Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
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lilamuck
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Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#1

Beitrag von lilamuck »

Hallo,

da ich selten hier bin nochmal kurz zu unserer Situation. Unsere beiden Kinder (4 u. 2 Jahre) haben das Pendred-Syndrom (InnenohrSH mit Kropf). Der Große hat letztes Jahr sein erstes CI bekommen (ein WUNDER!!!) die anderen 3 Ohren sind momentan noch HG versorgt....Beide besuchen den Regelkindergarten und sind laut Logopädin sprachlich im Rahmen.

Ich lese gerade "Klänge aus dem Schneckenhaus" und das Buch stimmt mich sehr nachdenklich.
Sehr bedrückend finde ich (ich habe noch nicht alles Biografien durch) die Tatsache wie die sh Kinder in der Regelschule doch sehr zu kämpfen haben und das über Jahre hinweg...
Ich wollte deshalb mal die "Großen" von euch fragen, wie und wo ihr eure Schulzeit erlebt habt. Was ihr euch gewünscht hättet, von Lehrern, Mitschülern und auch Eltern. Wenn ihr nochmal wählen könntet was würdet ihr machen?

Bei uns ist es zwar noch eine Weile hin (ich denke für uns kommt die Frage ob Regelschule oder nicht erst nach der Grundschule, da wir eine sehr behütete Grundschule hier am Ort haben), dennoch bin ich einfach sehr an euren Erfahrungen und Gefühlen (ich hoffe ich verlange da nicht zu viel von euch) interessiert, einfach um mir ein besseres Bild von SH in der Regel-, bzw. SH-Schule oder Außenklasse machen zu können....

Danke schonmal vorab für eure Offenheit und eure Zeit
Manuela
PetraAnett
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#2

Beitrag von PetraAnett »

Hallo
Ich lese gerade "Klänge aus dem Schneckenhaus" und das Buch stimmt mich sehr nachdenklich.
Sehr bedrückend finde ich (ich habe noch nicht alles Biografien durch) die Tatsache wie die sh Kinder in der Regelschule doch sehr zu kämpfen haben und das über Jahre hinweg...
Das Buch habe ich auch gerade gelesen und mir ging es ähnlich wie dir Manuela.

LG
Gudrun
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#3

Beitrag von Gudrun »

Ihr könnt nicht von einigen Leuten auf alle schließen.

Ich habe meine Regelschulzeit vorwiegend sehr positiv erlebt, auch wenn es Phasen gab, wo es mir psychisch schlecht ging. Aber solche Phasen hat jeder Mensch, egal ob hörgeschädigt oder nicht. Ja, ich habe auch mit meiner Hörschädigung gehadert, aber das ist normal und gehört zum Leben. Die Hautsache ist, dass man insgesamt eine positive Einstellung hat und sich an den Sonnenseiten des Lebens erfreuen kann.
Zuletzt geändert von Gudrun am 13. Feb 2009, 18:42, insgesamt 1-mal geändert.
rose

Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#4

Beitrag von rose »

Hallo, ich bin hochgradig schwerhörig. Ich war in der Grundschule und in der Realschule ( beides für hörgeschädigte). Dort habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. In meiner Freizeit habe ich schlechte Erfahrungen mit "normalhörenden" Jugendlichen gemacht, dass liegt einfach daran, weil sie nicht mit der Schwerhörigkeit umgehen können. Daher empfehle ich ihre Kinder auf einer Schule für Hörgeschädigte ( oder ähnliches) zu schicken, dadurch können die Hörgeschädigten sich untereinander anfreunden und austauschen.
luke
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#5

Beitrag von luke »

Es ist angemessener auf der einen Seite auf eine passende Schule zu gehen. Auf der anderen Seite ist es aber schwieriger sich dann auf der hörende Gesellschaft anzupassen. Ich war bis jetzt nur in der 3. Klasse auf einer Schule für Schwerhörige. Leider habe ich mich dort auch nicht zugehörig gefühlt, so wechselte ich auf eine "normale" Schule. Es war auch anstrengend sich mit den Klassenkameraden aussernanderzusetzten, da sie das nicht verstehen konnten. Nun bin ich 23 und kann sagen, dass mich diese Erfahrungen sehr gestärkt haben bzw mich selbstbewusster gemacht hat.
Was zu achten ist, wenn die Entscheidung der Eltern, ihr schwerhöriges Kind auf einer normale Schule schicken möchten, dann darf für regelmäßige Sprech-/Logo/ Psycho- therapie nicht vergessen werden (sie ist sehr wichtig!!!!), um das Kind zu stärken, statt zu schützen. Unbedingt darauf zu achten! Parallel ist es auch wichtig und stressabbauend, wenn das Kind auch neben der normalen Schule, ein Verein so in etwa zu besuchen um auch mit Schwerhörigen in Kontakt zu bleiben.

Trotz einen Handicap, kann man ganz kreativ und individuell auch an eine bessere Lebensqualität erlangen : )
-
Hörakustik-Meister
maryanne
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#6

Beitrag von maryanne »

Und ich habe das Buch geschrieben! Es stimmt, dass man nicht von andere auf sich selbst schließen kann und sollte. Wie es einem hörgeschädigten Kind auf einer Regelschule geht, hängt von vielen Faktoren ab.

Hinderungsgründe für Regelschule sind m.E.:
große Klassen, stark gestresste Lehrer, wenig Bereitschaft zur Rücksichtsnahme und bezüglich des Kindes: nicht optimale technische Versorgung, durchschnittliche Leistungsfähigkeit, geringe Frustrationstoleranz, ggf. weitere Behinderungen.

