Ich habe mir nun doch zumindest einen Teil des Films angesehen und lege hier meine Sichtweise zur einen oder anderen Aussage bzw. Vorgehensweise dar:
Der Akustiker sagt, dass das teurer Gerät
das Maximum an
adaptivem Sprachverstehen und
Störschallunterdrückung
bieten würde. Hierzu sage ich folgendes:
Die Vermischung von besserem Hören, insbesondere von Sprachverstehen im Störschall, und Zusatzfunktionen, ist nicht statthaft.
Denn liefert ein nicht zuzahlungsfreies Hörgerät nachweislich ein besseres Sprachverstehen im Störschall, muss die Kasse die Zuzahlung übernehmen.
Was hier das Attribut "adaptiv" soll, wird nicht genau erklärt. Offenbar soll das sehr teure (ich spreche hier explizit nicht von relativ günstigen Einkaufspreis, sondern vom Preis, welcher der Endkunde zu bezahlen hat) Hörgerät etwas liefern, was das günstige nur unzureichend kann - was aber genau das ist, wird nicht erläutert geschweige denn definiert, denn: wird das bei einem Gerät mit Zuzahlung gemessene Verstehen im Störschall von keinem Gerät ohne Zuzahlung erreicht, so hat die Krankenkasse die Differenz zu übernehmen.
Weshalb wird nicht darauf hin gewiesen?
Ausserdem sackt ja der Akustiker einen sehr grossen Teil des bezahlten Preises ein, wobei er bei einem sehr teuren Gerät (wobei das Gerät selbst bei weitem nicht viel kostet) nicht unbedingt mehr Aufwand treiben muss, um das Maximum an Sprachverstehen heraus zu holen - eher weniger.
Natürlich müssen mehrere verschiedene Geräte ausprobiert und somit auch eingestellt werden. Das Anreizsystem ist jedoch nicht optimal, da ein finanzieller Anreiz besteht, ein teures Gerät zu verkaufen.
Beim ersten Probetragen fällt auf, dass das Klatschen mit Hörgerät lauter ist: Hm, wie hoch ist denn die Begrenzung eingestellt? Lautes Klatschen (in einem Meter Abstand Pegel um 90 dB oder darüber) sollte bei einem nicht all zu stark ausgeprägten Hörverlust eigentlich kaum mehr verstärkt werden (je nach ucls eher weniger als 6 dB (in diesem konkreten "Fall" um die 4 dB) - und wenn diese höher liegen, sollte es (auch verstärkt) nicht als unangenehm empfunden werden) - das ist erstens unangenehm (bei einigermassen normalen oder auch tiefen Unbehaglichkeitsschwellen (I), zweitens nicht notwendig und drittens eine unnötige Belastung für das Gehör - im Gegenteil sollte hier eine richtig eingestellte Begrenzung aktiv werden, insbesondere wegen (I).
Für den Sachverhalt drängen sich folgende Erklärungen auf:
A) unter der Voraussetzung, dass das Hörgerät richtig eingestellt ist:
1. es handelt sich um eine offene Versorgung (und wegen A) wird das Klatschen kaum verstärkt: dann muss der direkt ins Ohr gelangende Schall als unangenehm laut empfunden werden - dann liegt es also nicht am Hörgerät, sondern am lauten Klatschen des Akustikers.
2. es handelt sich um eine geschlossene Versorgung; auch hier muss wegen A) das Klatschen kaum verstärkt werden. Wird es trotzdem als unangenehm laut empfunden, so würde es dies auch ohne Hörgerät. Dann liegt es aber auch hier nicht am Hörgerät, sondern am lauten Klatschen des Akustikers.
Beide Begebenheiten (1. und 2.) haben jedoch nichts mit einer allfälligen Hörentwöhnung zu tun - diese bezieht sich (wendet man den Begriff korrekt an) auf Geräusche, welche tiefe Pegel aufweisen und daher einigermassen hoch verstärkt werden (müssen).
B) unter der Voraussetzung, dass das Hörgerät falsch eingestellt ist:
1. die Begrenzung ist zu hoch eingestellt (kann auch daher rühren, dass keine in-Situ-Messung o.ä. erfolgte):
das Klatschen sollte, wie bereits erwähnt, eigentlich kaum mehr verstärkt oder aber, liegen die Pegel über den ucls, sogar abgeschwächt werden, was jedoch nicht geschieht (wegen B)).
2. die Verstärkung ist zu hoch eingestellt:
insbesondere, wenn die Unbehaglichkeitsschwellen eher hoch liegen, kann das Klatschen dann um einiges mehr verstärkt werden als bei einem korrekt eingestellten Gerät.
3. natürlich können auch beide gerade oben angeführten Begebenheiten gleichzeitig zum Tragen kommen.
Uebrigens: im Nachhinein habe ich fest gestellt, dass es sich um eine offene Versorgung handelt.
Natürlich ist es auch möglich, dass die Begrenzung korrekt eingestellt (und auch durch eine in-Situ-Messung o.ä. überprüft) wurde, jedoch nur schon die steile Anstiegsflanke des Pegels als unangenehm empfunden wird.
Dies hat mich dazu bewogen, etwas zu recherchieren. Daher möchte auf folgenden Link verweisen (ob nun das angepriesene Feature so gut ist, spielt hierbei keine Rolle; es geht mir in erster Linie um die Beschreibung der Problematik):
http://unitron.com/content/dam/unitron/ ... cal-a4.pdf
Dort findet man auch folgende Aussage:
“Erstens verringern unangenehme Geräusche die Lebensqualität und das natürliche
Klangempfinden. Zweitens können impulsartige Signale ein Warnsignal sein. Drittens können unangenehme Impulslaute zu Lärmschäden führen.”
Quelle:
Dornic, S. and T. Laaksonen. (1989)
Continuous noise, intermittent noise,
and annoyance. Perceptual and Motor
Skills, 68(1): 11-8.
Diese Aussage deckt sich so inetwa mit meiner weiter oben getätigten (in zwei von drei Punkten).
Allerdings müsste durch die Kompression die Anstiegsflanke abgeflacht werden. Ist dies nicht der Fall, ist meiner Ansicht nach das Gerät falsch eingestellt, oder aber es funktioniert generell mangelhaft.
Etwas befremdend wirkt auf mich, dass der Akustiker gleich mehrmals laut in die Hände klatscht und anscheinend sogar Freude zu empfinden scheint, als es der Hörgeräteträgerin sehr unangenehm ist - dabei ist entweder das Gerät falsch eingestellt, oder aber es scheint ziemlicher Schrott zu sein, oder aber das Klatschen des Akustikers ist ungewöhnlich laut (oder auch eine beiliebige Kombination der drei Begebenheiten).
Hierfür müsste sich der Akustiker eigentlich eher schämen. Aber möglicherweise diente die Demonstration dazu, der Kundin den allfälligen Wunsch auf ein zuzahlungsfreies Gerät auszutreiben, mit dem eventuellen Ziel, ein lukratives Geschäft abschliessen zu können, was zumindest eine plausible Erklärung liefern könnte...
Und er scheint nicht zu realisieren, dass er vermutlich seine eigene Unfähigkeit beklatscht. Denn das Argument der Hörentwöhnung kann hier nicht zum Zuge kommen, wie ich weiter oben bereits ausgeführt habe (dieses bezieht sich (insbesondere in diesem "Falle" auf Geräusche mit Pegeln, welche sich nicht in der Nähe der Unbehaglichkeitsschwellen befinden und deshalb (neu) eher hoch verstärkt werden müssen, was dann natürlich als ungewohnt empfunden wird (deshalb auch der Begriff "Hörentwöhnung").