Recruitment / Kompression

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logopädie123
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Recruitment / Kompression

#1

Beitrag von logopädie123 »

Hallo ihr Lieben,

ich bereite mich aktuell auf das Staatsexamen in Logopädie vor und habe eine Frage zur Audiologie. :help:
Kann mir jemand erklären was der Unterschied zwischen Recruitment und Kompression ist? Ich würde es mir so erklären, dass das Recruitment im normalen Gehör passiert und die Kompression beim Ausfall der äußeren Haarzellen vom Hörgerät übernommen wird, bin mir jedoch sehr unsicher.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Liebe Grüße ;)
Ohrenklempner
Beiträge: 8814
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
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Re: Recruitment / Kompression

#2

Beitrag von Ohrenklempner »

Hallo!

Nicht so ganz!
Ich versuche es mal zu erklären:
Beim geschädigten Gehör kann es vorkommen, dass wegen des Defekts der äußeren Haarsinneszellen erstens die Hörschwelle erhöht ist und zweitens die Unbehaglichkeitsgrenze verringert ist. Ein Normalhörender hat einen "Hörbereich" von 0 dB (Hörschwelle) bis 100 dB ("zu laut"), bei einem Hörgeschädigten kann dieser Bereich z.B. bei 50 dB (Hörschwelle) bis 80 dB ("zu laut") liegen.

Recruitment bezeichnet hier das Phänomen, dass trotz der Hörschädigung ein bestimmter Pegel vom Normalhörenden und Hörgeschädigten als gleich laut empfunden wird ("Lautheitsausgleich"). Das könnte in unserem Beispiel etwa bei 65 dB der Fall sein. Recruitment tritt in der Regel nur bei reinen Innenohrschwerhörigkeiten auf. Daraus ergibt sich, dass die Empfindlichkeit des Gehörs für kleine Pegelunterschiede beim Hörgeschädigten höher ist als beim Normalhörenden.
Testen kann man das mit dem SISI-Test. Dabei wird ein Dauerton vorgespielt, der in regelmäßigen Abständen für einen kurzen Moment um 1 dB lauter wird. Ein ungeschädigtes Innenohr nimmt diese Pegelsprünge nicht wahr, ein geschädigtes Innenohr schon.

Um dem entgegenzuwirken, nutzt das Hörgerät die Kompression. Leise Töne werden viel mehr verstärkt als lautere Töne. Der Dynamikumfang von normal lauter Sprache (ca. 30-65 dB) wird damit in das Hörvermögen des Hörgeschädigten "hineinkomprimiert" in einen kleineren Bereich von sagen wir mal 50-70 dB.

Man kann sagen, dass das gesunde Innenohr auch ein Kompressor ist, weil es leise Pegel (unter 50 dB) verstärkt und laute Pegel (über 80 dB) dämpft. Bei einem Verlust der äußeren Haarsinneszellen entfällt diese Funktion und muss sozusagen vom Hörgerät kompensiert werden.

Viel Erfolg beim Examen! :)
Dani!
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Wohnort: Landkreis München

Re: Recruitment / Kompression

#3

Beitrag von Dani! »

Hallo Ohrenklempner!
Vielen Dank für deine Ausführung. Das war selbst für mich noch eine Bereicherung, obwohl ich mich nun schon viel mit dem Hören beschäftige.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
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