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Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 9. Mai 2014, 15:50
von Syrinx
Hallo,
ich bin beidseitig mit Hörgeräten versorgt, mit denen ich auch sehr zufrieden bin. Mein Hauptproblem ist das grottige Sprachverständnis.
Nun passiert es halt eben doch, dass ich ab und an nachfragen muss, wenn zu viel Hintergrundlärm ist oder die Ansprache an meiner "schlechteren Seite" ankommt, ich nicht ganz so konzentriert bin oder oder oder.
Denke, einige kennen das.

Was mich echt trifft ist die Tatsache, dass ich immer mal wieder auf meine freundliche Bitte, etwas zu wiederholen dann Antworten erhalte wie....ist nicht so wichtig....oder.....hat sich erledigt....erhalte oder das Gespräch einfach weitergeführt wird.
Oder ich die Wiederholung in völlig genervtem Tonfall bekomme.

Das kränkt mich.
Es gibt Tage, da lass ich dann nicht ab aber an anderen Tagen lass ich es dann einfach laufen, besonders wenn die Situation so schnelllebig ist.
Dann macht mich das Ganze sprachlos, traurig.
Ich überlege, wie ich mich verhalten soll.

Liebe Grüße

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 9. Mai 2014, 16:07
von Zappenduster
Hallo,
ich sage meinen Mitmenschen oft, sie sollen mich doch bitte frontal ansprechen, nicht von hinten und mich beim Sprechen anschauen.
Ich habe aber das Gefühl, das schnallen Normalhörende einfach nicht oder sie vergessen es sofort wieder. Da sie normal intelligent zu sein scheinen und ansonsten sehr nett zu mir sind, denke ich, dass sie sich einfach nicht in einen Schwerhörigen hineinversetzen können.

Wenn jemand sagt, dass es nicht wichtig war, nun ja: 99% von dem, was so geschwafelt wird, ist wohl tatsächlich unwichtig. ;)

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 9. Mai 2014, 16:49
von Syrinx
Hallo Nicole,
das mag ja sein, dass es wirklich nicht wichtig war. Aber das hätte ich gern selbst entschieden.....Na vielleicht bin ich mitunter zu empfindlich. Danke

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 9. Mai 2014, 17:01
von Zappenduster
Syrinx hat geschrieben:Aber das hätte ich gern selbst entschieden.
Klar, aber der Sprecher darf ja auch selbst entscheiden, was er wiederholen will und was nicht. Auch wenn er dabei mitunter wie ein Arsch rüberkommt. Aber man hat keinen Anspruch auf Wiederholungen.

(Zumindest nicht bei Privatgesprächen. Wenn es hingegen um sicherheitsrelevante Instruktionen geht, dann hat der Dozent bei Nachfrage Gesagtes natürlich gefälligst zu wiederholen.)

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 9. Mai 2014, 18:37
von Selene
Hallo Syrinx,

mir geht es ganz genauso wie dir. Wenn solche Situationen vorkommen und der Sprecher sagt, dass es nicht wichtig sei und dann geht, fühlt sich das für mich wie ein Tritt in den Magen an. Die Tränen schluck ich dann geübt runter und denk mir: "Blödmann!" :(
Aber die Verletzung braucht schon ihre Zeit, bis es wieder geht ... :'(

In den meisten Situationen, wo ich den Sprecher nicht richtig verstehe, sage ich bestenfalls gleich, dass ich den Anfang nicht verstanden habe. Eigentlich immer sagen sie es dann noch mal. Ich glaub, man sollte echt schnell genug STOPP sagen und nicht warten, bis derjenige seine Botschaft beendet hat und vielleicht gedanklich schon beim nächsten Thema oder den anderen Menschen ist.

Am meisten macht mir immer der Gesprächbeginn zu schaffen. Wenn die Leute noch viel zu weit weg sind und direkt wenn sie mich sehen losreden und dann womöglich noch in alle Himmelsrichtungen beim Sprechen blicken. :eek:
Ich stell dann, wenn ich Bekannte auf der Straße sehe, das HG mit der Fernbedienung immer diskret lauter, noch bevor die Leute was sagen. Dann kriege ich den Anfang (fast immer) mit und schalte beim Näherkommen leiser.

