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Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 17. Okt 2014, 22:46
von Eline
Hallo, ich hab eine Spezialproblematik, denn ich bin Geigerin von Beruf und spiele fast täglich im Orchester. Habe nur eine leichte HochtonSH (Li: 2kHz: -20bB, 3kHz: -50, 4kHz: -45, 6: -40, 8: -35, re: 2kHz: -30dB, 3kH: -40, 4:-40, 6:-35, 8:-35). Aber ich merke, dass manchmal andere Menschen etwas verstehen, was ich nicht verstehe, und das ist oft nervig, weil ich dann auf Verdacht Allgemeinheiten von mir gebe, oder halt nett lächle, aber nichts wirklich Interessantes beitragen kann zum Gespräch. Nachfragen nervt auf die Dauer und lähmt das Gespräch. Aber das kennt ihr ja.
Jetzt hatte ich schon 6 Termine beim HGAkustiker, aber irgendwie wird das vielleicht doch nichts mit einem HG, das für meine Situation funktioniert. (Habe ein Audio Service Icon 12 G2 angepasst bekommen)
Beim Ausprobieren hatte ich im Prinzip eine merkbare Verbesserung der Sprachverständlichkeit, und sogar im Orchester war es besser, weil ich die Geräusche der Tonanfänge besser hörte und ich dadurch sicherer im Zusammenspiel war. Allerdings halt nur, bis es dann zum ersten Mal gepiept hat. (Gottseidank ist niemand drauf gekommen, dass es von einem Hörgerät aus dem Orchester kommt)
Ich möchte gerne ein Ido, weil das gar nicht geht, ein Musiker mit HG, und ich nicht möchte, dass die Kollegen oder auch Publikum das sieht.
Hab mich relativ schnell entschieden, wenn überhaupt, nur links eins zu tragen, weil das schon viel bringt, und noch viel Natürlichkeit des Hörens übrig bleibt. Die erste Version hat sich wohl gelockert, wenn ich Ohrbewegungen machte beim Spielen, aber vielleicht hat es auch gepiept, weil es einfach zu laut war, das zweite ist kleiner, weiter drin, und hat einen kleineren Luftkanal, piept aber auch, und scheppert dazu. Schon wenn ich alleine spiele.
Hat jemand Erfahrungen mit dieser Problematik? Gibt es überhaupt ein Ido, das im Orchester funktioniert?
Vielen Dank schon mal fürs Lesen und Antworten, Eline

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 18. Okt 2014, 00:04
von Coralie
Ich bin keine Berufsmusikerin......und ich kann Deine Ängste nachvollziehen, als jemand, dessen Kapital unter anderem das perfekte Gehör ist, nun schwerhörig zu sein und dies als Makel zu empfinden. Aber Du bist nicht die einzige Musikerin die dies betrifft, denn der Beruf bringt eine hohe Lärmbelastung mit sich und führt auch bei anderen nach langjähriger Ausübung teils zu Schwerhörigkeit (jeder dritte ist nach 10 Jahren betroffen). Die Anpassung ist sicherlich extrem schwierig, da dein trainiertes Gehör sehr anspruchsvoll sein wird, was die Tonqualität anbetrifft. Nicht vergessen sollte man, dass eine weitere Verstärkung des "Orchesterlärms" (sorry natürlich Musik, aber es geht hier um eine drohende Lärmschwerhörigkeit) die Schädigung des Ohres noch weiter fördern kann. Dein linkes Ohr ist stärker betroffen, ich nehme an Du hälst hier die Geige. Ich könnte mir vorstelln, dass Du beim Spielen und Halten der Geige auch Deinen Gehörgang unterschiedlich anspannst und es evtl. deshalb zu den "Piepgeräuschen" kommt. Evtl. könnte sehr weiche Otoplatiken sich hier besser anpassen? Übrigens wissen die Kollegen meist schon bescheid, man merkt in der Regel wenn der andere im Gespräch nicht immer mithalten kann.... Es gibt ja inzwischen auch sieben Musikerambulanzen in Deutschland, ich denke das weisst Du, vielleicht findet sich ja hier jamend, der Dir weiter helfen kann?

