Komfortfunktionen im Streaming-Modus

[Ohrbert]

Mir ist heute wieder einmal eine Funktion (oder ist es ein Bug?) bei meinen Phonak-HGs im Streamingmodus aufgefallen.

Ich habe von meinem Handy ein Hörbuch auf die Hörgeräte übertragen. Da ich in der Straßenbahn unterwegs war, habe ich die Mikrofone der HGs abgeschaltet (Taste "leiser" lange drücken). Somit habe ich ausschließlich das Streamingsignal über die Hörer erhalten, von den Mikrofonen ist kein Signal gekommen. Wenn nun die Straßenbahn gefahren ist, dann ist das Tonsignal merklich leiser geworden und aus der Stimme des Sprechers wurden die tiefen Frequenzen rausgefiltert.
Mir ist das auch schon mal aufgefallen wie ich in der Natur unterwegs war und der Wind gegangen ist. Auch da wurde das Signal reduziert/der Klang verändert.

Ich tippe hier ganz stark auf die Zusatzfunktionen wie Wind Block, Soft Noise Reduction, Wistle Block, etc. Welche genau es ist oder ob alle kann ich nicht sagen. Jedenfalls werden diese Funktionen scheinbar nicht auf das Eingangssignal der Mikrofone angewendet sondern ganz hinten in der Signalkette, noch hinter dem Punkt wo das Streamingsignal mit dem Mikrofonsignal gemischt wird. Das ist aber sinnlos weil zB Windgeräusch ja erst in den Mikrofonen entsteht.
Es macht übrigens keinen Unterschied, ob man wie oben beschrieben die Mikrofone stumm schaltet oder über die App die Balance zwischen Umgebung und Streamingsignal auf 0 reduziert. Der Effekt ist derselbe.

Ist das bei den anderen Herstellern auch so und ist dieses Verhalten bekannt?

[muggel]

Hallo,
ich habe festgestellt, dass bei "lautlos"-Stellen der Mikros bzw. die Signale nur auf Streaming (und "keine" Umgebung) stellen, die Mikros NICHT vollständig ausgeschaltet werden, sondern -- wenn auch sehr leise -- weiterhin aktiv bleiben.

[Ohrenklempner]

@Ohrbert: Was du beschreibst, klingt tatsächlich wie ein Fehler in der Programmierung. Mit deinem Streamingsignal passiert genau das, was die Automatik eigentlich mit dem Mikrofonsignal machen sollte: Laute Umgebung oder Wind -> tiefe Töne werden abgesenkt.
Wäre sicher nicht falsch, das jemand (nicht ich) mal an den Hersteller meldet. Ich arbeite so gut wie gar nicht mit Phonak, daher will ich mich da auch nicht unbedingt reinhängen.

[Dani!]

Mit der Balance-Regelung schaltest du die Mikrofone nicht komplett aus. Wenn es mit dieser Regelung gleich klingt wie mit der "mute"-Funktion, dann tut das letztere das auch nicht. Da bin ich bei derselben Überzeugung wie muggel.

Ich hab mal in Target nachgeschaut. Für meine damaligen B70 gab es noch das Auswahl-Tab "Lautstärkeverhalten", wo die Mute-Taste in 3-dB-Schritten zwischen 0 und -30dB eingestellt werden konnte. "-12" dB ist da Standard gewesen, also eine Reduzierung des Ausgangssignals auf ca 1/4, ist also schon kaum noch hörbar. Meine Geräte hatte ich auf -21dB gestellt, also weniger als 10% sind verblieben. Bei Paradise habe ich keine Steller mehr für diese Funktion gefunden. Da kann der Akustiker nur "Mute"-Funktion aktivieren oder nicht anbieten.

"mute" heißt zwar übersetzt "stumm". Die meisten Unterhaltungsgeräte, die ich kenne, reduzieren allerdings nur die Lautstärke vergleichsweise stark (mein Denon je nach Konfiguration um -20 oder sogar -40 dB).

Ich glaube nicht, dass das Verhalten ein Bug ist, auch wenn es für mich genauso komisch anfühlt. Könnte man bestimmt auch anders lösen. Aber da es sich bei den einzelnen Features bei Hörgeräten aus Effiziensgründen um hochspezialisierte Funktionsblöcke in Hardware gegossen handelt, dürfte da kaum was am Spezialfall umstellen lassen, dass überhaupt kein oder nur wenig Input von den Mikrofonen kommt. Meine CIs von einem anderen Hersteller verhalten sich in manchen Situationen auch selten dämlich. Einfach weil Filter hinten dran gehängt werden, die auf Basis von Werten arbeiten, die auf einem der Zwischenschritte schon wegradiert wurden.