Aber: wie gesagt, es hängt alles vom Einzelfall ab.

Im Buch steht auch an keiner Stelle, dass die Aussagen der Interviewpartner auf andere Menschen übertragen werden können.

Gruß
Maryanne
sanne2
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#7

Beitrag von sanne2 »

Hallöchen!
Ich bin zwar nicht häufig hier im Forum, da wenig Zeit, aber zu diesem Thema könnte ich auch etwas beitragen.
In der ersten Klasse wurde durch meine Lehrerin meine Sh erkannt. Seitdem trage ich Hg, besuchte aber weiterhin die Regelschule. Meine HNO-Ärztin fragte mich immer wieder, ob ich nicht auf die Sh-Schule gehen möchte, da hätte ich in die nächste größere Stadt fahren müssen und neue Freunde suchen müssen. Nein, das wollte ich nicht. In der Grundschule gab es keine größeren Probleme, dagegen wurde ich in der Realschule immer einsamer und auch zum Streber, weil ich zu Hause so viel für die Schule arbeitete, um den Stoff nachzulesen den die anderen im Unterricht durch Hören lernten und im normalen Gespräch auf dem Pausenhof konnte ich auch nicht mitmischen. Alles in allem eine sehr anstrengende Zeit.
Trotzdem bin ich stolz darauf, sogar nach meiner Ausbildung ein Erwachsenenkolleg besucht zu haben, mit Fachabi in der Tasche. Aber vielleicht hätte ich ja sogar ein Studium gepackt, wenn ich nicht meine Kräfte in der Regelschule aufgebraucht hätte? Jetzt, mit knapp vierzig kann ich das nicht mehr beurteilen. Ich glaube nur, ich komme besser in der Welt der Nh klar, weil ich lernen musste mich durch zu setzen.
Mein Neffe ist jetzt in der ersten Klasse und auch er ist sh, trägt Hg und geht auf eine Regelschule, allerdings eine Grundschule mit Auszeichnung. Wie froh bin ich, das er die Möglichkeit hat, im Unterricht begleitet zu werden, das er nicht allein vor der Frage stehen wird: "Sag ich es ihnen oder nicht." Das er nicht derjenige ist, der den Mitschülern und Lehrern erklären muss, wie er hört, was er hört und warum er so ist wie er ist. Das ist, glaube ich, ein guter Kompromiss, so ist er nicht zu sehr abgeschirmt von der Welt der Nh, muss sich aber auch nicht mit allen Problemen allein herum schlagen.

Fazit: Ich glaube, es gibt kein schwarz oder weiß, es gibt zuviele Faktoren, die eine Rolle spielen, welch ein Charakter hat das Kind (Kämpfer oder schüchtern), gibt es genügend Freunde, die helfen können und wollen, in welcher Entfernung liegt welche Schule, wie sind die Schulen aufgebaut, wie werden sie geleitet. Wie hochgradig ist der Hörverlust und letztendlich muss das Kind das Gefühl haben eine eigene Entscheidung wählen zu können. Es wäre schön, wenn es überall rein schmecken könnte.

Gruß
Sanne
Tingabell
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#8

Beitrag von Tingabell »

Hallo!

Ich bin auch schwerhörig und trage beidseitig Hg.
Meine Eltern waren sich damals auch nicht so sicher auf welche Schule sie mich schicken sollten, entschieden sich dann aber für eine normale Grundschule, in der ich lernte mich durchzuoxen. Danach ging ich dann sogar aufs Gymnasium und dort find dann die schwere Zeit an. Leider haben sehr viele Lehrer kein Verständnis für Schwerhörige und behandeln sie wie normalhörende Kinder und oft machten sie sich sogar über mich lustig. Das ist schon extrem depriemierend dass gerade die Erwachsenen sich so daneben benehmen und die schwerhörigen Kinder dann so fertig machen. Es gab viele Höhen und Tiefen in meiner Schullaufbahn, aber ich habe mich überall durchgeboxt. Ich musste viel zu Hause nacharbeiten, weil ich meist die Hälfte im Unterricht akustisch einfach nciht mitbekommen habe und dann dem Stoff nicht mehr hinterherkam. Klar, manchmal denkt man dann, dass man einfach keine Lust mehr hat und aufgeben will....aber man muss da stark bleiben.
Wenn das Kind aufgeweckt ist und ehrgeizig ist würde ich es auf jedenfall auch auf eine Regelschule schicken, weil ich muss sagen heute bin ich sehr froh darüber, dass meine Eltern mich damals die "normale" Schullaufbahn enschlugen ließen. Könnte mir gut vorstellen, dass es dem Kind später vlt schwer fällt sich in die Gesellschaft zu integrieren. Wenn es von Anfang an lernt sich durchzubeißen hat es das Kind vlt im späteren Leben etwas einfacher als anders.
Aber genau kann man es halt leider nicht sagen was nun der richtige Weg ist... wie sanne2 schon sagte, es kommt sehr auf den Charakter des Kindes an.

ich kann nur schildern wie ich es erlebt hatte......

Liebe Grüße
Tingabell
gremi
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#9

Beitrag von gremi »

Hallo,
nachdem ich hier einige Beiträge gelesen habe, möchte auch ich "meinen Senf dazugeben".
Ich bin neu in diesem Forum, deswegen möge man mir verzeihen, dass ich mich bisher noch nicht vorgestellt habe.

