"Identitätsfindung"

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Tina-Sarah
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"Identitätsfindung"

#1

Beitrag von Tina-Sarah »

Hallo allerseits,

ich habe lange nicht geschrieben und möchte einfach mal was erzählen.
Erst mal vorab: Uns -besonders Sarah- geht es gut. sie macht weiterhin super Fortschritte, kommt nach den Sommerferien in die dritte Klasse der SH-Schule und hat ihren Dickkopf behalten mit dem sie uns immer auf Trab halten wird.

Jetzt mal zu meinem Erlebnis das mich nachdenklich macht. Hochgekommen ist es mir gerade eben wieder als ich einen älteren Thread von Gabi gelesen habe in dem es um die Zugehörigkeit GL/hörend aus der Grundlage eines Zeitungsartikels entstanden.

Sarah ist dieses Jahr zur Erstkommunion gekommen und die Vorbereitung war schon eine Herausforderung für sich. Hörtechnisch (große Gruppen & kirchenakustik zum weglaufen) und auch inhaltlich da einfach der Wortschatz noch fehlt.
Wir hatten dann den kommunionsgottesdienst, in unserer Messe kamen 40 Kinder zur Kommunion. Es war alles super gestaltet und auch Sarah hat eine Menge davon mitgenommen, wenn auch garantiert nicht alles. Sie sagt "die sprechen so schnell das verstehe ich nicht so gut."
Ca. 2 Wochen später hat eine gl Freundin von ihr auch Kommunion gehabt. Sie wohnen bei uns in der Nähe und ich dachte mir das ist eine tolle Gelegenheit für uns die Messe zu besuchen mit einem Gebärdensprachdolmetscher. Da bekommt die Sarah bestimmt mehr vom Inhalt mit. Gesagt, getan, wir hin. Die Messe war auch sehr schön gemacht. Alles wurde mit Gebärden begleitet. Ich merkte dass Sarah auch während dieser Messe teilweise sehr unruhig und gelangweilt sass und fragte sie ob sie die Gebärden verstehen würde. Da sagte sie: " das ist mir zu schnell. Das kann ich nicht alles verstehen."
Quasi das gleiche Problem.
Wenn ich daran denke kriege ich Angst. Ich weiss nicht wie sie das empfindet oder ob ihr das egal ist. Ich meine das Thema Kirche stösst bei ihr auch nicht auf Begeisterungsstürme. Aber trotzdem bleibt das Kommunikationsproblem in solchen Situationen.

Ich wollte das einfach mal niederschreiben und erwarte jetzt keine großen Ratschläge.
Vielleicht mache ich mir auch einfach nur zuviele Gedanken und sollte mir sagen "Mensch Tina jetzt hat das Kind schon soviel geschafft. Das kriegen wir auch hin."

Liebe Grüße an alle und einen schönen Sonntagabend wünsche ich !!!
Liebe Grüße von Tina mit Sarah (* 09.04.03);Waardenburgsyndrom bds.hochgr. sh; 1. CI seit 04/07 aktiv; 2. CI seit 02/08 aktiv
Carina (*24.09.05);Spitzenlauscher
EinOhrHase
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Re: "Identitätsfindung"

#2

Beitrag von EinOhrHase »

Salut Tina,

da wäre hier die Frage:
Wie kommt sie in der Schule klar, wird hier besonders auf langsames Sprechen geachtet und wie kommt sie privat klar?

Wenn beides positiv beantwortet werden kann, denk ich, kann es die Unlust an den Dingen sein, die sie nicht gerne tun bzw teilnehmen möchte.

Habe ebenso als Kind so meine Problemchen gehabt und eben nicht auf alles reagiert was ich nicht wirklich mitbekommen hab.
Wenn - für mich - was nicht sein musste, wars eben nicht so begeisternd wie anderes (Im Falle Sarah das kirchliche Drumherum)
In der Schule war es schon schwieriger - die Konzentration musste einfach sein, abgesehen davon, dass man hiervon schnell müde werden kann, weil es einfach zu anstrengend ist / sein kann.

Denke, man kann es nicht so generell pauschalisieren, ob es tatsächlich das schnelle Reden ist, oder einfach die Unlust zu etwas - vor allem bei (Klein-)Kindern.

