Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

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mirochen
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Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#1

Beitrag von mirochen »

Wollte mal kurz von einem kleinen Selbstversuch berichten. Ich "fitte" ja "selbst" meine Phonak Audeo P90. Naja, eigentlich justiere ich nur ein wenig fein, das Grobe überlasse ich dann doch lieber dem HGA.

Bis heute. Denn ich bin ganz grundsätzlich mit dem Klang mal wieder unzufrieden - klingen wie Blechdosen auf den Ohren. Ich höre zwar sehr viel besser Sprache (wird mir auch bestätigt vom Umfeld), aber ich nehme die Umwelt nur noch wie durch Blechdosen wahr.

Also habe ich mal einen kompletten neuen Kunden und Vorgang angelegt. AudioDirekt mit den HGs gemacht (weicht vom alten Audiogramm praktisch nicht ab), Adaptive Dingsens 2 von Phonak als Anpassformel benutzt und die Feinjustage der Programme wie vorher eingestellt.

Boah ist der Klang jetzt krass besser... keine Dosen mehr... werde ich morgen mal ausführlichst testen (verschiedene Situationen, vor allem Lärm, aber wenn ich jetzt hier die Anlage aufdrehe, setzt es was). Vor allem, woran das liegt... ich sehe schon massive Abweichungen in den MPO-Einträgen...

Disclaimer: Solche Experimente rate ich niemandem, der auf seine HGs für den Alltag angewiesen ist! Ich bin völlig verrückt und fahre manchmal mit verbundenen Augen - aber das muss sich bitte niemand zum Vorbild nehmen, ok?
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Akustik Alex
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#2

Beitrag von Akustik Alex »

Hey Mirochen,

das kann diverse Ursachen haben, z.B. weil du Geschlecht oder Alter, sowie die Trageerfahrung weggelassen hast. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass es an den Messungen liegt. Beim Audiogram Direct kann man nur den Hörverlust für Töne messen und auch nur die Luftleitung. Die Knochenleitung, (und in deinem Fall vermutlich auch die Unbehaglichkeitsgrenze) fehlen. Die zieht sich das Programm dann eben aus der Messung vom Audiometrieprogramm, die es bei dir jedoch nicht gibt. Ergo fällt die MPO quasi raus. Die Werte hier müssten deutlich höher liegen als vorher. Dann lag dein Problem offensichtlich bei der Ausgangsbegrenzung. Du könntest auch die Anpassformeln mal durchprobieren und NAL NL 2 und DSL i/o v5 gegeneinander testen.

Besten Gruß,
Alex
Dani!
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#3

Beitrag von Dani! »

MPO kann man mit AudioDirect doch messen. Die Knochenleitung fehlt allerdings natürlich. Aber bei den meisten (Innenohrgeschädigten) ist die quasi vernachlässigbar.

Aber @mirochen, wieso soll deine Herangehensweise dem blind Fahren gleich kommen? Wenn die neue Einstellung nicht passt, dann einfach wieder die Vorherige zurückspielen.
Dominik
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Vorsicht bissig.
mirochen
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#4

Beitrag von mirochen »

Alex, die Unbehaglichkeitsgrenze habe ich mit Target auch getestet. Danke für die Erklärung! Ich vermute, ergänzend kommt noch hinzu, dass ich vor knapp zwei Jahren bei der Grundeinstellung explizit darum gebeten habe, mich akustisch "einzusperren", also möglichst viel an Nicht-Sprache zu filtern (auch deshalb trage ich geschlossene Domes). Da damals der Verdacht bestand, dass meine Grunderkrankung auch durch eine (deutliche) Überempfindlichkeit sämtlicher Sinneseindrücke ("externe Impulse") einschließlich Hören gefördert wurde. Zwischenzeitlich werde ich gegen dasselbe Problem aber anderweitig behandelt, vielleicht stört mich deshalb die "Blechdose" mittlerweile so sehr. Klingt das für dich nach einer plausiblen Erklärung? Ich sollte das wohl mit meinem HGA besprechen, aber der kann schon kaum damit umgehen, dass ich Anpassungen an den Automatikprogrammen selbst durchführe, ich will es mir mit ihm nicht völlig verscherzen ;)

Die geschlossenen Domes möchte ich auch beibehalten, denn meine Schwindelattacken durch starken Lärm/viele Geräusche auf jeden Fall immer schlimmer und manchmal auch erst ausgelöst werden. Deshalb ist mir ein bedarfsweise oder durch entsprechende Automatiken stärkeres Filtern sehr willkommen - aber halt nicht im Normalfall.

