Hallo,
die Leute, die von Wilden behandelt wurden, wissen ja, ob die Therapie wirkt. Diese können also kein Interesse an einer Studie haben.
Und für alle anderen potentiell Interessierten nenne ich hier die Gründe, weshalb man auch ohne Studie wissen kann, dass die LLLT nicht wirkt (ausser, man geht von einem Zufallstreffer aus, dessen Wahrscheinlichkeit ich jedoch um ein Vielfaches geringer als als die Wahrscheinlichkeit, dass das Resultat der Studie nicht auf Grund eines kausalen Zusammenhanges, sondern ebenfalls durch Zufall zu Stande kommt (diesen Fall kann man leider nur mit einer gewissen Wahrscheilichkeit ausschliessen):
Ich habe mir die Seite von Dr. Wilden angeschaut. Meine Meinung dazu (Zitate stehen zwischen Anführungsstrichen):
"Bei der Mehrzahl aller Betroffenen aber wird der Tinnitus als besonders quälend und häufig als einziges Symptom ihrer Innenohrüberforderung erlebt. Dies hat unglücklicherweise dazu geführt, daß Tinnitus oft überhaupt nicht als das verstanden wird was er biologisch tatsächlich ist: das Schmerzsignal der überforderten Hörzellen im Innenohr (
www.dr-wilden.de). Die Hörzellen sind so extrem auf ihre spezifische Aufgabe der akustischen Signalgebung spezialisiert, daß sie uns ihre zelluläre Überforderung nur als akustisches Signal übermitteln können."
Ich lach' mich schief. Für Schmerzempfindungen sind Nozizeptoren zuständig (gleich unsinnig wäre die Behauptung, dass diese dermassen spezialisiert sind, dass sie nicht ein Mal in der Lage sind, einen Höreindruck zu übermitteln, selbst wenn es gefährlich laut ist. Einen Ueberblick darüber kann man sich im Anhang 2 verschaffen).
Ausserdem kann Tinnitus auch bei Leuten existieren, die gar kein(e Verbindung zum) Innenohr haben.
"Hören ist für den Körper ein ihm von außen aufgezwungener Arbeitsprozess. Von „alleine“ würde das Ohr nicht hören (arbeiten), sondern uns lediglich durch sein Nichtshören (der Stille) uns seinen Zustand der Nichtarbeit als Stille (Ruhe) vermitteln. Vom Hörorgan aus betrachtet ist ihm dies sein liebster, da unbelasteter Zustand."
Das stimmt nicht. Die Aufrechterhaltung des Ruhepotentials an der Membran der Haarzellen ist ein aktiver, Energie verbrauchender Prozess, da gegen bspw. osmotische Kräfte Kalium-Ionen in die Zelle hinein- und Natrium aus dieser hinaus befördert werden müssen.
"So arbeitet die Hörzelle
Die der Hörzelle aufgezwungene Bewegung ihrer Härchen (Fühler) führt zu einem Einstrom von elektrisch positiv geladenen Salzen (Kaliumionen = K +) aus der sie umgebenden kaliumreichen Endolymphe. Durch diesen Zustrom an positiv geladenen Kaliumionen bricht das bestehende Membranpotential der Hörzelle zusammen. Das Membranpotential der Hörzelle entsteht dadurch, daß im Ruhezustand der Hörzelle sich im Inneren der Zelle etwas weniger Kaliumionen befinden wie in der die Hörzelle umfließenden äußeren Flüssigkeit (Endolymphe) und sich dadurch an der Trennwand (Zellmembran) zwischen dem Zellinneren und Zelläußeren ein Ladungsunterschied und damit ein sog. Membranpotential aufbaut. Der durch die Bewegung der Membranfortsätze der Sinneszelle ausgelöste Zustrom von positiven Kaliumionen führt also zu einer Veränderung des vorbestehenden Membranpotentials, welche dann wiederum entlang des Hörnervs bis hin zum höheren Hörzentrums „entlangläuft“, d.h. als Nervenimpuls über den Hörnerv bis zu den höheren Hörzentren geleitet wird. Dieser Vorgang, welchen wir als Höreindruck erleben, wird als Depolarisation der Zelle bezeichnet. Die Depolarisation der Hörzelle verursacht im Hörorgan, abgesehen von der, bei der sog. cochleären Verstärkung notwendigen Zellarbeit, nur sehr geringe Arbeitsprozesse und damit einen nur sehr geringen Energieverbrauch, da die dabei ablaufenden biologischen Prozesse von der Energie, der von außen auf das Hörorgan eindringenden Schallwelle ausgelöst und unterhalten werden und weil der Einstrom von positiv geladenen Kaliumionen mit dem Konzentrationsgradienten (= von der außerhalb der Zelle höheren Kaliumkonzentration in die in der Zelle geringere Kaliumkonzentration) erfolgt und dies entsprechend der physikalischen Gesetzmäßigkeiten bezüglich des Verhaltens von Salz- (Ionen) lösungen unterschiedlicher Konzentrationen, ohne Arbeits-(=Energie) aufwand abläuft (* siehe unten!). Um ein kontinuierliches Hören zu ermöglichen ist es aber notwendig, daß die Hörzelle in der unglaublichen Geschwindigkeit von Nanosekunden, die durch die Schallwelle verursachte Depolarisation wieder rückgängig macht. Dieser biologische Vorgang wird als Repolarisation der Hör- (Sinnes, Nerven) zelle bezeichnet und bedeutet, daß die Hörzelle aus dem Zustand der Depolarisation, welcher auch als der Zustand der Erregung der Hörzelle bezeichnet werden kann, wieder zurückfindet in den Ruhezustand (= Zustand der Repolarisation) damit aus diesem heraus eine erneute Erregung (=Depolarisation), d.h. ein erneuter Höreindruck entstehen kann."