Grüssle
Wer nicht (gut) hören kann, sollte genauer hinsehen ;)
Körper(sprache) lügt niemals :!:

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Karin
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Re: "Identitätsfindung"

#3

Beitrag von Karin »

Ich würde mit ihr sprechen und fragen, ob es am Inhalt, der für sie langweilig ist, liegt oder ob sie wirklich nicht alles verstehen kann - in beiden Sprachen- .

Ein CI macht nun mal nicht normal hörend.
Ein bisschen Gebärdensprache macht auch nicht Gebärdensprachkompetent.

Ein Sprache sollte ein Kind voll verstehen können. Beim CI hilft nur üben, aber es bleibt die Grenze. DGS-Kurse kann man besuchen, um in der Sprache mehr verstehen zu lernen. Das kann sie schaffen.

Dolmetscherinnen können auch nicht in der Kirche auf dem niedrigsten Niveau dolmetschen, sonst schlafen die anderen Kirchgänger ein. ;-)

Du solltest aber ergründen, wie viel sie was versteht und in welcher Situation.

Mit Identität hat das jetzt aber erst mal nichts zu tun.
LG
Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Theoden
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Re: "Identitätsfindung"

#4

Beitrag von Theoden »

Also ich bin normalhörend aufgewachsen und würde Euch auf Grund meiner Erfahrungen mit meiner eigenen Konfirmation empfehlen, einfach gar nichts in diese Geschichte hinein zu interpretieren. Ich habe damals in der Kirche auch oft nicht zugehört. Da gab es interessantere Dinge in meinem Leben, deshalb wollte ich eigentlich nur immer möglichst schnell wieder raus aus der langweiligen Kirche und was mit meinen Freunden machen. Zudem habe ich meistens auch gar nicht verstanden, um was es da inhaltlich eigentlich geht, selbst wenn ich dann mal zugehört habe. Das gleiche gilt für die ganzen Gedichte, die wir auswendig lernen mussten. Selbst das Vater Unser war mir in diesem Alter irgendwie unverständlich. Ganz ehrlich: Bis heute ist mir nicht ganz klar, was genau der heilige Geist eigentlich ist?! Gut, Konfirmation ist nicht Kommunion, aber ich denke das Grundproblem bleibt doch.

Wenn Du dann selbst schreibst, dass Deine Tochter zudem kein großes Interesse an dem ganzen Thema Kirche zeigt...so what?

Sorgen würde ich mir an Deiner Stelle erst machen, wenn solche Probleme in der Schule auftreten oder bei selbst gewählten Freizeitaktivitäten.

Beste Grüße,
Theoden
Gabriele
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Re: "Identitätsfindung"

#5

Beitrag von Gabriele »

Hallo Tina
Ich schließ mich mal den beiden vor mir an und möchte ein bißchen Erfahrung einfließen lassen.
Trotz das meine Mädels mit CI 100 % hören ( laut Test) heißt das noch lange nicht das sie auch alles verstehen. Sie kommen ständig an irgendwelche Grenzen aber das hat ja nichts mit Ihrer Identität zu tun.
Sie sind eigenständige Menschen mit einem Hörproblem. Diese Einschränkung werden sie immer haben, ihr Leben lang.
Einer Gruppe mit 40 Personen hörend zu folgen, dazu noch in einer Kirche, ist selbst für normal hörende äußerst schwierig.

Wichtig ist das sie am Ball bleibt, selbstbewusst auftreten lernt um nicht verstandenes zu erfragen und sich Informationen nach erarbeitet, zb. in der Schule.
Die Kommunion hat sie ja jetzt hinter sich gebracht und jede Situation wird sie wachsen lassen.

LG
Gabi
Zuletzt geändert von Gabriele am 4. Jun 2012, 15:24, insgesamt 1-mal geändert.
Theresa 27, beids. CI ´08 u.´10 (N5)
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Alle Kinder progredient.
Nina M.
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Re: "Identitätsfindung"

#6

Beitrag von Nina M. »

Ich denke, das ist ein sehr, sehr komplexes Thema, was auch in einem Forum schwer zu diskutieren oder zu erfassen ist...

Ich persönlich denke, dass es hier mehrere Aspekte gibt. Der eine, auf den du Tina auch hinsteuerst, ist der, dass man als Hörgeschädigter tatsächlich oft ein Leben lang "zwischen den Stühlen sitzt".