Ich bin seit Geburt mittel-bis hochgradig schwerhörig, abhängig welches Ohr betrachtet wird. Ich habe relativ spät mit ca.5 Jahren meine ersten Hörgeräte bekommen, für beide Ohren.
Ich wurde auf einer ganz normalen Grundschule eingeschult, allerdings auch nur, weil meine Mutter dem Rektor der Schule mit einer Verwaltungsklage im Falle einer Ablehnung drohte und weil meine spätere Klassenlehrerin zufälligerweise in der Nähe wohnte und sich bereit erklärte mich aufzunehmen.

Rückblickend kann ich sagen, dass die Zeit in der Grundschule sehr schön und problemlos war, da die Akzeptanz der Schwerhörigkeit einfach da war.

Meine Probleme fingen eigentlich erst auf dem Gymnasium an.Zwar sass ich immer in der ersten Reihe und bekam so zwangsläufig alles mit, allerdings war die soziale Integration nicht mehr gegeben (nahende Pubertät) und ich musste vieles einstecken und kam mir manchmal auch recht einsam vor. Da wurde ich auch immer mehr zum Einzelgänger bzw. hatte eine feste Clique und der Rest interessierte mich halt nicht, weil es sonst nur zu Problemen gekommen wäre. Das Gymnasium war knochenhart, aber irgendwie habe ich es überstanden.

Danach habe ich studiert und auch promoviert, da ich das Glück hatte einen sehr verständnisvollen Professor zu haben und ich mich einfach doppelt so stark angestrengt habe wie andere. Ich denke schon, dass man genausoviel erreichen kann wie Normalhörende, doch zahlt man als Mitglied der "Normalhörenden" Gesellschaft hierfür einen hohen Preis.

Dies ist mir vor allen Dingen deshalb bewusst, weil mein Bruder hochgradig schwerhörig ist und auf eine Sonderschule und Internat ging. Während bei ihm die beruflichen Perspektiven von vornehrein beschränkt waren, ist er im sozialen Bereich wesentlich besser integriert als ich. Fast alle seine Freunde sind gehörlos und er beherrscht die Gebärdensprache perfekt, obwohl er eigentlich noch recht gut hört. Auch er wurde in Vereinen von Normalhörenden gemobbt, so dass er praktisch keinen Kontakt mehr zu Normalhörenden mehr hat, sondern nur noch zu Gebärdenden. Seine Freunde sind über ganz Deutschland verteilt und er chattet regelmässig mit Ihnen.

Man sieht daher, dass der Besuch ein jeder Schulform Vor- und Nachteile hat. Ich glaube, dass sich auf den Schulformen für behinderte Kinder ein grosser Teamgeist und tiefe Freundschaften entwickeln, während der Besuch einer "normalen" Schule die Perspektiven für berufliche Erfolge sichert. Wo man sein Kind dann hinschickt ist somit sicherlich vom Grad der Schwerhörigkeit des Kindes, seiner persönlichen Situation und Perspektiven abhängig.

Cheers,
Gregor
Tingabell
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#10

Beitrag von Tingabell »

Sehr guter Beitrag @gremi!

Du bringst es genau auf den Punkt :)
cooper
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#11

Beitrag von cooper »

Ich persönlich habe nie eine Schwerhörigenschule von innen gesehen, auch wurde meine Schwerhörigkeit erst am Ende der Grundschule offiziell attestiert. Also blieb ich auf der Regelschule.

Im Nachhinein betrachtet ganz eindeutig die bessere Wahl!

Es gab damals einen weiteren Schwerhörigen in unserem Dorf, der zudem auch noch erheblich sprachbehindert war, und deshalb von Anfang an auf eine Sonderschule ("Förderschule") ging. Meine Eltern haben nach Bekanntwerden meiner Hörbehinderung überlegt, ob ich nicht ab der 5. Klasse auch dorthin gehen sollte -- zum Glück musste ich das nicht! Ich bin stattdessen aufs Gymnasium gegangen.

Das war zwar alles andere als einfach, insbesondere bei den Fremdsprachen Englisch und Latein, und nach massivem Mobbing durch eine (selbst schwer sehbehinderte!) Lehrerin bin ich zur 9. Klasse auf die Realschule gewechselt (die Lehrerin unterrichtete leider auf beiden Gymnasien der Stadt) -- dennoch war es der richtige Weg.

Denn was wäre denn auf der Förderschule aus mir geworden? Okay, ich hätte die Gebärdensprache erlernt, das wäre gar nicht schlecht gewesen. Ansonsten ist es leider ein trauriges Faktum, dass der größte Teil dieser Förderschüler überhaupt keinen Schulabschluss schafft, und der Rest praktisch nur den Hauptschulabschluss. Was hätte ich damit anfangen sollen? Mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem jemand von (dieser speziellen) Förderschule für den Realschul- oder gar Gymnasialabschluss auf eine Regelschule gewechselt wäre. Oder bei einer gymnasialen Oberstufe angenommen worden wäre.

Ich hätte also höchstwahrscheinlich einen Hauptschulabschluss (wenn überhaupt) statt einem Abitur in Mathe und E-Technik, und hätte auch sicher nicht an der Uni Mathe studiert. Keine Ahnung, was für eine Lehre ich gemacht hätte und wo ich heute arbeiten würde -- wenn nicht in einer Behindertenwerkstatt.

So gab es keine Probleme bei der Aufnahme aufs Oberstufengymnasium, keine Beschräkungen bei der Berufswahl -- und so konnte ich Journalist werden und meine Karriere durchlaufen.

Ich bin mir absolut sicher, als Sonderschüler hätte ich nicht einen Bruchteil dieser Möglichkeiten gehabt -- trotz identischer Behinderung.

