Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

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LarsPe
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Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#1

Beitrag von LarsPe »

Hallo alle zusammen,
ich bin neu hier und ich sage direkt, dass ich nicht krank bin und auch keiner meiner Angehörigen.

Mich interessiert seit langem eine Sache.
Und zwar "wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?"

Ich frage mich das deswegen da ich mir denke, dass Menschen die seit Geburt taub sind ja nie eine Sprache gehört haben und ja auch nicht wissen wie sie klingt.

Das bringt mich zu der Frage auf welcher Sprache denken sie.

Ich hoffe ich kränke niemanden mit der Frage aber es interessiert mich wirklich.

Ich hoffe jemand kann mir helfen.
EinOhrHase
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#2

Beitrag von EinOhrHase »

Hallo LarsPe

Gehörlose, die von Geburt an taub sind, gehen einen ähnlichen Lebensweg wie normal hörende Menschen auch, also Kindergarten, Schule, Lehre usw.
Auch wenn deren Wortschatz kleiner sein mag, ist deren Denken deshalb nicht fremdartig oder anders als eines "normal gesunden" Menschen.

Wie meinst Du die Fragestellung "Auf welche Sprache denken sie" ?
Der Nationalität entsprechend würd ich mal sagen, denken sie in deutsch, französisch, englisch usw.

Die Weltanschauung, Einstellungen zu verschiedenen Sachverhalten mögen etwas anders sein - und trotzdem sind es Menschen wie Du und ich.

Das selbe Beispiel könnte man mit einem Blinden anführen - sie sehen die Welt anders (und nicht immer in Farbnuancen) als normal sehende Menschen.
Ihre Denkweise ist deshalb auch nicht anders, nur weil das Sehen eingeschränkter ist.

Um deine Fragestellung "korrekt" beantwortet zu kommen, frage einen Gehörlosen danach - und wenns nicht so einfach klappt:
Zettel und Bleistift können eine Brücke bilden.

Gruss
Wer nicht (gut) hören kann, sollte genauer hinsehen ;)
Körper(sprache) lügt niemals :!:

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Kerstin811
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#3

Beitrag von Kerstin811 »

Hallo LarsPe!

Zunächst einmal möchte ich klarstellen, das es sich bei einer Schwerhörigkeit oder Taubheit nicht um eine Krankheit ,sondern um eine Behinderung handelt.
Ich selber bin hochgradig schwerhörig und sehe mich noch nicht mal als Behinderte , weil ich eigentlich ohne Probleme durchs Leben gehe ( wenn ich nicht gerade neue Hörgeräte testen muss🙈)

Nun zu Deiner Frage: mein Bruder hört noch schlechter und war zusammen mit Gehörlosen auf einer Schwerhörigern Schule!
Die Sprache.....Genau wie Du und ich. In Wort und Bild!

Eine gute Bekannte ist gehörlos.....
Die Sprache......Genau wie Du und ich
Die beste Erfindung für sie: das Handy mit SMS und Whatsapp!!!! Wenn wir Probleme mit der Verständigung gaben....Nehmen wir Blatt und Stift.

Einzig bei Wortschatz und Grammatik können Gehörlose Schwierigkeiten haben.
Es gibt aber auch Gehörlose , die bei der Presse arbeiten oder sogar Autoren sind.
Also.... Denkensweise wie Du und ich!!!!!!

Hoffe, ich konnte Deine Frage beantworten
fast-foot
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#4

Beitrag von fast-foot »

Bezüglich der Frage, ob es sich bei Schwerhörigkeit um eine Krankheit handelt, hier meine Auffassung:

Es handelt sich um ein Symptom, welches vermutlich in den meisten (nicht ganz eindeutig ist für mich bspw. die Frage zu beantworten, ob ein altersbedingter Degenerationsprozess als Krankheit anzusehen ist - vermutlich nicht, wenn er in einem "normalen Rahmen" statt findet - wobei bei dieser Auffassung natürlich ziemlich viele "altersbedingte" Krankheiten eigentlich keine wären, wobei diese Betrachtungsweise aus meiner Sicht nicht viel Sinn ergibt) Fällen durch eine Krankheit oder Verletzung verursacht wird.

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
Momo
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#5

Beitrag von Momo »

Hallo,

Gehrölose sind heutzutage nicht immer gleich Gehörlsoe. Es gibt da Unterschiede (nicht wertend, sondern von der Art der Kommunikaiton, Förderung, technischen Versorgung, Sozialisation usw.).

Von Geburt an GL (ich nenne sie mla die "klassisch" GL) haben in der Regel eine Sprache wie wir Hörenden auch, in der sie sich mitteilen können, die Gebärdensprache. Diese ist eine vollwertige Sprache mit allen Bestandteilen einer Sprache, z.B. grammatikalische Strukturen usw.

