Betreff: Re: erstes Hörgerät mit 49J, zudem technische Frage
Zitat von fast-foot:
So, wie ich die Sache nun einschätze, kann man, wenn man nur ein Rechteckfenster verwendet, für jede neue Berechnung durch eine entsprechende Verschiebung des Bezugssystems ohne weitere Berechnung alle bisherigen Werte übernehmen bis auf den neu hinzu gekommenen...
Das sehe ich nicht so. Ein Filter - zumindest die IIR- und FIR-Filter, die ich ganz gut kenne, bestehen im Prinzip aus einer Kette von Zahlen bzw. Parameter zwischen -1 und 1, sagen wir mal 200 Parameter. Das sind ziemlich viele Paramter - für "nicht sehr steile Kurvenverläufe" braucht man eher 10-20, galube ich.
Diese 200 Parameter werden mit den letzten 200 Samples multipliziert, also Sample 1 mit Parameter 1 usw, und dann alles aufaddiert - fertig.
Kommt der nächste Sample rein, müssen alle Berechnungen neu durchgeführt werden, denn nun wird der "neue Sample" zu Sample1 und der Sample1 zu Sample2 usw., also warten auf jeden Sample jedesmal neue Multiplikationskandidaten. Man kann also niemals davon ausgehen, auf Zwischenergebnisse zurückgreifen zu können.
Der Vollständigkeit halber ein bisschen Schlaumererei, ich bin da zwischendurch auch total durcheinander gekommen, daher nun dies:
Die Anzahl der Filter-Parameter ist quasi die Filterlänge und bestimmt direkt eine Latenz, ein Filter mit 200 Parametern braucht bei 20 kHz, also 20.000 Hz Samplefrequenz genau 200 * ( s / 20000 ) = 1/100 s = 10ms. Bei 96khz also etwa 2ms.
Erst nach Ablauf dieser Latenz ist der Sample, der zuallererst reingekommen ist, vollständig korrekt durchgerechnet und "durchgerechnet" heisst ja korrekt gefiltert.
Konkret: Ein Sample wurde schon mit 199 Filterwerten multipliziert und alls wurde aufaddiert, die SUmme beträgt bis dato 0.123 , dann kommt die letzte Multiplikation mit dem Ergebnis 0.8 und aus den ehemaligen 0.123 wird 0.123 + 0.8 = 0.923. Das ist schon ein ziemlich anderer Wert als kurz zuvor.
Der DSP hingegen arbeitet, sagen wir mal mit 200Mhz Taktfrequenz. Dann hat er bei 20khz 20.000.000 / 20.000 = 1000 Schritte Zeit, um die 200 Multiplikationen durchzuführen, bei 96khz übrigens dann nur 200 Schritte.
Der DSP ist ja auf sowas optimiert, daher kann er in
einem einzigen Schritt, also in einer 200 mio.stel Sekunde Folgende 3 Schritte "gleichzeitig" tun:
1. 2 neue Werte (also einen Sample und einen Filterparamter) holen, dabei jeweils die Adressen "einen hochzählen", damit nächstes Mal der nächste Sample und Filterparameter geholt wird
2. 1 Multiplikation duchführen
3. das Ergebnis der letzten Multiplikation irgendwo draufaddieren.
(Also eigentlich andersum, erst 3, dann 2, dann 1, aber so rum liest es sich besser

)
Dann hätte man tatsächlich obige 1000 Schritte Zeit, bis die Berechnung abgeschlossen sein muss, da ein neuer Sample reinkommt.
Das könnte man z.B. verdoppeln, wenn man doppelt soviele Werte gleichzeitig holt und 2 Multiplikationen gleichzeitig duchführt oder so, aber 1000 Schritte wären schon viel. IIR-Filter haben vielleicht nur 10 Paramter oder weniger und man braucht ja eigentlich nur wenige Filter, für jede aus Sicht des HGs verschiedene Situation eigentlich nur einen und dann evtl. noch einen einzigen für einen Tiniitus-Notchfilter.
Dazu käme noch der Algorythmus für die Entscheidung, in welcher Hörsituation man gerade ist. Da kann ich nur raten, vielleicht ne recht grobe FFT oder ein paar grobe FIlter, deren Ergebnisse dann irgendwie per größer / kleiner oder so ausgewertet werden.
Soweit mein Senf, ich finde Euer Interesse sehr gut, danke nochmal an alle
Ich finde akoptis Beitrag recht interessant, ich lese daraus, dass die Hersteller schon bemüht sind, an die Grenzen des technisch machbaren zu gehen und dies auch tun.
Dies würde leider einen Großteil dieser Diskussion etwas überflüssig machen
Ich frag mich nachwievor, warum man kein Hybridgerät baut, welches für Musik nur analog macht. Analoge Geräte gaben Musik erheblich besser wieder, das wurde mir nach einer Anfrage bei Herstellern bestätigt. Die Klientel wären nicht nur Musiker, sondern vor allem alte Menschen, die viel Zeit am Fernseher oder an der Musikanlage verbringen.
Würde das zu groß werden ? GLaube ich nicht.
EIn Hersteller schrieb mir als Grund, dass die KK nur digitale HG bezuschussen, aber ich denke ja schon an ein digitales Gerät, nur eben mit einem Analogprogramm.
Gruß an fast-foot, Musiker_72, akopti, BenB, bin mal auf die Messungen von Musiker_72 gespannt.
Nachtrag, während ich dies schrieb, hat JND viel Interessantes geschrieben, das muss ich erstmal verarbeiten

Ich merke immer mehr, dass ich eher der Theoretiker bin und JND scheint da ein klein wenig mehr Praxis zu haben
Ausserdem: Wer ist der einzige Hersteller mit den 2ms Latenz? Kommt der aus der Schweiz?
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mal editiert, das letzte Mal am 17.10.2018, 20:17 von DirkL.