Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
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Holiday10
Beiträge: 22
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Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#1

Beitrag von Holiday10 »

Hallo zusammen, auch ich bin neu hier im Forum...und hoffe auf Leute zu stoßen, die mich verstehen können.

Kurz zu meiner Person: ich bin 23 Jahre alt, und konnte eigentlich von Geburt aus normal hören. Erst als Jugendliche ca, mit 16 Jahren habe ich i.wann gemerkt, dass ich gewisse Töne nicht mehr gehört habe...natürlich habe ich mir zunächst nichts dabei gedacht, bis ich i.wann zum HNO- Arzt bin und das checken ließ. Weitere Untersuchungen folgten bei gefühlten 100 versch. Ärzten....Dann kam der Befund, dass ich eine Innenohrschwerhörigkeit habe ( beidseitig, aber mehr rechts ) und das ich zukünftig wohl auf HG angewiesen sein werde. Für mich ist damals eine Welt zusammengebrochen...und auch heute noch fehlt es mir schwer diesen Befund zu akzeptieren.
Ursachen sind bis heute unklar. Damals ungefähr zu dem Zeitpunkt als der Hörverlust aufkam waren die Lymphknoten hinter den Ohren und mein Hals komplett dick, entzündet und angeschwollen, wurde damals nur mit Antibiotikum behandelt...könnten also die Folgeschäden davon sein...andere Ärzte sagen mir es sei genetisch bedingt ( auch wenn niemand in meiner Familie Hörprobleme hat ) und ich sei somit die Erste. Ist das was dran ???
Ich glaube, dass ich mit diesem Befund nicht klar komme, weil eben die Ursachen nicht geklärt sind...niemand kann mir sagen ob es besser oder schlechter wird und was ich dagegen tun kann. Mir fällt es auch schwer öffentlich über mein Problem zu sprechen, wodurch mein Selbstwertgefühl oft dran leidet. Auch kenne ich niemanden persönlich der schwerhörig ist, mit dem ich Erfahrungen ausstauschen könnte, was mir glaube ich oft sehr fehlt.

Vielleicht gibt es hier in diesem Forum ja jemanden, dem es ähnlich ergangen ist?!
exagerado
Beiträge: 272
Registriert: 19. Mai 2008, 18:20
17

Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#2

Beitrag von exagerado »

Hallo Holiday,

du schreibst "damals", aber wie ist denn deine heutige Situation? Benutzt du Hörgeräte? Wie hat sich deine Schwerhörigkeit entwickelt? Wie sehen deine Hörkurven aus?
Ich glaube, dass diese Diagnose für allem, die einmal normal gehört haben, ein Schock ist und viel Trauerarbeit und Trotz dazu gehört, um diesen Verlust zu akzeptieren. Wie geht es dir denn heute?

Viele Grüße
exagerado
maryanne
Beiträge: 1216
Registriert: 22. Okt 2008, 10:32
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#3

Beitrag von maryanne »

Hallo Holiday,
es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine kurzzeitige orale Antibiotikaeinnahme für einen dauerhaften Hörverlust ursächlich ist.
Aufgrund welcher Befunde haben die Ärzte von einer genetischen Bedingtheit gesprochen? Wurden entsprechende Untersuchungen vorgenommen?
Es kann durchaus erblich bedingt sein, da nicht jeder Abkömmling einer Person mit dieser Disposition selbst betroffen sein muss.
Wurde denn damals deine Erkrankung (Lymphknoten, Hals) diagnostiziert? Es könnte eine Scharlach-Angina gewesen sein oder auch Mumps.
Bei diesen Erkrankungen besteht die MÖglichkeit einer dauerhaften Hörschädigung.
Wichtig ist aber jetzt für dich und dein Wohlbefinden, dass du mit der Hörschädigung klarkommst, sie als Teils von dir akzeptierst und dich um gute bzw. gut eingestellte Hörgeräte kümmerst. Wichtig wäre vielleicht auch der Kontakt mit gleichaltrigen Betroffenen.

