Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

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Sara89
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Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#1

Beitrag von Sara89 »

Hallo zusammen

Beim Beratest gestern kam heraus, dass unser Sohn - 10 Wochen - schwer hörgeschädigt ist (ein Ohr 60-70 db, andreres 90db).

Seit der Diagnose bin ich nur am Weinen. Ich habe Angst dass er trotz Hörgeräte nie richtig hören wird, nicht den normalen Bildungsweg beschreiten kann, sozial eingeschränkt ist. Ich dreh hier bald durch...

Hat jemand Erfahrungen? Dasselbr durchgemacht?

Liebe Grüsse
Sara
Der Akustiker
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#2

Beitrag von Der Akustiker »

Habe ich nicht, aber heutzutage mit der Technik ist eigentlich alles möglich!
Am Anfang wird es komisch sein, aber wenn er in die Schule geht, kann er vielleicht schon Ex-Hörer Geräte tragen und es gibt Ansteckmikrofone, die streamen alles.
Ja, ich habe 3 Mädels und ich wäre auch erste einmal geschockt, aber als Fachmann würde ich klar sage -> heute ist das nicht mehr so das Problem!
Wichtig ist, dass sofort reagiert wird, damit die Sprachentwicklung etc normal ist!
Hören kann man mit jeden System...Verstehen nur, wenn das Gehirn es akzeptiert und trainiert ist! Akustiker aus Leidenschaft...
Dani!
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#3

Beitrag von Dani! »

Nur weil was an den Ohren kaputt ist heißt es das nicht, dass dazwischen was nicht in Ordnung ist. Ganz im Gegenteil lernt ein Schwerhöriger viel früher, konzentriert bei einer Sache zu bleiben. Ich kenne viele (mich eingeschlossen) die trotz hochgradiger Hörschädigung eine Regelschule besucht haben, erfolgreich.

Als Hörgeschädigter braucht man zwar mehr Pausen (was für Normalhörende auch nicht verkehrt wäre). Am gesellschaftlichen Leben kann man trotzdem normal teilnehmen. Man darf nur nicht den Fehler machen, die SH immer in den Vordergrund zu stellen oder ihr gar die Schuld für Missstände zu geben.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
Patrick68
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#4

Beitrag von Patrick68 »

Hallo Sara,

dass du bei einer solchen Diagnose erst einmal verzweifelt bist, kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber ich möchte dir gerne ein wenig Mut machen.

Ich bin seit Geburt hochgradig schwerhörig (heute an Taubheit grenzend) und habe trotzdem eine weitgehend normale Kindheit und Jugend verbracht. Nach 1 3/4 Jahren auf einer Schule für schwerhörige Kinder (Reinfelder Grundschule in Berlin; die aus der Netflix-Serie "Dark" ;) ) bin ich auf eine Regelschule gewechselt und habe dort nie Probleme gehabt. Und ich hatte keinerlei technische Hilfsmittel, wie es sie heute gibt. Ich habe einen guten Realschulabschluss gemacht, zwei Berufsausbildungen und bin heute im öffentlichen Dienst beschäftigt.Es gibt natürlich Einschränkungen, wenn man hochgradig schwerhörig ist. Aber mit kann wirklich ein weitgehend normales Leben führen.

Wenn du mir per PN deine Mailadresse schickst, kann ich dir gerne einen Bericht schicken, den meine Mutter mal für ein Blatt für Eltern schwerhöriger Kinder über meine Kindheit und Jugend verfasst hat. Gerne können wir uns auch sonst per PN weiter austauschen.

Liebe Grüße!
Patrick
Seit dem 01.06.2023 glücklicher Träger von zwei Signia Motion Charge&Go SP 3X

_Hz 250 500 1000 2000 3000 4000 6000 8000
dbR 105_95__90___95__95___95__110__90
dbL 105_80__90___90__100__ X___ X___X
rabenschwinge
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#5

Beitrag von rabenschwinge »

Aus der Erfahrung einer Mutter von einem schwerbehinderten Kind: Je mehr Du das Kind in die Familie integrierst und je normaler Du Dein Kind behandelst desto selbstbewusster und selbstständiger wird es. Was sein Leben einfacher macht und viele Wege und Türen öffnet.

