Neu bei Euch !

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Christi
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Neu bei Euch !

#1

Beitrag von Christi »

Hallo Allerseits !

Ich gehöre seit ein paar Monaten auch in dieses Forum und wende mich nach meiner ersten Panik hilfesuchend an Euch: Ich habe eine 3 1/2 jährige Tochter, die normalhörend ist. Unser Sohn Elias ist am 26.05.2004 geboren und ich habe in Hessen an einem flächendeckenden aber feiwilligen OAE Screening mitgemacht. Elias hatte keine OAS, daher kam ich in die Uniklink Mainz zur BERA. Diese ergab am 8. September die für mich vernichtende Nachricht, dass Elias auf einem Ohr eine Hörschwelle von 55 dB und auf dem anderen von ca. 65 dB hat, also hochgradig schwerhörig ist. Ehrlich gesagt, mich wäre an ihm nichts aufgefallen, wenn ich es nicht wüßte.

Meine erste Raktion war Panik und Schock, ich kann es Euch nicht beschreiben, ich habe mein Kind schwerbehindert und ohne Perspektive gesehen. Nach diversen Internetrecherchen war ich nur noch verunsicherter, da ich viel über PRogredienz-Fälle gelesen habe und jetzt Angst habe, dass das Männlein sein Resthörvermögen noch verlieren wird. Könnte Ihr mich verstehen ????

Zu den Umständen dieses Defekts kann ich nichts sagen, weder ich noch mein Mann haben auch nur einen Fall von Hörverlust in der Familie, ich habe keine Medikamente in der SS genommen und hatte auch keine der fraglichen Kinderkrankheiten. Ich bin völlig am Boden zerstört.

Meine wesentlichen Fragen zur Zeit sind:
Meint Ihr, dass man mit einem solchen Hörverlust unter der Prämisse, dass die Sprachentwicklung klappt, einen Regelkindergarten besuchen kann ?
Schaffe ich das, mein Kind ausreichend zu fördern ?
Muss ist mit einem Fortschreiten der Schwerhörigkeit rechnen ?

Übermorgen gehe ich mit Elias für eine Woche in die Uni Mainz in die Klinik für Kommuinikationsstörungen. Dort bekommt er stationär seine ersten Hörgerate. Wisst Ihr, was mich dabei eine Woche lang erwartet ? Ich habe keine Ahnung ... Dauert das wirklich so lange ?
Wann hat bei Euch die Frühförderung angefangen ?

Ich danke Euch schon jetzt für die Antworten und entschuldige, dass ich mich wie eine Heulsuse anhöre, es tut mir leid, irgendwie habe ich glaube ich seit dem Tag der Diagnose eine Depression...
Elias ist übrigens ein mega Süßes Baby, das sich bisher völlig normal entwickelt und sicherlich nichts von alledem ahnt...

Liebe Grüße von Christi
Andrea Heiker
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Re: Neu bei Euch !

#2

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Christi,

nur zur Beruhigung. Elias ist vom Hörverlust her im Graubereich zwischen mittel- und hochgradig schwerhörig. Für Elias gilt eigentlich auch alles, was wir im Thread: "Mein 4-Monate altes Baby ist hochgradig schwerhörig" geschrieben haben.

Die Tatsache, dass in uerer Familie bisher keine bekannten Fälle von Schwerhörigkeit aufgetreten sind, heißt nicht, dass bei Elias keine genetische Ursache vorliegen kann. Es kommt ja manchmal auch auf die Kombination der Gene von Vater und Mutter an.

Die Hörgeräteanpassung ist von Ort zu Ort unterschiedlich (ambulant und stationär). Ich vermute, dass bei Euch ausführliche Hörtests und eben die Hg-Anpassung selbst gemacht werden. Vielleicht wird auch versucht, den Grund der Schwerhörigkeit zu finden und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen.

Mit dem Hörverlust wird Elias mit Hilfe durch Eure Förderung und Unterstützung und Logopädie sicherlich normal sprechen lernen. Ob Regelschule bzw. KiGa für Euren Sohn das Richtige sein werden bleibt abzuwarten. (Manchmal ist eine Sh-Schule für die emotionale und soziale Entwicklung doch besser!)

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
rhae
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Re: Neu bei Euch !