Auch ich habe eine schlechte Seite. Mein linkes Ohr ist nach den letzten Hörstürzen noch mies drauf. Rechts ist es mit HG ganz gut.
Wenn jemand etwas an meine linke Seite sagt, drehe ich mich ganz flink um, und halte ihm meine Schokoladenseite rechts hin.
Manchmal noch mit dem Kommentar:
"Mit dem Ohr bin ich ganz Ohr."
oder
"Bitte sprechen Sie hier herein - links höre ich nicht gut."

Die Blicke der Leute tun am meisten weh.
Dieser Unglaube, die Gedanken von ihnen, dass ich sie verarschen könnte. Das ich doch gar kein HG tragen könnte? So jung?

Mir machen Familientreffen / Restaurants noch immer arge Probleme. Ob sich das jemals bessert? Ich setz mich dann so, dass ich schwierige oder leise Sprecher in meiner Nähe habe. Oder natürlich die interessantesten Sprecher. ;)

Viele Grüße,
Selene

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 00:29
von Syrinx
Hallo Selene,
das trifft es....manchmal ist es wie ein Tritt.
Ich habe schon vor der Hörgeräteversorgung mit dem rechten , also besseren ,Ohr telefoniert und mich so gesetzt oder gestellt, dass der Sprecher rechts von mir stand oder saß - unbewusst wohlgemerkt.

Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich Menschen, besonders jene, welche ich kenne, günstigstenfalls rechtzeitig stoppe. Wenn ein Freund aus Süddeutschland z.B. in Mundart loslegt und seinem Temperament entsprechend während des Sprechens immer schneller wird, sage ich gern mit einem Lächeln auch mal stopp. Bei desaströsen Handyverbindungen während wer z.B, Auto fährt, blockiere ich gleich und vertage das Gespräch - keine Chance.
Bei Fremden oder im Beruf fällt es mir sehr viel schwerer auf meine Schwerhörigkeit aufmerksam zu machen, um Verständnis bzw. langsameres Sprechen und Blickkontakt zu bitten, zögere ich noch zu oft.

Bei engen Freunden reicht manchmal ein Blick im Restaurant und sie wissen, dass ich nichts kapier, von den Lippen lese, weil es zu laut ist und wir suchen einen ruhigeren Platz.
Im Freundeskreis klappt es meistens ganz gut....aber bei Fremden irgendwie nicht so. Auch nicht, wenn ich darum bitte, dass lauter oder deutlicher kommuniziert wird.
Natürlich versuche ich schon so zu sitzen, dass ich z.B. bei Vorträgen den Redner sehe usw. Aber wenn etwas auf Nachfrage als unwichtig oder erledigt abgetan wird, fühle ich mich ausgegrenzt, denn es wurde ja vorher grad erwähnt und war dem Redner wichtig.
Tagesformabhängig bei mir. Im Moment frustet es mich etwas, fühle ich mich bevormundet dadurch :(

Grüssle

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 12:30
von Parmin
Willkommen im Club Syrinx und Selene! :-)

Parmin

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 13:53
von rike 54
Hallo an alle,

ja, es sind diese "kleinen" Verletzungen im Alltag, die ganz schön weh tun und die im Laufe der Jahre zu einem ziemlichen Berg anwachsen können, wenn wir uns nicht rechtzeitig dagegen wehren. Und es bringt uns nicht weiter, wenn wir es abtun und denken, es wird wohl nicht so wichtig sein meine liebe Nicole. Diese Denkweise nimmt mir meinem Schmerz nicht weg.
Ich finde sehr wohl, dass man die Umwelt immer und immer wieder auf die Problematik hinweisen muss und wenn, vor allen Dingen in meinem privaten Umfeld, wo ich es mir ja aussuchen kann, die Menschen nicht verstehen wollen, breche ich den Kontakt ab.
Wenn wir uns nicht gleich wehren und unsere Verletzlichkeit mitteilen werden wir nämlich eines Tages an unserer Wut ersticken. So sieht es aus.

LG Uli

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 18:47
von Syrinx
Ich gebe zu, Wut ist sicher dann auch bei mir im Spiel. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich dann wirklich allein gegen den Sprecher oder heimlich auch innerlich gegen den Hörverlust wüte.