Karin schreibt schon richtig, ein CI macht nicht hörend und ein bisschen Gebärden macht nicht DGS kompetent. Es ist aber als Hörgeschädigter manchmal dann auch nicht einfach zu sagen ich entscheide mich einfach für einen Weg den ich mehr forciere. (Wäre ja nun mal die einfachste Lösung, einfach eins von beidem RICHTIG zu machen.)

Da stellt sich aber denke ich das Problem, dass auch Gebärdensprachkurse natürlich enorm helfen, aber man auch hier die Sprache nur vollständig lernt wenn man sie TÄGLICH spricht und benutzt. Und zwar dann richtig. DGS benutzen kann ich aber nur, wenn ich andere DGS-Benutzer um mich rum habe. Daran scheitert es dann leider schon oft bei vielen (auch bei mir, meine Gebärdenkompetenz ist lange nicht so gut wie ich sie gerne hätte, aber ich habe leider weder die Zeit noch die Leute um mich rum um das auszubauen).

Außerdem ist es nun mal so, dass leider ein Großteil der Welt von hörenden Leuten bevölkert ist. Sprich: spätestens im Job hat man das Problem, dass man mit hörenden Menschen zusammenarbeitet - oft ausschließlich. Natürlich gibt es Dolmetscher und es gibt Arbeitsassitenz, aber auch die hat man nicht immer um sich rum und auch im Job gibt es dann Mittagspausen/Geschäftsessen usw. wo sich unverbindlich ausgetauscht wird und man als Hörgeschädigter doch wieder Schwierigkeiten hat (wie die Kinder z.B. in den Hofpausen in der Schule...).

Es bleibt, dass man sich trotz allem dann oft nicht ganz zur einen oder anderen Seite zugehörig fühlt und selbst wenn man unter Hörenden super integriert ist und mit CI fast alles versteht, gibt es immer wieder die kleinen Situationen wo dann DOCH mal vergessen wird Rücksicht zu nehmen und man dann doch wieder diesen kleinen Stich spürt, dass man "scheiße nochmal" anders ist.

Das kann man auch den Kindern denke ich nicht nehmen. Was ihr tun könnt, ist einfach für eure Kinder da zu sein und ihnen dabei zu helfen, dass sie sich ihre eigenen Erholungsinseln schaffen und Lebensräume finden wo sie sich wohlfühlen und die ihnen gut tun. Das wird mal mehr und mal weniger gelingen, aber wichtig ist, dass die Kids lernen, dass das Leben schöne Seiten hat und sie ihre Stärken haben und geliebt werden und dann werden sie - hoffentlich - auch die nötige Frustrationstoleranz entwickeln dass sie bei manchen Situationen dann drüber stehen und sagen können "Ist halt so."

LG,
Nina
Zuletzt geändert von Nina M. am 4. Jun 2012, 18:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Nina M.
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Re: "Identitätsfindung"

#7

Beitrag von Nina M. »

Da bemüht man sich um so ein Posting... *gg*

Hoffe es wurde wenigstens gelesen und hat ein bisschen weitergeholfen. ;)
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maryanne
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Re: "Identitätsfindung"

#8

Beitrag von maryanne »

Liebe Nina,
das hoffe ich mit dir!
Aus einem Schwerhörigen / Gehörlosen macht man nie einen hörenden Menschen. Aber das sollte nciht darüber hinwegtäuschen, dass auch Hörende im Leben mit Herausforderungen konfrontiert werden.

maryanne
Momo
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Re: "Identitätsfindung"

#9

Beitrag von Momo »

Liebe Tina

ich kann mir vorstellen was du meinst. Ähnlcihe gedanken habe ich auch oft und mein sohn spricht und hört wirklich gut.

zum gottesdienst möchte ich folgendes anmerken: ich glaube es ist auch "normal" dass kinder in dem alter oft nicht richtig zuhören, wenn es sie nciht so brennend interessiert. ich denke sarah hat den gottesdienst genossen und es scheint ihr auch nicht wirklcih etwas gefehlt zu haben. ich wette mit dir, wenn du eines der anderen kinder fragst, haben die auch nicht alles mitbekommen/ verstanden.