Es gibt aber auch die, die lautsprachig aufwachsen, u.a. durch Ausnutzen eines meist vorhandenen Restgehörs oder technische Versorung, z.B. CI-Jugenldiche, die oft lautsprachig aufwachsen und demnach ähnlich wie hörende Menschen die Lautsprache nutzen und auch damit kommunizieren.

Es gibt aber ja auch die, die (mangels offener Beratung, einseitiger Förderung usw.) in keiner Sprache vollständig kommunizieren (Gebärdensprache wird auch heute an vielen Orten noch zu wenig/ gar nicht gefördert und Lautsprache hat evtl. nicht (gut) geklappt). auch die werden denken.

Meine Meinung:
Denken findet eher bildlich statt.

D.h. in meinen Augen denken alle Menschen primär bildlich und mit Gefühlen usw. und nicht in Worten (wie ein Buchtext). Das wäre dann unabhängig von einer Lautsprache.

Ich kann für mich sagen, dass ich als Hörende auch nicht nicht in Wörtern denke, sondern eher in "Filmen" (Kopfkino ;-) ) oder Bildern, Gefühlen usw. Und ich denke das unterscheidet sich nur unwesentlich von dem Denken GL...

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
AlfredW
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#6

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

zu Momos Aussage (s. Zitat)
Momo hat geschrieben:
Von Geburt an GL (ich nenne sie mla die "klassisch" GL) haben in der Regel eine Sprache wie wir Hörenden auch, in der sie sich mitteilen können, die Gebärdensprache. Diese ist eine vollwertige Sprache mit allen Bestandteilen einer Sprache, z.B. grammatikalische Strukturen usw.
würde mich mal interessieren:
Kennt DGS auch feine Nuancen der Sprache? (Ironie, Spott, Häme, Verachtung)? Oder ist DGS nur Mittel zum Zweck?

Ist der Wortschatz von DGS deckungsgleich mit der deutschen Lautsprache?

Warum haben GL Probleme mit der deutschen Sprache. Mir ist klar, dass sie bilingual aufwachsen. Aber meines Wissens gibt es keine Bücher in DGS (also so eine Art Comic). Lesen z.b die Tageszeitung muss doch ein GL können. Und damit doch auch zwangsläufig die deutsche Grammatik kennen und beherrschen - zumindest passiv.

Gruß

Alfred
bds Innenohrschwerhörigkeit ca. 80 dzb
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Karin
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#7

Beitrag von Karin »

Hallo Alfred,
Kennt DGS auch feine Nuancen der Sprache? (Ironie, Spott, Häme, Verachtung)? Oder ist DGS nur Mittel zum Zweck?
Jede Sprache ist Mittel zum Zweck - nämlich zur KOmmunikation ;-)
Ist der Wortschatz von DGS deckungsgleich mit der deutschen Lautsprache?
Nein, DGS hat viel mehr Varianten. Sie ist dreidimensional - daher kommt das.
Warum haben GL Probleme mit der deutschen Sprache. Mir ist klar, dass sie bilingual aufwachsen.


Die meisten GL sind nicht bilingual aufgewachsen!
Aber meines Wissens gibt es keine Bücher in DGS (also so eine Art Comic).
Doch es gibt schon Literatur in DGS. Sogar viele Kinderbücher.
Zum Beispiel: http://www.kestner.de/n/verlag/verlag-p ... g_&_Lernen
und hier: http://kinderbuecher.gmu.de/
Lesen z.b die Tageszeitung muss doch ein GL können. Und damit doch auch zwangsläufig die deutsche Grammatik kennen und beherrschen - zumindest passiv.
Ja, Gehörlose lesen auch Zeitung, wie Hörende auch - manche die Zeit manche die Bild.

Viele Grüße Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
jomo62
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#8

Beitrag von jomo62 »

Servus,
hier eine interessante Filmempfehlung.
Da ist es noch extremer. Taub und Blind. Da muß man sich schon erst mal hineindenken, was so ein Mensch für Dinge erst einmal gar nicht wissen kann.