#3

Beitrag von rhae »

Christi Meine wesentlichen Fragen zur Zeit sind:
Meint Ihr, dass man mit einem solchen Hörverlust unter der Prämisse, dass die Sprachentwicklung klappt, einen Regelkindergarten besuchen kann ?
Schaffe ich das, mein Kind ausreichend zu fördern ?
Muss ist mit einem Fortschreiten der Schwerhörigkeit rechnen ?

Übermorgen gehe ich mit Elias für eine Woche in die Uni Mainz in die Klinik für Kommuinikationsstörungen. Dort bekommt er stationär seine ersten Hörgerate. Wisst Ihr, was mich dabei eine Woche lang erwartet ? Ich habe keine Ahnung ... Dauert das wirklich so lange ?
Wann hat bei Euch die Frühförderung angefangen ?
Einem Hörverlust wie ihn Dein Sohn hat kann man recht gut mit Hörgeräten beikommen. Dazu kommt, dass Ihr sehr früh die Hörschädigung bemerkt habt und somit noch mitten im Zeitfenster der Entwicklung des Hörnerves und des Hörzentrums liegt. So wird Euer Kind mit Sicherheit zu einer guten Sprache finden und Regel-Kindergarten und -Schule (usw.) sollten kein Problem darstellen. Trotzdem seid Ihr als Eltern in der Pflicht Euren Sohn besonders zu fördern, Anleitungen dazu gibt es bei den Frühförderstunden und in Büchern (wie schon des öfteren hier vorgestellt).

Wegen der stationären Hörgeräteanpassung - bei uns ging das über den Akustiker und dauerte über 10 Wochen, da finde ich die relativ schnelle Anpassung im Krankenhaus eigentlich besser. Es werden vermutlich jede Menge Hörtests gemacht, dabei mehrere Hörgeräte getestet und am Schluß das "beste" Gerät genommen.

Und wegen der Frühförderung würde ich mich jetzt schon mal bemühen, das ist ja gleichzeitig eine Elternförderung und die kann gar nicht früh genug beginnen.

Viele Grüße Ralph :computer:
Gudrun
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Re: Neu bei Euch !

#4

Beitrag von Gudrun »

Hallo Christi,

nicht verzweifeln, dein Sohn wird seinen Weg machen. Es ist aber kein Wunder, dass die Diagnose dich schockiert hat. Es macht doch nichts, wenn du hier weinst, dazu ist das Forum auch da.

Dein Sohn ist "nur" mittel- bis hochgradig schwerhörig, er hat also sehr gute Chancen für eine gute Sprachentwicklung.

Ich empfehle dir das Buch "Hören und Sprechen" von Susanna Schmid-Giovannini, zu bestellen beim:

Internationales Beratungszentrum für Eltern hörgesch. Kinder
Sekretariat
Zollikerstr. 41
CH - 8702 Zollikon
(Anrufen geht auch, Telefonnummer kann ich dir mailen)

und/oder

"Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern" von Gisela Batliner

In diesen beiden Büchern erfährst du, wie du Elias mit Hörgeräten lautsprachlich und hörgerichtet fördern kannst.

Ich habe übrigens seit Geburt einen Hörverlust von etwa 100 bis 120 dB, das ist praktisch gehörlos, und ich habe auch eine Regelschule besucht, obwohl ich im Unterricht nur sehr wenig verstanden habe. Aber genug, um zuhause allein aus Schulbüchern lernen zu können.

Dein Sohn hört viel besser als ich. Er hat gute Chancen, eines Tages eine Regelschule zu besuchen, wenn nicht, ist eine Schule für Hörgeschädigte aber auch keineswegs was Schlechtes!

Wichtig ist jetzt eine "maßgeschneiderte" Frühförderung. Ich empfehle dir den Elternverein "Kleine Lauscher", das ist ein hessischer Elternverein, der sich für die lautsprachliche Förderung (ohne Gebärden) und für die Integration einsetzt. Dort kannst du Kontakte zu anderen Eltern knüpfen und du bekommst Adressen von Frühförderstellen.

Auf dieser Homepage entdeckst du auch Erfahrungsberichte von betroffenen Eltern und viele andere Tipps, die Homepage ist sehr informativ.