dann zum thema identität: ich habe schon das gefühl, dass es für usnere kinder immer deutlicher wird, dass sie anders sind je älter sie werden. klar war das vorher auch schon so, aber je älter man wird desto mehr geht es um kommunikation und desto mehr sind sie eingeschränkt in der teilnahme.
ich kann nina und karin nur zustimmen: ein ci macht kein normalhörenden aus unseren kindern. sie sind und bleiben hörgeschädigt.
meine meinung dazu: sie sollten sich, gemeinsam mit uns, auch kativ damit auseinandersetzen. ihre grenezen bewusst wahrnehmen und dadurch die möglichkeit haben damit umzugehen bzw. ihre konsequenzen daraus zu ziehen. sei es, dass sie einfach bestimmte situationen aushalten oder aber eben auf manches auch lieber ganz verzichten. oder aber dass sie auch nur so lernen können für ihre beürfnisse einzustehen, d.h. konkret wenn meinem sohn etwas sehr wichtig ist, dann schafft er es immer mehr den leuten zu sagen "stopp- ich bin hörgeschädigt. damit ich gut verstehen kann müsst ihr bitte etwas langsamer und deutlich sprechen. und bitte nacheinander." oder aber er bittet die fm anlage zu nutzen. das finde ich super.
ich finde es gehört auch dazu, dass die kinder selber merken was ihnen gut tut/ hilft und was sie eher behindert, denn nur so können sie die entsprechenden dinge einfordern.
unsere kinder gehen ja auf eine sh schule und eigentlich hätten sie da die super chance solche dinge zu lernen: sich und seine grenezen aber auch möglichkeiten bewusst wahrzunehmen und sich dann entsprechende hilfen zu suchen/ einzufordern. sowas sollte im fach hörgeschädigtenkunde (was es bei uns leider immer noch nicht gibt!) passieren. so weit die theorie:.... fakt ist aber ja leider, dass das gar keine rolle spielt im alltag einer sh schule. die kinder kennen zwar fm anlagen und wissen vielleicht noch wo ein guter sitzplatz ist (tun sie das?), aber dass mit ihnen daran gearbeiet wird sich selber wahrzunehmen... fehlanzeige. so zumindest meine erfahrung. also bleibt es an uns hängen.

zusätzlich finde ich tut es den kindern gut sowohl andere sh kinder als freunde zu haben, denn die verstehen die probleme eher aber genauso wichtig ist es auch hörende freunde zu haben, um in diesem geschützten rahmen zu lernen klar zu kommen.

bei vielen erwachsenen sh, die probleme haben, ist es so, dass sie sich nie damit auseindergesetzt haben und die sh erst dann verarbeiten/ trauern.
kalr wird es auch bei unseren kindern situationen geben wo sie traurig sind. das ist als mutter manchmal schwer auszuhalten. und man kann nicht viel tun außer da sein. zu sagen du bist ok so wie du bist, es ist so wie es ist und es ist auch ok, dass du jetzt sauer und traurig bist- das bin ich als mutter auch, aber ich bin für dich da.

liebe grüße
Zuletzt geändert von Momo am 8. Jun 2012, 07:44, insgesamt 2-mal geändert.
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Tina-Sarah
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Re: "Identitätsfindung"

#10

Beitrag von Tina-Sarah »

Hallo Nina, Momo, maryanne, karin, gabriele, alle die geantwortet haben,

ja ich habe eure Antworten gelesen und es ist mir bei der ersten Antwort schon aufgefallen dass die Überschrift nicht ganz passend ist.

Ich habe mich auch sehr über die Antworten gefreut. Ich bin immer dankbar für 'Anregungen oder Austausch mit selbst betroffenen.

Ich mache mir mittlerweile auch nicht mehr sehr den Kopf über die Situation in der Kirche. Da sehe ich es so wie Momo schon schrieb.

Sarah ist sehr selbstbewusst und auch wenn sie merkt es wird was erklärt und sie versteht es nicht &will es aber wissen hat sie kein Problem damit sich Gehör zu verschaffen und nachzufragen. Darin bestärke ich sie auch immer wieder.

Mir ist auch sehr wohl bewusst dass ein CI kein normalhörendes Kind aus ihr macht.

@Nina
gerade über deine Antwort habe ich mich besonders gefreut. Ich habe schon lange nichts mehr gelesen von dir. Wie geht es dir ?

