HDK hat geschrieben:
Hallo audiophil49,
ich wende mich an Sie aufgrund Ihres vielsagenden Nicknames und der Tatsache, dass Sie - immer noch? - ein Phonak Marvel M90 312 tragen. Seit dem 9. Januar trage ich dieses Modell zur Probe. Es gibt da - vorerst vage ausgedrückt - ein *Problem*. Bevor ich es darstelle, möchte ich Sie um Folgendes bitten:
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Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie sich auf mein *Problem* einlassen wollen, denn es ist evtl. mit etwas Aufwand für Sie verbunden, weil die Beschreibung akustischer Phänomene mit dem Anhören eben dieser Phänomene nicht mithalten kann. Kurz gesagt: ich schlage Ihnen das Anhören von Musikbeispielen vor, die ich weiter unten in dieser PN benennen werde.
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Falls Sie sich darauf einlassen, hat es keine Eile mit einer Antwort. 2019 beginnt für mich als HNO-Jahr. Kommende Woche steht eine NNH-OP an.
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Falls Sie sich darauf einlassen, interessiert mich, ob Sie mit dem Phonak Marvel dieselben inakzeptablen Wahrnehmungen machen beim Hören über externe Lautsprecher wie ich.
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Was halten Sie davon, meine Wahrnehmungen in Ihrem Thread oder in einem neuen Thread im Forum zu veröffentlichen?
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Ich habe, wie Sie, ebenfalls audiophile Ansprüche. Musik spielt seit meiner frühen Kindheit eine große Rolle für mich. Auch beruflich hatte ich mit Musik zu tun. Musik Hören und aktiv Musizieren trägt „gehörig“ zur Lebensqualität bei.
Sie haben sich, wie ich aus Ihrer Vorstellung vom 02.10.2018 erfahre, schwerpunktmäßig auf das Musik Hören mit einem Sennheiser IE800 eingelassen. Das ist natürlich eine audiophile Perle. Mein HiFi-Händler meint, dass einem Kopfhörer in der Qualität vergleichbare Lautsprecher das 10-fache kosten dürften. Nun ja, darüber kann man streiten ...
Ich bevorzuge entschieden das Hören über Lautsprecher, weil mir der räumliche Eindruck beim Headphone-Hören nicht gefällt. Ok, Kopfhörer haben den Vorteil, dass die üblen Einflüsse der Hörraum-Akustik keine Rolle spielen. Aber für die Kontrolle der Raumakustik gibt es Mittel. Meine Anlage besteht aus:
... hochwertige Komponenten, auf Wunsch des Verfassers anonymisiert ...
Ähnlich wie bei Ihnen besteht meine Hörminderung vor allem im Verlust der Wahrnehmung hoher Frequenzen. Im Gespräch leidet die Verständlichkeit, wenn auch nicht dramatisch. Beim TV-Gucken brauche ich deutlich höhere Lautstärke als meine Frau, geschweige denn meine Kinder.
Beim Musik Hören vermisse ich die Brillanz, vor allem wenn ich Aufnahmen nach jahrzehntelanger Pause wieder höre. Es rasselt die Schellentrommel nicht mit der erinnerten Rasanz, dann fehlt das Ping einer Triangel usw.
Ich werde in diesem Jahr 74, hätte mich also *audiophil45* nennen können. Vor etwa 5 Jahren bezeichnete meine HNO-Ärztin mein Hörvermögen, beruhend auf einer Audiometrie, „grenzwertig“. Eine Hörgeräte-Verordnung unterblieb. Im November 2018 wurde Schwerhörigkeit diagnostiziert, vermutlich mittelgradig. Beim Akustiker habe ich sofort klar gestellt, dass Musik Hören sehr hohen Rang einnimmt, weshalb ich bereit bin, die höchste Qualitätsstufe zu wählen.
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Schon bevor ich in Ihrer Vorstellung vom Oktober 2018 Folgendes gelesen habe “ist beim derzeitigen Stand der Technik ein additives Gerät [...]mit dem das "normale" Hören ja nur additiv überlagert wird besser?“ habe ich diese Art der Schall-Rezeption für ideal gehalten. Ich verwende zur Zeit als Ohrpassstück, das sog. „Dome“, ein kleines durchlöchertes Schirmchen. Direktschall kommt fast ungedämpft ans Ohr, die räumliche Wahrnehmung scheint ohne Einbußen zu funktionieren. Die In-Ear-Lautsprecher des Phonak M90 können als Sahnehäubchen einen Schuss Brillanz beisteuern, also dem Obertonbereich auf die Beine helfen. Man bedenke, dass die 16. Harmonische des Kammertons a’ bei 440Hz*16 = 7040 liegt, in einem Bereich, in dem das Marvel noch aktiv ist.
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Aber jetzt zur Sache, zum Problem.
Das Marvel macht einen sehr guten Eindruck bei sprachorientierter Umgebung, Umweltschall. Ich wohne auf dem Land, kann also nichts sagen über die Qualität bei hohem Lärm (U-Bahn, dichter Verkehr usw.). Beim Musik Hören versagt es, die Höreindrücke sind inakzeptabel. Mir wäre es kaum aufgefallen, würde ich Musik mit bewegter, schnell veränderlicher „akustischer Physiognomie“ anhören. Sie merken evtl., dass es sprachlich schwer auszudrücken ist. Ich versuch es also anders.
