CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

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Silvia1969
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CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#1

Beitrag von Silvia1969 »

Hallo!
Ich habe im Internet gelesen, dass das Musikhören für CI-Träger mit den Med-el OPUS Audioprozessoren möglich ist und auch als angenehm empfunden wird.
Mich würde interessieren, ob jemand dies trägt und einen Vergleich vom Musikhören her hat, wie es vor dem CI und nachher war. Ob Musik nun wirklich wieder ein Genuss sein kann?
Mich interessiert es, weil ich Klaviermusik und Klassik liebe und für mich demnächst wahrscheinlich ein CI im Frage kommt.
Danke für eure Antworten.
LG, Silvia
seit der Mumpserkrankung im sechsten Lebenfjahr links fast taub, rechts ebenfalls mittel- bis hochgradig schwerhörig, HdO-Hörgeräte Phonak Naida Marvel 90 SP, hatte schon etliche Hörstürze
fast-foot
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#2

Beitrag von fast-foot »

Hallo Silvia1969,
Sivia1969 hat geschrieben:Ob Musik nun wirklich wieder ein Genuss sein kann?
Hier würde ich von übertriebenen Erwartungen Abstand nehmen.

Die CIS-Strategie erlaubt die Unterscheidung von wenigen Tonhöhen (so viele, wie Elektroden verwendbar sind, also um ein Dutzend).

Die FSP-Strategie greift zwar darüber hinaus und lässt möglicherweies eine weit differenziertere Tonhöhenerkennung zu - allerdings nur im Tieftonbereich zwischen etwa 70 Hz und 500 Hz. Die Frage ist allerdings auch, wie gut die in spezieller Form (unterschiedliche Abstände der Pulse und Nulldurchgänge) vorliegende Informationen vom Gehör erkannt und verarbeitet werden können.
Ausserdem dürfte solch ein Signal "fast eine ganze Oktave in Anspruch nehmen", da wegen des "unterschiedlichen Timings der Pulse" keine zeitlich versetzte Uebertragung dieser auf die Cochlea möglich sein dürfte - das gleichzeitige Hören von nahe beieinander liegenden Tönen (bspw. innerhalb einer Quinte) dürfte also nicht möglich sein.

Gruss fast-foot
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otoplastik
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#3

Beitrag von otoplastik »

Hallo Silvia,

ich verstehe von der Technik nicht so viel.
Mein Sohn kann mit seinem Advanced Bionics CI aber durchaus auf dem Klavier über die ganze Klaviatur Terzen von Quinten sicher unterscheiden als gleichzeitig angeschlagene Töne
Auch Dur- und Mollterzen, die sich ja nur in einem Halbton unterscheiden, kann er differenzieren, wenn das Intervall gleichzeitig gespielt wird.
Ich weiß nicht, ob das nur mit einem AB-CI geht. Dazu steht ja auch was in dem Artikel, den ich Dir mal geschickt hatte.

Herzliche Grüße, Otoplastik
Otoplastik
Sohn, 17 Jahre, mit 14 Monaten Meningitis, seitdem re. hochgradig und links taub, rechts HG (Naida S IX UP), links CI seit 01/14 (Naida Q70), vorher links viele Jahre PhonakCros :)
KatjaR
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#4

Beitrag von KatjaR »

Liebe Silvia,
ich trage ein älteres AB-CI, welches durch begrenzte Elektrodenzahl weit hinter den Möglichkeiten der neueren AB Modelle hinter her hinkt. Trotzdem kann ich Musik wieder genießen, was ich persönlich auf zwei Faktoren zurück führe. Einerseits wurde durch intensives Musikhören mir vertrauter Musik eine Synchronisierung von Hörerinnerung und Hörerfahrung im Gehirn vorgenommen und andererseits bin ich offen für Neues, was insgesamt für das Hören mit CI ein großer Vorteil ist. Eine gute musikalische Vorerfahrung wird es dir einerseits erleichtern die Musik in ihren verschiedenen Komponenten wiederzuerkennen (da die innerere Repräsentanz gut ist) andererseits wird es vielleicht von der emotionalen Annahme her etwas schwierig sein, da es sich anfangs doch sehr ungewohnt anhört. Da braucht man Motivation und Ausdauer um dran zu bleiben. Ich denke aber grade in Verbindung mit dem Restgehör auf dem anderen Ohr kann man gute Erfolge mit Musikhören errreichen und Musik als Möglichkeit einmal zum Genuß, andererseits aber auch als gutes Hörtraining für sich nutzen. Ich schick dir noch eine PN mit weiteren Infos auf einer Seite die sich damit stark mit dem Thema beschäftigt.
LG und alles Gute
Katja
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fast-foot
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#5

Beitrag von fast-foot »

fast-foot hat geschrieben:Die CIS-Strategie erlaubt die Unterscheidung von wenigen Tonhöhen (so viele, wie Elektroden verwendbar sind, also um ein Dutzend).
Med-El verwendet jedoch zusätzlich so genannte "virtuelle Kanäle" (man könnte zunächst auch sagen, der Vorteil der CIS-Strategie (Vermeidung von Interferenzen zwischen nahe beieinander liegenden Elektroden) wird wieder zunichte gemacht (diese Interferenzen werden nun allerdings (plötzlich) positiv genutzt)).