Blöd allemal und ohne Aktion komme ich nicht vorwärts damit, nutzt es gar nichts.
Grüssle

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 20:21
von Zappenduster
rike 54 hat geschrieben: Und es bringt uns nicht weiter, wenn wir es abtun und denken, es wird wohl nicht so wichtig sein meine liebe Nicole. Diese Denkweise nimmt mir meinem Schmerz nicht weg....
Tja, mir kommt meine relaxte Einstellung enorm zugute.
Da kann ich auch nix für, wenn Dir diese Einstellung nicht weiterhilft. Das muss wohl jeder für sich selbst herausfinden.

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 20:56
von EinOhrHase
Wie geht ihr damit um - eine Frage die man denk ich nicht allgemein beantworten kann.
Jeder Mensch hat in allen Dingen Stärken und Schwächen die sich von Tag zu Tag verschieden auswirken - so auch die Sinnesorgane. Diese sind ebenso nicht jeden Tag gleich, auch wenn das Gegenteil behauptet wird.

Menschen die normal hören, können sich nicht im geringsten vorstellen, wie es ist, täglich mit Sprach- und Hörproblemen zu kämpfen. Ganz abgesehen davon, dass Schwerhörigkeit so viele Facetten hat, wie kein Ei dem anderen gleicht. Hörbeispiele von schlechtem Hören mögen für kurze Zeit hilfreich sein, die Problematik vor Augen und Ohren zu führen, dennoch ist es nur sehr wenige normalhörende Menschen bewusst.

Was also tun? Jedesmal die selbe Leier runterbeten, in der Hoffnung der Gesprächpartner hat kapiert wie er mit dem einen oder anderen Schwerhörigen zu reden hat? Oder doch besser zu "überhören"?
Letzteres wird eher zutreffen, wenn Gesagtes scheinbar unwichtig ist. Ziel von einigen Mitmenschen scheint zu sein, Schwerhörige damit zu ärgern, indem sie kundgeben, gesagtes würde sie nicht betreffen, sei unwichtig oder man hat (angeblich) nicht über sie geredet.

Bemerkungen wie "Stell das Gerät einfach lauter" treffen ebenso in die Magengrube wie "Pass halt besser auf". Auch wenn diese Aussagen nicht wirklich bös gemeint sind, treffen sie bei uns Schwerhörigen einen sehr wunden Punkt, da wir (in den allermeisten Fällen) nichts für unsere Schwerhörigkeit können.

Normalhörende Menschen sehen auch keinen Zusammenhang, wenn man ihnen erklärt, dass wir uns anstrengen müssen, damit wir hören UND verstehen, was gesagt wird. Ein Normalhörender verwendet ca. 10-20% seiner Konzentration fürs Hören (abgesehen von lärmreicher Umgebung). Wir hingegen müssen bis zu 6mal mehr (je nach Schwerhörigkeit) Konzentration ausschliesslich für das Hören aufbringen, damit wir von der Umwelt was mitbekommen.

Sicher müssen wir Schwerhörige auch ein bischen was tun, damit die Mitmenschen reagieren können. Es wäre vermessen, von einer fremden Person, die man nicht kennt, zu erwarten, lauter zu reden. Woher sollte sie es auch wissen und sehen, dass man schwerhörig ist?

Eine allgemeine Lösung wirds wohl nicht geben, wie wir den normalhörenden Menschen klarmachen können, wie anstrengend Schwerhörigkeit ist und wie diese reden müssen, damit wir auch ALLES verstehen.

Bei einigen / fremden Menschen helfen manchmal kleine Zettelchen, auf denen vermerkt ist:
Langsam und lauter reden,
den Schwerhörigen anschauen, damit er Lippen lesen kann

Mit der Schwerhörigkeit umzugehen ist für viele ein langer und schwieriger Lernprozess den man nur dann erfolgreich bewältigen kann, wenn die (normalhörenden) Mitmenschen ein kleines bischen Verständnis dafür aufbringen wie man mit Schwerhörigen am besten redet.

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 22:16
von Zappenduster
EinOhrHase hat geschrieben:Mit der Schwerhörigkeit umzugehen ist für viele ein langer und schwieriger Lernprozess den man nur dann erfolgreich bewältigen kann, wenn die (normalhörenden) Mitmenschen ein kleines bischen Verständnis dafür aufbringen wie man mit Schwerhörigen am besten redet.
Interessierten Menschen kann man das beibringen, das ist mir schon gelungen. Die meisten Leute versuchen immerhin, es zu verstehen, schnallen es aber evtl. trotz bestem Willen nicht.