Klar, das war weder einfach noch wirklich toll, und so wie die meisten anderen, die ohne Unterstützung auf der Regelschule durchhalten mussten, war ich eingefleischter Einzelgänger. Ich bin aber versucht zu sagen, dass das halt einfach so ist und man da durch muss.

Achja, zum Thema Sonderschulen gibt es einen sehr lesenswerten Artikel beim Spiegel: http://wissen.spiegel.de/wissen/dokumen ... d=63344762

Viele Grüße, Mirko
Momo
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#12

Beitrag von Momo »

Hallo Cooper

was für eine Sonderschule war das denn?

Ich denke vielleicht war es für dich persönlcih so der richtige Weg, aber das kann man doch nicht verallgemeinern. Meinst du denn das andere Kind hätte trotz der Sprachproblem auf der Regelschule wirklcih eine Chance gehabt?

Ich stimme dir zu, dass an vielen SH Schulen noch einges geändert werden muss. Und auch mal in die Köpfe der Lehrer reingehen muss, das hörgeschädigte Kinder nicht dumm sind und gleiche Leistungen bringen können, wenn diese angemessen vermittelt werden.
Den klaren (und vielleicht auch einzigen) Vorteil einer SH Schule sehe ich in der kleinen Klassengröße und in der dadurch besseren Möglichkeit der individuellen Förderung (zumindest theoretisch- auch das ist vielerorts sicher ausbaufähig), der besseren Raumakustik, besseren technischen Ausstattung und dem selbstverständlichen Nutzen technischer Hilfsmittel (wie FM, Smartboards usw.).

Gruß
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
SveaS.
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#13

Beitrag von SveaS. »

Hallo,

also, ich muss sagen, bei mir wurde der Hörverlust ja nun wirklich sehr sehr spät erkant... ( vieleicht auch vorher niht vorhanden gewesen?!). Also wurde ich ganz normal auf einer "Dorf-" Grundschule eingeschult und hatte da auch gar keine Probleme, hatte immer einen Durchschnitt von 2,3 oder 2,4...

Bei der Umschulung auf die Realschule war es anfangs auch noch okay, auf der Schule wo ich war, gab es auch ausschließlich recht kleine Klassen von rund 20 Schülern.
Dann wurde ich Umgeschult, weil es einen Tod in der Familie gab und wir dann zurück zur Familie wollten, also wechselte ich auf eine andere Realschule, wo wir über 30 Schüler in der Klasse waren. Anfangs ging das auch noch recht gut, doch nach einem Jahr wurde es sichtlich schlechter, ich hatte da dann schon zwei 5-en im Zeugnis und in Englisch nur durch die Gutmütigkeit meines Englischlehrers grade noch so eine 4.

Naja, dann bekam ich in allen möglichen Fächern Nachhilfe und holte alles nach was nur ging.
Die Nachhilfe hab ich bis jetzt gehabt, denn ohne die, hätte ich wohl noch ein schlechteres Zeugnis.
Tja, nun muss ich die 10. Klasse eh wiederholen, da mein Abschluß sonst wohl kaum zu gebrauchen wäre...
Da ich aber keine Lust habe nur wegen der Hörschädigung wieder von Mitschülern und Lehrern gemobbt werden möchte und auch Angst habe, dass es sich noch wieder weiter verschlechtert und mein Abschluß dann trotz wiederholung so schlecht ist, habe ich mich dazu entschieden auf die Internatsschule für Hörgeschädigte zu wechseln und da komm ich dann gleich nach den Ferien hin...

LG
-versorgt mit Siemens Nitro
-Progredient-Sh:
Jul'08; re.10-30dB li.25-40dB Mär'09; re.35-50dB li.55-65dB Feb'10; re.65-80dB li.70-85dB
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cooper
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#14

Beitrag von cooper »

Hi Momo,
Momo hat geschrieben:was für eine Sonderschule war das denn?
Leider keine spezielle Schwerhörigenschule, sondern ein "Sammelbecken" für Behinderte aller Art. Ich bin mir nicht mal sicher, ob es dort überhaupt eine eigene Klasse für Schwerhörige gab.
Ich denke vielleicht war es für dich persönlcih so der richtige Weg, aber das kann man doch nicht verallgemeinern.
Absolut, und anders hatte ich das auch nicht gemeint.
Meinst du denn das andere Kind hätte trotz der Sprachproblem auf der Regelschule wirklcih eine Chance gehabt?
Ich bin mir nicht sicher, glaube aber, dass er es mit viel Unterstützung hätte bewältigen können. Klar, seine Aussprache wäre davon auch nicht perfekt geworden, und gerade bei den Fremdsprachen hätte man sich etwas einfallen lassen müssen -- aber dafür gibt's ja durchaus Möglichkeiten. Auch ihm hätte ich einen guten Realschulabschluss wenn nicht gar die Oberstufe zugetraut.

Der Spiegel-Artikel bringt es, wie ich denke, gut auf den Punkt: Auf (manchen) Sonderschulen werden die Behinderten nur abgeschoben und sind (mitunter) völlig unterfordert. Es gelten die üblichen Lehrpläne nicht, weshalb die nur einen Bruchteil des Stoffs vermittelt bekommen wie an einer Regelschule. Wie sollen denn ein Sonderschüler mit diesen Vorzeichen einen Realschulabschluss schaffen, oder sogar die Aufnahme auf eine gymnasiale Oberstufe? Ihm fehlen doch ganze Stoffgebiete, die für ein Abitur nuneinmal vorgeschrieben sind.

