Hörgerät in der Schule

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bona
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Hörgerät in der Schule

#1

Beitrag von bona »

Hallo,

mein Sohn (einseitig taub, auf dem anderen Ohr normal-hörend) geht seit September in die Schule (Regelschule). Vor Schulbeginn hat der HNO-Arzt David eine FM-Anlage von Phonak verschrieben. Seine Klassenlehrerin zeigte sich sehr kooperativ und anfangs trug David die Anlage jeden Tag. Jedoch zeigte er bald eine Abneigung gegen das Gerät (zu laut, störend, etc.). Dazu muss ich sagen, dass David ansonsten nie ein Hörgerät trägt. Trotzdem bestand ich darauf, dass er das Gerät jeden Morgen vor der Schule anlegte und einschaltete. Auf Nachfragen erzählte er mir bald jeden Tag, dass er das Hörgerät selber (am Ohr) jeden Tag vor der Schule wieder ausschaltete. Die Lehrerin merkte es nicht und David zeigte keinen Unterschied im Verständnis während des Unterrichts. Als seine Klassenlehrerin ins Krankenhaus musste, wusste die Ersatzlehrerin zunächst nichts von seinem Hörproblem, so dass David die Anlage wochenlang überhaupt nicht trug. Beide Lehrerinnen sagten mir, dass sie den Eindruck haben, dass er auch ohne Hörgerät keine Verständnisprobleme habe. Er hat zwar außerhalb des Unterrichts auch eine Cross-Anlage, aber benutzt sie nie. Es gibt auch keine Probleme deshalb. Er versteht alles, was man sagt.
Der HNO hat mir allerdings auf meine (oben genannten) Schilderungen hin dazu geraten, David auf jeden Fall jeden Tag die Anlage in der Schule ran zu tun, weil er (der HNO-Arzt) sagt, dass er sonst Schwierigkeiten mit dem Lärm in der Schule hat.
Nun meine Frage: Soll ich auf den HNO hören, obwohl alles gegen seine Meinung spricht? Können zwei Lehrerinnen, ein (einseitig taubes) Kind und dessen Mutter so sehr irren, dass sie alle falsch liegen? Bin ich zu blauäugig, wenn ich Davids Schilderungen (und denen seiner Lehrerin) glaube, dass er alles versteht und kein Hörgerät braucht? Ich weiß nicht, was ich tun soll. Soll ich David dazu bringen, die FM-Anlage wieder zu benutzen (die Lehrerin würde natürlich mitmachen), oder soll ich darauf vertrauen, dass David schon weiß, was in dieser Hinsicht am Besten für ihn ist?
Es gibt wie gesagt auch keine Probleme in der Schule, er versteht alles, was die Lehrerin sagt, hat auch beim Diktat keine Schwierigkeiten.

Liebe Grüße,

Andrea
Maike
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Re: Hörgerät in der Schule

#2

Beitrag von Maike »

Hallo Andrea,

zunaechst muss ich mal dem HNO gratulieren, denn er hat wirklich
verstanden, wo die Schwierigkeiten eines einseitig tauben Menschen
liegen: sie koennen im Laerm viel weniger verstehen und v.a. kaum
Richtungshoeren.

Jedoch zu David: Er versteht scheinbar sehr gut, hat auch bei
Diktaten etc. keine Nachteile. - Wenn er die Hgs schon vor
Schulbeginn ausschaltet und keine Unterschiede zum Tragen ohne Hg
festzustellen sind, dann sollte man ihm auch die Freiheit lassen,
sich gegen die FM-Anlage zu entscheiden. Wenn er ja noch von der
FM-Anlage profitieren wuerde, dann koennte man ja mit ihm darueber
reden. Scheinbar ist aber das nicht so der Fall. Dann ist die
FM-Anlage ihm eher laestig - und da sollte er dann davon "befreit"
werden.

Insgesamt scheint David auch seine einseitige Taubheit so gut
kompensieren zu koennen (das ist auch eine Begabung), dass ich an
Deiner Stelle, denke ich, die FM-Anlage echt ganz weglassen
wuerde.

Du bist ja zudem eine Mutter, die David sicherlich sehr gut
beobachten wird und dann, wenn sich seine Verstehsituation
verschlechtern wuerde, etwas dagegen unternehmen wuerde. Aber
jetzt: Mach Dir und ihm nicht noch zusaetzlichen FM-Stress!

Gruessle
Maike
von Geburt an gehörlos, lautsprachlich aufgewachsen (kann aber auch DGS), 2 CI's seit Dez 2000 und Juli 2003
Gudrun
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Re: Hörgerät in der Schule

#3

Beitrag von Gudrun »

Ich stimme Maike zu. Nicht dass er noch eine Aversion gegen die Hörtechnik aufbaut. Kinder in diesem Alter können ihr Hörvermögen schon beurteilen. Vielleicht mag er später einen neustart versuchen, natürlich freiwillig!
Nina M.
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Re: Hörgerät in der Schule

#4

Beitrag von Nina M. »

Hallo!

Naja, ich denke auch, dass man hier schon auch dem Kind trauen sollte.