Ich weiß, die Diagnose einer Behinderung zieht einem erstmal den Boden weg und dreht das Leben um. Das ist vollkommen normal.

Ich kann Dir das Buch Natalie oder der Klang nach der Stille empfehlen und auch das Buch Hören wird überwertet.

Fühl Dich mal umärmelt und liebe Grüsse,

rabenschwinge
Randolf
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#6

Beitrag von Randolf »

Hallo, liegt denn überhaupt eine Behinderung vor?
AlfredW
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#7

Beitrag von AlfredW »

Hallo,
Randolf hat geschrieben: 18. Aug 2023, 18:11 Hallo, liegt denn überhaupt eine Behinderung vor?
Wenn die Diagnose richtig ist, dann kann man davon ausgehen, dass eine Behinderung vorliegt. Wenn auch noch nicht offiziell mit Brief und Siegel (Schwerbehindertenausweis).

Wie kommst Du darauf, dass bei einer Hörschwelle von 70-90dB keine Behinderung vorliegt?
Deine Frage finde ich komisch.

Gruß

Alfred
bds Innenohrschwerhörigkeit ca. 80 dzb
Phonak Audeo R P50 13T UP + TV-Link
smallhexi79
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#8

Beitrag von smallhexi79 »

Hallo Sara89,

ich bin selbst auf dem einen Ohr hochgradig/an der taubheitsgrenzend schwerhörig und das andere Ohr ist gehörlos. Ich arbeite im Verkauf.

Lass euch HNO-Klinik oder HNO-Arzt mit Pädaudiologie überweisen und ihr könnt die Frühförderung für Hörgeschädigte nehmen.

Die haben auch eine Beratungsstelle. Beratungsstelle und die Frühförderung sind mit der Schule für Hörgeschädigte angeschlossen. Das findet du hier auf der linken Seite unter Menü Schulen.

Smallhexi
LG smallhexi Hörgeschädigt seit 1980 durch Meningitis
links: +/- 80 dB versorgt mit GN ReSound Enzo 3D 5
rechts: gehörlos
Sara89
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#9

Beitrag von Sara89 »

Danke für eure Feedbacks die Mut zusorechen!!

Ich hab einfach Angst, dass die Hörgeräte nicht ausreichen um uns zu hören 😔 und ist die Gebärdensprache immer notwendig? Kann er sprechen lernen?

Ich breche hier fast zusammen. Schau meinen kleinen an und frag much wie sein Leben verlaufen wird. Bin noch im Schock, traurig, verzweifelt und wütend!
Michael62
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#10

Beitrag von Michael62 »

Keine Ahnung grad ob ich eine gefühlvolle Antwort hinbekomme. Oder eine die man nicht falsch versteht. Ich probiere es trotzdem, da du ja grade verständlicherweise sehr "angeschlagen" bist.

Ich glaube nämlich, dass es für dein Kind weniger "stressig" wird als du es grade verständlicherweise glaubst. Aus dem einfachem Grund, da dein Kind damit aufwachsen wird und es von anfang an nichts anders kennt. Es wird quasi das normale hören gar nicht vermissen können. Ich hoffe es ist verständlich wie ich das meine.

Trotzdem ist das natürlich alles andere als schön. Aber ich wette, dass ihr mit der Zeit sehr gut damit klar kommen werdet. Ich wünsche es dir / euch von Herzen.
R: 125 kHz-30 db / 250 kHz-40 db / 500 kHz-50 db / 1 kHz-65 db / 2 kHz-65 db / 3 kHz-70 db / 4 kHz-70 db / 8 kHz-75 db
L: 125 kHz-35 db / 250 kHz-45 db / 500 kHz-50 db / 1 kHz-65 db / 2 kHz-55 db / 3 kHz-60 db / 4 kHz-60 db / 8 kHz-75 db
Randolf
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7

Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#11

Beitrag von Randolf »

Hallo,
wenn eine schwere Behinderung vorliegt, würde ich das mal einreichen.
db bedeutet nicht GdB.
rabenschwinge
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#12

Beitrag von rabenschwinge »

Wenn Hörgeräte nicht ausreichen gibt es noch die Möglichkeiten CI und BAHA.