Aber viele Leute sind erfahrungsgemäß nun mal vorurteilbehaftete Ignoranten, die für Behinderungen oder sonstige Besonderheiten kein Verständnis aufbringen wollen. Sich über solche Leute zu ärgern, ist verschwendete Energie. Wenn man mir kommt mit: "war nicht so wichtig", dann denk ich mir halt: "dann behalt Deinen Scheiß doch für Dich" und sage: "ja, ich glaub auch, dass das total uninteressant war".

Man sollte sowas nicht zu persönlich nehmen, so sind viele Menschen nun mal gestrickt. Ich hab aber´ne anstrengende Weile gebraucht, um das zu raffen.

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 22:30
von pikacht
Hallo zusammen,
mit der Hörschädigung umzugehen will gelernt sein
Ein guter Weg ist eine Reha.
In Rendsburg gibt es "die andere Reha".
Es ist keine medizinische Reha, sondern hier wird einem
"beigebracht" mit der Hörschädigung besser zurecht zu kommen/umzugehen.
Ich bekomme heute viel schneller mit, was der Gesprächspartner mir sagen will!
Denn auch das "Fragen" will gelernt sein.
Nach dieser Reha komme ich viel besser mit meiner Hörschädigung zurecht.
Auch einige Pausen zur Regeneration sollte man sich gönnen,
denn wir brauchen unsere Konzentration viel schneller auf, als "Normalhörende".
Gruß Pikacht

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 22:35
von Coralie
Hallo Syrinx,

ich habe gerade mal von Beginn an gelesen, du schreibst sehr zufrieden mit deinen Hörgeräten zu sein aber ein "grottiges Sprachverständnis" zu haben. Wie passt das zusammen? Als mein Sprachverstämdnis mit Hörgeräten immer weiter nachlies war ich massiv unzufrieden mit meinen Hörgeräten.

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 22:46
von Zappenduster
pikacht hat geschrieben:Auch einige Pausen zur Regeneration sollte man sich gönnen,
denn wir brauchen unsere Konzentration viel schneller auf, als "Normalhörende".
Das Gefühl habe ich auch. Ich denke mir manchmal im Büro, dass es wohl besser für mich wäre (und vor allem für meine Konzentrationsfähigkeit), meine HG rauszunehmen und statt dessen meine Lärmschutz-Otoplastiken einzustöpseln. Mein Akustiker lehnt das ab, weil er meint, dass ich (bzw. mein Hörzentrum) mich auf diese Weise niemals an die Hg gewöhne. Das Gehirn braucht angeblich bis zu einem Jahr für die Gewöhnung.

Wie siehst Du das, mit Deinem Wissen aus der Reha?

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 10. Mai 2014, 23:04
von pikacht
Hallo Nicole,
ich genehmige mir meine Pausen nicht auf der Arbeit.
(kommt für mich bei meinem Arbeitsplatz auch nicht in Frage)
Im Büro würde ich das machen , wenn es nicht hinderlich wäre.
Als Schüler habe ich meine HG bei Klassenarbeiten/Klausuren
schon immer ausgeschaltet.
Es ist schon richtig, dass wenn man neue HG oder Ci´s hat,
täglich trainieren muss, aber auch danach braucht der Hörgeschädigte für sich mal eine Pause (meine Meinung). Wie und Wann entscheidest Du am Besten selber nach deinem Empfinden. Seit der Reha habe ich meinen "Weg" für mich gefunden. Ich komme wesentlich besser zurecht!
Ich muss dazu noch sagen, dass ich schon 40 Jahre hörgeschädigt bin.
Ich hoffe Dir mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Gruß Pikacht

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 00:09
von Syrinx
Hallo an euch und danke schon einmal für die Anregungen und Eure Antworten.