Hier noch eine Studie:

http://www.uzh.ch/orl/dga2006/programm/ ... /Nobbe.pdf

Das Frequenzunterscheidungsvermögen müsste allerdings als Mindestvoraussetzung "unter 6 % liegen", wollte man alle Töne (wohltemperierte Stimmung) unterscheiden können (dann hört man allerdings immer noch nicht, ob das Klavier verstimmt ist).

Gruss fast-foot
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JND
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#6

Beitrag von JND »

Hallo Silvia,

Musikgenuss mit CI ist ein länger dauernder Prozess.
Beim Hörenlernen mit CI fängt man wirklich bei den grundlegenden Sachen an, wie was ist Sprache, was ist das für ein Geräusch, wie klingt Vögelzwitschern mit CI, dann geht es über zu Vokalen und Konsonanten, Einzelnen Wörtern, Sätzen und am Ende steht Sprache im Störgeräusch, in halligen Räumen, schnell oder undeutlich gesprochen. Die schwierigsten Herausforderungen sind Telefonieren mit CI und Musik hören.
Speziell zum Thema Musik hören ist die Technik in den letzten Jahren weiter entwickelt worden und es gibt richtige Musikprogramme.
Bis es aber zu einer Hörgewöhnung und Klanggewöhnung an das Hören mit CI kommt, dauert es, in der Regel ist es aber möglich (ich sehe bei dir jetzt keine Kontrainidikation).
Noch das wichtigste Ziel der CI-Reha ist Sprache besser zu verstehen als mit der optimalsten Hörgeräteversorgung. Musik mit CI hören (und genießen) wird aber in den letzten Jahren mehr und mehr thematisiert.

Schöne Grüße,
JND
ABBC3_OFFTOPIC
@fast-foot: Die virtuellen Kanäle können auch bei sequentieller Stimulation der Elektroden genutzt werden.

Zu dem von dir verlinkten Tagungsbeitrag:
Es wird die Diskriminationsfähigkeit von zwei Sinustönen verglichen. Das ist noch eine Komplexitätsstufe unterhalb der harmonischen Tonkomplexe, wie sie in Musikinstrumenten auftreten. Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich keine Rückschlüsse auf die Fähigkeit zu erkennen, ob ein Klavier verstimmt ist oder nicht, schließen. Dazu hätte man den CI-Probanden verstimmte und nicht verstimmte Klaviere vorspielen müssen;)
fast-foot
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#7

Beitrag von fast-foot »

ABBC3_OFFTOPIC

Hallo JND,
@fast-foot: Die virtuellen Kanäle können auch bei sequentieller Stimulation der Elektroden genutzt werden.
Ja, das ist mir klar. Aber die sequentielle Stimulation wurde ja eingeführt, um Ueberlagerung von Strömen insbesondere ausgehend von benachbarten Elektroden zu vermeiden; nun werden diese plötzlich gewünscht (eine Studie belegt zwar, dass diese Ueberlagerungen zur besseren Erkennung der Tonhöhe beitragen können)).
Zu dem von dir verlinkten Tagungsbeitrag:
Es wird die Diskriminationsfähigkeit von zwei Sinustönen verglichen. Das ist noch eine Komplexitätsstufe unterhalb der harmonischen Tonkomplexe, wie sie in Musikinstrumenten auftreten. Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich keine Rückschlüsse auf die Fähigkeit zu erkennen, ob ein Klavier verstimmt ist oder nicht, schließen. Dazu hätte man den CI-Probanden verstimmte und nicht verstimmte Klaviere vorspielen müssen;)
Meine Ueberlegung: Um eine (leichte) Verstimmung erkennen zu können, muss man die Tonhöhe eines Tons sehr viel präziser erfassen können als nur auf einen Halbton genau.

