Hallo Leute,
nun zu der Frage, welches
Ci hätte man denn gerne???
Um die Frage mal richtig einzuordnen, möchte ich Folgendes vorweg schicken. Ob ein
CI überhaupt Erfolg (wie auch immer man ihn messen möchte) hat, hängt von sehr vielen Parametern ab. Es wesentlicher Punkt ist die Hörbiographie bei Erwachsenen bzw. das Höralter des Kinders. Bei Kindern sind auch die Punkte, Begabung, und Engagement der Eltern wichtig. Wenn ein Kind gute Voraussetzungen hat, wird es von jedem CI profitieren, wenn die Vorausstzungen nicht stimmen, hilft auch das tollste CI nicht viel weiter.
Die wenigsten Punkte, die zu einer erfolgreichen
CI-Versorgung beitragen oder auch eben nicht, kann man als Betroffener bzw. als Elternteil soweiso nicht ändern, im Nachheinein erst recht nicht. Trotzdem ist es natürlich erlaubt, die individuellen Startchancen, die man hat durch die Wahl des "richtigen" Systems noch zu optimieren.
Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen, um eine Auswahl zu treffen. Am Einfachsten ist es natürlich, jemand anders z.B. die Klinik sucht das System aus. Das ist zwar bequem, meiner Ansicht nach aber auch ein wenig bevormundend. Auf der anderen Seite hat es auch wenig Sinn, auf ein
CI zu bestehen, mit dem die Klinik keine Erfahrung hat. Dann sollte man eher an eine andere Klinik wechseln, wenn man sich frei zwischen den Systemen entscheiden möchte.
Nicht wenige suchen das
CI rein nach der Optik oder dem vermeintlichen Tragekomfort aus, kann man sicher auch machen. Wieder andere, insbesondere Erwachsene, die schon jahrelang
Hg getragen haben, möchten natürlich die Hilfsmittel weiter benutzen, im Anbetracht der hohen Kosten ein sicherlich wichtiger Punkt! Cochlear hat dort m.E. ein Eigentor geschossen, weil Cochlear im Gegensatz zu MedEl und AB nicht den 3-poligen Eurostecker als Anschlussmöglichkeit anbietet. Eine T-Spule haben aber mittlerweile alle Hersteller an Bord.
Leute die es ganz genau wissen wollen und sich vor komplizierter technischer Materie nicht zurückschrecken, absolvieren ein Crashstudium in Medizintechnik und Nachrichtentechnik und schauen sich die Implantate selbst an. Prozessoren kann man austauschen und sie werden wie
Hg auch alle paar Jahre auch ausgetauscht. Wenn ein Implantat aber hält, was es verspricht, dann legt man sich für eine Entscheidung für oder gegen die Implantate auf Jahrzehnte fest. D.h. wer versuchen will, die Entscheidung für oder gegen eine Firma technisch zu begründen, sollte das Hauptaugenmerk auf das Implantat richten.
Folgende Punkte sind "Hardware", die man nicht durch andere/bessere Prozessoren ändern kann:
- maximale Pulsrate, die das
CI erlaubt (wieviel Impulse pro Sekunde)
- Anzahl der Elektroden
- Eingangdynamikbereich (kann durch Software teilweise gesteuert werden, der Maximalwert wird aber durch die Hardware vorgegeben), hohe Eingangsdynamiken erhöhen die Wahrscheinlichkeit leise Stimmen zu verstehen)
- Zahl der separaten Stromquellen (nur wenn jede einzelne Elektrode eine eigene Stromquelle hat, können alle theoretisch möglichen Sprachstrategien auch verwirklicht werden).
Alle übrigen Einstellparameter, die es gibt, sind abhängig von der gewählten Strategie und rein Softwareabhängig.
Recht gegensätzliche Produktlinien werden im Übrigen von AB und Cochlear verfolgt. Das Implantat von Cochlear bietet zunächst mal die meisten Elektroden, sieht aber auf anderen "Hardware"leistungen im Vergleich zu den anderen ziemlich mau aus. Cochlear macht diesen Nachteil mehr oder weniger erfolgreich dadurch wieder wett, dass Cochlear auf sehr komplexe und umfangreiche Vorverarbeitung der Signale setzt. D.h. Die Tonsignale, die in den Prozessor reinkommen werden sehr umfangreich analysiert und gefiltert und in Päckchen aufgeteilt, die das Implantat auch verträgt. Dabei hat Cochlear sich vieles aus der Hörgeräteindustrie abgeschaut. Da bei hochwertigen
Hg auch viele Algorithmen zum Einsatz kommen, so dass der Schwerhörige längst nicht Alles zu hören bekommt, was real existiert.