*) Die Abbildung hierzu (siehe Anhang 1) ist völlig widersprüchlich. Dort steht rechts:
"aktive Erzeugung der Nerven- (Hör) Impulse unter Verbrauch von Zellernergie (ATP)", im Gegensatz zum Text oben, wo steht:
"Die Depolarisation der Hörzelle verursacht im Hörorgan ... nur sehr geringe Arbeitsprozesse und damit einen nur sehr geringen Energieverbrauch..."
Ausserdem besteht die aktive Verstärkung der Basilarmembranbewegungen nur bei leisen Geräuschen; bei den problematischen lauten (um die es ja geht oder gehen sollte) ist es eine Abschwächung dieser Bewegungen.
"Beim Tinnitus können die überforderten Hörzellen die zellenergieverbrauchende (ATP-verbrauchende) Repolarisation, also die Wiederherstellung der Stille, nicht mehr erarbeiten.
Die Zelle verharrt in einem Zustand der Dauererregung, welche als Dauergeräusch (=Tinnitus) wahrgenommen wird."
Hm, welche Zelle meint er hier wohl? Zwischen äusseren und inneren Haarzellen bestehen nämlich entscheidende (funktionelle) Unterschiede. Gerade bei Schädigungen durch Lärm (die er als eine der wichtigsten Ursachen für Hörstörungen ansieht), aber auch sonst geht man davon aus, dass vowiegend die OHCs (also die äusseren Haarzellen) betroffen sind. Diese sind aber fast ausschliesslich durch absteigende (efferente) Nervenfasern mit den retrochleären Hörbahnen verbunden und können nach derzeitigem Kenntnisstand der Forschung nicht direkt verantwortlich sein für die Erzeugung eines Höreindrucks. Selbst wenn OHCs sich nicht mehr repolarisieren können, wird sich dies wohl kaum in der geschilderten Weise auswirken.
Gehen wir von einer Schädigung der inneren Haarzellen aus in dem Sinne, dass diese dauererregt seien. Damit diese Zellen gemäss Schilderung für ein Dauersignal verantwortlich sein können, müssen sie permanent Neurotransmitter in den synaptischen Spalt ausschütten, der an die nachfolgende Ganglienzelle grenzt.
Diese Botenstoffe docken an die präsynaptisch in den nachfolgenden Nervenzellen vorhandenen Rezeptorzellen an und bewirken eine Aenderung der Leitfähigkeit der Zellmembran, was zu einer Reizauslösung führen kann. Zeitversetzt zu diesem Erregungsvorgang der Zielzelle wird der Botenstoff unter Einwirkung enzymatischer Reaktionen wieder von den Rezeptoren gelöst und in seine Bestandteile (Cholin und Essigsäure) zerlegt. Die Teilsubstanzen
diffundieren durch den Synapsenspalt zurück zur präsynaptischen Seite und werden dort neu synthetisiert. Da dies ein enzymatischer Prozess ist, wird hierzu Energie benötigt (von der inneren Haarzelle). Dies steht jedoch im Widerpruch zur Annahme, dass die Zelle erschöpft sei.
Nun gut, ihr energetischer Zustand könnte so sein, dass die Synthese der Neurotransmitter noch möglich ist, nicht aber die Repolarisation der Zelle. Dies wäre zwar möglich.
Der entscheidene Punkt ist nun aber der, dass als Voraussetzung für diese Erklärung der Entstehung von Tinnitus bei typischen Hörstörungen vorwiegend die inneren Haarzellen in ihrer Funktion beeinträchtigt sein müssten. Dies steht jedoch in krassem Widerspruch zum aktuellen Kenntnisstand der Innenohrforschung, gerade bei den von Dr. Wilden favorisierten Ueberbelastungen durch Lärm.
Abgesehen davon widerspricht sich unter dieser Voraussetzung Wilden ein Mal mehr selbst:
"Dieser biologische Vorgang wird als Repolarisation der Hör- (Sinnes, Nerven) zelle bezeichnet und bedeutet, daß die Hörzelle aus dem Zustand der Depolarisation, welcher auch als der Zustand der Erregung der Hörzelle bezeichnet werden kann, wieder zurückfindet in den Ruhezustand (= Zustand der Repolarisation) damit aus diesem heraus eine erneute Erregung (=Depolarisation), d.h. ein erneuter Höreindruck entstehen kann."
Wenn die Zelle aber dauererregt ist, kann demzufolge aus diesem Zustand kein neuer Höreindruck (also auch kein Tinnitus) entstehen, da die Phase der Repolatisation (also der Ruhezustand) fehlt, damit aus dieser heraus eine erneute Erregung und somit ein erneuter Höreindruck entstehen könnte.
Ausserdem steht in der Legende zu Abbildung 39:
"Die Entstehung der Tinnitus-Töne erfolgt über eine Dauererregung. Diese entsteht durch einen Dauereinstrom von Kaliumionen bei erschöpften Ionenpumpen bzw. bei einem ATP-Mangelzustand."
Das ist falsch, denn die Ionenpumpen sorgen gerade für den Einstrom von Kaliumionen, um eine permanente Depolarisation aufrecht zu erhalten. Bei einer nicht funktionierenden Natrium-Kaliumionenpumpe strömen eben gerade keine Kaliumionen in die Zelle, welche im Gegenteil auf Grund des osmotischen Drucks und der Potentialverhältnisse (wichtiger Beteiligter sind hier auch negativ geladene Eiweissmoleküle) diese verlassen würden, bis sich diese beiden Kräfte ausgleichen (das so genannte Kaliumgleichgewichtspotential stellt sich ein).