wir haben gerade Klage beim Sozialgericht eingereicht, um gegen den Bescheid des Versorgungsamtes zum Schwerbehindertenausweis unserer Tochter vorgehen zu können. Unser Widerspruch wurde vom Versorgungsamt abgelehnt und so bleibt nur noch dieser Weg (wir haben ja auch sonst nichts zu tun ;(). Gegeben hatte das Versorungsamt einen GdB von 90 und keine Merkzeichen, wir hatten zuvor GdB 100 und die Merkzeichen G,H,B. Daher habe ich mich jetzt etwas in dieses Thema eingelesen und möchte meine gewonnenen Erkenntnisse hier mal veröffentlichen.
Zunächst war ich sehr froh über die Aufbereitung Welcher Grad der Behinderung steht meinem Kind zu? von Andrea aus unserer FAQ. Da ich das Ganze aber ausführlich begründen wollte habe ich jetzt noch die entsprechenden Bestimmungen herausgesucht. Maßgeblich sind die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit, die sind stets aktuell bei http://www.bmas.bund.de zu finden (einfach den Titel in das Suchfeld eingeben).
Wichtig für die Bestimmung des GdB bei Hörschädigungen ist das Kapitel 26.5 Hör- und Gleichgewichtsorgan. Benötigt wird eine Hörkurve wie folgende:

"zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus dem Tonaudiogramm bei unregelmäßigem Verlauf der Tongehörskurve. Der prozentuale Hörverlust ergibt sich durch Addition der vier Teilkomponenten (4-Frequenztabelle nach Röser 1973)"

Dann kommt noch folgende Tabelle ins Spiel:

heraus kommt also ein GdB von 70, allerdings greift bei Kindern noch folgende Aussage (auch bei Kapitel 26.5 nachzulesen):
Angeborene oder in der Kindheit erworbene Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen, angeboren oder bis zum 7. Lebensjahr erworben (wegen der schweren Störung des Spracherwerbs) . . . . . . . . .100 (in der Regel lebenslang)
Wichtig sind aber auch die Merkzeichen und die möchte ich hier noch etwas ausführen.
Merkzeichen "G" wird im Kapitel 30 Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") beschrieben. Gleich im ersten Absatz steht: Hilflose und Gehörlose haben unabhängig davon stets einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr. Gehörlos im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit
grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Das sind in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist.
Merkzeichen "H" steht im Kapitel 21 Hilflosigkeit sowie 22 Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen und hier steht im Abschnitt 4) (4) Bei angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen Behinderungen ist im Einzelnen folgendes zu beachten: ... e) Bei Taubheit und an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit ist Hilflosigkeit ab Beginn der Frühförderung und dann – insbesondere wegen des in dieser Zeit erhöhten Kommunikationsbedarfs – in der Regel bis zur Beendigung der Ausbildung anzunehmen. Zur Ausbildung zählen in diesem Zusammenhang: der Schul-, Fachschul- und Hochschulbesuch, eine berufliche Erstausbildung und Weiterbildung sowie vergleichbare Maßnahmen der beruflichen Bildung.
Merkzeichen "B" steht im Kapitel 32 Notwendigkeit ständiger Begleitung und im Abschnitt 2: (2) Ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die
Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" oder "H" vorliegen) notwendig, die infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Das Merkzeichen "RF" steht im Kapitel 33 Gesundheitliche Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht:
b) Hörgeschädigten, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist. Letzteres ist dann nicht möglich, wenn an beiden Ohren mindestens eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit oder hochgradige Innenohrschwerhörigkeit vorliegt und hierfür ein GdB von wenigstens 50 anzusetzen ist. Bei reinen Schallleitungsschwerhörigkeiten sind die gesundheitlichen Voraussetzungen im allgemeinen nicht erfüllt, da in diesen Fällen bei Benutzung von Hörhilfen eine ausreichende Verständigung möglich ist.
Zum Merkzeichen GL habe ich folgendes gefunden:
Gesundheitliche Merkmale zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen Merkzeichen Gl
Gehörlos sind Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt. Gehörlos sind auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Hörbehinderte haben allgemein das Recht, zur Verständigung in der Amtssprache die Gebärdensprache zu verwenden; daraus entstehende Aufwändungen für Dolmetscher sind von der Behörde oder dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger zu tragen (§ 19 Abs. 1 SGB X).
Daraus entnehme ich, dass auch das GL in den Behindertenausweis sollte, das RF sowieso.
Viele Grüße Ralph
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(Beitrag am 8.12.06 editiert)[/size]