Sprache des Herzens

jomo
smallhexi79
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#9

Beitrag von smallhexi79 »

Hallo,

dieses erste Halbjahr 2015 kam auf Arte Das Dorf der Stille

es gibt ja auch den Film Licht im Dunkel

wie Jomo schon erwähnt hat den Film Sprache des Herzens.

lg Smallhexi
LG smallhexi Hörgeschädigt seit 1980 durch Meningitis
links: +/- 80 dB versorgt mit GN ReSound Enzo 3D 5
rechts: gehörlos
AlfredW
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#10

Beitrag von AlfredW »

Hallo Karin,

deine Antwort beantwortet nicht alle meine Fragen.
Ich meinte, ob DGS ausschließlich Mittel zum Zweck ist, oder ob es so etwas wie Lyrik, Poesie usw. gibt.
Wie drückt man Ironie, Sarkasmus, Spott in DGS aus? Mit der Stimmlage geht das ja nicht. Und ob Mimik immer ausreicht?

Meinst Du mit Varianten Dialekte; die gibt es in der gesprochenen Sprache auch zuhauf. Was meinst Du mit dreidimensional? Mimik und Körpersprache?

Die meisten GL mögen nicht bilingual aufwachsen, aber sie kommen doch zwangsläufig mit der deutschen Sprache wenigstens in Schriftform in Berührung.
Kinderbücher habe ich schon gefunden, aber noch keine Literatur für GL; da gibt es ja mehr Bücher in Blindenschrift. Deswegen schlussfolgere ich ja, dass man als GL zumindest die deutsche Sprache in Schriftform beherrschen muss.

Für mich ist das schon interesssant. Dir wünsche ich schöne Weihnachtsfeiertage.

Gruß

Alfred
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Tinu76
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#11

Beitrag von Tinu76 »

Lieber AlfredW

Bin zwar nicht selbst betroffen von Taubheit. Für mich ist aber klar, dass all deine angesprochenen Themenfelder welche du der "Lautsprache" zurechnest auch für die Gebärdensprache gültigkeit haben sollte... denn es sind alles Menschen die diese benutzen, egal ob Lautsprachlich oder Gebärdensprache... Menschen habe Gefühle, sie machen Kunst, sind interessiert daran was um Sie passiert.
Dass es nicht so viele alleinige Gebärdensprachebücher gibt (und sonst oft für Ausbildungszwecke) liegt wohl am einfachen Grund, dass die Leute gehörlos sind und nicht blind. Sie können also lesen lernen mit den visuellen Buschstaben und dadurch an dem täglichen Leben ebenfalls teilhaben, solange etwas nicht auf das Hören beschränkt ist. Ausserdem lernen sie das Lesen in der Schule genau so wie die hörenden Kinder... die kommen ja auch nicht lesend zur Welt.

Ich bin überzeugt, dass man mit Gebärden genau so gut Gefühle wie Trauer oder Ironie etc. vermitteln kann wie lautsprachlich. Die Gesten werden dem entsprechend ausgeführt und auch die Mimik des Gesichts, die Körperhaltung spricht Bände.
Wahrscheinlich achten wir Lautsprachlichen jedoch zu wenig auf diese Nuancen, weswegen wir uns dann diese Fragen stellen. Dass ein Blinder sich mit den Ohren orientieren kann, ist für viele ja auch nicht vorstellbar.

Es gibt tatsächlich sehr viele Dialekte und Sprachvarianten in der Gebärdensprache, die unterscheiden sich teils beträchtlich.
Der grammatikalische Aufbau der Sprache ist nicht gleich wie bei der Lautsprache.

Hoffentlich habe ich es in etwa richtig zusammengefasst. Ansonsten bitte um Korrektur von jemandem der die Thematik noch besser kennt.

Link zu dem Wikipedialexikon: https://de.wikipedia.org/wiki/Geb%C3%A4rdensprache

Liebe Grüsse und eine schöne Weihnacht
Tinu
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LarsPe
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#12

Beitrag von LarsPe »

Super dass so viele geantwortet haben :)

Ich glaube ich habe die Frage ein wenig falsch gestellt.
Ein Mensch hat ja diese innere Stimme und die ist natürlich in der Muttersprache. Aber was mich interessiert....Wie ist diese innere Stimme bei Menschen die noch nie eine Sprache gehört haben?

Ich hoffe dass das nicht geschmacklos klingt.
Ich hatte den Gedanken vor ein paar Wochen und er lässt mich nicht los.

Trotzdem vielen lieben dank für das viele Feedback
EinOhrHase
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#13

Beitrag von EinOhrHase »

Salut,

also, diese innere Stimme (manchmal auch Bauchgefühl genannt?) ist bei jedem Menschen unterschiedlich, egal ob er nie eine Stimme gehört hatte (gehörlos) oder nie die Mimik dazu gesehen hatte (blind).

Die (innere, von den Eltern über Körperkontakt übertragene) Stimme hat sehr wahrscheinlich auch die Klangfarbe der Eltern.
Je nach Stimmlage kann also die innere Stimme tiefer oder höher ausfallen - wenn man allein vom Klangbild ausgehen möchte.

