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Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 14. Feb 2014, 10:53
von Fraenky
Hallo liebe Gemeinschaft,

zunächst kurz vorweg: ich war sehr überrascht, dass es doch so viele "Gleichgesinnte" gibt und bin sehr froh, dass es sowas wie diese forum hier gibt! -- Vielen Dank dafür!

Nun zu meinem Anliegen:
Ich bin 30 Jahre "jung" und hatte vor ziemlich genau 12 Jahren eine Baterielle Hirnhautentzündung Serumtyp B. Seit dem bin ich rechts nahezu Taub (Steilabfall ab etwa 500 Hz, ab 1kHz ist nix mehr da) und links etwa 40dB Hörverlust in allen Frequenzen. Damals sagte man mir, dass es die Möglichkeit einer CI Implantation für rechts gäbe, man allerdings mit einseitiger Versorgung bei einem zweiten "guten Ohr" noch keine wirklichen Erfahrungen hätte und riet deshalb zunächst davon ab. Auf die Gefahr einer Verknöcherung (und damit der nicht mehr gegebenen Möglichkeit eines CIs) wies man mich ebenfalls hin. also entschied ich mich dafür, zunächst kein CI implantieren zu lassen und Hörgeräte zu testen. Mit diesen kam ich in der Folgezeit auch relativ gut klar. Klar, im Störgeräusch hatte ich immer Probleme, musste mich sehr konzentrieren um etwas zu verstehen, doch daran gewöhnte ich mich.

Nun hat sich meine berufliche als auch private Situation doch stark geändert, ich habe viele Vorträge, bin des Öfteren im Gespräch Störschall ausgesetzt, und bemerke auch langsam "das Alter", dass mich nun die anstrengenden Situationen mehr und mehr physisch und auch psychisch belasten (jaja, 30 Jahre jung und schon am meckern :D ). Ich informierte mich in der HNO Klinik in Frankfurt, die mich auch damals behandelten, welche neuen Möglichkeiten der Hörimplantationen es denn jetzt gäbe und man nannte mir für meine Situation prompt die Eletrisch-Akustische Stimulation EAS. Um die Möglichkeit der Implantation überhaupt zu geben, musste ich hierzu mehrere Voruntersuchungen machen, die kurz gesagt vielversprechend verliefen. Parallel hierzu sollte ich aber vor einer möglichen OP ein CROS System testen, welches ich nun seit 3 Monaten trage, aber mit denen ich noch weniger zurecht komme als mit einseitiger HG Versorgung.

Ich habe deshalb nun einen Implantationstermin für ende März 2014 und möchte mich hier vorab nochmal umhören, ob jemand von euch Erfahrungen mit Einseitiger EAS/CI Implantation hat? Auch ob bei jemandem hier bei der OP evtl. das Restgehör "zerstört" werden musste, sodass nur noch ein CI eingestzt werden konnte?
Falls ja, wie waren eure Erfahrungen im Störschall? Wie war das Richtungshören?

Würde mich freuen, wenn sich hier der/die Ein oder Andere finden würde!

Danke für eure Aufmerksamkeit und alles einen schönen Tag!

LG
Frank

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 14. Feb 2014, 11:22
von santiago
Hallo!
Zum Thema CI und Störlärm bzw. Richtungshören können Dir sicher andere User noch was sagen.

Der User Maximilian hat in der Kombination - ein Ohr normalhörend und ein Ohr taub - ein CI. Habe jetzt schon länger nichts mehr von ihm gelesen aber suche mal nach den Usernamen und dann seine Beiträge. Vielleicht kann er Dir per PN auch noch mehr dazu sagen?

Gruß
santiago

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 14. Feb 2014, 12:11
von franzi
Hallo Frank

Es gibt mittlerweile recht viele die noch ein gutes Ohr haben und auf der anderen Seite ein CI.