Gruss fast-foot
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otoplastik
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#8

Beitrag von otoplastik »

Helft mir mal.
Ich weiß, dass MedEl durch die besondere Verarbeitungsstrategie tieffrequente Töne besser hörbar macht und damit das Musikhören und das Verstehen im Störgeräusch verbessern will.
Ich glaube auch zu wissen, dass das Implantat technisch zumindest in der Lage ist, virtuelle Stimulationsorte zu erzeugen.
Aber ist das schon der Stand der Technik, dass MedEl mehr als die 12(?) Stimulationsorte hat?
Bisher war das doch eine Eigenart von AB.
Herzliche Grüße, Otoplastik
Otoplastik
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#9

Beitrag von Silvia1969 »

Ich möchte mich mal bei euch allen für die vielen informativen Antworten bedanken. Ich verfolge eure Nachrichten die ganze Zeit und freue mich über jeden Beitrag.
LG, Silvia
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pascal2
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#10

Beitrag von pascal2 »

Leider falscher Faden, bin leicht verwirrt ?
Zum Glück hat der weise Trittin die Entwicklung des Deutschen Rentensystems früh erkannt und das Flaschenpfand eingeführt !
JND
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#11

Beitrag von JND »

ABBC3_OFFTOPIC
Hallo Otoplastik,

Die derzeitigen Med-El Elektroden haben mehr als 12 Elektroden, können aber maximal 12 Elektroden innerhalb eines Verarbeitungsblockes ansteuern.

Beim elektrischen Hören gibt es zwei Möglichkeiten die Tonhöhe zu übertragen:
1) Ort der Stimulation: Wo in der Cochlea liegt die Elektrode: Problem: Wenn eine Elektrode stimuliert wird, werden mehrere Nervenfasern angeregt, so dass unter Umständen bei zwei benachbarten Elektroden die gleichen Nervenfasern stimuliert werden. Die Anzahl der Elektroden kann also nicht beliebig erhöht werden.
2) Pulsrate: Der auditorische Nerv feuert, wenn die IHC ausgelöst werden. Das Feuern kann als Abfolge von Pulsen dargestellt werden. Pulse sind ist auch das Signal, was bei CIs auf die einzelnen Elektroden gegeben wird. Die Abstände zwischen den einzelnen Pulsen enthält die aktuelle Tonhöhe. FSP setzt in den tiefen Frequenzen die Pulse weiter auseinander, in den hohen Frequenzen bleibt die Pulsrate konstant wie bei der CIS-Strategie (und deutlich mehr Pulse als z.B. 300 pro Sekunde, was einer Frequenz von 300 Hz entsprechen würde).

Zu virtuellen Kanälen: Wenn zwei benachbarte Elektroden gleichzeitig oder kurz nacheinander mit einem Puls angesteuert werden, regt das resultierende elektrische Feld Nervenfasern zwischen den beiden primären Elektrodenfrequenzen an. Häufig führt dies zu einer Tonhöhenwahrnehmung, die zwischen den Tonhöhen liegt, wenn die beiden Elektroden einzeln angesteuert werden.

Durch geschickte Wahl der aufeinanderfolgenden Elektroden ist es also möglich, virtuelle Kanäle zu erzeugen und somit auch mehr Stimulationsorte.

Hoffe das hilft etwas weiter,
JND
fast-foot
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Re: CI-Implantat/MED-EL OPUS Audioprozessoren - eine Frage zum Musikhören

#12

Beitrag von fast-foot »

ABBC3_OFFTOPIC
Otoplastik hat geschrieben:Aber ist das schon der Stand der Technik, dass MedEl mehr als die 12(?) Stimulationsorte hat?
Ja, Med-El verwendet ebenfalls virtuelle Kanäle, allerdings kommen diese nicht durch gleichzeitig angesteuerte Elektroden zu Stande, sondern durch kurz nacheinander. Auch so werden Bereiche "zwischen den Kanälen" stimuliert.

Aus früheren Studien (McDermott und McKay, 1994) geht hervor, dass selbst bei sequentieller Stimulation dieser Kanäle die wahrgenommene Tonhöhe zwischen den Frequenzen der einzelnen Elektroden liegt.
Obwohl also virtuelle Kanäle ursprünglich mit paralleler Stimulation konzipiert wurden, können sie sowohl durch parallele (parallele virtuelle Kanäle) als auch durch sequentielle Stimulation (sequentielle virtuelle Kanäle) erzeugt werden.

Mir scheint, dass das eigentlich gar nicht so vorgesehen war und irgendwann der "positive Nebeneffekt" bemerkt wurde. Med-El macht ihn sich zu Nutze, indem er die Bandpassfilter entsprechend gestaltet (wenn ich es richtig verstanden habe, wird eine Frequenz nomalerweise von zwei "sich überlappenden Filtern" erfasst, wobei die Intensität desto mehr abnimmt, je weiter weg die erfasste Frequenz von der "Filterfrequenz" weg liegt.
So werden kurz nacheinander zwei benachbarte Elektroden angesprochen, wobei (einfach ausgedrückt) die Stromstärke mit zunehmender Distanz zur "Filterfrequenz" abnimmt.

Gruss fast-foot
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