Wie der Tonfall dieser Stimme sein könnte, lass ich mal im Raum stehen, denke das geht dann etwas über das angesprochene Thema hinaus.

Und doch..... können wir "falsch" liegen, denn jeder Mensch empfindet diese innere Stimme anders.

Frohe Weihnachten und schöne Feiertage :):)
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Tinu76
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#14

Beitrag von Tinu76 »

Lieber LarsPe

Deine Frage könnte man evt. mit dem Zusatz ergänzen: Wie träumen gehörlose Menschen?

Gibt es dort gesprochenes oder "nur" Gesten oder Gefühle?

Sehr wahrscheinlich ergibt sich aus der Antwort dieser Frage auch deine...
Und nein, es ist keine dumme Frage sondern eine sehr interessante.

Liebe Grüsse
Tinu
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Momo
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Re: Wie denken Menschen die seit Geburt taub sind?

#15

Beitrag von Momo »

Hallo Alfred,

ich versuche mal ein paar deiner Fragen zu beantworten:

Ja es gibt auch Poesie und ähnliches in Gebärdensprache.
Und ja es gibt auch „Wortwitz“ und solche Dinge in Gebärdensprache.
Es ist schwer zu erklären, wenn man keine Gebärdensprache kann was dreidimensional ist. Es ist so, dass jede Handform, aber auch die Stellung der Hand im (Gebärden)Raum, die Richtung/ die Form/ die Geschwindigkeit in der eine Gebärde ausgeführt wird eine inhaltliche Bedeutung hat. Zusätzliche Bedeutung verleiht die Körperhaltung, Mimik, Mundbild.
In meinen Augen ist Gebärdensprache viel genauer als die Lautsprache. Wenn ich z.B. in Lautsprache sage „Die Katze sitzt auf dem Zaun.“, dann weiß ich nicht wie genau sitzt die Katze, wie hoch ist der Zaun, wo guckt sie hin, ….. Würde ich das gebärden, dann wären all diese Fragen beantwortet.
Dass es keine Bücher in Gebärdensprache gibt, liegt auf der Hand, da die Gebärdensprache in der Regel keine Schriftsprache ist. Dennoch gibt es mehr und mehr Bücher in Gebärdensprache auf DVD (siehe Karins Links z.B.), aber auch Versuche DGS in Gebärdenschrift zu setzen.
Es gibt auch innerhalb der Deutschen Gebärdensprache (DGS) Dialekte. Das erstaunt viele, aber Gebärdensprache sind eben ganz natürliche Sprachen, die sich u.a. auch regional unterschiedlich entwickeln. Entgegen vielfacher Vermutung sind auch nicht alle Gebärdensprachen gleich, da es eben natürliche Sprachen sind, die sich entwickelt haben und keine genormten, künstlich festgelegten Zeichen.
Das heißt in einem Traum eines „klassisch GL“ werden die Menschen eben gebärden und nicht sprechen, die Hunde werden Bewegungen mit der Schnauze machen, aber es wird auch im Traum kein Bellen zu hören sind, alles andere wird so sein wie bei uns Hörenden, denn auch die Träumen ja in Bildern und nicht in Wörtern….

Und die innere Stimme ist eben ein Gefühl/ Empfinden, was -wenn man versuchen will es in Worte zu fassen- bei GL in Gebärdensprache, bei Hörenden in Lautsprache ausgedrückt wird (wenn man das überhaupt kann.)

Und dass GL oft nicht so gut in der deutschen Schriftsprache Grammatik sind, hängt eben damit zusammen, dass ihnen die Deutsche Schriftsprache (oft auch heute noch) nicht richtig beigebracht wird/ wurde. Für sie ist es eine Zweitsprache, die sie aber akustisch nicht wahrnehmen können. Das heißt sie müsste eigentlich kontrastiv zur Gebärdensprache vermittelt werden (so passiert es bei gl Kindern an Regelschulen über ihre Dolmetscher), um die Unterschiede der Grammatik zu erlernen, anwenden und verstehen zu können. Allerdings wurde (du wird auch heute och) zu oft sehr viel Wert auf das Sprechen gelegt, aber zu wenig auf Sprache als System. Viele Gehörlose haben also sprechen gelernt, im Sinne von Laute produzieren, aber das grammatikalische System der deutschen Lautsprache nicht voll begriffen, was sich dann oft in schlechter oder fehlender Schriftsprachkompetenz zeigt. Und das hat nichts damit zu tun, dass sie dumm sind, sondern vielmehr damit, dass die Lehrmethoden nicht den Bedürfnissen angepasst sind/ waren.

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
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