Es wird versucht dein Restgehör zuerhalten, zumal man ja bei dir das EAS verwenden möchte, steigt auch die Chance das restgehör zuerhalten. Ob das Restgehör erhalten geblieben ist weiß man erst nach der OP. Sollte es weg sein ist das auch nicht so schlimm im Bezug auf das hören mit dem CI weil man die EAS Elektrode auch ganz normal verwenden kann als CI. Sprich man programiert dann die Elektrode so das auch die tiefen Töne die voher über das Hg gehört wurden nun auch über das CI gehört werden.

lg franzi

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 14. Feb 2014, 13:13
von Fraenky
Danke schonmal für Eure Antworten!
@ santiago: ich werde ihn mal suchen :-)

@franzi: Diese Aussage hat man mir auch mit auf den Weg gegeben. Ich habe mich für ein EAS von MedEL entschieden, die haben längere Erfahrung in diesem Bereich, falls es aber wider Erwarten zu Komplikationen bei der OP kommen sollte, so habe ich mich für ein CI von Cochlear entschieden. Man sagte mir, dass falls es zu Komplikationen nach der OP kommen sollte, spirch das Restgehör irgendwann wirklich weg gehen sollte, dass es kein Problem wäre dann auch die anderen Töne zu "aktivieren".

Über weitere Meinungen und vor allem Erfahrungen würde ich mich natürlich sehr freuen!

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 15. Feb 2014, 10:55
von JND
Hallo Fraenky,

bei einseitig tauben Leuten, die ein normalhörendes Ohr und auf dem tauben Ohr ein CI tragen, verbessert sich die Lokalisationsfähigkeit. Zum Sprachverständnis lässt sich sagen, dass es auf jeden Fall besser ist, wenn die Personen auf der tauben Seite angesprochen werden (im Störgeräusch). In den anderen Situationen bringt ein CI keinen Nachteil im Sprachverständnis.
(Das bezieht sich jetzt auf klinisch messbare Ergebnisse, im Alltag sind die Vorteile wohl noch größer, ich habe auch noch keinen so versorgten CI-Träger getroffen, der/die gesagt hat, dass ein CI die falsche Entscheidung war.)

Zum EAS/Hybrid-CI:
Ich trage selbst ein EAS-CI auf einer Seite (Hybrid-CI von Cochlear) und bin damit sehr zufrieden. Mit akustischer Komponente kommt nochmals ein Schwung an zusätzlichen Informationen hinzu, die gerade im Störgeräusch häufig ein besseres Sprachverständnis ermöglichen als mit einem normalen CI.
Ohne akustische Komponente wird nach einigem Training ein Sprachverständnis erreicht, dass meistens vergleichbar ist mit normalem CI.
Der Erfolg vom EAS-CI scheint sehr stark mit dem Restgehör in den tiefen Frequenzen zusammenzuhängen. Wie schaut bei dir der Bereich zwischen 125 Hz und 500 Hz aus?

Bei mir ist durch die Operation das Restgehör ca. 5-10 dB schlechter geworden. Wie franzi auch schon geschrieben hat, sind die Chancen bei EAS/Hybrid-CI größer das Restgehör zu erhalten (lies: in >90% der Fälle ist der Patient nachher nicht komplett taub, in der Hälfte der Fälle betragt der Hörverlust durch die CI Operation weniger als 10 dB im Mittel über alle Frequenzen).

Hoffe das hilft etwas bei der Entscheidung,
JND

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 17. Feb 2014, 09:32
von Fraenky
Hallo JND,
Danke für deine Antwort. Gibt es denn Quellen zu deinen Aussagen, gerne auch in englisch?

Mein Restgehört zwischen 125 Hz und 250 Hz liegt bei ca. 10-20 db, also fast noch "normal-hörend". Danach geht's leider steil bergab, bei 500 Hz ca. 50 db, 1 kHz 120 db (wobei das eher schon als "gefühlt" zu werten ist), ab dann ist alles weg.

Du hast dich für das Cochlear-EAS entschieden, hatte das einen speziellen Grund? Also warum nicht MedEl?

Liebe Grüße!

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 17. Feb 2014, 11:01
von otoplastik
Hallo Frank,
Du hast ja schon eine PN von mir.
Hier nochmal ein Link zu einer Studie aus Freiburg. http://academic.research.microsoft.com/ ... versorgung
Die Studie habe ich nicht in Gänze gefunden, vielleicht kann man Dir in Freiburg oder in Deiner Klinik weiterhelfen.
Die Studie zum Hörerhalt bei EAS-Versorgung fand in Hannover statt. Bei Nachfragen wurde mir jetzt nochmal betsätigt, dass auch nach mehrern Jahren das Restgehör erhalten geblieben wäre. Die ersten restgehörerhaltenden OPs seien ca. 2005 in Hannover gemacht worden. Sicher kann man natürlich nie sein.
Testest Du auch noch ein Knochenleitungs-HG? Ich persönlich würde das vorher ausprobieren.
Herzliche Grüße, otoplastik

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 17. Feb 2014, 12:40
von Fraenky
Danke für den Link, otoplast.
Berichtigt mich wenn ich falsch liege, aber ein Knochenleitungshörgerät wird doch nur bei einem Außen- bzw. Mittelohrdefekt verwendet, da hierdurch der Schall direkt über den Hörknochen in das Innenohr übertragen wird. Wenn das Innenohr allerdings defekt ist, bringt das doch gar nichts oder?

