Musiker_72 hat geschrieben:Was die ersteren betrifft, so interpoliert Bernafon die Verstärkungswerte zwischen den Messpunkten, während bei den Kanälen für den ganzen Kanal die gleiche Verstärkung gilt.
An diese Möglichkeit habe ich bereits beim Schreiben gedacht. Das ist aber nicht wirklich eine kanalunabhängige Verstärkung (bei richtiger Verwendung einer Békésy-Audiometrie wäre es das).
Musiker_72 hat geschrieben:Was die Kompressionskanäle betrifft, so sind die bei normalen Hörgeräten getrennt. Wenn Du z.B. bei 500 Hz einen lauten Ton hast, bei 3 kHz gleichzeitig einen leisen, dann kannst Du den noch hören, weil nur bei 500 Hz die Verstärkung runtergeregelt wird.
Der durch die Schwingungen der Basilarmembran auftretende Maskierungseffekt kann reduziert werden.
Musiker_72 hat geschrieben:Das kann zu ungewollten Effekten führen: So hatte ich schon mal eine Chorprobe (damals mit Siemens Pure), wo ich dann, als es lauter wurde, plötzlich andere Konsonanten hörte, als tatsächlich gesungen wurden (ich glaube, ch statt p oder sowas).
Der Vorteil ist natürlich, dass man durch diese Kanäle bei tieffrequentem Störlärm trotzdem in den hohen Frequenzen noch was hören kann.
Vermutlich wurden durch die Aufwärtsmaskierung die Intensitäten der für gewisse Konsonanten typsichen Frequenzbereiche derart ungünstig verändert, dass sie durch das pathologische Gehör falsch wahr genommen wurden (idealerweise würden sie durch die vom Hörgerät durchgeführte Klangveränderung durch das pathologische richtig wahr genommen).
Aber ob es besser ist, wenn "gar nichts gehört wird" (also nicht ein mal, dass überhaupt Konsonanten vorhanden sind), ist eine andere Frage.
Musiker_72 hat geschrieben:Wie Bernafon das genau macht mit der Kompression habe ich leider noch nicht wirklich herausgefunden. Ich vermute aber, dass eine Gesamtlautstärke irgendwie gemessen wird, und nach dieser wird dann die Gesamtverstärkung berechnet. Dadurch bleibt die Klangbalance erhalten, es klingt natürlicher und besser, aber es leidet das Verständnis von Sprache im Lärm.
Fazit: Für mich hat das Ganze bei der Verstärkung nicht viel mit "kanalfreier Bearbeitung" zu tun, und bezüglich Kompression steht in den Sternen, ob das wirklich Vorteile sind (wenn ich die Kompression einfach nur auf den Gesamtpegel beziehe, erscheint mir dies zunächst ein mal als ein Rückschritt - es soll ja eine möglichst genaue (frequenzspezifische) Anpassung an die Restdynamik des Gehörs erfolgen), wobei natürlich eine Anpassung des Gesamtpegels am Eingang sinnvoll ist und je nach Gerät bereits vorgenommen wird.
Der Punkt mit den "einheitlichen Verzögerungszeiten" ist jedoch ein Argument: Wenn möglichst wenig Unterschiede in den Verarbeitungszeiten der einzelnen Kanäle auftreten, dürfte es einfacher sein, charakteristische Merkmale von bspw. Konsonanten etc. zu erkennen. Wobei die Bezeichnung "channelfree" etwas überrissen ist, da ja nur die Verzögerungszeiten angeglichen werden und nicht die Kanäle aufgehoben. Damit letzteres der Fall ist, müsste ja auch hierfür als Grundlage eine Békésy-Audiometrie vorgenommen werden.
Dann noch zu folgender Aussage auf der Webseite des Herstellers:
"Phonemgenaue Signalverarbeitung Warum ist das so wichtig? Sehen wir uns den Satz ”in vino veritas“ (im nachstehendem Video) etwas genauer an, stellen wir starke Pegelunterschiede zwischen den Phonemen fest. Der Vokal "e" hat eine grössere Amplitude als der stimmlose Konsonant "t". Um in diesem Fall das stimmlose "t" hörbar zu machen, muss es höher verstärkt werden als der Vokal "e". Erfolgt die Verstärkung nicht phonemgenau, werden die schnellen Änderungen bei den Sprachsignalen übergangen. Als Folge dessen kommt es zu Missverständnissen."
Dies könnte möglicherweise ein Argument sein, da bspw. beim Wegfall der Funktion der OHCs die Aufwärtsmaskierung eine Rolle spielen könnte. Somit müssen die "Höhen etwas mehr verstärkt werden". Wobei dies möglicherweise der Grund ist für die Ausgestaltung modernerer Anpassregeln ("Höhen werden "gegenüber früher" etwas mehr verstärkt") - ob hier Bernafon wirklich so viel Neues und Besseres bietet, darf zumindest hienterfragt werden.
Wobei dies darüber hinaus folgender Aussage von Musiker_72 in dem Sinne widersprechen würde, als hierdurch das Problem nicht zwingend besser behoben wird (da es ja bereits durch die Anpassregeln angegangen wurde):
Musiker_72 hat geschrieben:Das kann zu ungewollten Effekten führen: So hatte ich schon mal eine Chorprobe (damals mit Siemens Pure), wo ich dann, als es lauter wurde, plötzlich andere Konsonanten hörte, als tatsächlich gesungen wurden (ich glaube, ch statt p oder sowas).
Gruss fast-foot