Deine Angst, dass dein Sohn irgendwann sein Resthörvermögen verliert, ist verständlich, aber das passiert den meisten Hörgeschädigten nicht. Sollte das bei Elias doch irgendwann passieren, gibt es immer noch die Möglichkeit eines Cochlea-Implantats (CI) (was das ist, siehe bei CI-Kids). Aber darüber brauchst du dir jetzt den Kopf NICHT zu zerbrechen, dein Sohn hört zu gut für ein CI und vielleicht braucht er das nie.

Es gibt auch viele Hörgeschädigte, die absolut null hören und das Hören NICHT vermissen.

Wenn du jetzt mit der Frühförderung anfängst und Elias bald Hörgeräte bekommst, bist du im Vergleich zu anderen Eltern SEHR FRÜH dran. Ich habe erst mit 1,5 Jahren zum erstenmal Hörgeräte bekommen, die Frühförderung begann bei mir, als ich 1 1/4 Jahre alt war.

Übrigens, bitte behandle Elias weiter so, als ob er hörend wäre, sonst wundert er sich, warum du die Kommunikation plötzlich abgebrochen hast. Sprich ruhig mit ihm, auch wenn er noch keine Hörgeräte hat. Er sieht dich ja sprechen und er fühlt auch deine Stimme an deinem Hals, wenn du ihn im Arm hältst.

Außerdem gibt es eine Mailingliste von Eltern mit hörgeschädigten Kindern, die ich dir empfehlen kann, der Link ist:

Hörgeräte-Kinder

Wenn du dich dort anmeldest und mitschreibst, kannst du dich direkt mit betroffenen Eltern und hörgeschädigten Erwachsenen austauschen.

Bitte lies dir in Ruhe auch den von Andrea empfohlenen Thread durch (am besten abspeichern und offline lesen):

Hilfe – mein 4-Monate-altes Baby ist hochgradig schwerhörig!!!

So, das reicht erst mal. Wenn du noch was wissen willst, frage nur. Ich könnte dir noch viel mehr zu dem Thema sagen, aber das Wichtigste wurde hier schon gesagt und du musst die Infos hier erst mal sortieren.

Für weitere Fragen und Infos oder nur zum Ausheulen kannst du mich auch gerne anmailen. :)

Liebe Grüße,
Gudrun[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Montag, November 8, 2004 @ 08:05 PM][/size]
Christi
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Re: Neu bei Euch !

#5

Beitrag von Christi »

Hallo Ihr Lieben,

ich bin - früher als erwartet - wieder aus dem Krankenhaus zurück. Die BERA von Elias ergab sichere Potentiale beidseits bei 45 dB und eine Seite wohl auch 40 dB. Im Freifeld hat er wiederholt sicher bei 50- 50 dB reagiert. Da das für seine 5,5 Monate völlig normal ist und sich seine BERA seit 7 Wochen um eine Seite 20 und eine Seite 15 dB gebssert hat, hat man als Differentialdiagnose auch eine "Hörbahnreifungsverzögerung" in Betracht gezogen. Wehmutstropfen dabei ist aber, dass Elias denoch keine OAES hat - das spricht eben doch für eine Innenohrschwerhörigkeit. Seine Mittelohschwingung war auf einer Seite etwas flacher, was wohl auch für eine ev. noch etwas bessere BERA sprechen würde. Dennoch kann ich irgendwie natürlich nicht aufatmen. Man hat mich jetzt nach tausenden Tests und drei Tagen stationär ohne HG entlassen, um Elias quasi nochmal drei Monate zu geben. Im Februar habe ich dann die nächste BERA, die dann besser sein muss (mind. 30 dB), damit er ohne HG bleiben kann. Ansonsten wird er direkt danach versorgt. Er ist dann 8 Monate alt und man hat mir versichert, dass er mit seinem derzeitigen Hörverlust daraus keinen Nachteil ziehen wird, da er zum einen Sprache versteht und zum anderen genug Reize bekommt. Die Frühförderung fängt aber jetzt sofort an.
Ich freue mich natürlich über das unerwartet und ersehnte positive Ergebnis, bin aber wegen der fehlenden OAES skeptisch. natürlich fürchte ich auch, dass die BERA wieder schlechter werden könnte. Im Freifeld hatte ich genau wie die Audiologen einen guten Eindruck von Elias, da er auch derzeit beginnt, sozusagen "kommunikativ" zu lautieren. Er brabbelt also, um eine Reaktion von mir zu bekommen und hört auf, wenn ich singe oder rede. Aber wie Ihr wißt: Mamis meinen da wahrscheinlich immer, etwas zu sehen, was nicht da ist....
Ich bin sehr froh aber immer noch ängstlich.
Hat einer von Euch Erfahrungen mit solchen Reifungsverzögerungen ? Kann man mit 45 dB erst mal auch ohne HG auskommen ?
Insgesamt habe ich einen super Eindruck von den Ärzten und Audiologen der Uni Mainz bekommen und würde auch gerne meine Erfahrungen mit Euch teilen.