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 17. Feb 2014, 12:51
von fast-foot
Nein, der Schall wird via Schädelknochen relativ gut (nur 0 bis 15 dB Verlust) auf das andere Ohr übertragen. So kann man mit jenem Ohr hören, was von seiner abgewandten Seite kommt.

In der Studie heisst es:

"Bislang haben wir 28 Patienten mit einem CI versorgt. Das Sprachverständnis im Störgeräusch und das Lokalisationsvermögen waren bei 11 Patienten 12 Monate nach CI-Implantation im Vergleich zu konventionellen CROS-Hörgeräten („contralateral routing of signal“), dem BAHA („bone-anchored hearing aid“) und der unversorgten Situation signifikant besser."

Und bei den anderen 17 Patienten?

Gruss fast-foot

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 7. Okt 2014, 12:43
von Fraenky
Hallo zusammen,

nun ist einige Zeit vergangen, und ich möchte doch nochmal berichten, welche Erfahrungen ich mit dem EAS gemacht habe, vielleicht hilft das ja noch unentschiedenen Leuten weiter ;-)

Meine Hörsituation hatte ich ja ganz oben bereits erwähnt, deshalb gehe ich daruaf hier nicht mehr ein. Nachdem ich also Anfang des Jahres 2014 an der Uniklinik in FFM alle Voruntersuchungen für ein mögliches EAS System (CI mit "natürlichem" Resthören im Tieftonbereich) erfolgreich abgeschlossen hatte, ging es gleich zur Enscheidung über. Hier musste auch entschieden werden, welche Firma "implantiert" werden sollte. Die Uniklinik Frankfurt implantiert als EAS System generell Cochlear oder MedEl. Aber woher sollte ich das wissen was besser ist?! Ich entschloss mich also bei meinem Hörgeräteakustiker mal nachzuhaken, denn ich wusste, dass dieser auch CI Einstellungen vornehmen kann und demnach direkt mitbekommt, welcher Patient wie und mit welchem System am besten klar kommt. Hier war die Aussage deutlich: Für EAS MedEl, für ein reines CI Cochlear. Begründet wurde das durch die Erfahrung der einzelnen Firmen in den Bereichen, MedEl bietet wohl bereits am längsten EAS Systeme an. Also war diese Hürde nun genommen: MedEl sollte es sein, geneauer eine Flex-Elektrode mit OPUS2 Prozessor.
Nachdem ich das der Uniklinik mitgeteilt hatte ging auch alles ganz schnell. 4 Wochen später (Ende März) hatte ich auch bereits meinen OP Termin. Gleich einen Tag nach "Check-In" in der Klinik ging's schon unters Messer. Wie die OP war? Keine Ahnung, ich habe nichts mitbekommen und bin erst etwa 4 Stunden später in meinem Zimmer wieder aufgewacht und hatte eine Binde in Riesenform um den Kopf und das Ohr :-)
Verlaufen ist die OP zumindest gut. Ich habe aber gleich bemerkt, dass mein Restgehör sich verschlechtert hat. Laut Aussage der Ärzte sei das aber normal und würde sich im Laufe der Zeit wieder verbessern. Gleich vorweg: sie sollten Recht haben, mein Restgehör ist heute wieder genauso "gut", wie es vor der OP war. Schwindel, Schmerzen oder sonst etwas tauchten bei mir nicht auf, damit hatte ich auch nicht gerechnet, da mein Gleichgewichtsorgan auf der implantierten Seite vor der OP bereits nicht mehr intakt war.