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 18. Okt 2014, 21:18
von Eline
Hallo Coralie, danke für deine Antwort! Dafür, dass nach 10 Jahren jeder dritte Musiker von Schwerhörigkeit betroffen ist, sollte es doch auch einige geben, die ein HG tragen, falls es denn funktionieren würde. Ich kenne keinen. Nach meiner Recherche im Internet nach HG- tragenden Musikern (sehr dürftiges Ergebnis) ist bei mir der Verdacht entstanden, dass es im Orchester nicht funktioniert, das glaube ich am ehesten, oder dass die Technik erst in letzter Zeit so gut geworden ist, dass es auch im Orchester funktioniert und sich das noch nicht herumgesprochen hat, ausserdem könnte es natürlich sein, dass es ein Tabu ist und kein Musiker darüber spricht und es Geräte sind, die man nicht sieht. Hier im Forum gibt es Beiträge von jemanden, ich glaube Eberhard, aber er hat sich dann für ein Hdo entschieden.
Mit der Tonqualität habe ich mich schon arrangiert, bloß Rückkopplungen darf es halt nun mal nicht haben, natürlich auch nicht scheppern, sonst kann ich meinen eigenen Ton nicht mehr beurteilen. Aber das erste, größere HG mit dem größeren Luftkanal klang bis auf einen Bereich von 5 Tönen richtig gut (piepte halt)
Ich hatte meinen HG Akustiker schon nach einer weichen Otoplastik gefragt, aber er meinte, das gibt es nur bei HG, die vor dem Trommelfell tief drinnen sitzen und alle 4 Monate ausgetauscht werden. Das geht bei mir nicht, denn mein Gehörgang ist zu klein.
Meine Kollegen nehmen das mit dem schlecht verstehen übrigens nicht so ernst. Ich hab in letzter Zeit immer mal wieder mal unauffällig das Thema drauf gelenkt, aber es heisst z.B.: ja, ja, ich hör auch schlecht, oder: verstehst du, was ich grad sage, na, dann ist doch alles in Ordnung.
Die Musikerambulanz ist nicht das Richtige für mich, hab mal recherchiert, da geht es um Musiker, die nicht mehr spielen können, natürlich auch um Hörstürze, aber von Hörgerät ist da nicht die Rede, eher um Gehörschutz. Bei mir ist die Hörminderung ja nicht so gravierend, also ich brauche kein HG, damit ich meinen Beruf ausüben kann. Ich will nur diese Benachteiligung ausgleichen und dadurch eine bessere Lebensqualität haben.
Am Donnerstag nächste Woche hab ich den nächsten Akustikertermin. Er wird dann wohl diesen Rückkopplungstest machen und einige Frequenzen runterfahren. Beim ersten Gerät hatte das halt den Effekt, dass es nicht mehr genügend Verständnisverbesserung gab. Aber mal sehen.
Lieber Gruß von Eline

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 19. Okt 2014, 12:02
von franzi
Ich denke auch das viele Schwerhörigemusiker sich nicht outen und daher findet man auch kaum was darüber.

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 19. Okt 2014, 14:44
von Selene
Hallo Eline,

wegen der Rükkopplungsneigeung ...
Versuch doch mal ein Ex-Hörer-HG das mit weichen Doms im Ohr getragen werden kann.
Es gibt unterschiedlich große Doms (auch Schirmchen genannt) die selbst in kleine Gehörgänge passen.
Gerade bei der Hochtonschwerhörigkeit ist das EX-Hörer-HG doch super!
Der Gehörgang bleibt relativ offen und dein Resthörvermögen kann gut ausgenutzt werden.

Ich trage das Phonak Audeo (Ex-Hörer) und bei diesem kannst du verschiedene Programme einrichten lassen.
Vielleicht auch extra ein Musikprogramm. Mein HG pfeift so gut wie gar nicht!

Liebe Grüße,
Selene

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 20. Okt 2014, 17:32
von Sas
Hallo Eline,

ich muss Selene zustimmen. Ein IdO macht in deiner Situation nicht viel Sinn. Du hörst die tiefen Töne noch gut, diese nimmt dir das IdO allerdings, da das Ohr abgeschlossen wird, also müssten diese vom HG auch wieder verstärkt werden - damit nimmst du dir dein gutes Resthören.

Ich verstehe, das die Situation blöd & sehr frustrierend ist - denke aber, das du mit dem richtigen Akustiker auch die richtigen Geräte für dich findest.