Gruß
maryanne
Coralie
Beiträge: 337
Registriert: 23. Dez 2009, 22:14
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#4

Beitrag von Coralie »

Vielen hier ist es ähnlich gegangen wie Dir, und viele kennen die Ursache nicht. Wir Menschen brauchen immer einen "Schuldigen" oder eine Ursache, tatsächlich gibt es aber viele Schwerhörigkeiten, die sich "einfach so " entwickeln. Die Ursache ändert nichts daran, dass man sich mit den FOlgen auseinander setzen muß. Das ist nicht einfach und tut oft weh. Hat sich dei Schwerhörigkeit denn seitdem verschlechtert? Esgibt Menschen bei denen bleibt es eher gleich, bis af die Altersschwerhörigkeit, die dazu kommt oder andere, bei denen geht es immer weiter "bergab". So war es bei mir über etwa 30 Jahre hinweg bis hin zur Ertaubung. Naja, nun bin ich zer taub, höre aber dank CI wieder ziemlich gut...
CI einseitig, andere Seite mit Hörgerät versorgt bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.
Nico26
Beiträge: 8
Registriert: 26. Nov 2011, 13:29
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#5

Beitrag von Nico26 »

Hallo Holiday,
erstmal herzlich willkommen hier im Forum! Hey - hier gibt es ganz viele nette Leute, die Dich verstehen können und denen es ähnlich ergangen ist und noch so ergeht. Ist doch schon mal ein toller 1. Schritt, dass Du hier Kontakt und Austausch unter Gleichgesinnten suchst! Ja das mit der Suche nach der Ursache ist so eine Sache ... bei zuehmendem Hörverlust lässt sich diese - besonders wenn der Anfang schon ne Weile zurück liegt oft nicht mehr ausmachen. Meiner Meinung nach ist das aber irgendwann auch nicht mehr so wichtig - es sei denn, man kann, wenn man die Ursache kennt, das Ganze noch aufhalten oder verbessern. Dann natürlich schon! Aber leider stößt die Medizin da eben was die Behandlung angeht immer noch an ihre Grenzen. Aber wir haben heute sehr gute Hörgeräte und es gibt das Wunder des CI´s. Wichtig finde ich, dass Du zu Deiner Schwerhörigkeit stehst und das in Deinem Umfeld auch bekannt machst oder damit anfängst - für Dich !!! - denn sonst reibst Du Dich auf und wirst zunehmend erschöpft sein. Klar ist oft in der hörenden Welt kein oder wenig Verständnis da für "junge Schwerhörige". Oft besteht das Voruteil das betrifft doch nur ältere Leute. Ja und die Werbung verspricht dann, dass "gutes Hören unsichtbar ist" und man mit einem Hörgerät wieder alles versteht. Was natürlich so auch gar nicht stimmt. Mir hat eine Reha am Anfang geholfen in Bad Grönenbach um mich mit meiner Hörbehinderung "besser anzufreunden". Vielleicht wäre das was für Dich - da sind viele andere denen es ähnlich ergeht und es ist eine tolle Erfahrung mal zu erleben wie es ist, wenn das Umfeld sich hörgeschädigtengerecht verhält - auch wenn es nur für ein paar Wochen ist. Ich habe leider am Anfang meiner Schwerhörigkeit auch schlechte Erfahrungen gemacht. Im Lokal hat eine Frau am Nachbartisch etwas zu mir gesagt, als ich vorbei ging, habe es natürlich nicht verstanden - auch nicht mit Hörgerät. Dann hat sie es noch paar Mal wiederholt, aber es kam immer noch nix bei mir an. Sie hat dann so mit der Hand vor dem Gesicht rumgefuchtelt (Zeichen für ist die blöd). Dann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe gesagt: "Ich bin schwerhörig und wer hier blöd ist, sind Sie!" Heute würde ich sagen, dass ich damals gleich beim 1. Nachfragen hätte sagen müssen, dass ich schwerhörig bin, dann hätte ich wenigstens die Chance gehabt und sie auch, dass sie das nicht-verstehen richtig einordnet. Wobei bei der Person, glaube ich auch nicht, dass ich damit auf Verständis gestoßen wäre. Damals habe ich mich auch noch geschämt für meine Schwerhörigkeit, aber heute bzw. seit vielen Jahren nicht mehr. Einfach weil man sich das ab einem gewissen Grad der SH nicht mehr leisten kann. Ich trage auch bunte Ohrpassstücke damit jeder der aufmerksam ist auch sieht, dass ich ein HG habe und meine Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte sind auch relativ groß, da noch ein FM-Empfänger dran hängt. Das ist auch von Vorteil. Und ich sage auch das ich schwerhörig bin. Trotzdem können Gut-Hörende die Auswirkungen der Schwerhörigkeit nur schwer nachvollziehen. Ich bin im Nachhinein auch dankbar für meine Schwerhörigkeit, weil ich so zu einem tollen sozialen Beruf gefunden habe und auch viele nette Leute die auch sh sind kennengelernt habe. Vor der SH war ich ein Sport-Freak - danach ging das nicht mehr so wegen Gleichgewichsproblemen und ich mußte neuen Sinn finden im Leben und habe zum Glück gemerkt, dass es neben dem Sport noch viele andere interessante Lebensthemen gibt und dass ich auch ein Mensch mit Würde bin, wenn ich eben kein Leistungssport mehr machen kann und eben schwerhörig bin!!! Vielleicht regt das ja zum Nachdenken an und hilft Dir weiter?! LG Nico
Zuletzt geändert von Nico26 am 9. Dez 2011, 07:26, insgesamt 1-mal geändert.
Holiday10
Beiträge: 22
Registriert: 4. Dez 2011, 22:14
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#6