Liebe Grüße von Christiane
Andrea Heiker
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Re: Neu bei Euch !

#6

Beitrag von Andrea Heiker »

Liebe Christiane,

mittelfristig kommt man bei 40-45 dB nicht ohne Hg aus. Wenn das Trommelfell auf einer Seite nicht richtig schwingen kann, hört er auf dieser Seite evtl. etwas besser als es die BERA aussagt. (Aber was ist mit dem anderen Ohr?). Wenn die fehlende Belüftung im Mittelohr dauerhaft ein Problem ist, muss man über Paukenröhrchen nachdenken.

Aber zur BERA ist noch ganz allgemein zu sagen, dass es schwer ist, ganz genau bis zur Hörschwelle abzuleiten. Durch eine wiederholte BERA hat man eine etwas größere Sicherheit, aber so ganz genau wird man es erst wissen, wenn die Kinder bei einem Hörtest mitarbeiten können.

Auf der anderen Seite ist Dein Sohn noch sehr jung und er hört ja auch ohne Hg etwas. Wenn du in unmittelbarer Nähe zu ihm sprichst, wird er Dich wohl verstehen. Du solltest selbst darauf achten, ob Dein Sohn einerseits leise und andererseits hochfrequente Geräusche hört. Hört er z.B. wenn ein normal lautes Handy klingelt. Hört er Vogelzwitschern (Ich weiß, ist nicht die richtige Jahreszeit). Hört er eine (hochfrequent) piepende Eieruhr etc. In Eurem Fall halte ich es als Ausnahme für vertretbar, noch etwas mit den Hörgeräten zu warten, um festzustellen, ob Dein Sohn vielleicht doch besser hört, als es die BERA aussagt. Eine Hg-Anpassung ist bei mittelgradig schwerhörigen Kleinkindern schwieriger als bei hochgradig schwerhörigen Kindern, weil es da schwierig ist, das Maß der genauen benötigten Verstärkung herauszufinden. Zuviel ist natürlich schädlich und zu wenig bringt den Kindern keinen ersichtlichen Nutzen.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Phoebe
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Re: Neu bei Euch !

#7

Beitrag von Phoebe »

Hallo Christiane,

ist zwar etwas Zeit vergangen seit dem letzten Beitrag hier... Aber beim Stichwort Klinik für Kommunikationsstörungen in Mainz kommen bei mir "die Erinnerungen hoch"... Dort war ich bis vor ca. 9 Jahren auch, angefangen hat meine "Geschichte" dort vor etwa 25 Jahren! Ich selbst kann Dir mit Deinen Fragen leider nicht so richtig weiterhelfen, aber wenn Du möchtest und mir eine Mail schreibst, kann ich Dir die E-Mail-Adresse meiner Mutter geben. Sie kann Dir das aus der "mütterlichen Sicht" alles besser beschreiben. Was ich in Mainz immer machen musste, kann ich mich selbst nicht mehr an viel erinnern, eigentlich nur noch an die Kabine, in die ich später immer rein musste; als alles anfing, war ich erst drei Jahre alt. Ich bin auch hochgradig schwerhörig und habe zwei Hörgeräte, aber habe an die Leute dort auch positive Erinnerungen - im Gegensatz zu fast allen niedergelassenen HNO-Ärzten, die ich seitdem so kennen gelernt habe! Wo wohnt Ihr denn? Ich komme aus dem Kreis Bergstrasse, war dann für die Frühförderung (glaube, dass es das war...) in Heidelberg.

Soweit erstmal. Würde mich über eine Nachricht sehr freuen!
Viele Grüße

Sonja
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