Hallo Wesly,
hier die eine oder andere Antwort auf Deine Fragen:
Wesly hat geschrieben:Wie ist der Unterschied bei Musik zwischen HG und CI allgemein?
Das Gehör arbeitet hochgradig parallel. So zu sagen als Voraussetzung hierzu muss es in der Lage sein, sehr viele verschiedene akustische Reize gleichzeitig auf zu nehmen (sonst "gibt zu wenig, was gleichzeitig verarbeitet werden könnte"; etwas plakativ formuliert).
In Folge der Tatsache, dass beim
CI die Elektroden "zu wenig nah" am Hörnerv platziert werden können und der elektrischen Eigenschaften der Perilymphe, kann nur eine (im Vergleich zum natürlichen Hören (gehe ich von einem intakten Gehör mit "normalen Fähigkeiten" aus) sehr beschränkte Menge an Informationen an den Hörnerv weiter gegeben werden).
Die Folgen hiervon sind unterschiedlich. Zunächst können Töne, welche eng beieinander liegen, nicht unbedingt einzeln gehört werden, insbesondere, wenn sie nicht im Tieftonbereich liegen. Es kann dann bspw. so sein, dass der Sprachprozessor des
CIs bei zwei Tönen, welche bspw. eine grosse Terz auseinander liegen, "so etwas wie den Durchschnitt dieser beiden Töne berechnet" (das Verfahren ist natürlich komplizierter, aber von Prinzip her läuft es auf das selbe hinaus) und dann die entsprechende Stelle des Hörnervs elektrisch reizt (und das kommt dann genau auf das selbe hinaus wie die Situation, wenn nur ein einzelner Ton einer bestimmten Tonhöhe erklingt - mit dem Unterschied, dass es noch eher in Richtung Geräusch geht).
Bei noch mehr nahe beieinander liegenden Tönen wird es natürlich noch schwieriger (es kann je nachdem trotzdem nur einer gehört werden; hierbei klammere ich die Oberschwingungen, welche für den Klang verantwortlich sind, zunächst aus - und da ein Instrument verschiedenste Oberschwinungen erzeugt, welche für den Klang charakteristisch sind, potenziert sich natürlich das Problem (man stelle sich vor, eine Gitarre und ein Klavier spielen gleichzeitig einen Akkord)).
Das Fazit ist klar: Im Vergleich zum natürlichen Hören bestehen enorme Unterschiede. Will man nun den Vergleich zu einem schwerhörigen und bspw. mit Hörgerät oder gar nicht versorgten Ohr ziehen, wird es noch schwieriger, da es die verschiedensten Arten und Grade gibt. Vielfach ist jedoch ein relativ intaktes Tieftongehör vorhanden. Als Fundament für das Musikhören ist dieses eminent wichtig. Ich behaupte, dass ein wesentlicher Teil der "funktionalen Eigenschaften bzw. Charakteristika von Musik" (wie Tonart, Harmonie, Melodie, Rhytmus etc.) durch viele Schwerhörige (mit oder ohne Hörgerät) erkannt (aber möglicherweise nicht benannt (das Benennen ist natürlich auch durch Normalhörende in der Regel kaum möglich; dies ist jedoch in Bezug auf das eigentliche Hören auch nicht sonderlich wichtig (wichtig ist ein gewisser Grad von Identifikation und auch Unterscheidung)) werden können. Bei einem
CI ist dies viel fraglicher. Insbesondere ist es schwierig, verschiedene Empfindungen wie bspw. unterschiedliche Spannungen, wie sie durch Töne, deren Anzahlen der Schwingungen (Frequenzen) in bestimmten Verhältnissen zueinander stehen, (bei musikalischen Werken bewusst) ausgelöst werden, "richtig zu deuten" (damit meine ich, auf eine ähnliche Weise, wie es durch den Komponisten beabsichtigt wurde). Dies liegt natürlich auf der Hand, wenn es schwierig wird, (nur schon) zwei Töne bspw. im Terzabstand als diese wahr zu nehmen* (und nicht als einen "Ton" (eher ein etwas breitbandigeres Geräusch) irgendwo dazwischen).
Ueber die Klangfarben, was ein weiterer wichtiger Aspekt ist in der Musik, möchte ich hier gar nicht sprechen (für ein differenziertes Erkennen von verschiedensten (gleichzeitig erklingenden Klängen) werden nochmals ganz andere Anforderungen an das Gehör gestellt, wobei hier natürlich nur schon bei leichtgradig Schwerhörigen Einbussen entstehen (die Art des Hörverlusts spielt ebenfalls eine Rolle))).
Es ist allerdings möglich (und vermutlich meistens so), dass mit der Zeit die Klangeindrücke, welche durch Hörgerät und
CI entstehen, als einheitlich wahr genommen werden (das ändert jedoch nichts am zuvor Geschriebenen).
Wesly hat geschrieben:Ist es eigentlich ratsam, sein HG trotz CI weiterhin zu tragen (gleichzeitig)?
Eigentlich schon. Ich würde die Erwartungen an das
CI nicht zu hoch schrauben (Du wirst damit wohl kaum so gut hören, dass das Hörgerät rechts nichts Entscheidendes zum Hören beitragen kann). Wie das in der Anpassungsphase genau gehandhabt wird, kann ich nicht sagen.
Wesly hat geschrieben:Jetzt, vor der OP, gehe ich gern mit einer Freundin spazieren und sie sagt Dinge wie "hör die Grillen im Garten zirpen und die Vögel singen". Ich höre mit HG für Hörgerätegenau gar nichts davon. Ich hoffe, dass das mit dem CI besser funktioniert. Ist das so?
Dies ist durchaus möglich. Im Voraus kann man dies allerdings nicht gut sagen. Die Voruntersuchungen sind hierzu nicht in der Lage. Der einzige Test, welcher einigermassen aussagekräftig ist, lässt nur Aussagen bezüglich Frequenzen bis um 1 kHz zu. Dieser jedoch längst nicht mehr standardmässig durchgeführt.
Wobei es natürlich möglich ist, ein Grillenzirpen mittels
CI zu hören, indem man eine nicht-tonotope Reizung anwendet (die relativ hohe Fequenz wird eh nicht mehr über den Ort kodiert).
Eigentlich hängt es vor allem davon ab, wie sinnvoll eine Einstellung ist, bei welcher dies gehört wird (ob "gewollt oder nicht").
Wenn überhaupt etwas gehört wird, dann kann man es auch so einrichten, dass Grillenzirpen gehört wird. Ob dies sinnvoll ist, ist eine andere Frage (und kann man also nicht im Voraus beantworten).
Wesly hat geschrieben:Ich bin links taub (da bekomme ich im Oktober mein CI) und trage rechts ein Hörgerät (ca. 40% Hörleistung).
Seit wann bist Du denn linkst taub? Hast Du dort jemals gehört?
Diese Frage ist nicht ganz unwichtig, wenn es um die Frage einer
CI-Implantation geht; auch im Zusammenhang mit den anderen Fragen, welche ich beantwortet habe.
Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme