Musihu hat geschrieben:Hallo, ich hatte Ende Januar diesen Jahres den zweiten Hörsturz mitten in der Nacht. Der erste 2019 auf Arbeit. Plötzlich dumpfes Gefühl und alles leiser. Bin paar Tage später erst in die HNO. Stationären Aufnahme und 6 Tage Infusion, dazwischen Hörtests. Ich dachte die Regel sei 10 Infusiontherapie. Mir wurde damals schon angeraten ein Hörgerät zu tragen, kam aber noch ohne ganz gut klar. Nun in diesem Jahr die Nacht eine brutale Kreissäge im Kopf mit Kreislaufentgleisung und früh zum Arzt. Ich kann bis heute nicht beurteilen wie stark der Hörverlust an diesem Morgen war und eine Überweisung zur HNO fand nicht statt, sondern mir ein 24 Stunden EKG umgehangen und ich wieder auf Arbeit, bin selbständig. Da sich nun im Ohr was tat, ich immer weniger hörte bin ich von mir aus drei Tage später zu einem HNO Dok. Dieser verpasste mir 250 mg Prednisolon i.v. , den nächsten Tag nochmal, das dritte Mal konnte ich nicht wahrnehmen wegen Nebenwirkungen. Erst zum darauffolgenden Wochenende bin ich dann zur Notaufnahme und landete auf Station zur Infusion, auch nur sechs Tage. Jetzt machte ich das erste mal Bekanntschaft mit dem Tinnitus, es war schlimm und schlimmer. Ein dritter Hörsturz kam noch dazu und ich Dussel habe nicht mal die Nachtschwester gerufen. Es fühlte sich an wie ein Motorradrennen, irre. Wieder Hörteste, es tat sich keine Verbesserung und damit hat man mich, natürlich mit all anderen Untersuchungen wieder entlassen. Seit dem quält mich der Tinnitus Tag und Nacht beidseitig. Hab mich nicht krank schreiben lassen, trage nun Hörgeräte die mich nerven, aber notwendig sind und ich allerdings das Gefühl habe diese würden den Tinnitus oftmals verstärken. Eine Hyperakusis ist noch dazu gekommen. Das ist ein Bündel voll Einschränkungen der Lebensqualität mit der man ganz schön zu kämpfen hat. Seit dem kenne ich keine Ruhe mehr. Das Paradoxe ist, es ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar und man erscheint in der Öffentlichkeit als unversehrt. Ich war in einem Tinnituszentrum vorstellig, sehr oberflächliche Hörtests und ein Gespräch mit der Chefin dort . Die machte mich zum Psycho und hatte auch keinen Plan ausser mir zu Antidepressiva zu raten um wieder glücklicher zu werden und besser schlafen zu können. Bin dann raus aus der eintägigen Veranstaltung und nach Hause gefahren. Natürlich gibt es sicher kompetente Tinnituskurkliniken, dann über mehrere Wochen die dir beibringen damit besser umgehen zu können. Sicherlich klappt’s bei vielen auch. Bei mir gibt nun solche und solche Tage, bin oft am verzweifeln und hoffe auf eine gewisse Akzeptanz gegenüber meiner, ich nenn es mal Qualen. Sind’s ja auch im gewissen Sinne wenn man an die sorglosen Zeiten seiner Vergangenheit zurück denkt.
Wie es nun weitergehen wird, keine Ahnung. Ich sage mir, das kann doch nicht alles gewesen sein, vielleicht wird alles doch mal etwas erträglicher und man kann auch damit leben und du willst doch nicht zu den zwei Prozent Betroffenen gehören die dran zerbrechen. Dazu ist das Leben zu schön und wertvoll es einfach so hinzuschmeißen. Vielen Menschen geht’s schlechter . Es wird eine Frage der Zeit sein wie man damit klar kommt.
Heute geht es mir auch nicht besonders und im Kopf ist Jahrmarkt und ich frage mich, wie hältst du das aus, wie wird die kommende Nacht. Greif ich wieder zur Schlaftablette usw. Lass uns durchhalten und nicht verzweifeln, es kann nur besser werden. Beste Grüße an alle. Musihu
Moin,
das mit dem Tinnitus kenne ich ganz gut. Ich bin hochgradig schwerhörig und vor bald genau fünf Jahren, am Silvester, ist ein Böller neben meinem rechten Ohr explodiert. Seitdem habe ich einen Tinnitus, der mich in den Wahnsinn treiben kann. Ich habe damals mehr als ein halbes Jahr gebraucht, damit er abklingt, nur um zu erfahren, daß er wiederkommt, wenn ich normal weiter mache, wie bisher. Stress ist Gift, Lautstärke ebenso.
Mittlerweile dauert es bei mir paar Wochen, bis ich ihn wieder loswerde. Ist nach wie vor übel, aber ja, man kann es sich nicht aussuchen.
Die Frage aller Fragen: Wie kriegt man den Tinnitus weg, bzw, etwas leiser, und wie erhält man noch Lebensfreude?
1. NICHT REINHÖREN! Ja, ist schwer. Wie nicht in den Tinnitus reinhören, wenn er so dermaßen präsent ist?
2. Stumpf ablenken. Hört sich jetzt sehr komisch an, aber: Mir hilft es am Computer Spiele zu spielen. Spiele, die mich fesseln und meine Konzentration erfordert und mein Hirn auf Hochtouren bringen und dann auch halten. Spielen, spielen, spielen, bis zum Kotzen. Aber es geht.
Das Blöde an der Sache ist, man kann nicht kurz nachprüfen, ob der Tinnitus noch da ist, denn dann hört man rein und er ist wieder komplett präsent. Also "einfach" versuchen ihn zu vergessen.
3. Wenn du Hörgeräte trägst, dann lass dir vom Akustiker die Frequenz, in der dein Tinnitus piept, leiser stellen.
4 Vermeidungstaktik. Wenn der Tinnitus einmal abklingt, Situationen vermeiden, die ihn auslösen. Ja, der Teilhabe am Leben kann man an dieser Stelle ade sagen. Ich bin heute erwerbsunfähig. Spiele mit Sound, ist nicht. Musikhören, ist nicht. Große Menschenansammlungen, ist nicht. Familientreffen, ist nicht, etc. Ich habe drei Instrumente gespielt und musste sie quasi über Nacht an den Nagel hängen. Ist scheiße, muss man aber durch.
5. Think positive! Ich habe das Glück, daß ich schon als Jugendlicher die richtigen Entscheidungen getroffen habe. Meine Schwerhörigkeit kam nach und nach, ich wurde damit nicht geboren. Irgendwann wurde mir bewusst, ich gehöre nicht mehr zu den Gesunden.
Ich habe mir geschworen, ich werde mich niemals selbst bemitleiden. Ich blickte in die Zukunft und stelle mir eine Frage: was werde ich über mein Leben sagen, wenn ich alt bin und nichts mehr ändern kann? Werde ich alt und verbittert sein und sagen, es war ein scheiß Leben, denn ich bin ständig irgendwas hinterher gelaufen, was ich gar nicht (wieder) bekommen konnte? Oder werde ich zurückblicken und sagen: es war trotzdem geil! Ich glaube, jeder kann sich vorstellen, was ich gewählt habe.
Es ist auch diese Einstellung, die mir mit dem Tinnitus hilft. Mein Ohr wird immer anfälliger für den Tinnitus. Mittlerweile reicht ein Staubsauger, und der Tinnitus ist wieder da. Aber naja, ich will ein geiles Leben haben und das habe ich auch, wenn der Tinnitus mal eine Zeit lang nicht so ganz laut ist.