Ob die Gebärdensprache notwendig ist ..... ich denke, es ist sinnvoll sie zu lernen und mir damit einen zweiten Weg der Kommunikation zu öffnen.
Dani!
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#13

Beitrag von Dani! »

Ich glaube nicht, dass die Gebärdensprache notwendig sein wird. Das Kind reagiert ja.
Es sollte aber beruhigend wirken, dass man weiß, dass es außer Hörgeräte immer noch eine Alternative gibt.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
rabenschwinge
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#14

Beitrag von rabenschwinge »

Dani, zweiter Kommunikationsweg. Kann ganz hilfreich sein.
tabbycat
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#15

Beitrag von tabbycat »

rabenschwinge hat geschrieben: 19. Aug 2023, 18:55 Dani, zweiter Kommunikationsweg. Kann ganz hilfreich sein.
...und kann evtl. später sogar beruflich ähnlich nützlich sein wie eine Fremdsprache- vor allem, wenn man es von klein auf spielerisch und entspannt lernt 🙂
____________________________________

Manche Menschen wollen immer glänzen,
obwohl sie keinen Schimmer haben. :69:
____________________________________
(Heinz Erhardt)
cleo99
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Registriert: 27. Sep 2023, 10:37

Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#16

Beitrag von cleo99 »

Hallo Sara,

die "Vorschreiber" haben schon so viel an Infos und Tipps gegeben, denen ich mich zu 100% anschließen möchte. Ich schreibe nur deshalb, damit du siehst, dass es mehr solcherart betroffene Menschen gibt. Ich bin auch hochgradig schwerhörig und habe trotzdem ich meine Hörgeräte erst mit 5 bekam, die Regelschule, das Gymnasium und dann die Universität besucht, ohne all die vielen und tollen Hilfsmittel, die es heute gibt. Wireless Systeme, Untertitel im Fernsehen, Frühförderung, Logopädie, Schriftdolmetscher etc. Heute sind die Voraussetzungen, Möglichkeiten, Hilfsmittel und Förderungen für Schwerhörige sehr gut, sodass man es auch mit schlechten Startpositionen in ein weitgehend normales Leben starten kann.

Natürlich ist nicht alles eitel Wonne und es gibt einiges, was nicht lustig ist... man ermüdet schneller, laute Veranstaltungen mit vielen Leuten wird man nie mögen; Gruppenarbeiten bei Fortbildungen wird man hassen udgl ☺ Aber es wird immer besser.

Wichtig ist als Elternteil, das Kind wie ein normales zu behandeln. Nur dann wird es sich auch so entwickeln. Nicht unter die Käseglocke stellen, weil es ja so ein armes Ding ist.... das wird es dann auch ein Leben lang bleiben und nie auf die Reihe kommen. Ich traue mich das zu sagen, da ich mittlerweile auch beruflich damit Erfahrung habe, da ich im Rahmen meiner Arbeit mit der Arbeitsintegrationsstelle für Schwerhörige und Gehörlose zusammenarbeite und die Auswirkungen der unterschiedlichen Lebenswege sehe.
Ich wünsche euch alles Gute!
Birkbot
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#17

Beitrag von Birkbot »

Hi Sara,

noch so einer hier, der seit früher Kindheit Hörgeräte trägt, es nie anders kannte und trotzdem an Regelschulen sein Abi gebaut hat, sich normal verständigen kann und sogar verheiratet ist. Das wird schon, keine Angst. Es gibt viel mehr Möglichkeiten als früher, wie man Kinder mit Schwerhörigkeit fördern kann. Wenn ich das geschafft hab, klappt das bei deinem ganz bestimmt. Und selbst wenn ne Regelschule nicht funktioniert, gibts Schwerhörigen/Gehörlosenschulen, meist sogar mit Internat, falls der Weg zu lang ist. Da kann man dann auch nen normalen Schulabschluss machen. Schwerhörig bedeutet nicht dumm, das ist n Irrglaube der Großeltern, der leider manchmal noch weitergegeben wird.