Gerade für Mehrfachbehinderte mögen die Behindertenwerkstätten eine sinnvolle Einrichtung sein (wobei ich mir nicht anmaße dies zu beurteilen), für die meisten Schwerhörigen sind sie das meiner Meinung nach aber nicht. Meine Vorstellung von beruflicher Erfüllung sieht da ganz anders aus. Noch dazu lässt sich mit dem Handicap im Alltag in vielen Berufen gut umgehen, wenn man die richtigen Hilfsmittel verwendet und die Möglichkeit erhält, sich den Arbeitsplatz einwenig einzurichten. Doch ohne eine entsprechende Ausbildung wird man gar nicht die Möglichkeit dazu erhalten, einen solchen Beruf auszuüben. Und wir alle wissen, dass Betriebe nicht grad Behinderte suchen, um sie einzustellen, sondern sie maximal "bei gleicher Qualifikation und Eignung bevorzugen".

Sofern man nicht auf einen geringqualifizierten Beruf aus ist, und ihn wirklich aus den persönlichen Neigungen heraus ergreifen will, muss man mindestens einen Realschulabschluss, öfter noch ein Abitur, vorweisen. Doch dafür sind, zumindest aus meiner beschränkter Sicht heraus, die Sonderschulen nicht wirklich das geeignete Mittel.

Bei einer spezialisierten Schwerhörigenschule mag der Fall anders gelagert sein, dazu habe ich keine Erfahrungswerte und kenne auch nicht die Statistiken, welche Abschlüsse die dortigen Schüler zu welchem Anteil erreichen. Ich weiß nur, dass wenn ich auf diese Sonderschule gegangen wäre wie der andere Junge aus unserem Dorf, hätte ich nicht erreichen können, was heute für mich fast selbstverständlich ist.

Viele Grüße, Mirko
Gordon
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#15

Beitrag von Gordon »

Hallo,

erst mal, sicher auch im Namen von Manu, die das Thema gestartet hat, vielen Dank für Eure Erfahrungsberichte. Die sind für mich ungemein wichtig um mich in den Junior hineinversetzen zu können.

Unser Junior kommt im nächsten Jahr in die Schule und ist auf Grund seiner intensiven Förderung deutlich fitter, informierter und auch intersessierter an Wissen jeglicher Art als seine großen Geschwister es in diesem Alter waren.

Eigentlich top Voraussetzungen für die Schule. Aber sein Verstehen im Störlärm ist sehr bescheiden, ähnlich wie seine Aussprache.

Die uns umgebenden Fachleute, tendieren deshalb eher zur sh-Schule.

Auf Grund Eurer Berichte und die vieler anderer sh-Leute, die ich gelesen oder gehört habe, tendiere ich aber dazu, ihn erstmal auf unsere Dorfgrundschule mit Klassen um die 20 Kids zu bringen. Alle Kids dort kennen ihn seit den ersten Kindergartentagen.

Sollte das nicht klappen, bzw, ab der 5. Klasse tendiere ich ganz stark nach Stegen (ca. 140 km entfernt). Dort stehen ihm, glaube ich, die besten Chancen offen, ohne den täglichen Kampf "anders zu sein" und für seine Rechte zu kämpfen.

Wie wir das familiär dann bewerkstelligen weiß ich auch noch nicht.

Aber ich sehe, hier an der lokalen sh-Schule, das Problem, daß er nur mit viel Ausdauer und Geduld das erreichen kann, was in ihm steckt. Und auf der Regelschule sehe ich das Problem, viel Energie in andere Baustellen, wie Integration, stecken zu müssen.

Also, nochmal vielen Dank für eure Berichte, vielleicht kommt ja noch der eine oder andere Bericht dazu.

Viele Grüße ANdrea
Mirko (02/04) an Taubheit grenzend beidseitig.
2 CIs
Momo
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#16

Beitrag von Momo »

Hallo nochmal

ich denke man sollte hier erstmal zwischen Sonderschule Lernen (wie Mirko sie beschreibt) und Förderschule Hören unterscheiden. Und dann gibt es auch in den einzelnen SH Schulen große Unterschiede (manchmal von Schule zu Schule, manchnmal auch schulintern von Klasse zu Klasse) was das Leistungsniveau angeht. Sicherlich ist es auch dort vom Ausmaß der SH und vom Engagement und der Einstellung der Schule und der/ des Lehrer(s) abhängig wie gut die Kinder gefördert aber auch gefordert werden. In meinen Augen ist einer der grössten Vorteile der SH Schule die kleine Klassengröße und eben die technischen und pädagogischen Möglichkeiten, wenn sie denn genutzt werden. Und wenn das gut gemacht wird, aknn ein normalintelleigentes Kind auch dort eine gute Schulbildung bekommen. Leider ist das aber oft (noch?) nicht so.
Im Gegensatz dazu wird an einer normalen Schule sicher wenig Rücksicht auf ein sh Kind genommen. Auch da gibt es natürlich Ausnahmen und engagierte Lehrer (ich kenne mind. 1 Beispiel dafür). Oft sind aber die Möglichkeiten mancher Regelschulen eben (aus finaziellen und damit personellen Gründen) eingeschränkt und ein sh Kind mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Manche kommen damit gut zurecht, andere jedoch gar nicht und zerbrechen daran. Vorteil eines Regelschulbesuchs ist aber natürlich die soziale Einbindung am Wohnort.
Wie dem auch sei- es ist und bleibt immer eine individuelle Entscheidung, die sowohl vom Kind als auch vom Schulangebot und vom Engagement der Lehrer abhängt und von dem was zuhause geleistet werden kann.