Nundenn durfte ich dann also nach 3 weiteren Tagen der Beobachtung das Krankenhaus verlassen und bekam direkt meine Termine für die Erstanpassung, die 4 Wochen später stattfinden sollte. Bereits 2 Wochen nach der OP konnte ich dann schon wieder arbeiten gehen, und dann endlich war es soweit: der Erstanpassungstermin. Die Erwartungen waren klein da ich bereits von vielen gehört hatte, dass das erste mal Hören mit CI wohl ziemlich "bescheiden" sein soll. Aber ich wollte mich überraschen lassen. Und so bekam ich nun mein Gerät hinter das Ohr gesteckt. Das Erste was gemacht wurde war eine Überprüfung des Implantats: alles OK. Dann wurden die einzelnen Elektroden nacheinander eingeschaltet. Ich war schockiert..... jeder Ton hörte sich gleich an, war nur ganz entfernt wahrnehmbar, und nachdem wir alle Elektroden eingeschaltet hatten, durfe ich zum ersten Mal das komplette Spektrum hören. Es war grausam, zumal ich ja durch mein anderes noch besser hörendes Ohr wusste, wie es sich anhören sollte. Und trotzdem habe ich in diesem Moment eine Erkenntnis gewonnen, die ich mir zu Herzen genommen hatte: "Es klinkt scheisse, aber hey, es klingt!!!". Trotzdem, verstanden habe ich alleine mit EAS zunächst nichts. Zudem habe ich gemerkt, dass das Zusammenspiel zwischen CI Versorgung und Hörgeräteanteil als 2 Teile im Kopf ankamen, ich hörte also quasie 2 "Stimmen" in einem Ohr. Das war anfangs sehr anstrengend, ist aber mittlerweile überhaupt kein Problem mehr. Nun ging ich also nach der Erstanpassung nach Hause. Ich bemerkte sehr schnell (und ganz besonders beim Radio hören), dass da doch mehr wie nur "ein Ton" ankam, und nicht alles gleich klang. Also versuchte ich mich auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Tönen zu konzentrieren. Das gelang immer besser und bereits nach 2 Tagen konnte ich schon erste Wörter nur mit der CI Seite verstehen. Das ist in etwa so, wie wenn man einen Muskel (hier der Hörnerv) unter Voll-last trainiert, der 13 Jahre lang nicht trainiert wurde. Das ist sehr anstrengend und hat als logische Konsequenz einen Muskelkater, der sich hier durch Müdigkeit, Abgeschlagenheit und teilweise doch starke Kopfschmerzen äußerte. Während dieser Zeit habe ich vermutlich so viel wie in meinem ganzen Leben noch nicht geschlafen ;-) In den darauf folgenden Tagen musste ich noch 2 Mal in die Klinik, um weitere Feineinstellungen vornehmen zu können und Hörtests zu machen. Nach einer Woche konnte ich auf der implantierten Seite bereits 50 % der Wörter verstehen, das war ein riesen Fortschritt für mich. Die Wochen vergingen, ich lernte mehr und mehr Höreindrücke kennen und kam auch immer besser mit dem Gerät zurecht.
Etwa 4 Monate nach der Erstanpassung kam dann die Reha in Bad Nauheim. Hier wurde wöchentlich eine CI Anpassung durchgeführt, außerdem gab es täglich mehrfaches Hörtraining. Auch das war anstrengend, hat sich aber durchaus gelohnt. Mit 75% Sprachverständnis auf dem CI Ohr wurde ich aufgenommen, mit 100% konnte ich die Klinik bereits nach 3 Wochen wieder verlassen. Auch das Verständnis im Störschall konnte deutlich verbessert werden. Beim Richtungshören hapert es noch etwas in der Unterscheidung zwischen vorne und Hinten, Rechts un links kann ich aber auch hier schon gut zuordnen. Das kommt aber mit der Zeit wieder meinten auch die Therapeuten. Ich bin mal gespannt :-)
Während der Reha habe ich viele andere CI und EAS Patienten kennen gelernt. Nicht bei allen waren die Fortrschritte so schnell und gut wie bei mir. Aber selbst ein Sprachverständnis von 50% sind 50% mehr als 0%. Das sollte man sich natürlich auch immer vor Augen halten. Man ist und bleibt eben doch Hörbehindert, kann sich aber das Leben hierdurch um einiges erleichtern.
Alles im Allem bereue ich den Schritt zu einem EAS/CI bisher zu keinem Tag. Das Implantat erleichtert es mir immens, alltägliches besser zu meistern.

Ich hoffe ich konnte/kann dem Ein oder Anderen hiermit eine kleine Entscheidungsfindung geben.

Re: Einseitige(s) EAS/CI bei zweiten "guten" Ohr - Ja oder Nein?!

Verfasst: 7. Okt 2014, 14:16
von otoplastik
Danke für Deinen tollen Bericht!
Ich freue mich für Dich.
Otoplastik