Zugegeben, meine Hörkurve sieht besser aus als die von deinem Kind. Aber falls es dich tröstet: Zwei Jahre vor mir hat einer mit ähnlichen Werten wie dein Kind an meiner Schule sein Abi gemacht, der hat es dann noch zum Dr. der Biologie geschafft.

Ich drück dir und euch auf alle Fälle die Daumen!
Windy Miller
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Registriert: 28. Okt 2023, 16:29

Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#18

Beitrag von Windy Miller »

Sara89 hat geschrieben: 19. Aug 2023, 03:34 ist die Gebärdensprache immer notwendig?
Nicht notwendig, kann aber von großem Vorteil sein. Das Erlernen der Gebärdensprache ist wie das Erlernen jeder anderen (Laut-)Sprache, d.h. es schließt das Erlernen der Lautsprache nicht aus, im Gegenteil, es unterstützt den Sprachlernprozess im Allgemeinen. Außerdem können Kinder oft früher mit Gebärden kommunizieren als mit Lautsprache - in Großbritannien z.B. verwenden viele Eltern Makaton (eine einfache Gebärdensprache für Kinder) mit ihren (hörenden) Kleinkindern, und so können Grundbedürfnisse (essen, zur Toilette gehen, spielen, umarmen usw.) schon sehr früh kommuniziert werden. Gebärdensprache ist eine Bereicherung und kein Hindernis, wie früher behauptet wurde.

Also keine Angst davor, DGS (Deutsche Gebärdensprache) zu lernen und damit mit deinem Kind zu kommunizieren. Es schadet nicht und wird, wie jede andere Form der Zweisprachigkeit, sowohl kurz- als auch langfristig helfen und Perspektiven eröffnen.

(Ich persönlich bin sehr gut in die hörende Gesellschaft integriert, ganz 'normal' mit Schule, Uni, Freunden, Arbeit, Familie usw. - aber ich finde es mehr als schade, dass ich als Kind nicht die Gebärdensprache lernen durfte. Damals war alles schwarz-weiß, entweder-oder, wenn es um Hörgeschädigtenpädagogik ging. Gebärden zu lernen, so hieß es damals, würde mich daran hindern, die Lautsprache zu lernen. Heute weiß man, dass das Quatsch ist, und ich hole das nach und lerne fleißig DGS).

:ily: <-- das ist die internationale Gebärde für Solidarität, Hilfsbereitschaft und Zuneigung. (Wörtlich: "Ich liebe dich", aber eher metaphorisch zu verstehen)
Ackerwinde
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Re: Mein Kind ist schwer hörgeschädigt

#19

Beitrag von Ackerwinde »

Hallo, ich kann dich sehr gut verstehen. Bei meinem mittleren wurde erst mit 4 festgestellt, das er schwerhörig ist und bei meinem Großen mit 7 Jahren. Ich war erst mal sprachlos, da der Arzt es mir voll vor dem Latz geknallt hat. Aber ich kann dich beruhigen, es wird besser. Man wächst da rein. Und wie schon geschrieben wurde, kommen die Kinder wirklich gut damit klar. ( Meistens besser als die Eltern). Die Hörgeräte sind mittlerweile auch wirklich gut, auch bei hochgradig Schwerhörigen.
Ich hatte anfangs Bedenken, werden sie gehänselt oder im Kiga\ Schule ausgegrenzt? Aber die anderen Kinder waren sehr neugierig und wollten alles über die Höries wissen. Meine Jungs sind überall voll integriert, sei es im Sportverein oder Schule.
Zu deiner Frage wegen der Gebärdensprache. Ich denke es ist schon Sinnvoll sie zu lernen. Grade in Situationen, wo die Kinder ihre Hörgeräte nicht tragen können oder es sehr laut ist, hilft es ungemein sich auf diese Weise zu verständigen.
Ackerwinde
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