LG
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Pam
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#17

Beitrag von Pam »

Hallo,
ich finde endlich mal die Zeit dazu mich hier zum Thema zu äußern.
Ich hab in meiner Schullaufbahn beide Versionen kennengelernt, Regelgymnasium, als auch Schwerhörigenschule.
Beide Schulformen haben in meinen Augen Vor- und Nachteile.
Auf einer Regelschule lernt man, wie schon mehrfach erwähnt, sich durchzuboxen und wie es sich in einer Gesellschaft lebt, die egoistisch und rücksichtslos im Alltag mit all ihren Mitmenschen ist. Man lebt nie in einer wunderschönen kleinen Blase, sondern wird mit der Realität konfrontiert.
Mehr kann man zum Punkt Regelschule aber nicht mehr verallgemeinern, denn man kann in eine Klasse kommen, wo viele nette Leute sind, die teilweise Verständnis für einen haben, engagierte Lehrer, oder aber man hat eben Pech.

Wie man es dreht und wendet, Nachteile sind eindeutig die großen Klassen, meist überarbeitete Lehrer und ein enorm harter Lerndruck.
Auch wenn man im Nachhinein sagen kann, ich hab die Zeit überstanden und viel daraus gelernt, musste man gleichzeitig auch sehr viel einstecken. Hänseleien, soziale Ausgrenzung, aber auch enorm gekürzte Freizeit, denn wenn die Anderen sich Nachmittags treffen, sitzt man selbst daheim und paukt den verpassten Stoff. Das kann enorm frustrierend werden! Die Pupertät ist sowieso eine sehr schwierige Phase, und da kann so eine zusätzliche Belastung schon sehr viel, wenn nicht zu viel werden.

Zur Schwerhörigenschule:
Auch hier denke ich kommt es enorm auf die jeweilige Schule an.
Klare Vorteile sind die kleinen Klassen, die technische Ausstattung und das Verständnis der Lehrer. Ob das an allen Schwerhörigenschulen so ist, weiß ich nicht.
Man hat Kontakt zu anderen Schwerhörigen, lernt besser mit seiner eigenen Hörschädigung umzugehen und kann leichter dem Unterricht folgen. Ich war in München auf der Schwerhörigenschule und da es eine Integrationschule ist, kann ich auch nicht behaupten, dass man sich dort nicht auch mal durchbeißen musste.
Am Gymnasium war ich in einer Klasse mit 37 Leuten. An der Schwerhörigenschule waren es nur 13, wovon 4 mittel-hochgradig schwerhörig waren und 3 leichtschwerhörig bzw. AVWS hatten. Der Rest war hörend und zwei von denen haben Legastenie.

Insgesamt kann ich nur sagen, dass es auf die Schule ankommt! Hier gibt es ein Regelgymnasium mit Integrationsklassen. Dort sind die Klassen zwar nicht klein, aber meist sehr viele Schwerhörige, oder auch Gehörlose in einer Klasse, gemischt mit ein paar Hörenden.
Die technische Ausstattung ist super, die Lehrer wissen, worauf es ankommt.

Wenn ich noch einmal die Wahl hätte mich zu entscheiden, dann würde ich wieder so eine Integrationsschule wählen, egal ob Hörgeschädigte oder Hörende integriert sind. Dort lernt man sich durchzubeißen, aber man ist nicht alleine und erhält falls nötig die erforderliche Hilfe.
Ob es das außer in München auch woanders gibt weiß ich allerdings nicht.
Nie würde ich allerdings mit aller Verbissenheit sagen, Regelschule ist hart, aber das musst du durchstehen, egal wie. Ich hatte eine sehr schöne Zeit in der Regelschule, aber auch eine enorm Harte. Auf der Schwerhörigenschule war die Zeit einfach Klasse, denn es war nicht so ein ewiger Kampf. Ich hätte mir von meinen Eltern gewünscht, dass sie mich eher die Schule hätten wechseln lassen, und nicht mit der Einstellung, du hast es bisher geschafft, nun schaffst auch den Rest gegen meine Ansicht argumentiert hätten.
Viele Grüße Pam
-------------------
Das schönste an Taubheit ist die Gebärdensprache=)
Resthörig: links 120dB, rechts 110dB, LS DGS ASL kompetent.
dosi

Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#18

Beitrag von dosi »