[Ohrbert]

Auch wenn das Umgebungssignal nicht komplett rausgefiltert wird (obwohl ich nichts davon wahrnehme) - so wie das umgesetzt ist macht es keinen Sinn und ist echt störend. Ich sitze in der Straßenbahn und bei der Fahrt zwischen den Stationen ist der Text praktisch nicht zu verstehen. Er wird viel leiser und der Klang total blechern. In der Station wenn der Zug steht, wird's gleich wieder lauter und der Klang voll. Es wird also komplett ins Streamingsignal eingegriffen, was sinnlos ist. Es ist wirklich das Signal leiser und nicht nur der Umgebungslärm lauter.
Ich habe mal eine Nachricht an Phonak geschrieben, mal schauen ob ich von dort etwas höre.
Als "Lösung" habe ich die Automatiken für den Streamingmodus abgeschaltet, normalerweise habe ich da die Mikrofone eh immer aus wenn ich unterwegs bin. Und wenn ich im Büro telefoniere (Streaming) dann geht dort eh kein Wind.

[Ohrenklempner]

Hat dein Smartphone eventuell eine automatische Klanganpassung, die da eingreift?

[Ohrbert]

Nicht dass ich wüßte, ist ein iPhone XS. Für mich ist das ziemlich eindeutig, dass die Automatiken ganz hinten in der Signalkette greifen.

In der Phonak Target Software ist übrigens die Mute Funktion mit "Mikrofon aus" beschrieben, nicht mit "ganz leise drehen". Auch wenn sie vielleicht selbiges tut.
Ob Phonak da etwas ändern will bezweifle ich auch ein wenig, soetwas passiert sicher nicht versehentlich. Ich denke aber schon, dass die Funktionen in Software implementiert sind und nicht in Hardware gegossen, wie @Dani! meint. Mittlerweile sollte das eine CPU / DSP schon können und dafür kein ASIC benötigt werden. Beleg dafür habe ich aber keinen, ist nur Vermutung. Vielleicht weiß @Dani! da mehr.

[Chocolate]

Ich hab auch so meine Erfahrungen damit gemacht,
ich hab unterschiedliche Einstellungen für die Übertragung via Bluetooth und über Klinke, bei letzterem werden die Mikrofone stärker gedrosselt, ganz aus sind sie aber nicht. Der Teil ist absolut so gewollt und die entsprechende Drosselung von mir auch genau in dem Rahmen gewollt.
Das hat einen ganz einfachen Grund, wenn ich über Bluetooth streame mache ich das meist unterwegs, und da ist aus Sicherheitsgründen angebracht die Umgebung wie den Straßenverkehr noch wahrzunehmen. Wenn ich im Zug sitze kann ich ein Audiokabel nutzen und dann sind die Mikrofone stärker gedrosselt, da muss ich nicht so viel mitbekommen vom drumherum.

Wenn ich meine HG gemutet habe (bei mir als Auswahl bei den Programmen), dann wird das HG dadurch, dass die Bluetooth-Streaming Einstellung so ist natürlich die Mikrofone wieder auf das für diese Funktion festgelegte Level aktivieren. Beende ich die Übertragung geht es wieder in die Stummschaltung.
Ich hoffe ich konnte das verständlich erklären.

[Ohrbert]

@Chocolate: vielleicht habe ich mich unverständlich ausgedrückt, aber ich bin mir sicher dass du die Funktion so wie sie jetzt ist nicht haben willst.
Konkret: Du hörst über die HG Musik, ganz egal ob über Bluethooth oder auf einen anderen gestreamten Weg. Es ist auch irrelevant ob die Mikrofone ein oder aus oder nur gedrosselt sind. Nun kommt ein Windstoß und der Windblock greift. Dieser macht aber jetzt dein Musiksignal leiser und verändert den Klang. Das macht überhaupt keinen Sinn weil in dem Signal ja gar kein Windgeräusch drinnen ist. Dieses Signal soll auf alle Fälle unverändert bleiben. Falls die Mikros an sind dann muss der Windblock natürlich auf dieses Signal wirken. Das Resultat muss zum Musiksignal gemischt werden. Dadurch wird der Wind unterdrückt und die Musik bleibt wir vorher. So würde ich das erwarten/wünschen. Das gleiche gilt für die Soft Noise reduction, Impulsschallunterdrückung, etc. Nur die Rückkopplungsunterdrückung muss auch auf das Musiksignal wirken wenn die Mikros an sind.