@ Momo

zu deinem Teil bzgl. Schule gebe ich dir 100% Recht. Das findet bei uns auch nicht statt.
Liebe Grüße von Tina mit Sarah (* 09.04.03);Waardenburgsyndrom bds.hochgr. sh; 1. CI seit 04/07 aktiv; 2. CI seit 02/08 aktiv
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Re: "Identitätsfindung"

#11

Beitrag von Nina M. »

Momo hat geschrieben: klar wird es auch bei unseren kindern situationen geben wo sie traurig sind. das ist als mutter manchmal schwer auszuhalten. und man kann nicht viel tun außer da sein. zu sagen du bist ok so wie du bist, es ist so wie es ist und es ist auch ok, dass du jetzt sauer und traurig bist- das bin ich als mutter auch, aber ich bin für dich da.
Und ich denke das schwierigste für Mütter bzw. Eltern ist vermutlich, dass früher oder später der Punkt kommen wird, wo die Kinder sagen werden: "Was willst du mir helfen, DU WEISST JA NICHT WIE DAS IST nichts zu hören."
Vermutlich wird das früher oder später immer irgendwann kommen... und es tut einem auch als Jugendlicher weh, weil man ja gerne Hilfe will, aber was nutzt es einem wenn andere reden, die es nicht nachvollziehen können...
Ich habe genau das ja auch hinter mir, diese Phase... meine Mutter hätte alles getan um mir zu helfen und hat sich immer bemüht mich zu verstehen. Trotzdem gab es Phasen wo wir uns bitter gestritten haben, weil ich nur um mich "geschlagen" habe (verbal), weil sie ja "keine Ahnung" hat. Ihr tat das genauso weh wie mir, weil sie mir nicht helfen konnte.

Deswegen denke ich, ist es eben auch enorm wichtig, dass hörgeschädigte Kinder und Jugendliche Kontakte zu anderen Hörgeschädigten haben. Denn nur die können wirklich VERSTEHEN.

So, das war mein Wort zum Montag... ;)

Tina, mir geht es gut. Freue mich auch immer von euch zu lesen. Ich werde vermutlich im August einige Tage in Borken sein (nicht mitarbeitend, aber zu Besuch), vielleicht laufen wir uns ja da über den Weg! Würde mich freuen. :)
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Gordon
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Re: "Identitätsfindung"

#12

Beitrag von Gordon »

Hallo,

hab erst heute Euren interessanten Thread gesehen.

Ich finde ganz wichtig, was Nina schreibt. Nämlich das Kontakt zu anderen schwerhörigen Kids total wichtig ist.

Mirko selbst ist das, glaube ich, noch nicht so bewußt, aber sein Freund Jannes ist da schon weiter. Ihm ist bewußt wie viele Parallelen die beiden haben. Sie treffen sich regelmäßig in Karlsruhe in der Erich-Kästner-Schule, wo es eine Gruppe gibt, bei der sich Regelschüler treffen und Themen bearbeitet werden, wie Hörtaktik, LBG, Hörübungen, usw. und natürlich ganz viel Spaß haben.
Eine ganz tolle Sache finde ich für die Entwicklung von Selbstbewußtsein und Identität. Desweiteren fahren die beiden auch in diesem Jahr wieder zusammen ins Feriencamp der Bundesjugend und auch bei den Eltern-Kind-WE sind sie Stammgäste.

Ich halte dies für total wichtig für uns und für Mirko. In der Regelschule
geht doch sehr viel an ihm vorbei. Er kann in der Pause Gesprächen kaum folgen. Um so wichtiger sind die o.g. Treffen und Freundschaften aber auch 1:1 Treffen mit seinen Klassenkameraden. Die klappen
eigentlich immer prima. Aus größeren Gruppen zieht er sich zurück.

Ich denke, daß dies aus der Erfahrung heraus kommt, daß er sich in diesen Situationen überfordert fühlt und dann lieber den freundlich lächelnden stillen Beobachter gibt.

Das Thema Kommunion steht ja bei uns auch an. Ich denke mir, daß ich für die Gruppenstunden die fm-Anlage mitgeben werde. Für die Veranstaltungen in der Kirche würde sich dies sicher auch anbieten,
aber ich kann mir gut vorstellen, daß Mirko das gar nicht will.
Das ist dann auch ok für mich.

Ich biete es an, er soll entscheiden. Das machen wir immer so. Er läßt sich da eh nicht rein reden. Und sicher würde dann der von Nina erwähnte Satz irgendwann kommen. Und er hat ja auch recht. "Ich weiß wirklich nicht, wie es ist hörbehindert zu sein."

Viele Grüße

Andrea
Mirko (02/04) an Taubheit grenzend beidseitig.
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