Coralie,es stimmt. Ich bin wirklich recht zufrieden mit meinen Hörgeräten, da ich wirklich viel mehr mitbekomme als ohne. Das zeigt mir auch eine Abhängigkeit von den Geräten auf. Mein Sprachverständnis ohne Geräte ist total grottig und wie das Hören auch mit Geräten bei mir stark tagesform- und konzentrationsformabhängig. Wenn mein geistiger Akku langsam ausläuft, wird es anstrengend. Dann bemerke ich da auch mit Geräten große Defizite.
Also klar gesagt, bin ich froh, dass ich sie habe.
Noch klarer weiß ich, dass ich mit neuerer Technik noch besser zurecht komme, die ich testen durfte, mir aber privat ohne Kassenanteil nicht leisten kann/will und mit neuen Geräten bin ich noch nicht dran. Das nervt auch etwas.
Denn seitdem ich die Geräte habe, trage ich sie fast ununterbrochen - Hörjunkie.

Diese Idee...stell mal dein Hörgerät lauter...kenne ich auch, empfinde ich als sehr oberflächlich, da Lautstärke bei mir nicht das Hauptproblem ist. Das zeigt, wie viel Unwissenheit herrscht, was ich grundsätzlich niemandem verübel, denn warum sollten sich Nichtbetroffene unbedingt mit dem Thema auseinandersetzen oder gesetzt haben. Dass ich dann machtlos bin, also die Lautstärkeregelung nichts brächte, macht es nicht besser. Fast noch schlimmer finde ich die Frage: Hast du deine Geräte nicht drin?
Dabei ist auch das ja nicht unbedingt böse gemeint.

Ich strenge mich wirklich an, weil ich so gern höre und kommuniziere und diese Fragen/Anregungen der "Schlaumeier" stellen meine Anstrengung, meinen Hörwillen in Frage, treffen mich und lassen macht mich mitunter irgendwie hilflos zurück.

Da gefällt mir Nicoles Antwort," dass ich auch den Eindruck hatte, dass es sicher uninteressant war", irgendwie schon mal ganz gut, wenn die Wut wächst, so lapidar drüber gebügelt wird über den Wunsch etwas wiederholt zu bekommen.

Es ist subjektiv tages- und umständeabhängig aber ich habe auch liebe Freunde, wie ich oben schrieb, Menschen, die durchaus Rücksicht nehmen, sofern sie meine kleinen Schwierigkeiten nicht "vergessen".

Einerseits möchte ich kein Aufheben, andererseits dann auch Rücksichtnahme im Stressfall. Manchmal passt es halt nicht zusammen.
Ich möchte nicht als behindert wahrgenommen werden, empfinde mich dann aber be-hindert durch schnelles oder nuscheliges Sprechen und muss dann halt doch Rücksichtnahme erbitten. Das ist wohl so ein Thema, das ich für mich noch abarbeiten muss.
Allerdings neige ich zu offensivem Verhalten, denn wenn der Andere nicht weiß, dass ich ein Problem habe, kann ich nicht erwarten, dass er es telepathisch errät, muss ich ihm und damit auch mir die Chance geben, dass wir einander verstehen. Mein Gesprächspartner hat ja auch nichts von mir, wenn ich nur (un-)wissend nicke und gelegentlich "tatsächlich?"oder "nein!" frage, was komischerweise fast immer passt und herumtrickse so wie ich es in der letzten Zeit vor den Geräten tat. :)).

Ich stecke im Prozess und danke für Eure Antworten, da hier viele Denkanstöße gekommen sind, inkl. Reha.und mir zeigen, wie unterschiedlich wir reagieren.

Liebe Grüße
Syrinx

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 00:27
von Lena81
Hallo Syrinx,

seit sehr schweren Mittelohrentzündungen + Hörstürzen bin ich sehr schwerhörig/fast taub. Ich trage in beiden Ohren Hdo-Hörgeräte.

Ich zeige bei Gesprächen immer auf meine Hörgeräte und bitte, das Gesprochene aufzuschreiben.

Bei Gesprächen halte ich mir immer beide Hände hinter die Ohrmuscheln. Das sieht blöd aus, und es hilft kaum, aber ab und an meine ich, wenigstens einen dumpfen Ton zu hören. Es kam bei mir auch schon vor, dass Gespräche abgestorben sind, weil jemand einfach nicht mehr seine Worte wiederholt hatte. Manches Mal wurde mir richtig ins Ohr gebrüllt, so dass ich wahnsinnige Ohrenschmerzen bekommen hatte. :(

Gute Freunde und meine Familie nehmen aber zum Glück viel Rücksicht. Besonders meine Familie kennt auch die Probleme mit meinen Ohren. Bei meinen Eltern und Freunden kann ich immer ganz ungeniert beide Hände hinter die Ohrmuscheln halten, wenn sie mit mir reden. In der Regel müssen sie mir das Gesagte aber aufschreiben.