Der Einsatzzweck den du beschreibst ist genau das Dilemma in dem man sich befindet. Man kann ja alle Automatiken für den Streamingmodus ausschalten - habe ich jetzt als Workaround gemacht. Nur hat man dann ein Problem wenn man gelegentlich die Umgebungsgeräusche auch wahrnehmen möchte. Dann braucht man die Automatiken in dem Programm.

[Ohrenklempner]

Eindeutig ein Bug.
Wäre interessant, ob die neuen Lumity-Geräte den gleichen Fehler haben.

[Chocolate]

Nun kommt ein Windstoß und der Windblock greift. Dieser macht aber jetzt dein Musiksignal leiser und verändert den Klang. Das macht überhaupt keinen Sinn weil in dem Signal ja gar kein Windgeräusch drinnen ist. Dieses Signal soll auf alle Fälle unverändert bleiben.

Ah jetzt verstehe ich dein Problem, also das tritt bei mir so gar nicht auf, ich hatte die ursprüngliche Frage wohl fehlinterpretiert. Wenn ich auf dem Fahrrad Wind abbekomme, dann ändert sich die Musik für mich nicht.

[Ohrenklempner]

@Ohrbert: In der Target hattest du schon die ganzen Komfortregler in den Streamingeinstellungen auf Null gezogen, hab ich das richtig verstanden?
Der Bug sollte so nicht mehr zutage treten, aber behelfsweise kann man das Problem damit zumindest umgehen.

[Ohrbert]

Ja, das Setzen der Komfortregler auf Null umgeht das Problem.
Ich habe schon heute von Phonak eine Antwort erhalten (Hut ab vor der schnellen Reaktionszeit) und darin steht, dass sie das Problem nicht reproduzieren können und dass die Automatiken bei deaktivierten Mikrofonen im Streamingmodus greifen.

Daher habe ich mal mit einem Fön bewaffnet und alle mir Kombinationen ausprobiert die mir einfallen.
1. Wind Block auf Maximum, Mikrofone in Target für Programm aktiviert. Hörbuch abgespielt, mit "runter" Taste Mikrofone deaktiviert. Dann mit Fön auf ein Hörgerät geblasen -> Klang wird auf dem Ohr leiser, Fön weg, Klang kommt kurz darauf wieder in normaler Lautstärke
2. Selbes Szenario, jetzt aber mit Phonak APP Balance maximal auf Audio. Fön drauf - nun höre ich im Unterschied zu 1 auch noch ein wenig den Wind in den HGs -> wie erwartet wird Klang leiser....
3. Nun wie 2, aber in der App die Mikrofone gemutet. Ich höre jetzt wie bei (1) keine Windgeräusche in den HGs, trotzdem wird der Klang leiser wie bei (1)
4. Nun in Target wieder Wind Block auf Maximum, jetzt aber die HGs für die Streamingmodi deaktiviert. Ergebnis: auch hier wird der Klang leiser wenn ich mit dem Fön drauf gehe.
5. Mikros wieder in Target für Streaming aktiviert, jetzt aber Wind Block auf 0. Signal gestreamt, mit "Runter"-Taste gemutet. Nun bleibt der Klang unverändert wenn ich mit dem Fön draufblase.

Der Effekt kommt also eindeutig von der Automatik und die Aussage von Phonak ist unrichtig.

[Ohrenklempner]

Falls ich mal ein Phonak- (oder phonakoides) Hörgerät in die Finger bekomme, probiere ich das auch mal aus.

[Dani!]

Ohrenklempner, du wirst doch nicht mit dem Feuer (Sonova) spielen!

[Ohrenklempner]

Manchmal komme ich tatsächlich in die Verlegenheit...
Aber ich seh das so: Bevor einer meiner Kunden zu den grünen Kollegen rennt und denen 5000 Euro in den Rachen schmeißt, behalte ich den Kunden lieber und die Sonova bekommt von mir nur einen Bruchteil der Knete.