Hallo Pam,

da spricht mir viel aus dem Herzen,
unser Sohn trägt HG wg. einer Hochtonstörung und einer daraus resultierenden Teilleistungsstörung.
Er besucht ein klassisches Gymnasium.
Leider interessiert sich kaum einer der Lehrer für seine Einschränkung im Hören.
Wir haben die Schule zwar bei der Anmeldung informiert und natürlich auch das Klassenlehrerteam (die haben neuerdings dort 2 Klassenlehrer), aber leider 0-Reaktion.
Die Deutschlehrerin achtet nun sehr genau darauf, wie er hört, da das erste Diktat gründlich daneben ging (ihm fehlten ganze Wortgruppen).
Ich habe mehrfach (insbesondere eine der Klassenlehrerinnen betrifft das) versucht auf seine Situation aufmerksam zu machen, aber da kann ich auch mit einer Wand sprechen.
Vor geraumer Zeit hatte sich der mobile Dienst, der ortsansässigen Förderschule für hörgeschädigte Kinder in der Schule gemeldet um einen Beratungstermin zu vereinbaren, dies wurde (für mein Empfinden) von der Kl.Lehrerin abgeblockt. Einmal waren es Fortbildungen und als ich sie noch einmal darauf ansprach sah sie keinen Bedarf dafür.
Am letzten Elternsprechtag war ich erstaunt darüber, das keiner der besuchten Fachlehrer davon wusste, dass unser Sohn HG trägt und durch die Klassengröße (31) und vor allem die Nebengräusche eingeschränkt ist.
Leider ist es auch so, dass die eine Kl.Lehrerin unseres Sohnes auch die Einzige ist, mit der er nicht zurecht kommt. Ich nehme an ,die "Chemie" zwischen den Beiden stimmt nicht.
Bei Erklärungsversuchen, wie für ihn die akustische Situation ist, lässt sie einen nicht zu Wort kommen. Es ist schwer abzuwägen was nun der Richtige Weg für ihn ist,
da er es garantiert ausbaden muss, wenn wir jetzt mehr Druck ausüben.
Das ist alles elendig. Er kommt sonst gut zurecht und er muss natürlich keine Einsen schreiben aber er ist schon frustriert, dass er so häufig ignoriert wird. Allerdings muss ich sagen, dass er mit seiner Klassengemeinschaft riesiges Glück hatte. Bisher! das kann sich ja noch ändern. Aber trotz geballter 22 Jungen gehen die doch (für heutige Verhältnisse) super miteinander um. Das kenne ich von unserer 2 Jahre älteren Tochter überhaupt nicht, da läuft es unter dem Motto "Jeder ist sich selbst der Nähste"
Unsere erwachsene Tochter hat fast die ähnliche Hörstörung wie ihr Bruder, nur hat mich damals kein Arzt ernst genommen, nun mit 22 wurde das diagnostiziert. Sie kam am Gymnasium zurecht, weil sie mit 15 später mit 22 Mitschülern optimale Bedingungen vorfand. Hat dafür jetzt im Hörsaal die größten Problem.
Ich wäre über jeden Ratschlag froh und dankbar.
An eine FM Anlage wurde auch schon gedacht aber er kommt mit den HG gut zurecht, wenn nicht alle flüstern und seine Sitznachbarn auch die in näherer Umgebung sind da sehr rücksichtsvoll.
Katha :help:
Pam
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#19

Beitrag von Pam »

Hallo,
es ist natürlich enorm schwierig etwas zu erreichen, wenn die Lehrer nicht mitziehen. Ich weiß aber leider aus eigener Erfahrung, dass genau das eben der entscheidende Knackpunkt ist. Man kann Druck machen, Gespräche suchen, etc. im Grunde bringt es auf Dauer keinen verwertbaren Fortschritt.
Rede doch einfach mit deinem Sohn über sämtliche Möglichkeiten. Gibt es bei euch in der Nähe eine Integrationsschule, oder Schwerhörigenschule, wo er vielleicht einmal reinschauen könnte. Nicht das er nur wegen einem Lehrer dorthin wechseln MUSS, aber es ist eine Alternative. Wenn es ihm nicht gefällt, dann kann er für sich sagen, gut, das ist nichts für mich, dann lieber so weiter wie gehabt und das Beste draus machen.
Ich weiß aber auch, dass dieses ständige Kämpfen total frustrierend ist und einen auslaugen kann. Nur es gibt viele Dinge, die sich in so einer Schülerlaufbahn ändern können. Klasse, Klassenstärke, Klassleitung, Lehrer, auch mal Notenmäßig ein Durchhänger, etc.
Ich denke in solchen Situationen wird es nie DIE Lösung geben.
Vielleicht kann ich dir ja noch ein paar mehr Tipps geben, wenn du eure Sorgen und Probleme noch einmal genauer beschreibst. Kannst mir auch gern eine PN schicken, wenn du möchtest.
Viele Grüße Pam
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cooper
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#20

Beitrag von cooper »

Hallo Katha,

das Problem mit Lehrern, die mit sowas in Ruhe gelassen werden wollen und völlig "beratungsresistent" sind, kenne ich wie beschrieben aus meiner Laufbahn her auch. Und kann dir nur empfehlen: Stellt sich die Klassenlehrerin taub, suchst du dir halt höheren Ortes Gehör -- und zwar beim Rektor. Lass dir einen Termin bei ihm geben und frage ihn, ob Lehrerin XY immer so abweisend reagiert -- und was der Rektor vorschlagen würde, wie man das Problem lösen könne.

Evtl. wäre es ja eine Lösung, deinen Sohn in die Parallelklasse zu versetzen. Oder eben die eine Lehrerin des Klassenlehrerteams durch jemand anderen auszutauschen.

Bei mir letztlich hat nur ein Wechsel der Schulform geholfen, weil die Problem-Lehrerin laut Rektor unabkömmlich und nicht zu ersetzen war und zudem an beiden Gymnasien unterrichtete -- weshalb weder ein Wechsel der Klasse noch ein Wechsel an die Schwesterschule etwas geholfen hätte.

Sollte sich der Rektor außer Stande sehen, auch nur irgend einen Vorschlag zu machen, so hat auch dieser Vorgesetzte. Scheu dich auch nicht, notfalls beim Schulamt nachzufragen. Nur nicht klein beigeben, kann ich nur raten.