Beitrag von Holiday10 »

Hallo zusammen :) ich danke euch allen für eure Antworten, das macht mir echt Mut und baut mich auf.

Ja ich trage Hörgeräte...bin rechts mittelgradig und links leicht SH. Mein Hören ist nie schlechter geworden, also immernoch konstant geblieben ( bis heute zumindest ).
Momentan mache ich eine schulische Weiterbildung zur Heilpädagogin und das klappt recht gut mit HG. Ohne angeben zu wollen würde ich sagen, dass ich bezüglich meiner Leistungen eine der Klassenstärksten bin, trotz Hörprobleme!... das macht mich natürlich sehr stolz. Dennoch fälllt es mir sehr schwer, mich als Schwerhörige zu outen, was mich wiederum belastet.
@ Nico, was machst du denn beruflich???

Eine richtige Diagnose hat man damals als ich die Probleme mit Hals und Lymphknoten hatte nie gemacht. Der Arzt hatte mir ein Antibiotikum verschrieben und gesagt es sein eine Grippe...damit hatte sich das damals auch schon erledigt. Allmählich gingen die Symptome schließlich zurück, was kam war ein schlechteres Hören.

LG, Holiday
Nico26
Beiträge: 8
Registriert: 26. Nov 2011, 13:29
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#7

Beitrag von Nico26 »

Hallo Holiday, ich habe Dir eine PN geschickt. :) LG Nico
Nico26
Beiträge: 8
Registriert: 26. Nov 2011, 13:29
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Re: Postlingual schwerhörig geworden - meine Lebensgeschichte

#8

Beitrag von Nico26 »

Hallo Holiday,
das braucht halt Zeit bis man lernt sich mit SH zu outen - hab Geduld mit Dir! Ich bin Sozialarbeiterin und arbeite mit hörgeschädigten Menschen (gehörlos, wenige CIler, schwerhörig, spät ertaubt). Weil ich ja selbst betroffen bin, kann ich die Probleme der Leute gut nachvollziehen und für mich habe ich einen prima Nischenarbeitsplatz gefunden, an dem meine eigene Schwerhörigkeit eben kein Manko ist, sondern eher ein Qualtitätsmerkmal! Und die Kommunikation läuft auch eher über Mail, Fax, SMS und nicht so sehr über Telefon. Das ist für mich auch erleichternd! Liebe Grüße Nico
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