noch soviele andere gibt, die immer noch der Meinung sind dass Lautsprache das einzig wahre sei...
Zuletzt geändert von Nina M. am 29. Apr 2013, 22:08, insgesamt 1-mal geändert.
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#20

Beitrag von Momo »

hallo nina

ja es ist einfach nur schade, dass durch diese aktionen die eltern derart vor den kopf gestoßen sind, dass sie der ffeinrichtung nicht mehr vertrauen können und dem kind dadurch die kompetenzen, die sicherlich auch da sind, vorenthalten bleiben.
das problem ist, dass sie eben noch an -aus meiner sicht- absolut veralteten sichtweisen festhalten und vor allem, und da liegt der größte knackpunkt, noch keine eltern vor sich geahbt haben die nicht zu allem ja und amen sagen, sondern ihre eigenen wege gehen wollen.
warum kann nicht einfach jeder das anbieten was er am besten kann und jeder dem anderen wiederumg respekt und toleranz entgegenbringen?
stattdessen wird der streit umd die "richtige" förderung des kindes auf dem rücken und zum schaden genau dieses kindes ausgetragen. und zwar nicht nur, weil versucht wird eine eingene (einseitige) sichtweise der hörgerichteten förderung druchzudrücken, sondern noch mehr weil man die ressourcehn und kräfte der eltern schwächt, die statt sich um ihr kind kümmern zu können kämpfe gegen behörden und ff-einrichtugnen führen müssen, die eignetlich zur aufgabe haben sollten die eltern zu (be)stärken und das beste fürs kind herauszuholen.
und das ganze nimmt immer größere dimensionen an, da sich alle sog. "fachleute" zusammentung und hinter dem rücken der eltern absprachen treffen, pläne schmieden usw. das geht gar nicht!

ich bin immer mehr entsetzt.

grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Nina M.
Beiträge: 1525
Registriert: 9. Jul 2002, 22:18
22
Wohnort: Rhein-Main-Gebiet

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#21

Beitrag von Nina M. »

Momo, ich gebe dir da vollkommen Recht, so hätte das nicht laufen dürfen... und ich weiß auch, dass es an anderen Stellen anders läuft. Wo auch mit Gebärden gearbeitet wird und wo man MIT den Eltern arbeitet und nicht gegen die Eltern... Und sowieso zuallererst mal das gesehen wird was das Kind braucht!

Der von dir geschilderte Fall ist haarsträubend. Aber wie gesagt, wenn keine Schweigepflichtsentbindung vorlag, ist das ein absoluter Verstoß gegen die Schweigepflicht und die Eltern können dagegen vorgehen. Wurden ja auch oben sonst schon wertvolle Tipps gegeben!
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Momo
Beiträge: 5186
Registriert: 23. Jul 2002, 21:46
22
Wohnort: Niedersachsen

Re: Fristen Bearbeitung Antrag auf Eingliederungshilfe

#22

Beitrag von Momo »

Neuer Stand:
die jeweiligen Anwälte haben beim Sozialgericht einen Antrag auf Einstweilige Anordnung (oder wie auch immer sich das genau nennt) gestellt.
Mal sehen was jetzt passiert.
Parallel dazu läuft der Widerspruch und die Klage wird vorbereitet.

Ich berichte weiter.

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Antworten