Ein Klavierton, einmal angeschlagen, verklingt mit einer „linealglatten“ Hüllkurve. Wenn ich das an meinem Klavier mache, dann nehme ich das OHNE Hörgerät auch so wahr. Mit dem Marvel im Ohr verändert sich der Eindruck dramatisch, geeignete Wörter könnten sein:
- Rauhigkeit
- Zittern bzw. Bibbern
- Scheppern
- Vibrieren (nicht im Sinne eines „Vibrato“, Schwankung der Tonhöhe)
- vielleicht handelt es sich um eine Amplituden-Modulation?
Ich kann das Testen mit „AutoSense 3.0“ und mit „Musik 1“. Der missliche Effekt ist bei beiden Sets gleichermaßen präsent. Sollten Sie ein Klavier haben, wäre dies die einfachste Methode meinen Eindruck nachzuvollziehen.
Hier eine Liste von Musikstücken, die über die Streamingdienste Qobuz oder Spotify verfügbar sind. WICHTIG ist, dass man über EXTERNE LAUTSPRECHER hört. Über Bluetooth ins Phonak Marvel gestreamt, tritt der Zitter-Effekt nicht auf. Die Bluetooth-Funktion des Marvel ist für mich absolut ohne Bedeutung, ich verwende sie nicht.
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Eric Burdon & War - Album: The Black-Man’s Burdon
Titel: Sun / Moon
Kommentar:
Bei dieser Musik fällt die Rauhigkeit nicht auf, vermutlich weil wenig obertonreiche Sounds dominieren, das Zischen von Becken und HiHat im Drum Set ist per se geräuschhaft und nicht so anfällig auf Rauhigkeit. Die Hammond und das später einsetzende Sax erscheinen mit dem Phonak rauher.
2
Andrew Cyrill - Album: Lebroba
Titel: Pretty Beauty
Kommentar:
Bei diesem Stück ist mir die Verfälschung durch das Phonak erstmals überdeutlich aufgefallen. Die muted trumpet zittert und bibbert mit dem Phonak. Ohne Hörgerät sind die Töne linealglatt. Die obertonarmen Sounds der Gitarre sind nicht wahrnehmbar von den Artefakten betroffen. Die sehr leise Besenarbeit des Drummers kommt mit dem Phonak besser zur Geltung
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Miles Davis - Album: Kind of Blue (Legacy Edition)
Titel: Flamenco Sketches
Kommentar:
muted trumpet, Effekt wie in Beispiel 2. Auch das Sax bibbert mit HG im Ohr
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Keith Jarrett - Album: Solo Concerts, Bremen/Lausanne
Titel: Bremen Part 2
Kommentar: Klaviermusik mit dem Phonak anhören ist ein Graus
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Keith Jarrett - Album: My Song
Titel: Country
Kommentar: Klavier & Sax ... na raten Sie mal
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Sie haben ja in Peter Wilhelms Forum einen langen Artikel geschrieben:
https://hoergeraete-info.net/marvel-mit ... aming-bug/
Mit Peter Wilhelm hatte ich bereits Mail-Kontakt. Auszüge:
Peter Wilhelm:
ganz herzlichen Dank für Ihre Eindrucksbeschreibung. Es ist schön, dass Sie grundsätzlich gute Erfahrungen mit dem M90 gemacht haben.
Sie haben es richtig erkannt, ich halte es für das derzeit beste Hörgerät auf dem Markt.
Die von Ihnen geschilderte Problematik ist aber gar nicht neu und mir durchaus bekannt.
Es ist aber schön, dass Sie das Problem so deutlich anhand von konkreten Beispielen belegen können.
[...]
HDK:
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann sind INDIVIDUALPROGRAMME - 3 an der Zahl - keine vom Hersteller Phonak angebotenen, vom User nicht veränderbare Setups, sondern sie lassen dem Hörer vollkommen freie Hand, d.h. der Akustiker kann auf meinen Wunsch hin die Algorithmen des Marvel soweit reduzieren bzw. *entschlacken* bis ein simpler Equalizer daraus geworden ist. Das wäre für Hören über Lautsprecher und für eigenes Klavierspiel (bei dem das Hörgerät allerdings nicht zwingend nötig ist) ideal.
Peter Wilhelm:
Genau!
Es ist wichtig, dass der Hörakustiker Ihnen ein neues Individualprogramm anlegt.
Phonak bietet etliche vorgefertigte Programme, die Sie entweder über die App oder den Taster am Hörgerät auswählen können. Voraussetzung ist, dass der Hörakustiker diese freischaltet!
Da gibt es beispielsweise 360°-Hören, Verstehen im Störgeräusch usw.
Normalerweise sollte die Automatik für den Normalanwender immer das passende Programm auswählen. Aber oft genug kann sich die Software nicht (richtig) entscheiden oder aber man persönlich findet ein völlig anderslautendes Programm viel geeigneter.
In meinem Lieblingskaffeehaus, wo Espressomaschine, Gläserklirren, Geschirrklappern und Menschengeplapper durcheinandergehen, hilft mir beispielsweise oft „360°-Verstehen“, obwohl das eigentlich für ganz was anderes gedacht ist.
So gibt es von Phonak auch ein Musikprogramm, das der Hörakustiker anpassen kann.
Er kann dieses auch kopieren und beispielsweise MUSIK 1 nennen.
Sie benötigen aber ein Musikprogramm bei dem ALLE Komfortfunktionen abgeschaltet sind. ALLE!
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Vielen Dank, dass Sie bis zum Schluss durchgehalten haben mit dem Lesen
freundliche Grüße von
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