Du kannst ja mit der Klassenlehrerin abklären, dass sie weiterhin die Augen aufhält und sich mit dir in Verbindung setzt, wenn sie irgendwann den Eindruck bekommt, dass David schlechter versteht oder sehr schnell ermüdet etc.

Nicht jeder profitiert von einer Cros-Versorgung, vor allem Kinder sehen da glaube ich nicht soviel Sinn darin... (Später in der höheren Schule oder im Arbeitsleben sieht es vielleicht anders aus.)

Aber wenn David sich weigert, sollte man ihn meiner Meinung nach auch nicht dazu zwingen.

Gruß,
Nina
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Sylvia
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Re: Hörgerät in der Schule

#5

Beitrag von Sylvia »

Hallo,
auch ich bin auf der rechten Seite taub. Festgestellt habe ICH meine Taubheit erst mit ca. 10 Jahren. Ich bin jetzt 40. Meine Mutter ist mit mir damals nicht zum HNO-Arzt gegangen. Ich war 15 oder 16 Jahre als ich zu einem Arzt ging. Ich hatte keine Hörhilfe oder ähnliches. Und kein Lehrer merkte meinen "Hörfehler". Wenn es Deinem Sohn gut geht ohne, warum nicht? Irgend wann kommt er vielleicht selber darauf, daß er eine Hörhilfe möchte. Ich bin im Moment dabei, mir eine zu kaufen.
Mach Dir nicht zu viele Gedanken. Deinem Sohn geht es auch ohne gut.
:):)
Sylvia
jutta50
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Re: Hörgerät in der Schule

#6

Beitrag von jutta50 »

Hallo zusammen,
mein Mann erkrankte im Alter von 4 an Mumps und ist seither einseitig taub. ER hat in seinem ganzen Leben noch kein Hörgerät gehabt und war auf einer ganz normalen Schule. In der Schule und im Beruf lief und läuft alles bestens (Gymnasium, Studium, Promotion9. Er hat beruftlich viel mit Menschen zu tun und gibt Schulungen. Bei den Schulungen ist in der Regel auch immer abends ein 'geselliges Beisammensein' vorgesehen wo er als Gastgeber ja für ein gutes Gesprächsklima sorgen muss (Smalltalk....) Nur wenn man ihn von der 'falschen' Seite aus anspricht hört er das nicht. Bei mir ist das inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich eben immer rechts von ihm gehe. Da denke ich gar nicht mehr darüber nach. Und er läuft halt immer links neben jemandem wenn er mit jemand spricht. Bei großen Runden sucht er sich den Platz am Tisch aus, dass sein gesundes Ohr in die 'richtige' Richtung zeigt.
Ich frage mich woher ein normal hörender Arzt so genau einschätzen können will, ob die FM-Anlage was bringt. Ich würde in dem Fall auf die Lehrerinnen und dein Kind vertrauen: Wenn die Noten massiv schlechter werden könnt ihr es immer noch mal versuchen, oder?
LG
Jutta
Jatrix
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Registriert: 10. Mär 2005, 21:26
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Re: Hörgerät in der Schule

#7

Beitrag von Jatrix »

Hi,

also ich bin auch schwerhörig (rechts an Taubheit grenzend, links ein bisschen besser) und habe während meiner gesamten (Regel-)Schulzeit nie eine FM-Anlage benutzen wollen. In der ersten Klasse wurde es ein paar mal ausprobiert, aber ich wollte sie auch nicht weiter nehmen. Hat mir auch nicht geschadet, bin jetzt in der 11. Klasse und benutze die Anlage immer noch nicht.
Sitzen die Kinder in der Klasse denn Hufeisenförmig? Denn das ist eigentlich die beste Möglichkeit eine Schwerhörigkeit in der Schule zu kompensieren.
bona
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Re: Hörgerät in der Schule

#8

Beitrag von bona »

Hallo,

ich bin zwar ein bisschen spät dran (gab auch nichts besonderes in den letzten Monaten), aber ich danke euch für eure Antworten. :-)

Das hat mir sehr gut getan, dass ich gemerkt habe, dass man auch auf seinen Bauch hören kann. :-)

Also, David hat ein sehr gutes Zwischenzeugnis bekommen (natürlich in der 1. Klasse noch ohne Noten) und auch seine Lehrerin hat nichts zu bemängeln außer seiner temporären Gelangweiltheit (gibts das Wort überhaupt? <g>).
Das hat aber definitiv nichts mit den Ohren zu tun, sondern weil er sich selber halt schon mit 4 Jahren Lesen und Rechnen beigebracht hat und es somit eben im Moment nicht viel neues zu lernen gibt für ihn. Außer schön Schreiben - und da soll ich ihn laut Lehrerin auch dazu motivieren, damit er er sich halt darauf konzentriert, dass er nicht schlampig schreibt. Klappt auch sehr gut.

Also hattet ihr alle recht damit, als ihr gesagt habt, ich solle ihn nicht dazu zwingen, die FM-Anlage zu tragen. :-)

Danke. :-)
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