AB macht es ganau anders herum. Man sagt sich bei AB, wir haben ein Implantat, dass wir mit sehr viel mehr Informationen (Schnelligkeit, Eingangsdynamik) füttern können als die Mitbewerber: Bei AB wird also deutlich weniger vorverarbeitet und die Informationen werden vergleichsweise ungefiltert direkt an den Hörnerven weiter gegeben. Der
CI-Träger muss dann selbst wie Normalhörende das Wichtige halt heraushören. MedEl verfolgt in diesem Punkt im Prinzip die gleiche Linie wie AB. Die Firma MXM wird in Hannover seit Kurzem auch implantiert, die Hardwaredaten sehen nicht besonders toll aus, aber darüber hinaus weiß ich nichts über diese Firma.
Bisher wird immer behauptet, dass jede der beiden Philosophien gleich gut sind. In der jüngeren Vergangenheit gibt es jedoch doch Anzeichen, dass die Strategie von AB/MedEl
besser abschneidet, zumal man bei AB und MedEl viele Strategien von Cochlear nachprogrammieren könnte. Heruntertackten von Leistung geht immer und ist manchmal sogar nötig, weil manche Patienten (3%-4% der AB-Patienten) mit schnellen Strategien nicht klar kommen. Auch hier finde ich äußerst bedauerlich, dass man sich so wenig an vergleichende Studien zwischen den Firmen herantraut. Es gibt bisher eine einzige veröffentliche vergleichende Studie, bei der AB und MedEl gleich gut abschnitten und Cochlear sah dabei weniger gut aus. Ich befürchte, dass da Marktinteressen derartige Studien verhindern.
So kommen wir zu einigen Deteils, die immer und immer wieder bei der Diskussion für oder gegen ein Implantat sprechen: Zu meinem Erschrecken habe ich vor ca. einem Jahr festsellen müssen, dass die Zuverlässigkeiten nicht vergleichbar sind, überhaupt nicht. Vor Kurzem hatte AB eine Pannenserie, wo man mit Fug und Recht behaupten kann, dass die Zuverlässigkeit der AB-Implantate mit einem Bauteil eines Zulieferers deutlich schlecht sind als die AB-Implantate, die das Bauteil von einem anderen Hersteller haben: Das Problem ist erkannt und behoben. Auf der anderen Seite weichen die Vorstellungen bei den drei Firmen doch sehr davon ab, ab wann ein Implantat als defekt betrachtet wird und wann nicht. Die Übergänge sind fließend, da nicht jedes (halb)defekte Implantat ausgetauscht wird.
Die heiß diskutierte 120 Kanalstrategie von AB ist ein Softwaretrick, der aber funktioniert. Ich habe entsprechende Studien mitgemacht. Am stationären PC waren bei mir über 200 Elktroden identifizierbar, auf dem Harmony sind derzeit 120 Elektroden realisiert. Die Zahl der identifizierbaren Elktroden schwankt von Patient zu Patient (Hörbiographie), 120 haben aber fast alle Patienten geschafft. Diese Trick ist aber nur machbar, wenn jede Elektrode eine eigene Stromquelle hat. Sollte bei AB aber eine reale Elektrode ausfallen wird die Zahl der virtuellen Elektroden aber auch empfindlich geschmälert.
Da komme ich zum Thema defekte Elektroden, anscheinend sind Defekte von einzelnen Elektroden Gang und Gebe. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, einen Elektrodendefekt bei den Firmen sehr unterschiedlich, und wird zum Teil sogar einkalkuliert und nicht behoben, selbst wenn man es intraoperativ feststellt.
So und nun darf man mich steinigen
Überflüssig zu sagen, dass ich ein derartige Crashstudium vor meiner OP absolviert habe und ein AB habe, oder??? Ich bin daher nicht vollkommen unparteiisch. Eines fernen Tages wenn ich mir links ein
CI setzen lasse, wird es nach heutigen Kenntnisstand auch ein AB.
Die nächsten zwei Jahre ist nicht damit zu rechnen, dass andere Implantate auf den Markt kommen als die derzeitigen: Warten lohnt also nicht!
Gruß
Andrea