Ich werde auch oft seltsam angeschaut, weil ich sehr dicke Hdo-Hörgeräte in beiden Ohren trage. Mittlerweile stehe ich aber dazu und zeige die Hörgeräte ganz offen.

Viele Grüße
Lena

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 00:34
von Syrinx
Danke Lena,
bei mir waren Knalltraumata und diverse Mittelohrentzündungen in der Kindheit auch mitverantwortlich für den Hörverlust. Die Hand hinter dem Ohr habe ich noch nicht probiert, trage hin und wieder farblich auffälligere Wechselschalen. Das ist dann auch oft Hinweis, ändert aber nicht unbedingt etwas am Verhalten, weil wohl die Mehrheit meint, ich trage ein Gerät, also höre ich.
Dass damit dann alles beim Normalfall ist.

Also Hörgerät = normales Hören

Viele Grüße
Syrinx

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 01:02
von EinOhrHase
Zappenduster hat geschrieben: Interessierten Menschen kann man das beibringen, das ist mir schon gelungen. Die meisten Leute versuchen immerhin, es zu verstehen, schnallen es aber evtl. trotz bestem Willen nicht.
Das stimmt schon, dass die Mitmenschen, die sich für so eine Problematik interessieren, es nach einigen Tagen wieder vergessen haben.
Hat aber wer wirklich Interesse am schwerhörigen Menschen, wird er mit grösserer Wahrscheinlichkeit davon was im Hinterkopf behalten und dieses in weiteren Gesprächen berücksichtigen.

Auch bei normalhörenden Menschen gibts solche und solche, ja. Dennoch würd ich mal sagen, dass gerade wg der Frage "wie geht ihr damit um" die Menschengruppe gemeint ist, die den Schwerhörigen eher Probleme bereitet, wie Menschen, die sich zumindest ein bischen mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben.

Diejenigen, die sich auf den Schwerhörigen einstellen können und wollen, mit denen hat ein Schwerhöriger weniger Probleme.
Bei solchen Menschen heb ich den Hut, denn sie sind es, die uns Schwerhörigen ein wenig Licht und Hoffnung geben, dass wir in der Gesellschaft etwas besser akzeptiert und vor allem verstanden werden.

Ein kleines bischen Rücksicht von den normalhörenden und einem interessanten Gespräch steht sicher nichts mehr im Wege.
Niemand verlangt von ihnen aussergewöhnliches. In den meisten Fällen reicht ein lauteres langsames Sprechen mit dem Gesicht zum Schwerhörigen.

Grüsse

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 01:17
von Syrinx
Hallo Olli,
wenn man deinen letzten Beitrag liest, klingt alles so einfach. Ist es sicher auch, wenn das Interesse da ist. Ich werde vielleicht mitunter für blöd gehalten , weil ich nicht überall sofort meinen Senf dazu gebe(-n kann) und wir sind schnelllebig, viele mit dem Gesicht nebenbei auf dem Smartphone, Multitasking usw.
Da ein wenig Entspannung und Blickkontakt sind dann echte Bonbons :).
Letztendlich zählt die Qualität und nicht die Menge des Gesagten.

Grüssle

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 11. Mai 2014, 01:29
von EinOhrHase
@Syrinx

ja, in der Tat liest sich das sehr einfach und ich möchte sogar sagen, es ist auch einfach. Auch wenn wir in einer schnellebigen Zeit leben mit Smartphones, Tablets & co sollte ein normalhörender Mensch zumindest den Anstand haben, diese Gerätschaften mal beiseite zu legen und sich dem Gespräch mit dem Schwerhörigen widmen.
Deshalb schrieb ich ja "ein kleines bischen Rücksicht" und es ist wirklich nicht viel verlangt von einem normalhörenden Mitmenschen.

Was die Qualität eines Gesprächs betrifft, stimme ich Dir aber zu - zuviel Gerede um Nichts strengt den Schwerhörigen ncoh viel mehr an.