Ganz liebe Grüße

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 20. Okt 2014, 22:30
von Eline
Hallo Selene, hallo Sas, hallo franzi, danke für Eure Beiträge. Tja, das habe ich auch schon gedacht, dass das natürlich doppelt gemoppelt ist bei den tiefen Frequenzen. Aber das fand ich jetzt gar nicht so schlimm, weil ja das rechte Ohr noch offen ist. Die Verstärkung der Kaugeräusche ist da schon nachteiliger, besonders jetzt, wo der Luftkanal kleiner ist.
Ich hatte vor längerer Zeit schon mal so ein Ex Hörer gerät getestet, bei KIND, noch ohne Schirm, und der hat bei allen Tönen die ganze Zeit gepiept, da konnte ich mir nicht vorstellen, dass das dann mit so einem Schirm gar nicht mehr piept, und ausserdem wars mir zu sichtbar. Es geht halt gar nicht, dass Kollegen das sehen, da wäre ich völlig unten durch.
Eigentlich gibt's ja auch noch andere Firmen als Audio Service, ich hab ja bei meiner Recherche Empfehlungen für Musiker gefunden, aber irgendwie will mein Akustiker nichts anderes probieren.
Starkey sei eine amerikanische Firma, und widex dream gäbe es nicht als ido. Und mit den anderen Firmen hat er schlechte Erfahrungen gemacht.
Leider ist es ja bei den Idos immer ein ganz schöner Aufwand, es wird ja extra für mich ein Gerät angepasst.

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 21. Okt 2014, 08:56
von muggel
Hallo,

ich persönlich finde die Dinger im Ohr, meist in beige gehalten, noch viel auffälliger als ein dünner Schlauch und ein filigranes HdO-Gerät.

Gerade bei sehr kleinen Gehörgängen sieht man IdO-Geräte sehr schnell, da ja die Technik verbaut werden muss. Ist weniger Platz in der Breite vorhanden, so wird halt nach vorne in den sichtbaren Bereich gebaut.

Grüße,
Miriam

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 21. Okt 2014, 10:11
von pascal2
Als ich schwerhörig wurde, hatte ich zuerst auch IDO-Geräte.
Du mußt aber bedenken, daß wenn die Geräte kaputt sind und das ist bei IDO öfters als bei HDO der Fall, daß die komplett eingeschickt werden müssen.
Dann bist du wochenlang ohne akustische Unterstützung.
Geht das dann noch ?

Mal was anderes, auch wenn dir das hier keiner schreibt, es wird nicht besser, sondern wahrscheinlich schlechter werden.
Damit mußt du rechnen und daher solltest du dir Gedanken um deine berufliche Zukunft machen.
Schau mal bei der Arbeitsagentur vorbei, schildere deinen Fall und frage nach einer Umschulung.
Je früher du das angehst, annimmst um so besser.
Das war bei mir damals genau so, ab einem gewissen Punkt kann man manche Berufe mit Hörgerät nicht mehr ausüben.

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 21. Okt 2014, 11:03
von fast-foot
Hallo Eline,

auf Grund des Reintonaudiogramms kann man eine Lärmschwerhörigkeit nicht ausschliessen.

Wurden denn noch andere Untersuchungen durchgeführt, bspw. eine Knochenleitungsmessung, TEOAEs oder DPOAEs, Tympanometrie etc.?

Eine Lärmschwerhörigkeit könnte als Folge der hohen Schallemissionen, welchen man im Orchester ausgesetzt ist, entstanden sein.
Hörgeräte könnten die Problematik allenfalls noch verschärfen. Um dies möglichst zu vermeiden, sollte die Begrenzung auf höchtens 90 dB eingestellt werden (besser noch darunter).

Ausserdem erhält man meiner Meinung nach mit Hörgeräten völlig überteuerte Steinzeittechnik.

Als Alternative käme allenfalls ein In-Ear-Monitoring-System in Betracht, durch welches Du Dich selbst (bspw. via Tonabnehmer) besser hören könntest und das Orcherster genau so, wie Du es benötigst (dank Mikrophon). Wenn der Klang gut ist und der Mix stimmt (den kannst Du selbst einstellen), brauchst Du je nachdem wenig Schalldruck, wobei Du durch geschlossene Otoplastiken Dein Gehör gleichzeitig auch vor den hohen, durch das Orchester erzeugten Emissionen schützen kannst. Dies jedenfalls im Idealfalle.

Wobei natürlich der Schall, welcher bei einer Geige direkt auf den Schädelknochen übertragen wird, sich nicht reduzieren lässt.

Gruss fast-foot

Re: Hörgerät im Orchester?

Verfasst: 29. Okt 2014, 20:52
von Eline
Vielen Dank für Eure Beiträge.
Ich habe am Donnerstag das Gerät zurückgegeben. Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass ich nicht schlecht genug höre für ein Hörgerät. Ich kann auch ohne leben, werde halt öfters nachfragen, setz mich näher an den Fernseher, und sehe zu, dass ich mich in Gesprächsrunden so setze, dass ich gut verstehe. Ich werde dann mal wieder in einiger Zeit bei einem anderen Akustiker einen Hörtest machen, ob es schlechter geworden ist. Ich gehe davon aus, dass die Geräte gerade heutzutage permanent verbessert werden.
Grüße von Eline