Dani!, tatsächlich werden ja auch Werte für die MPO-Anpassungen durch das AudioDirect ermittelt. Aber halt stark abweichende von der ursprünglichen Einstellung. Und das sind, soweit ich das Überblicke, die einzigen Abweichungen. Und du hast Recht, der Vergleich war übertrieben, ich hatte das PS eigentlich vor allem geschrieben, dass man nicht direkt über mich herfällt, was mir denn einfiele, selbst so massiv in die HG-Einstellungen einzugreifen. Gesichert habe ich das eh, ich habe ja auch einen neuen Kunden angelegt, nur zur Sicherheit (und alles in Excel notiert, ich traue ja keiner Software, da ich selbst aus der IT stamme :D ).
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Ohrbert
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#5

Beitrag von Ohrbert »

Neben den Verstärkungen gibt es noch ein paar andere Parameter, die automatisch eingestellt werden und einen Einfluss auf den Höreindruck haben.
Dies ist zum Einen einmal die Kompression (kann man von linear bis stark in 3 Stufen einstellen) und dann wird auch SoundRecover gerne automatisch aktiviert.

Du könntest dir einfach mal in Target die Einstellungsergebnisse vom Akustiker und dein Ergebnis als Berichte ausdrucken lassen und dann vergleichen. Das wäre mal ein Ausgangspunkt. Dann kannst du ja immer an einem Parameter drehen und weiter testen. Ich finde das immer recht interessant weil man so lernt, welchen Einfluss welcher Parameter hörtechnisch hat. Die Profi-Akustiker hier wissen das vor allem durch langjährige Erfahrung und Arbeiten mit vielen Kunden - sind aber zumeist auf die Rückmeldung angewiesen. Du kannst das an deinen eigenen Ohren ausprobieren und merkst somit, welche Auswirkung einen Einstellung für DEINE Ohren hat. Das sehe ich als großen Vorteil. Obwohl - gemäß deiner Signatur hast du ja schon die optimale Einstellung gefunden.
Phonak P70
mirochen
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#6

Beitrag von mirochen »

Ich habe ADP2 gegen NAL-NL2 in einem "Schnelltest" getestet (DSL sofort verworfen, klingt bei mir nicht gut). Mit NAL-NL2 ist die Sprache insgesamt ausgewogener, aber "leiser". Ist meines Wissens nach auch kein Wunder, diese Formel sollte genau dazu führen: Bässe und Höhen leicht angehoben, aber die Gesamtlautstärke nicht über das Niveau eines Normalhörenden.

Das Problem ist: mit NAL-NL2 höre ich mich selbst nicht gut. Die S-Laute höre ich über die Ohren, alles andere nur über meinen Körper (wenn überhaupt, eigentlich brumme ich etwas vor mich hin). Ich spreche dann auch ungenauer/nuscheliger (und, in aller Bescheidenheit, ich habe eine sehr deutliche "Radiostimme"), zumindest ist das mein Eindruck, ich habe kein vernünftiges "Feedback" meiner Stimme mehr. Ähnlich (aber nicht ganz so krass) wie bei schlechten Kopfhörern, die keinen Rückkanal vom Mikrofon haben. Ein wenig wie ein Stecker im Ohr. Das ist inakzeptabel für mich.
Beim Testen mit Audioaufnahmen von einem professionellen Sprecher ist mir aufgefallen, dass ich bei NAL-NL2 auch bei ihm denke, er nuschelt sich was zusammen. Ich denke, gleiches Problem, die Mitten/Tiefen fehlen oder haben nicht genug ähm "Charakter".

Mit ADP2 höre ich mich insgesamt auch von außen. Mit ADP2 habe ich das Gefühl, dass die Mitten und Höhen wie mit einem Equalizer in der Lautstärke angehoben werden (die "Schönheit"/Ausgewogenheit geht den Bach runter, aber ich verstehe besser) - offenbar auch die Tiefen (oder die werden bei NAL-NL2 reduziert), denn ich höre meine eigene Stimme vollständig, auch wenn nicht schön/geschmeidig.
Mit den gleichen Nebeneffekten wie beim Equalizer: das Grundrauschen wird stärker (und ist hörbar, wie ein konstantes Rauschen). Ich kenne das Problem noch von früher... dagegen hilft es eigentlich nur, die Verstärkung zu reduzieren (auf etwa 93%) und/oder Soft Noise Reduction auf 3 bis 5 und/oder NoiseBlock um +2 erhöhen. Soft Noise Reduction hat aber heftige Nachteile... beim Kochen höre ich bspw. das "Bratengeräusch"/Köchelgeräusch nicht richtig (habe ich heute Mittag getestet). Das behindert mich beim Kochen sehr, ich höre nicht, wann ich runterdrehen muss, bzw. verliere das Gefühl fürs Timing... vielleicht Gewöhnungssache. Das kann ich auch mit etwas mehr NoiseBlock unterbinden, hat weniger Nebenwirkungen.
Der professioneller Sprecher klingt auch hier wesentlich verständlicher.

Ich denke, ich werde erst mal beim ADP2 bleiben. Meine "alten" Einstellungen waren NAL-NL2.

(Das ist alles subjektiv natürlich! Aber tatsächlich sehr spannend)
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Dani!
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Re: Selbstversuch mit "Zurücksetzen"

#7

Beitrag von Dani! »

APD(2) heißt Adaptive Phonak Digital (2), eine Anpassfirmel von Phonak selbst.
Dominik
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