Viele Grüße, Mirko
Mario1985
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#21

Beitrag von Mario1985 »

Also ich trage meine Hg seit dem ich 3 bin, erst bin ich eine RegelKiga gewesen, dann aber aufgrund der besseren Förderung in einem Extra Kiga für Hör- und Sprachbehinderte. Danach habe ich 3 Jahre lang eine extra Schule für Hör- und Sprachbehinderte besucht(da ist die Betreuung optimal ca. 10-12 Leute in einer klasse maximal) Da ich aber in der 1. oder 2. Klasse richtig gute Hörgeräte bekommen habe, und meine Leistungen dementsprechend besser wurden hat man meinen Eltern damals empfohlen es auf einer Regelschule zu versuchen. Diese hab ich bis zu meiner Fachhochschulreife nun fortgeführt.... und bin jetzt am studieren. Und muss sagen dank der guten hörgeräte stehe ich den anderen "normalos" nichts nach was Leistungen betrifft. Wobei es zwischen durch immer mal wieder einen Kampf mit der Krankenkasse gab(bei neuen Hörgeräten), den wir immer wieder dank unseres Akustikers gewinnen konnten, und die KK musste dann doch statt den 600Euro Hörgeräten(ca. 60% Hörfähigkeit bei Ruheschall) auch die 2000Euro Hörgeräte(ca. 95% Hörfähigkeit bei Ruheschall) zahlen. Und was meine Erfahrungen in der Regelschule ausmachen sind:

- Kind am besten in die Erste Reihe setzen lassen, damit es auch alles mitbekommt
- Wenn die Lehrer Bescheid wissen, wird anfangs immer nachgefragt ob man es verstanden hat
- Muss ehrlich gestehen, dass ich bei einigen Lehrern in der Regelschule bevorzugt behandelt worden bin, was vlt auch an meinem lockeren Umgang mit den Hörgeräten gelegen haben könnte. Es ist nicht peinlich Hörgeräte zu tragen, es ist nur peinlich schlecht zu hören, und sich dann nicht eingestehen zu wollen, dass man hörgeräte braucht.....

Es ist immer eine Sache wie man mit dem Kind dann umgeht. Man will keine sonderliche Beachtung wegen dem Hörgeräten sondern ganz normal behandelt werden(als Träger). Natürlich gibt es immer paar Idioten sagen die sagen du "behinderter" aber darüber steht man nach einer weile und sagt "Besser behindert als bei der Gehirnverteilung nicht dabeigewesen zu sein" Man überlegt sich nach und nach immer mal wieder neue Sprüche um diese Ignoranten auch noch einen mitzugeben.

Ich persönlich konnte genauso aufwachsen wie alle anderen in meinem Alter, allerdings kenne ich auch negative Beispiele aus meiner alten Klasse, wo die meisten nicht wirklich in die Berufswelt einsteigen konnten weil die zuhause "verhätschelt" worden sind und noch nicht wirklich auf dem Stand ihres Alters waren, weil sie nichts durften "die Hörgeräte könnten ja kaputt gehen" Dabei gehen die Hörgeräte nicht soo schnell kaputt sondern eher das Passstück(und die machen die meisten Akustiker für 20Euro pro stück wieder neu, bei einem guten Akustiker kostet das nichts und ist kulanz.....

Hab auch fussball gespielt und alles, das kind muss nur lernen dass man das Hörgerät vor Wasser schützen sollte und man nicht unbedingt darauf hauen/trampeln sollte etc.

Fazit:

In der Schulzeit hab ich relativ gute Erfahrungen mit den Hörgeräten gemacht, es liegt auch immer mit am Verhalten des Kindes wie es damit umgeht... wenn es ihm/ihr peinlich ist dann wirds in der Schulzeit ein horror, aber auch bei anderen Kindern die als "opfer" ausgesehen werden.....
guenter k.
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Re: Erfahrungen und Gefühle als Schwerhörige/r in der Schulzeit

#22

Beitrag von guenter k. »

Hallo.

ich denke mal, dass es einen Unterschied gibt Wie ein Hörgeschädigtes Kind auf einer Regelschule Klar kommt- leicht. Mittel hochgradig- Da wird man unterscheiden müssen-

Ich selbst war zu meiner Schulzeit mittelgrasig sh. Aber damals Anfang der 60 ziger bis 70 ziger war Frontalunterricht die Regel. " Wenn alles schläft und Einer spricht, dass nennt man dann Unterricht. „

Heute sind die Unterrichtsformen in Regelschulen ganz anders und da hilft auch nicht das vorne sitzen, weil der Lehrer oft nicht vorne steht, sondern z. B. mitten im Raum.

Bei hochgradig sh Schülern kann das ein Problem werden, denn sie haben das Mundbild dann nicht.

Es gibt Pädagogen die ihren Unterricht als Frage und Antwort Spiel aufbauen und der hochgradig sh Schüler bleibt dabei auf der Strecke, weil er allem gar nicht folgen kann.
Den Sender hat die Lehrkraft, der bleibt in aller Regel ständig an.

Ist eine Arbeitsphase, wo die Lehrkraft von Kind zu Kind geht hat das sh Kind dinge im Ohr, die es absolut nicht braucht. Also stellt es Selbst die Empfänger ab. Wechselt die Lehrkraft unvermittelt in den Allgemeinmodus ist dann Asche, es sei denn die Lehrkraft steht genau neben dem betreffenden Schüler-

Integration bedeutet heute leider immer noch " Pass dich an und du bist integriert „ Aber Anpassung geht mit einer Hörschädigung nicht. Man braucht das Verständnis der Lehrer und ihre Bereitschaft Beratung durch Betreuungslehrer auch anzunehmen.

Das ist leider nicht selbstverständlich und man sollte da wirklich vor der Einschulung alles auf Herz und Nieren Prüfen..

Gruß,
Günter
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