Grüssle

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 26. Mai 2014, 16:16
von Dominik78
Hallo Zusammen,

das Kommunizieren heutzutage fällt leider nicht nur uns Schwerhörigen schwer, denn auch Nicht-Schwerhörige wissen gar nicht mehr wie man richtig kommuniziert. Ich habe das Gefühl, dass sehr viele Menschen nur noch über ihr Smartphone kommunizieren. Klar kann ich als Schwerhöriger ohne Probleme Nachrichten schreiben und auch auf Anhieb "verstehen", aber ein persönliches Gespräch ersetzt es definitiv nicht. Außerdem sollte man sich auch wieder angewöhnen den Gegenüber in die Augen zu gucken, wenn man mit ihm spricht. Das erleichtert uns Hörgeräteträgern auch das Zuhören.

Es gibt leider immer ignorante Menschen und dass wird sich sicherlich auch nicht ändern, aber mit diesen Menschen muss man sich dann auch nicht unbedingt abgeben. Jedenfalls ist das meine Meinung. ;) Ich habe mit der Zeit gelernt sowas selbst zu ignorieren und einfach darüber zu stehen. Es ist vielleicht nicht immer einfach und oft auch sehr frustrierend, aber es bringt mir auch nichts wenn ich mich über die Ignoranz anderer Menschen aufrege.

Wenn ich ein Gespräch nur schlecht folgen kann, dann weise ich die betreffenden Personen darauf hin, dass ich Schwierigkeiten habe die Konversation zu folgen. In der Regel gehen die Leute dann auch mehr darauf ein und wenn nicht dann kann ich auch nichts daran ändern, denn mehr als darauf hinweisen kann ich auch nicht. :P

Mein Tipp ist daher, dass man nicht alles an sich herankommen lassen sollte, denn manchmal benötigt man einfach eine dickere Haut. ;)

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 26. Mai 2014, 17:07
von Syrinx
Danke, es tut gut mal zu lesen, wie ihr das handhabt und dass die Erfahrungen, so unterschiedlich sie sein mögen, sich doch auch ähneln. Ich werde zukünftig versuchen, das Ganze nicht mehr als mein alleiniges persönliches Problem im jeweiligen Gespräch zu betrachten, sondern auch den Sprecher offensiver und mehr mit in die Verantwortung zu nehmen , denn er bekommt sonst auch nicht kommuniziert, was er loswerden will .

Zu anstrengende und lernresistente Gesprächspartner werden dann wohl auf mich verzichten können/müssen ;)

Grüssle an alle
Syrinx

Re: Wie geht Ihr damit um?

Verfasst: 4. Jun 2014, 17:31
von dracarys
Hallo :) Ich hatte gerade auch wegen meiner Einohrigkeit ein ziemliches Tief, und wenn manche das nach wirklich langer Zeit nicht verstehen ist das schon bescheuert. Manche Personen nerven mich wirklich, aber ich habe den Eindruck, dass ich als sechzehnjährige gerade früher für "dumm, klein und will nur Aufmerksamkeit, ist doch bestimmt nur psychisch" gehalten wurde, so kam und kommt mir das zumindest oft vor. Meine "Strategie", um nicht allzu genervt zu werden heißt zur Wahrheit (oder Teile davon, die meisten interessiert es ja sowieso nicht) einfach ein ironisches Lächeln hinzuzufügen. Und ich rattere nebenher einfach meinen Standarddialog herab, ohne mich groß darum zu kümmern, und fertig. Mit den kleineren oder größeren Problemen muss man wohl jeden Tag aufs neue klar kommen.

Das einzige was mir da wirklich und dauerhaft geholfen hat, ist Selbstbewusstseinseit aufzubauen. Ich mache seit ein paar Monaten Jiu Jitsu (Kampfsport, der auf Selbstverteidigung basiert), und das hat mir unglaublich geholfen. Allein schon weil die Trainer Dinge nochmal erklären, ohne mich komisch anzusehen, weil da jeder gerne mal eine zweite Erklärung braucht. Die Leute sind nett, es reden nie alle durcheinander (auch unglaublich toll) und man lernt seinen eigenen Körper kennen und bekommt so unendlich viel mehr Selbstbewusstsein. Außerdem hilft es mir extrem, mich nicht so schutzlos auf meiner rechten Seite zu fühlen. Kann ich wirklich jedem empfehlen :)